„Stadt-Jubiläum“ 1983
Am 26. Juli 1358 änderte Walsdorf seinen Namen in Walstatt. Damit erhielt unser Ort städtische Freiheitsrechte, die bis 1803 immer wieder bestätigt wurden. Näheres darüber erscheint im nächsten Bürgerbrief.
Um dieses 625. Jahrestages zu gedenken, bereitet der Bürgerverein folgendes vor:
- am 25. 2. Vortrag über „Walsdorf und Camberg“ von Gerhard Buck im Camberger Kurhaus auf Einladung des Vereins Historisches Camberg.
- am 15. 5. Grenzbegehung durch das „Loh“, das 1358 „Walstatt“ als Viehweide übergeben wurde. Dazu werden wir erstmals eine Begehung der gesamten Grenze anbieten.
- am 12. 6. Gassenfest: Der Reinerlös ist dazu bestimmt, den neuen Brunnenplatz weiter auszugestalten.
- im November: Auf dem Grillplatz Pflanzung eines Baumes zur Erinnerung.
- Eine Ausstellung zur Geschichte Walsdorfs mit Dokumenten, Bildern und Gegenständen.
- Eine Festschrift.
- im Dezember 1983 / Januar 1984: eine Ausstellung „Sanierung in Walsdorf“ zusammen mit der Stadt Idstein im Idsteiner Rittersaal.
Diesen Plan erweitern wir gerne, wenn sich auch andere Vereine an diesem Jubiläum beteiligen wollen.
Vorstandswahlen
In der Jahreshauptversammlung (30.10. ) und in den Sitzungen der Arbeitskreise (29.11., 6.12.)
wurde der bisherige Vorstand wiedergewählt.
Seine Mitglieder sind:
Vorsitzender: Gerhard Buck
Stellvertr. Vorsitzender: Erich Roth
Kassierer: Felix Hartmann
Schriftführerin: Dietlinde Schulte zu Sodingen
Sprecher 1. Hist. Arbeitskreis Helmuth Leichtfuß
Sprecher 2. Hist Arbeitskreis Emil Hohl
Sprecher Akt. Arbeitskreis ??
LANDTAGSWAHLEN
Betrachtungen zu den Landtagswahlergebnissen in Walsdorf 1946-82
1982 setzte sich in Walsdorf ein Trend fort, der von der Landtagswahl 1970 seinen Ausgang nahm. Die FDP verlor damals in Walsdorf ihre Rolle als stärkste bzw. zweitstärkste Partei und geriet unter die 10 %, 1982 sogar unter die 5 % Marke (Vergl. Graphische Darstellung). Im gleichen Maße wie die FDP abnahm, wuchs der Stimmenanteil der CDU, d.h. der größte Teil der früheren FDP-Wähler ging in das Lager der CDU (vergl. Gegenläufigkeit der beiden Kurven).
Diese extreme Umorientierung der Wähler im bürgerlichen Lager war zweifellos eine Reaktion auf die Bildung der sozial-liberalen Koalition im Jahre 1969 und Ausfluß einer recht stabilen bürgerlich-konservativen Grundhaltung. Seit dieser Zäsur konnte nämlich die CDU in allen Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen mit Ausnahme der ersten Wahl nach diesem Datum (Landtagswahl 1970 = 36 % ) zwischen 41 und 51 % der Stimmen erringen, während die FDP unter 10 % absank. Der Einbruch, den die FDP 1958 erlebte, ist wie folgt zu erklären: Damals versuchte die DP (Deutsche Partei, die hauptsächlich in Niedersachsen ihren Anhang hatte) hier Fuß zu fassen und hatte in dem damaligen Bürgermeister Scheid einen örtlichen Repräsentanten gefunden. Der Erfolg der DP ging ausschließlich auf Kosten der FDP. Rechnet man nämlich die 119 DP-Stimmen zu den 95 FDP-Stimmen, erhält man den durchaus realistischen Wert von 214 Stimmen. Die Tatsache, daß die FDP in Walsdorf wie auch sonst vielfach in unserem Raum fast 20 Jahre mindestens bei den Landtags-und Kreistagswahlen um ein Mehrfaches stärker war als die CDU – bei den Bundestagswahlen war der Abstand wesentlich geringer – ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß der frühere Kreislandwirt W. Hasselbach die Interessen des Hauptkontingents der FDP-Wähler im Landtag und Kreistag vertrat und auch der ehemalige Walsdorfer Bürgermeister Scheid in den 60iger Jahren als FDP-Mitglied dem Kreistag angehörte.
So groß die Kurvensprünge bei der CDU und der FDP zwischen 1946 und 1982 Waren, so stetig verläuft die Kurve bei der SPD. Die Sozialdemokratische Partei konnte von Wahltermin zu Wahltermin wenn auch in unterschiedlichen Quoten – ihren Stimmenanteil vergrößern, wuchs doch immerhin die Zahl der Wahlberechtigten von 631 im Jahre 1946 auf 1028 im Jahre 1982.
Wenn man den prozentualen Anteil der SPD – Stimmen betrachtet, so schwankt er zwischen 34,8 % im Jahre 1946 und 42,7 % im Jahre 1982. Bis zum Ende der 50er Jahre, also vor Verabschiedung des Godesberger Programms, lag der Stimmenanteil der SPD immer unter 40 % in Walsdorf, danach, mit einer Ausnahme 1974) als die Bildungspolitik des Kultusministers von Friedeburg sehr umstritten war, lag ihr Stimmenanteil immer über 40 % 1966 hatte sie mit 47 % der Stimmen den höchsten Stand bei Landtagswahlen überhaupt erreicht.
Die kleineren Parteien, wie KPD, DKP, BHE (Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten), DFU (Deutsche Friedensunion), NPD oder Grüne konnten bei keiner Wahl wesentliche Stimmenanteile für sich verbuchen.
Nach diesen allgemeine Betrachtungen noch einige Bemerkungen zu den Wahlen vom 26. September 1982.
Wahlberechtigt waren Gewählt haben (ohne Wahlscheine) Davon erhielten: | 1028 Personen 847Personen = | 82,4 % |
CDU | 392 Stimmen = | 46,3 % |
SPD | 362 “ = | 42,7 % |
FDP | 36 “ = | 4,3 % |
Grüne | 47 “ = | 5,5 % |
EAP | 3 “ = | 0,4 % |
ungültig | 8 “ = | 0,9 % |
Wenn man dieses Ergebnis genauer analysiert, stellt man fest, daß sich der Landestrend auch im Walsdorfer Wahlergebnis spiegelt.
- die CDU verlor Stimmen und ging von 50,6 % der Stimmen 1978 auf 46,3 % zurück,
- die SPD konnte sich von 41,5 % auf 42,7 % leicht verbessern,
- die FDP verlor 0,8 % – Punkte und sank mit 4,3 % unter die 5 % – Marke,
- die Grünen überschritten auch hier die 5 % – Marke.
Quelle: Privatunterlagen
Helmuth I Leichtfuß
Walsdorfs älteste Familien
Das 1570 begonnene Bede- (Steuer-) Register hält für über eine Generation den Immobilienverkehr in Walsdorf fest. Es nennt über 400 Personen namentlich, von denen etwa ein Fünftel in den Nachbarorten wohnte. Bei dieser Fülle von Namen kann man davon ausgehen, daß alle in Walsdorf Begüterten erfaßt sind, zumindest aber alle Familiennamen. Zum Vergleich: 1566 gibt es hier 59 idsteinische Untertanen, und 1563 huldigten 61 Waldorfer dem neuen Grafen Balthasar. Eine weitere Bestätigung für die Behauptung, daß nur die Namen, die hier erscheinen, für den Titel „älteste Familie“ in Frage kommen, liefert das 1601 beginnende Gerichtsbuch mit seinen halbjährlichen Eintragungen.
Von den bis in die Gegenwart noch in Walsdorf lebenden Familien gab es im ausgehenden 16. Jahrhundert schon drei, nämlich Zeiger, Ochs und Thiel. Ihre Anfänge bis zum Einsetzen der Kirchenbücher nach dem Dreißigjährigen Krieg sollen im folgenden dargestellt werden.
1. Die Familie Zauwer/Zawer/Zauer/ Zeier/Zeiger
Bald 600 Jahre findet sich dieser Nachname mit verschiedenen Varianten in Walsdorf. Würden sich Clais Zauwer, der 1397 als erster überliefert wird, und die heutigen Zeigers treffen, dann könnten sie sich wegen des Wandels der deutschen Sprache, die sich auch in ihrem Namen zeigt, nur schwer verständigen. Dieser Clais oder Klaus könnte davon berichten, wie in den vorhergehenden Jahrzehnten Walsdorf zu einer Stadt geworden war und wie es vor vier Jahren seinen Freiheitsbrief erhalten hatte. Er war als Schöffe Mitglied des Walsdorfer Gerichtes und so vielleicht am Empfang dieser Urkunde beteiligt, die die Walsdorfer zu freien Bürgern machte. Nur wegen seiner besonderen Stellung ist uns sein Name als Zeuge unter einem Vertrag zwischen einem Walsdorfer Bürger und einem Kaplan zu Limburg erhalten. (1)
Ihm war auch noch bekannt, daß sein Name „Weber“ bedeutete. Er war damals keinesfalls selten, da er sich von einem in unserem Raum verbreiteten Handwerk herleitete.
Auch die nächsten Zauwers stehen in engem Zusammenhang mit von einem wichtigen Abschnitt Walsdorfs Geschichte. Nachdem die politische Selbstständigkeit durch die Stadterhebung erreicht war, versuchte man, auch die kirchliche zu erlangen. Die Stadt sollte nicht länger geistlich von Camberg versorgt werden, sondern an der neuen Kirche einen eigenen Pfarrer haben. Zwei der 1446 und 1447 namentlich genannten Anführer dieser vergeblichen Rebellion, die bis zur Exkommunikation aller Walsdorfer und des mit ihnen gegen den Erzbischof von Trier verbündeten Grafen Heinrich II. von Nassau-Dillenburg führte, waren Petrus und Henno Czauwer. (2)
Wahrscheinlich waren auch sie Schöffen wie Hen Czauwer, der 1497 als Zeuge bei einem Vertrag mit unterzeichnete. (3)
Bei dieser Namensgleichheit von Henno und Hen kommt natürlich die Frage der Verwandtschaft auf. Hier könnte man an Vater und Sohn denken. Aber bis zur 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts läßt sich über Verwandtschaft nichts aussagen. Dann aber ist dieser Familienname der häufigste, so daß man davon ausgehen kann, daß schon früher mehrere nur entfernt verwandte Zweige existierten.
Das eindrucksvollste Zeugnis aus der frühen Familiengeschichte der Zeigers ist eine Pergamenturkunde von Graf Philipp von Nassau-Idstein für „Jacob Zawer, burger zue Walstorff und Ameleyenn Veltens Dongeßenn Dochter daselbst, seiner ehelichen Hausfrawen“ (4 ). Der Graf bestätigt, daß er sich von ihnen 350 Gulden (=f1) zu den üblichen 5% Zinsen geliehen hat, die er aber in den letzten acht Jahren nicht gezahlt hatte. Er war demnach 140 fl an Zinsen schuldig.
Ein Knecht im Kloster hätte diese Summe in 3.360 Tagen für Dreschen, Pflügen und andere Feldarbeit erhalten (1 albus pro Tag). Auf das Jahr kann man etwa 300 Arbeitstage rechnen. Bei Häckselschneiden hätte er immer noch zwischen 1.260 und 1.680 Tagen arbeiten müssen (2 – 2 1/2 albus pro Tag). Ein Zimmermeister verdiente diesen Betrag in 1.120 Tagen (3 albus pro Tag). Zawer hätte sich 31 Rinder für dieses Geld kaufen können. (5)
Auf diese beträchtliche Summe verzichtet er nun und gibt außerdem den Schuldbrief dem Grafen zurück, ohne daß eine Tilgung erfolgte. Es wird ein neuer Schuldbrief, die vorliegende Urkunde, über 300 fl aufgesetzt, die mit jährlichen Raten von 20 fl in 15 Jahren zurückgezahlt werden sollen. Von Zinsen ist dabei nicht die Rede. Der Verzicht ist noch größer, als er zunächst erschien; denn diese Rate liegt nur wenig über der ursprünglichen Zinszahlung plus Zinseszinsen. Er beträgt mehr als 450 fl. Wer will, möge einmal weiterrechnen, wieviele Jahre und Jahrzehnte ein Walsdorfer damals hierfür arbeiten mußte.
Möglich war diese Umschuldungsaktion nur wegen des Reichtums dieses Bürgers und wegen besonderer gräflicher Gunsterweise. Die Urkunde schreibt dazu: „nach dem wir obgenanthen Jacob Zawernn In Zeith seiner veranderung und sunsten genedige beforderung unnd Hilf bewießenn unnd gethann“. Die Begründung bleibt unklar. Grimms Wörterbuch erklärt „veranderung“ mit Umzug, Entlassung aus Dienst, Heirat.
Auch die Absicherung dieses Briefes ist bemerkenswert. Der Bürgermeister von Heftrich wurde verpflichtet, jährlich diese 20 fl zu Martini zu zahlen, die bisher Johann von Reifenberg zu Lehen hatte.
Die Schuld wurde getilgt. Als Ziel hatte man das Jahr 1566 gesetzt. Aus diesem Jahr stammt Jacobs letzte Erwähnung: er ist inzwischen Bürgermeister (=Kassenverwalter) und Witwer. (6)
Er war der erste evangelische Zeiger und hörte den ersten evangelischen Pfarrer in Walsdorf predigen. Graf Philipp schwor in der Urkunde bei seinem wahren und neuen Glauben.
Mit diesem Jakob wohnte eine Reihe anderer Zauers / Zauwers in Walsdorf. Claiss wird 1541 als Lieferant von Unschlitt (Talg) ans Kloster erwähnt. Enders erhielt 1543 vom Kloster 20 fl geliehenes Geld zurück und lieferte 1546 ein Kalb und wollenes Tuch. Er war wohl, dem Namen entsprechend, Wollweber. Gleichzeitig lieferte ein Gretgen Käse und Butter. (7)
20 Jahre später werden die Namen noch zahlreicher. 1563 finden wir in Walsdorf Enders, Jacob, Mattern, Thonges und Walter Z. und 1566 Claus, Endreß, Henn, Jacob und Walther Z. (6) Enders, der drei Brüder hatte (Theis, Johan, Stoffel), wurde in diesen Jahren Wirtschaftsverwalter (Keller) des Klosters. Dieses Amt übte er über 40 Jahre lang aus. Daneben betrieb er auch eifrig eine eigene Landwirtschaft, wie seine fast jährlichen Beteiligungen an Grundstücksgeschäften ausweisen.
Vom Gehalt des Klosters allein konnte er nicht leben. Bei der Neuordnung des Klosterlebens wurde er 1608 von Michael Rüger abgelöst, der der erste dieser Familie in Walsdorf war. 1614 und 1615 ahndete er noch als Mitglied des Gerichts Feldfrevel. In hohem Alter muß er kurz darauf gestorben sein.
Das 1570 beginnende Bederegister liefert uns eine noch größere Fülle von Namen, da diese Familie am zahlreichsten vertreten war. In diesem Buch ist auch sehr gut die Änderung des Namens zu beobachten, so daß es also möglich war, die Familie Zeiger so weit zurückzuverfolgen.
Die Lautentwicklung Zauwer, Zauer, Zawer folgt bekannten sprachgeschichtlichen Regeln. 1563 taucht bei Walter und Mattern zum ersten Male die Form Zeyer auf. 1566 heißen alle wieder Zawer.
Übrigens schreibt man in dieser Zeit auch „Nassawe, Frawe“ _ Nassau, Frau. Bis 1579 hält sich das -au-, dann schreibt man ein Jahr lang Zeiger, zehn Jahre lang Zeier (auch mit y statt i). Ab 1590 haben wir die heutige Form Zeiger (auch mit y).
Daß alle diese Personen identisch sind, läßt sich zunächst einmal daran erkennen, daß das Bederegister ziemlich konsequent die Namensformen verwendet (einzige Ausnahme ist Walter Z.). Es ist nicht vorstellbar, daß plötzlich mehrere Familien völlig verschwinden und neue mit gleichen Vornamen auftauchen. Wichtiger noch ist die Tatsache, daß die Verwandtschaft bei den Personen mit au und ei die gleiche ist; z. B. haben sie die gleichen Schwiegereltern und Brüder.
Von den am Ende des 16. Jahrhunderts verheirateten Zeigers haben 8 (Balthes, Hen, Jacob, Class, Enders, Johan, Stoffel, Diethrich) zusammen mindestens 10 Söhne und 10 Töchter. Bei dieser Familie zeigt sich besonders deutlich, wie große Menschenverluste der 30jährige Krieg brachte. Bei seinem Ende sind nur noch zwei Zeigers in Walsdorf.
Die heutige Familie Zeiger leitet sich von einem Balthes her, der 1587 zum ersten Male erwähnt wird, als er von Vater und Großvater Güter übernimmt. Ihre Namen können z. Zt. nicht identifiziert werden; sie können sich unter den 1563 und 1566 erwähnten Personen befinden.
Dieser Balthes gehört im Immobiliengeschäft zu den eifrigsten Walsdorfern und vergrößert jährlich seinen Besitz, der allerdings unter seinen 6 Kindern Velten, Enders, Johan, Kunget, Philip und Matthes aufgeteilt werden muß. Nur sein Sohn Johan wird Bürger des Fleckens Walsdorf (1609 oder 1614). Er muß einen nichtlandwirtschaftlichen Beruf ausgeübt haben, da er sich seine wenigen Morgen Land noch mit seinem Bruder Matthes teilt.
Sie alle sterben im 30jährigen Krieg oder aber verlassen in den 30er Jahren den Ort und kehren nicht wieder zurück. Am Ende des Krieges ist nur noch Philip Ebert, vielleicht ein (Ur-)Enkel des reichen Jacob in Walsdorf, dessen Linie jedoch mit seinem Sohn ausstirbt.
Der andere Zeiger, der den Krieg überlebt, ist Johans Sohn Christen, welcher 1630 zuerst erwähnt wird. Wie verschiedene andere Bürger kehrt er, als die Zeiten ruhiger werden, zusammen mit seiner auswärts gefundenen Frau in seinen Heimatort zurück. Auf sie folgen 11 Generationen bis zu Wolfgang und Helmut Zeiger.
Anmerkungen:
(1) Struck, Klöster 1.776.
(2) ebd. 1.1027, 1030; Genaueres in Bürgerbrief Nr. 7.
(3) ebd. 11.1041.
(4) HStAW 133 Urk.123.
(5) Struck IV,1752, 1755.
(6) HStAW 133 111,1.
(7) Struck IV,1746.
(8) ebd. IV,1867, 1875, 1888, 1890.
Weitere Belege hierfür und das folgende im Walsdorfer Bederegister ab 1570, Gerichtsbuch ab 1601, Urkundenbuch
Gerhard Buck
Das Kriegsende 1918
Die Episode aus dem November 1918 (Bürgerbrief Nr. 17), die nach meiner Erzählung im Krankenbett aufgezeichnet wurde, bedarf einer voraussetzenden Ergänzung; denn jede Geschichte hat nun mal ihre Vorgeschichte.
Falsch aufgefaßte Nibelungentreue gegenüber Österreich, eigene militärische Arroganz gepaart mit Selbstüberschätzung der eigenen wirtschaftlichen Leistung und Bedeutung hatten Deutschland in das Abenteuer des Ersten Weltkrieges taumeln lassen. Anfang August 1914 brach der Krieg aus. Die mit viel Schwung und Begeisterung vorgetragene Offensive im Westen kam in der Marneschlacht zum Stehen. Der Versuch, sie wieder aufzunehmen, scheiterte bei Langemarck im Maschinengewehrfeuer der im Kolonialkrieg erfahrenen Engländer, das die Blüte der deutschen Jugend dahinraffte wie einst die Scharen des Mahdi bei Khartum am oberen Nil (1898).
Die Front erstarrte zum Jahre währenden Stellungskrieg, der Millionen Menschenopfer und unglaublichen Materialaufwand auf beiden Seiten forderte. Nur wer die Gräbermassen von der Nordsee bis zu den Vogesen einmal gesehen hat oder wem – wie es das Schicksal mit mir gewollt hat – einmal (dienstlich) Pläne der „Heldenfriedhöfe“ über den Zeichentisch gingen, der kann sich lebenslang dieses Grauens nicht erwehren.
Aber das war nicht alles. Gleich 1914 verhängte England über Deutschland die Blockade, um es wie eine belagerte Festung von der Welt abzuriegeln und auszuhungern; kein auch neutrales Schiff durfte sich mehr deutschen Häfen nähern.
Bereits 1915 begann die Lebensmittelrationierung. Die Lebensmittelkarte wurde geboren und der Leibriemen enger geschnallt. Zur militärischen und materiellen Überlegenheit der Feinde war als ihr Bundesgenosse der Hunger gekommen.
Der Sommer 1916 war vollkommen verregnet. Die Krautfäule, gegen die man damals noch ohnmächtig war, vernichtete die Kartoffelernte. Es folgte der berüchtigte Steckrübenwinter 1916/17. „Ich glaube an die Steckrübe, die einzige Ernährerin des deutschen Volkes“, dichtete ein Sarkastiker. Die Hungersnot in den Städten steigerte sich von Jahr zu Jahr.
Wir wohnten in Frankfurt, aber die Bindung an Vaters Elternhaus in der Untergasse („Schusters“) war sehr eng geblieben und Onkel Karl und Tante Jettchen ließen uns nicht im Stich. Die allwöchentlichen Hamsterfahrten nach Walsdorf wurden zur Gewohnheit. Wir lernten auch sehr bald die Gendarmeriekontrollen zu umgehen, indem wir nicht die besonders gefährdeten Züge benutzten. Statt in Camberg oder Wörsdorf stiegen wir nach entsprechendem Fußmarsch mit unserem Rucksack in Niederseelbach oder Niedernhausen ein.
Das hörte jäh auf, als 1918 die Westfront im apokalyptischen Stahlgewitter zusammenbrach und der Waffenstillstand von Compiegne den Franzosen das linke Rheinufer zur Besatzung freigab samt 30 km-Brückenköpfen auf dem rechten. Die Verhältnisse waren chaotisch. Post- und Eisenbahn verkehr waren unterbrochen. Die Franzosen riegelten ihre Zone hermetisch ab. Eine Postenkette schnitt alle Verbindungen nach Camberg und Würges ab und afrikanische Reiter in weißen, wehenden Burnussen ritten die Grenzen Tag und Nacht ab.
Wie sich die Walsdorfer dann doch bald arrangierten, darüber ein anderes Mal; denn viel Menschliches, ach so Menschliches ist darüber zu erzählen.
Gustav Lehmann