Bürgerbrief 20: März 1983

In Trauer und großer Dankbarkeit haben wir Abschied genommen von

Gustav Lehmann

Seit Gründung des Bürgervereins hat er uns durch sein reiches historisches Wiesen viele Anregungen bei der Beschäftigung mit Walsdorfs Geschichte gegeben. In zahlreichen Artikeln des Bürgerbriefs hat er uns seine Erinnerungen festgehalten. Das letzte Manuskript, das für diese Ausgabe vorgesehen war, bricht ab mit dem Satz. „Viel ist darüber zu erzählen.“ Wir trauern um den Verlust eines großartigen Erzählers, der uns noch vieles zu sagen gehabt hätte.

Bürgerverein Walsdorf a. V.

Der Haushalt 1983

Zur Aufstellung des Haushaltsplanes 1983 wurden die Ortsbeiräte der 11 Idsteiner Stadtteile bereits Mitte 1982 zur Abgabe ihrer Wünsche und Anregungen aufgefordert. In den folgenden 2 Monaten hat die Verwaltung diese genannten Maßnahmen zusammengestellt und in verschiedenen Beratungen entsprechend den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln in die Einzelpläne 0 – 9 des Haushalts aufgenommen und den städtischen Gremien zur Beratung vorgelegt.

Der Magistrat hat dann am 12.10.1982 die Haushaltssatzung 1983 mit Plan und Anlagen festgestellt und an die Stadtverordneten­versammlung weitergeleitet.

Die 1. Lesung durch die Stadtverordneten fand am 11.11.1982 statt.

Danach erfolgte die Beratungsphase in den Ausschüssen. Der Bau -und Betriebsausschuß hat das Investitionsprogramm der Jahre 1983 bis 1987 – Anlage zum Haushaltsplan – und der Haupt- und Finanz-ausschuß den Gesamthaushaltsplan beraten und zur abschließenden 2. Lesung und Verabschiedung wieder an die Stadtverordnetenversammlung zurück überwiesen.

Zwischenzeitlich hat auch der Walsdorfer Ortsbeirat dem vom Ma­gistrat festgestellten Haushaltsplanentwurf 1983 zugestimmt.

Die Stadtverordnetenversammlung hat dann am 9.12.1982 entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen vor Beginn des Haushaltsjahres die Haushaltssatzung mit Plan und Anlagen für das Jahr 1983 und das Investitionsprogramm 1983 – 1987 verabschiedet und beschlossen.

Nach diesem Beschluß schließt der Haushaltsplan
im Verwaltungshaushalt (laufende Verwaltung)
in Einnähmen und Ausgaben mit je 30.455.000 DM und
im Vermögenshaushalt (Investitionsbereich einschl. Umschuldungen in Höhe von 13.900.000 DM)
in Einnahmen und Ausgaben mit je 22.380.400 DM ausgeglichen ab.

Für Walsdorf stehen somit zur Verfügung:

Verwaltungshaushalt

Nicht einzeln veranschlagt wurden die laufenden Personal-, Bewirtschaftungs-, Unterhaltungs- und Pflegekosten der städtischen Grundstücke und Anlagen in den Bereichen des Feuerlöschwesens, der Kindergärten, der Sportplätze, der Park- und Gartenanlagen, der Straßenunterhaltung, der Abwasserbeseitigung, der Dorfgemeinschaftshäuser, der Wasserversorgung sowie die Zuwendungen für die Altenfeiern und die Vereinsförderung.

Speziell für den Stadtteil Walsdorf genannte Haushaltsmittel sind die Anschaffung von Geräten, Gebrauchsgegenständen, Spielsachen und Lehrmaterial für den Kindergarten im Wert von 3.000 DM. Der Abwasserverband Mittlere Ems in Bad Camberq erhält für die Abnahme und Klärung der Walsdorfer Abwässer eine Unkostenumlage in Höhe von ca. 85.000 DM. Für die dringend notwendige Renovierung der Hausmeisterwohnung des Dorfgemeinschaftshauses sind 10.000 DM vorgesehen.

Vermögenshaushalt

Im Rahmen der Ortskernsanierung soll unter Einbeziehung des Grundstückes „ehemaliger Kohlenbunker“ im alten Ortsteil ein Dorfplatz für ca. 100.000 DM neu angelegt werden. Weitere 10.000 DM sind für Zuschüsse an Private bei Dach und Fassadenrenovierungen im Rahmen des Dorferneuerungsplanes vorgesehen. Zur Finanzierung dieser Maßnahmen sind seitens der Stadt Mittel in Höhe von 50.000 DM sowie eine Landeszuwendung von 60.000 DM eingeplant.

Für die Pflege der Anlagen und zur Sauberhaltung der Gehwege und Parkflächen am Dorfgemeinschaftshaus werden ein Aqria-Gerät mit Schneeräumer und eine Kehrmaschine im Wert von 4.000 DM angeschafft.

Entsprechend den städtischen Plänen für die Erneuerung und den Ausbau der eigenen Wassergewinnungsanlagen soll die Schürfung in der Laubach mit 70.000 DM saniert werden. Der Austausch der Wasserleitung zum Hochbehälter soll dann im nächsten Jahr erfolgen.

Mit Fertigstellung der Baumaßnahmen zur Abwasserbeseitigung und dem weiteren Ausbau der Wasserversorgung sind die Voraussetzungen geschaffen, auch in Walsdorf neue Baugebiete zu erschließen.

K. H. Wendelmuth

Die Bundestagswahl am 6.3.1983

 SPDCDUFDPDKPGRÜNEEAPNPDVolksfront
1983
  
Erststimme364 – 41,4%440 – 50,0%33 –   3,8%032 – 3,6%3
Zweitstimme
351 – 39,9%383 – 43,6%97 – 11,0%040 – 4,6%21
1980
Erststimme390 – 45,9%382 – 44,8%56 – 6,6%113 – 1,5%1
Zweitstimme357 – 41,9%373 – 43,8%92 – 10,8%111 – 1,3%041
    
   19831980
Wahlberechtigte insgesamt1.0421.027
          “  mit Wahlschein6466
          “   in Walsdorf978961
Abgegebene Stimmen879852
Wahlbeteiligung90%88,7%
Ungültige Erststimmen79
         “     Zweitstimmen513

Die Jagd
Die Jagd in Walsdorf von 1953 – 1980 (Teil III)

Der Niederwildbesatz

Der Hase

Beim Niederwild sieht es leider etwas anders aus als beim Schalenwild, dessen Bestand in den letzten Jahren zugenommen hat.

Am häufigsten kommt zweifellos der Hase vor. In den Jahren 1953 bis 1969 wurden im Schnitt 8 Hasen pro Jahr erlegt. Allerdings ist die Höhe des Hasenbesatzes sehr stark vom Witterungsverlauf des jeweiligen Jahres abhängig, so daß größere Schwankungen durchaus normal sind. In den letzten 10 Jahren wurde ein leichtes Ansteigen der Jahresstrecke auf 11 Hasen registriert.

Leider hält dieser Trend nicht an, und in den letzten beiden Jahren zeichnet sich ein Rückgang des Hasenbesatzes ab. Doch ist dies bundesweit der Fall und in vielen anderen Revieren noch viel stärker als bei uns. Der Hasenrückgang der letzter. Jahre ist zum einer. durch die Witterung der letzten Jahre bedingt. Auf ein extrem trockenes Jahr 1976 folgten extrem nasse Jahre mit schneereichen Win tern, zum anderen besitzt der Hase heute noch mehr Feinde, als dies in dem bekannten Gedicht von von Wildungen ausgedrückt wird. Hier sind in erster Linie streunende Katzen, Raubvögel, Raubwild und das Auto zu nennen. Auch der Landwirtschaft fallen durch die veränderten, großflächigeren Wirtschaftsmethoden (Einsatz von Mähdrescher und Strohpresse, Verbrennen des Strohs) immer mehr Hasen zum Opfer.

Am schlimmsten leidet der Hase an dem zunehmenden Deckungsmangel. Die landwirtschaftliche Flur war früher wesentlich abwechslungsreicher als heute. Halmfrucht und Hackfrucht wechselten sich ab, so daß der Hase auch nach der Getreideernte noch genügend Deckung in Dickwurz- und Kartoffeläckern finden konnte. In der heutigen Zeit, in der fast ausnahmslos Getreide angebaut wird, sind im August die Felder innerhalb kürzester Zeit abgeerntet und umgebrochen. Dieser plötzliche Deckungsschwund gefährdet vor allem die Junghasen, die sich diesem veränderten Lebensraum nicht schnell genug anpassen können und somit verstärkt ihren Feinden erliegen. Wir Jäger und andere Naturschützer sind deshalb um jede Hecke und jeden ungemähten Wegrain froh, da diese unserem Niederwild lebensnotwendig sind.

Fasan und Rebhuhn

Fasan und Rebhuhn, die früher recht zahlreich die Flur bevölkerten, sind nahezu ausgestorben. Der Fasan wurde in den Sechziger Jahren verstärkt in allen Nachbarrevieren ausgesetzt und gewöhnte sich rasch ein. Da keine Hennen erlegt wurden, vermehrte er sich recht gut, wie die stetige Zunahme der Jahresstrecken beweist. Zwischen 1967 und 1974 wurden jeden Herbst im Schnitt 12 Fasanenhähne erlegt. Ab 1975 ging es dann rapide bergab. In den Jahren nach 1974 wurden, durch die extreme Frühjahrswitterung bedingt, keine Gelege mehr groß. Noch 1976 kamen bei der herbstlichen Treibjagd 12 Fasanenhennen vor, doch, wie schon in den Jahren davor, wurde kein einziger Jungfasan gesehen.
Die starke Zunahme der Raubvögel, die seit ihrer Vollschonung (1976) nicht mehr bejagt werden dürfen, trug auch zu dem stetigen Rückgang bei. So mußten wir mehrmals tatenlos zusehen, wie in dem schneereichen Winter 78/79 die im Schnee gut zu erkennenden Rebhühner vom Bussard eins nach dem anderen aus einer Kette heraus gegriffen wurden.

Aber vor allem der Wandel in unserer Feldflur beschleunigte den Rückgang der Fasanen und Rebhühner, da ihnen immer mehr die geeignete Deckung und die Nahrung fehlt. Junge Fasanen- und Rebhuhnküken brauchen in den ersten drei Lebenswochen Insektennahrung, die es nur noch in Gebieten mit Mischkulturen, Brachland und Rainen mit Wildkräutern in ausreichendem Maße gibt. Viele dieser, zu den landwirtschaftlichen Schädlingen rechnenden Insekten, werden durch die Getreidespritzung vernichtet. So hat die Veränderung der Flur und damit die Verarmung an Kleinstlebewesen weitreichende Folgen, die letztendlich auch den Menschen als Spitze der Naturgeschöpfe betreffen.

Um wenigstens den Fasan, der etwas robuster als das Rebhuhn ist, vor dem Aussterben zu retten, setzten wir im August 1980 und 1981 jeweils etwa 15 Jungfasanen aus, die im darauffolgenden Frühjahr brüten sollten. Die beiden Versuche waren leider totale Fehlschläge. Sämtliche Fasanen, die ja in Gefangenschaft aufwuchsen und so nicht die richtigen Verhaltensweisen für ein Leben in Freiheit mit brachten, wurden bis zum Winter von den zahlreichen Habichten und anderem Raubwild gefressen.
Im Jahre 1982 bauten wir in der Laubach eine ca. 80 m2 große Voliere, in der wir einen Stamm von 20 Fasanen halten. Mit dem Bau dieser Voliere im Revier versprechen wir uns eine höhere Erfolgsquote beim Wiederaussetzen der Fasanen. Hier in der freien Natur können die Jungfasanen lernen, nachts zum Schlafen aufzubaumen, was eine wesentlich größere Sicherheit vor den Bodenräubern Fuchs und Katze bedeutet. Zum anderen gewöhnen sie sich auch an die gefiederten Feinde Habicht und Bussard und lernen, bei deren Auftauchen in Deckung zu laufen. Jetzt im Frühjahr 1983 wollen wir 10 dieser Fasanen aussetzen und nur einen Stamm von einem Hahn und 7 Hennen für die Nachzucht in der Voliere belassen.

Sollte dieser kosten- und arbeitsaufwendige Versuch wieder fehlschlagen, so sehe ich schwarz für den Fasan in unserem Revier.

Außer den bisher genannten Niederwildarten, die mehr oder weniger Probleme aufwerfen, kommen noch Kaninchen – zum Leidwesen aller Gartenbesitzer – Tauben und Enten vor.

Diese drei Wildarten haben es sehr gut verstanden, sich den geänderten Umweltbedingungen anzupassen und sind in keiner Weise in ihrem Bestand gefährdet. Während das Kaninchen, wegen der schweren Böden, in denen es kaum Haue anlegen kann und die auch relativ naß sind, sich trotz seiner sprichwörtlichen Vermehrungsfreudigkeit nie über eine bestimmte Dichte vermehren wird, ist bei den Ringeltauben und Wildenten ein ständiges Anwachsen der Bestände zu vermerken. Hier ist eine jagdliche Nutzung unbedenklich, ja sogar erforderlich, um größere Schäden zu vermeiden.

(Teil I im Bürgerbrief Nr. 14, Teil II in Nr. 15)

Winfried Leichtfuß

1358: WALSDORF wird WALSTATT
Vor 625 Jahren wurde Walsdorf zu einer Stadt

in einer Urkunde Graf Adolfs zu Nassau-Idstein vom 26.7.1358 werden die Bewohner Walsdorfs „Bürger“ und nicht mehr Untertanen und ihr Ort „Walstatt“ genannt. (1) Dieses Datum ist für die rechtliche Stellung der Einwohner wie auch für das Aussehen ihres Ortes von einschneidender Bedeutung. Um diese Änderungen zu verstehen, müssen wir uns die vorhergehenden 100 Jahre näher ansehen.

Die Zeit 1255 – 1358

Im Jahre 1255 wurde die Grafschaft Nassau in eine nördliche und südliche Hälfte geteilt. Bis dahin war Idstein nur ein Burgmannensitz gewesen. Jetzt aber nahmen Graf Walram und seine Nachfolger ihre Residenz in Idstein. Bei der Burg entwickelte sich eine Siedlung, die 1287 Stadtrechte erhielt.
Idstein war nicht das Zentrum eines geschlossenen Herrschaftsbezirks, was auch keineswegs typisch für seine Zeit gewesen wäre. Der Besitz lag vielmehr in Gemengelage mit dem anderer Herren. Sie alle versuchten, ihren Besitz zu sichern und zu vergröbern. Ideal wäre am Ende ein geschlossener Flächenstaat gewesen.

Die Absicherung erfolgte durch die Anlage von befestigten Plätzen, weshalb die verschiedenen Herren bestrebt waren, Stadtrechte für ihre Dörfer zu erlangen. Überall zwischen Lahn und Taunus läßt sich das in diesen Jahrzehnten beobachten. So erhielten Stadtrechte: 1281 Camberq, 1287 Idstein, 1323 Wehen, 1336 Camberg mit Alweilnau und Wehrheim, 1355/56 Kirberg, 1367 Adolfeeck mit Heftrich und Steckenroth, 1369 Niederbrechen.

Wesentlich für Walsdorf ist, daß es genau auf der Grenze zwischen den Grafschaften Idstein und Diez lag, die in einer dauernden Konkurrenz lebten. Dabei befand sich Idstein vor allem aus zwei Gründen im Vorteil:

1. engagierte es sich sehr stark in der Reichspolitik (1292-1298 stellte es mit Adolf einen deutschen König) und hatte oft gute Beziehungen zum König,
2. stellte es seit 1346 in Mainz die Erzbischöfe und verfügte damit über das höchste Amt nach dem König.

Andererseits befand sich das Diezer Grafenhaus keineswegs mehr auf dem Machthöhepunkt wie zu Zeiten der Staufer.

Typisch für das Gesagte ist das Jahr 1366. Am 18. Mai erteilte der König den Diezern für Altweilnau, Wehrheim und Camberg Stadtrechte. Auf Einspruch des Grafen Gerlach von Idstein wurde das 9 Tage später widerrufen. Ihm paßte es nicht, daß seiner alten Burg Idstein gegenüber Camberg befestigt werden sollte. Das Gleiche gilt von den beiden anderen Orten, die den 1326 erworbenen Gebieten um Neuweilnau und Usingen gegenüberlagen.

1346 wurde sein gleichnamiger Sohn Gerlach vom Papst zum Erzbischof von Mainz ernannt. Da aber sein Vorgänger nicht auf den Bischofsstuhl verzichtete, begann ein jahrelanger Krieg. Er wurde noch überlagert durch die Wahl von Gegenkönigen, die auch Krieg führten. Die Grafen von Idstein standen auf der Seite ihres Bruders, was nicht unbelohnt blieb.

1350 erhielt Adolf die Verfügungsgewalt über das Kloster Walsdorf, das bisher Mainz unterstand. Es ist bemerkenswert, daß ihm, nicht aber den beiden 1350 noch gemeinsam das Nassau südlich der Lahn regierenden Brüdern das Kloster zugesprochen wurde. Adolf hatte hier wohl schon ganz bestimmte territoriale Vorstellungen. Da der Klosterbesitz gering war, mußte es einen anderen Grund für Adolfs Interesse geben. Das war die strategisch so günstige Lage gegenüber Camberg und der Grafschaft Diez.
Eine Bestätigung für diese Deutung findet sich in den Ereignissen der folgenden Jahre. 1355 teilten die Brüder ihren Besitz in Nassau-Idstein und Nassau-Weilburg. Ein weiterer Teilungsvertrag wurde zwischen den noch immer streitenden Brüdern 1358 durch Vermittlung ihres Bruders Erzbischof Gerlach von Mainz errichtet. Erst in ihm wurde über das Kloster Walsdorf entschieden: es wurde Adolf zu Idstein zugesprochen, ohne daß irgendwelche Mainzer Vorbehalte genannt wurden.

Der Idsteiner Überfall auf Camberg um 1357

Den Idsteinern konnte es natürlich nicht gefallen, daß ihrem neu gewonnenen Stützpunkt Walsdorf gegenüber die Grafen von Diez ihrer Stadt Camberg nun endlich auch die äußeren Zeichen einer Stadt, Mauern und Türme, geben wollten. Um 1357 versuchten sie daher, Camberg zu überfallen, um das zu verhindern. Die schreienden Elstern weckten die Wächter, und der nächtliche Angriff konnte abgewehrt werden.

(Genaueres s. Bürgerbrief Nr. 14)

Das alte Walsdorf

In dieser Zeit gab es zwei Siedlungen mit dem Namen Walsdorf. Auf dem Hügel zwischen Ems- und Färberbach befand sich seit gut 200 Jahren nur das Kloster, nicht aber das Dorf Walsdorf. Die erste Klosterurkunde berichtet nämlich, daß die Walsdorfer für das Kloster „einen einsamen Platz …., der in der Nähe des Dorfes lag und auch Walesdorff hieß« schenkten. Sehr anschaulich beschreibt Mechtel in seinem Buch „Pagus Logenahe“ den Unterschied. Er berichtet, daß das Kloster auf einem hohen Hügel auf einer Halbinsel im Gebiet des Grafen zu Idstein lag, während sich das Dorf gegenüber in der Grafschaft Diez befand. (2)

In der Limburger Chronik“ (S. 72) sagt Mechtel, daß das alte Walsdorf „diesseits des Bächleins“ (gemeint ist wohl der Färberbach, da Mechtel von Norden her sah) gelegen habe und dieser Platz später in Gemüsegärten umgewandelt wurde.

Weitere Anhaltspunkte dafür, daß Walsdorf früher nördlich des Fär­berbachs in der Grafschaft Diez lag, sind folgende Fakten:

1. Walsdorf gehörte in katholischer Zeit immer zur Camberger Kirche
2. Walsdorfs Gemarkung wurde durch die Grafschaftsgrenze geteilt. Die meisten und besten Äcker lagen im Amt Camberg.
3. Verschiedene steuerliche Abgaben, die noch aus dem Mittelalter stammten, wurden bis in die Neuzelt nach Camberg gezahlt.

Diese Bindung an zwei verschiedene Grafen rührt daher, daß die erste Eingemeindung Walsdorfs nach Idstein nur unvollständig vollzogen wurde.

Das neue Walstatt

In seinem „Pagus Loqenahe“ berichtet Mechtel weiter, daß wegen des Klosters Graf Adolf zu Idstein den Hügel mit Mauer, Toren und Boll­werken versah. Die Walsdorfer zogen daraufhin wegen der höheren Sicherheit in das Idsteiner Gebiet, und aus beiden orten wurde eine Stadt. Der alte Ort verschwand, aber die Walstätter hatten weiterhin Besitz in der anderen Grafschaft und gingen in Camberg zur Kirche.
Mechtel macht es sich etwas zu einfach, wenn er den Grafen die Stadt bauen läßt, in die dann die Bürger einziehen. Mit dem Bau begannen zunächst einmal die Nassau gehörenden Untertanen im alten Walsdorf, die ja zu Hand- und Spanndiensten verpflichtet waren. Da ihre Zahl nicht ausreichte, suchte Graf Adolf auch die Diezer Untertanen dieses Ortes für seine Baupläne zu gewinnen. Wie es so häufig in jener Zeit anzutreffen war, waren die Staatsgrenzen nicht wie heute säuberlich gezogen, sondern es wohnten oft verschiedene Untertanen in einem Ort.

Um also mehr Leute für sein Vorhaben zu bekommen, verfaßte Graf Adolf den ersten von drei Freiheitsbriefen am 26. Juli 1358. In ihm erscheint Walsdorf zum ersten Male als Stadt, und seine Einwohner werden Bürger genannt. Zum letzten Male wurde am 11. Januar des gleichen Jahres das Kloster „Walsdorf“ genannt, als es Adolf zugesprochen wurde. In den darauffolgenden Monaten vor 625 Jahren muß dann die Umbenennung erfolgt sein.

Eine königliche Stadtrechtsurkunde hat Walsdorf nie gehabt, und über diese Umbenennung, die ja eigentlich eine Neugründung war, ist den Bürgern auch nichts Schriftliches gegeben worden. Alle Urkunden über Walsdorfs Freiheitsrechte sind nämlich abschriftlich oder original erhalten. Die späteren Grafen bezogen sich bei ihren Bestätigungen immer wieder auf die ersten Briefe.

Die erste Hälfte der nur als Kopie erhaltenen

1. Walsdorfer Freiheitsurkunde vom 26, Juli 1358 (Von mir unterstrichen „Walstatt“ und „breydenlo“)
Warum Walsdorf nur so bescheidene Urkunden hat, ist nach dem bisher Gesagten leicht erklärlich. Der Graf wollte nicht Freiheit für seine Untertanen, sondern für sich einen befestigten Platz. Dabei kam er den Bürgern nur so weit entgegen, wie es nötig war.

Als erstes schenkte er ihnen einen Wald als Viehweide. Die Walsdorfer waren noch Bauern und hatten nur wenig Wald, der bis in die Neuzeit als Viehweide sehr wesentlich war. Da das 14. Jahrhundert zunächst durch zunehmende Bodenknappheit aufgrund der stark wachsenden Bevölkerung gekennzeichnet war, handelte es sich um ein sehr wertvolles Geschenk.

Die Walstätter erhielten das Breidenlo zwischen Esch und Wörsdorf, wo „sie mit allem Irem vihe, das sie Itzunt han, ader hernach gewinnen mogent, es sey wenig ader vil, es sey was vihe das sey, foren (eintreiben) mogent und sollen umber (auf) ewiglichen.“

Doch scheint diese Zusage nicht genügend Anziehungskraft gehabt zu haben. 1375 mußte sein Nachfolger auch noch den Holzschlag in diesem Wald gestatten.

Das Ergebnis dieser Bautätigkeit und die Freiheitsrechte hält die 3. Freiheitsurkunde von 1393 fest. Nach etwa 35jähriger Hauzeit waren die Stadtmauer mit Türmen und zwei Pforten sowie der Hutturm fertig.
Damit war Idsteins Plan ausgeführt, die so nah vor seiner Burg verlaufende Grenze abzusichern. Im gleichen Jahre 1393 wurde aus den gleichen Gründen mit dem Bau der Burg Wallrabenstein begonnen.

Anm.:
(1) HStAW 133/10
(2) ebd. 3004/A 13 S. 329

Gerhard Buck

Die Schulzeit
Erinnerungen aus meiner Schulzeit 1919 – 1927

I. Als eines Tages ein Käuzchen, das ziemlich flügge war, aus dem Kirchturm rausflog, landete es auf dem Misthaufen von Lehmann, der bei der Kirche wohnte. Es wurde von Ernst Lehmann aufgenommen und in einen Käfig gegeben. Wir – damals etwa 8 Jahre alt – mußten dieses Käuzchen besehen und hätten es gar zu gerne gehabt. Es verging kaum ein Tag, wo wir nicht dort waren.

Eines Tages sagte Ernst Lehmann: „Ihr müßt Mäuse fangen. Dann bekommt ihr es.“ Wir zogen los, um Mäuse zu fangen, worin wir große Übung hatten. Es gab in diesem Jahr sehr viele Mäuse. Bald hatten wir auch 10 Stück zusammen und brachten sie hin. Da sagte E. Lehmann: „Die Mäuse müssen lebend sein.“
Wir nahmen einen leeren Zigarrenkasten und machten ein Loch hinein. In das Loch kam ein Holzstöpsel, und um den Kasten banden wir einen Bindfaden. Am nächsten Tag zogen wir wieder los, und bis gegen Abend hatten wir 15 Mäuse zusammen – lebend!

Es fing schon an zu dämmern, als wir bei Lehmann eintrafen. E. Lehmann und sein Vater waren in ihrer Wagnerwerkstätte. Freudestrahlend gingen wir hinein. Ich sagte: „Wir haben lebende Mäuse.“ Er sagte etwas mißtrauig: „Laß mich mal sehen.“ Er öffnete den Kasten. Bis er wußte, was geschah, war keine Maus mehr im Kasten. Sein Vater nahm einen Stock und hat ihn anständig verprügelt. Wir ergriffen die Flucht und haben uns nicht mehr sehen lassen.

II. An einem Sonntagabend waren die meisten jungen Bürger vom Jahrgang 04/05 beisammen, darunter auch zwei meiner älteren Brüder. Man beriet, „Was machen wir heute abend?“ Dann kam der Vorschlag, „Dem A. Lehmann seine Birnen am Graben sind reif und schmecken phantastisch gut!“
Man zog hin. Schnell waren einige auf dem Baum, mit Hilfe der anderen. Man schüttelte den Baum, die Birnen fielen zahlreich zu Bo den, der mit Hafer bewachsen war.

Da erhob sich aus dem Hafer in der Nähe des Baumes A. Lehmann und sagte: „Da ihr alle da seid, könnt ihr mit dem Auflesen anfangen.“

Später verließen alle die Stätte, ohne eine einzige Birne erhascht zu haben.

Es gab nachträglich Strafzettel, und man wollte sich rächen und den Baum vernichten. Es wurden viele Anschläge geschmiedet. Doch hat erst viele Jahre später die Umlegung den Baum vernichtet.

III. Es war, soweit mir bekannt ist, in derselben Zeit um 1924, daß auch hier die Leute zwischen Mein und Dein nicht immer den Unterschied kannten oder kennen wollten. Die Zeiten waren damals sehr schlecht, was das etwas entschuldigen mag.

Im Großen Garten waren zur Erntezeit Stunden zum Ernten festgesetzt, und zwar von 7 bis 9 Uhr und von 17 bis 19 Uhr. Überwacht wurde das von unserem Feldschützen.

Eines Tages geschah es, daß dieser Feldschütz über den Damm nach Hause ging. Da sah er doch auf einem Kirschbaum, der reife Kirschen trug, mit seinen sehr schwachen Augen einen Mann. Dienstbeflissen klopfte er mit seinem Stock gegen den Baum und rief, ob ‚du ropp gingst“. Dies wiederholte er noch mehrmals, bis er endlich feststellte, daß es eine Vogelscheuche war.

Zu seinem Pech hatten aber andere Leute diesem Irrtum zugesehen. Der Schütz war bis zu seinem Lebensende der Ropperkorl. Man machte sogar Verse:

„Ob du nicht heropper gingst,
rief der Korl, der alte Hengst.
Korl der ging betrübt nach Haus,
alle Leute lachten ihn aus.“

Fortsetzung folgt!

Ernst Schauß

6. GRENZBEGEHUNG „625 Jahre Stadtrechte“

15. Mai 1983

Die diesjährige Grenzbegehung soll an die Verleihung von Stadtrechten an Walsdorf vor 625 Jahren erinnern. Aue diesem Anlaß haben wir uns etwas Besonderes ausgedacht. Erstmalig bieten wir zwei verschiedene Strecken an.

Strecke 1: Zum ersten Male soll die ganze Gemeindegrenze an einem Vormittag abgegangen werden. Streckenlänge: 18 km. Start um 7.30 Uhr auf den Würgeser Weg am Großen Garten.

Strecke 2: Sie führt u. a. durch den Wald, der „Walstatt“ 1358 von en Idsteiner Grafen geschenkt wurde. Streckenlänge: 9 km. Start um 9 Uhr an der Bauernwiese im Färberbachtal (500 m hinter Kilians Jagdhütte). Sie erreichen den Treffpunkt über den Betonweg im Tal ab Taunusstr./Pflasterwiese.
Hier kommen auch die Wanderer der Strecke 1 hinzu. Strecke 2 gehen alle gemeinsam.
Für Getränke und Verpflegung unterwegs und ein gemeinsames Mittagessen auf dem Grillplatz wird in gewohnter Weise gesorgt.

Wir laden jeden ein !

Verantwortlich:

Gerhard Buck, Am Borngraben 24, 627 Walsdorf