Bürgerbrief 73: November 1999

Die Europawahl vom 13. Juni 1999

Der Bürgerverein hatte, wie es inzwischen schon Tradition ist, auch zur Europawahl zu einem Parteiengespräch ins Dorfgemeinschaftshaus eingeladen. Mignon Ensgraber, FDP, Michael Gahler, CDU, Matthias Hannes, SPD und Rupert von Plottnitz, Bündnis 90/Die Grünen legten die europapolitischen Ziele ihrer Parteien dar und standen den Bürgern Rede und Antwort. Die Beteiligung mit rund 30 Personen war mäßig und ließ für die Wahlbeteiligung nichts Gutes erwarten. Diese war denn auch hier wie überall in Deutschland und auch den übrigen europäischen Ländern erheblich geringer als vor 5 Jahren, ja sogar so niedrig wie nie zuvor.

1979 betrug die Wahlbeteiligung in Walsdorf 57,6 %, 1984 52,4 %, 1989 58,6 %, 1994 50,0 % und 1999 39,8 %.

Obwohl inzwischen der Euro eingeführt ist und in naher Zukunft offizielles europäisches Zahlungsmittel sein wird und das Straßburger Parlament mehr Kompetenzen erhalten hat, ist es nur schwer nachzuvollziehen, daß sich die Wählerinnen und Wähler so wenig an der aktiven Mitgestaltung der Europapolitik beteiligen. Gewiß lassen die Kompetenzen des Europaparlaments noch immer zu wünschen übrig und gab die Brüsseler Kommission mancherlei Anlaß zur Kritik, die wirtschaftliche, politische und kulturelle Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten ist inwischen jedoch so weit fortgeschritten, daß sie die Situation jedes einzelnen wesentlich mitbestimmt. Zudem stehen mit der Osterweiterung der EU und der Verbesserung der Handlungsfähigkeit Europas in Krisensituationen wichtige Entscheidungen für die Zukunft an, die nicht ohne Rückwirkung auf unsere Verhältnisse bleiben werden.

Andererseits muß man jedoch auch feststellen, daß der Bekanntheitsgrad der in Straßburg agierenden Parlamentarier wesentlich geringer ist als der der nationalen Parlamentarier und daß in der Medienberichterstattung die europäischen Themen gegenüber den nationalen eine wesentlich geringere Aufmerksamkeit finden. Dabei wäre ein starkes Engagement der europäischen Bevölkerung nötig, um die Demokratisierung der EU der der europäischen Mitgliedstaaten allmählich anzunähern.

Die Walsdorfer Ergebnisse im Vergleich mit denen der Gesamtstadt und des Kreises.

(Angaben in %)

 Walsdorf  IdsteinRheingau- Taunus-Kreis
 199919941999199419991994
       
Wahlbeteiligung39,850,040,954,840,755,8
       
CDU48,939,849,238,850,940,1
SPD36,235,630,829,430,530,2
Bündnis90/Grüne7,811,49,414,28,212,8
F.D.P3,53,35,56,64,75,7
REP1,24,21,54,02,14,8
PDS0,50,41,00,61,10,5
Sonstige1,92,32,56,42,65,9
       

Betrachtung der Walsdorfer Ergebnisse

Der Trend, der sich schon bei der Wahl zum Hessischen Landtag gezeigt hatte, setzte sich bei dieser Wahl fort bzw. verstärkte sich noch, was den Schluß erlaubt, daß für die meisten Wähler die Bonner Ereignisse für ihre Wahlentscheidung wichtiger waren als europapolitische Gesichtspunkte. Die CDU gewann gegenüber der Landtagswahl 2,1 % hinzu, während SPD und Grüne 1,1 % bzw. 0,2 % verloren. F.D.P., REP. PDS und Sonstige spielen mit 7,1 % nur eine untergeordnete Rolle.  Beim Vergleich der Walsdorfer Ergebnisse mit denen der Gesamtstadt und des Krieses fällt auf, daß CDU, Grüne und F.D.P. hier etwas weniger, die SPD aber deutlich mehr Stimmen bekommen hat.

Helmuth Leichtfuß

Feldordnung im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Die Feldfrevelordnung vom 4. Juli 1816 mit den später erfolgten Änderungen und die Verordnung über die Polizeiverwaltung vom 20. September 1867 waren neben dem Gemeindegesetz vom Juni 1816 die wichtigsten Grundlagen für die örtlichen Feldpolizeiverordnungen. Die letzte örtliche Verordnung für die Gemeinde Walsdorf stammt vom 29. März 1922 und regelt das Befahren der Feld- und Gewannenwege, der Wiesen, das Wenden auf den Gewannen und das Mähen zur Heu- und Grummeternte. Die dort getroffenen Bestimmungen galten im wesentlichen bis zur Flurbereinigung Ende der 50er Jahre. Da nach der Umlegung alle Parzellen unmittelbar zu erreichen waren, erübrigten sich viele Vorschriften der Feldpolizeiverordnung von selbst. Wenn eine Regelung, wie sie in § 6 der Verordnung von 1922 getroffen worden war, wonach die Gewannenwege stets in ihrer richtigen Breite zu erhalten sind und durch Einsetzen mit dem Pflug nicht geschädigt oder geschmälert werden dürfen, auch jetzt noch als verbindlich angesehen und auch überwacht würde, wäre kein Schade.  Das Herzogtum Nassau, das 1815 auf dem Wiener Kongreß neugeschaffen worden war, stand zu seinem Beginn vor großen Problemen. Sein Gebietsstand hatte sich erheblich verändert und bedurfte einer einheitlichen Verwaltung. Schon seit 1808 waren im Herzogtum bemerkenswerte Reformgesetze erlassen worden. Zu diesen gehörte auch das Kulturedikt von 1812, das den Bauern das Recht zugestand, ihr Brachland und ihre Wiesen ohne Rücksicht auf bestehende Weiderechte uneingeschränkt zu nutzen. Ziel der Feldordnung von 1816 war es nun, in den verschiedenen Teilen des Herzogtums einheitliche Bestimmungen zum Schutz des Feldes und der Förderung der Landwirtschaft einzuführen und die auf Feldfrevel ruhenden Strafen zu verschärfen. Felddiebstähle und Feldbeschädigungen waren  nämlich gravierende Vorkommnisse. Nicht nur, daß alle durch Felddiebstahl oder absichtliche Feldbeschädigung verursachten Schäden dem Beschädigten binnen 48 Stunden nach erfolgter Abschätzung durch einen Feldgerichtsschöffen aus der Gemeindekasse ersetzt werden mußten, sondern auch, weil jeder Diebstahl von Getreide, Kartoffeln, Gras, Obst oder Gartengewächsen bei den ärmlichen Verhältnissen der Landbevölkerung einen empfindlichen Verlust bedeutete. Um Felddiebstähle und Feldbeschädigungen möglichst zu verhüten, waren die Gemeinden verpflichtet, Feldsschützen anzustellen. Bei guter Dienstführung konnte ihnen eine Gratifikation gewährt werden. 1854 erhielt der Feldschütz einen Jahreslohn von 80 Gulden. 1856 wurde ihm eine Gratifikation von 20, 1857 von 25 und 1861 von 15 Gulden gewährt. Wenn ein Schütz jedoch im Dienst nachlässig war oder sich etwas zuschulden kommen ließ, mußte er mit strenger Bestrafung rechnen. Das galt besonders für die Fälle, daß er selbst einen Felddiebstahl beging oder eine Anzeige aus Begünstigung des Übeltäters unterließ oder weil er bestochen war.

Arten der Feldbeschädigung

Wie vielfältig Feldbeschädigungen sein konnten, wird im § 8 der Feldfrevelordnung aufgelistet. Es werden genannt: Schälen, Ausreißen, Zerschneiden von Bäumen und Pfropfreißern, Zerstören und Verderben der Hegen, Umzäunungen und Mauern, die zur Befriedung dienen, Umwerfen und Beschädigung der Grenz-, Gewann- und Furchensteine, das Furcheln über die Furche hinaus und Wegpflügen von dem Grundstück eines anderen, Schäden, die durch Gehen, Fahren oder Reiten über frende Grundstücke, besonders bei nassem Boden oder vor der Ernte, auch durch Wenden mit dem Pflug oder der Egge auf dem anstoßenden besamten oder bepflanzten Acker geschehen, Beschädigung der zur Wiesenwässerung dienenden Anlagen, der Feldbrunnen, der Pflüge, Eggen, überhaupt der Feld- und Gartengerätschaften, Ausschütten oder Werfen der Steine und des Unkrauts auf fremde Gärten oder Äcker. Durch strenge Reglementierungen versuchte die Obrigkeit, Felddiebstähle und Feldbeschädigungen möglichst einzuschränken. In der Verordnung von 1816 wird geregelt, zu welchen Zeiten sich die Grundstückseigentümer im Feld aufhalten dürfen, daß Vieh nur durch einen Hirten mit der Herde zur Weide getrieben werden darf, daß zur Zeit der Aussaat im Frühjahr und im Herbst die Tauben eingesperrt werden müssen und unter welchen Bedingungen das Ährenlesen, Kartoffelnstoppeln und dergleichen erlaubt wird. Besonders interessant sind die Festsetzungen über die Schließung des Feldes, weil sie etwas aussagen über den Arbeitstag der Landbevölkerung zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Das ganze Jahr über war das Feld von 11 – 13 Uhr geschlossen. Ansonsten waren je nach Tageslänge unterschiedliche Zeiten festgesetzt, und zwar vom 1. November bis Ende Februar von abends 6 bis morgens 7 Uhr, vom 1. März bis Ende April und vom 1. September bis Ende Oktober von abends 7 bis morgens 5 Uhr und vom 1. Mai bis Ende August von abends 8 bis morgens 3 Uhr. Durch das Läuten einer Glocke wurde die Schließung des Feldes jeweils angezeigt.

Die Umsetzung der behördlichen Anordnungen vor Ort

Aufgrund der guten Quellenlage im unserem Ortsarchiv – Beschlußbücher des Gemeinderates und des Feldgerichts, das Frevelmanual des Feldschützen von 1838 f. und Straflisten von 1882 bis in die vierziger Jahre – und der eigenen Erinnerungen läßt sich gut nachzeichnen, wie die Vorschriften hier angewandt wurden und welche Verstöße am häufigsten waren.

Maßnahmen zur Vermeidung von Flurschäden

Da die erste Güterkonsolidation in Walsdorf erst zwischen 1874 und 1892 durchgeführt wurde, wie im Bürgerbrief Nr. 69 ausführlich dargestellt wurde, war es vorher notwendig, Saat und Ernte wegen der mangelhaften Erschließung der einzelnen Parzellen durch örtliche Vorschriften zu regeln. So legte das Feldgericht jedes Jahr fest, wann und wo mit der Frühjahrs- und Herbstaussaat begonnen werden mußte und wie sie abzulaufen hatte. So heißt es z.B. im Beschlußbuch der Gemeindevertretung vom 7. Mai 1859: „Die Zeit zum Gerstesäen ist herangekommen und es wäre zu bestimmen, wo angefangen werden soll, sowie die Tauben, daß sie in den Schlägen bleiben. – Es soll im kleinen und großen Graß hinauf gesät werden, die Laubach und die Eselsweid herunter, dann im Escherwegfeld vorne angefangen werden und so fort bis hinter in die Beun, dann darf keiner den Pflug auf die Schleif legen in dem Feld bei gesetzlicher Strafe von 30 Kreuzern. Die Tauben müssen 14 Tage eingesperrt werden bei gesetzlicher Strafe von 30 Kreuzern. Es darf nicht weiter geackert werden bis auf den halben Stein.“ Genauso wurde bestimmt, wann zu Beginn der Ernte die Gewannen aufzumähen waren, damit beim Überfahren keine Schäden angerichtet wurden. Auch hier gab es Anordnungen durch das Feldgericht. Am 15. August 1871 beschloß es z.B. in folgender Angelegenheit: „Da die Leute das Korn heimfahren wollen, wäre zu beschließen, ob und bis wann die Gewannen aufgemacht werden müssen. – Sollen bis den Mittwoch Mittag alle Gewanne aufgemacht werden und die Fuhrleut, welche sich begegnen, muß der eine am leeren Acker stillhalten, daß kein Schaden geschieht und diejenigen, welche durch den Weizen fahren, werden gesetzlich gestraft.“ Das Feldgericht hatte auch darüber zu befinden, ab wann der Kuhhirte, der Schweinehirte und der Schäfer „in die Stoppeln“ fahren durften und wann Tauben, Hühner und Gänse einzusperren waren. Schließlich bestimmte es auch, bis zu welchem Termin das Feld geräumt sein mußte. Unter dem 21. Oktober 1857 heißt es z.B.: „Das Krautzeug muß bis Sonntag aus dem Feld geschafft werden – Wer sein Kraut über den Sonntag draußen läßt, wird kein Schaden, welcher durch Diebstahl geschieht, mehr bezahlt aus der Gemeindekasse.“

Maßnahmen zur Vermeidung von Diebstählen

Wie heute in den Weinbaugebieten noch üblich, war den Eigentümern zur Reife- und Erntezeit der Zugang zu ihren Grundstücken untersagt. So wurden z. B. für den „Großen Garten“, wo die Gartengrundstücke nicht eingezäunt waren, Stunden festgesetzt, in denen er betreten werden durfte. Nach dem Beschluß vom 23. Juli 1855 durfte der Eigentümer morgens von 6 bis 8 und abends von 6 bis 1/2 8 an seine Stücker gehen, um Sachen zu holen. Sog. Bohnenstunden wurden im Juni 1858 auf montags und freitags von 12 bis 2 Uhr angesetzt. Kinder unter 10 Jahren durften nicht ohne Aufsicht in den Großen Garten geschickt und Kinder unter 6 Jahren nicht mitgenommen werden. Bohnenstunden gab es auch noch bis in die Zeit des Zweiten Weltkrieges.  Ähnliches galt auch, wenn das Obst reif wurde. Im August 1877 wurde angeordnet, daß nur an drei Tagen in der Woche, nämlich montags, mittwochs und samstags die Äpfel und Birnen gelesen werden durften und „zwar unter den Bäumen diesseits der Emsbach von 6 – 7 Uhr morgens und unter den Bäumen jenseits der Bach von 12 – 2 Uhr nachmittags.“ Am 20. August 1856 wurde festgelegt, „daß von heute an jeder Eigentümer den Sonntag nicht mehr an sein eigenes Obst gehen“ darf. Da in den meisten Fällen das Futter knapp war und die Grundstücke nur schwierig zu erreichern waren, wurde auch festgelegt, bis zu welchem Zeitpunkt, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten im Hafer- und Gerstenfeld die Furchen aufgeschnitten werden durften. Auch die Bachweiden, ein wichtiger Rohstoff für die Herstellung von Körben und sog. „Manen“, konnten nicht nach eigenem Gutdünken geschnitten werden.

Die häufigsten Verstöße gegen die Frevelordnung.

Aus dem Frevelmanual und den Straflisten läßt sich ein sehr guter Überblick über die Art und Häufigkeit der Feldbeschädigungen und Felddiebstähle gewinnen. Die Schäden, die Gänse und Hühner in Wiesen, Gerste- und Haferfeldern anrichteten, stehen zahlenmäßig eindeutig an erster Stelle. Bis zu 2 Simmer Hafer oder Gerste wurde in Einzelfällen der Schaden taxiert. Auch das Weiden von Schafen und Ziegen oder das Wühlen von Schweinen auf fremden Äckern, Wiesen und Gärten zeigte der Feldschütz häufig an. Sehr zahlreich waren auch die Obstdiebstähle, sei es, daß unberechtigt Äpfel oder Birnen gelesen oder geschüttelt wurden oder Kirschen und vor allem Zwetschen mit Stangen oder Rechen von den Bäumen geschlagen wurden. Sehr häufig taucht auch der Eintrag auf:“ Ein Korb voll Gras gerupft.“ Meist waren es Kinder, die dabei erwischt wurden. Daß auf diese Weise ein bißchen Futter beschafft wurde, ist ein Indiz dafür, daß in vielen Familien die Armut groß war. Relativ häufig kam es auch vor, daß unerlaubt Korbweiden geschnitten wurden. Als weitere Verstöße gegen die Feldfrevelordnung tauchen auf: das Begehen verbotener Wege, das unerlaubte Überfahren von Wiesen und Äckern oder das verbotene Wenden auf fremden Äckern und Wiesen, das Ackern „über den Stein“ und das „Vormähen“ bei der Heu- und Grummeternte. Auch Klee, Kartoffeln, Rüben und Gemüse wurden häufig gestohlen. Auffallend ist, daß viele Kinder und auch Einwohner aus den Nachbargemeinden unter den Delinquenten sind.

 Helmuth Leichtfuß

„Das ganz eigene Bausystem von Walsdorf“

So heißt es im Erläuterungsbericht zum Fluchtlinienplan der Gemeinde Walsdorf aus dem Jahre 1911. Schon 5 Tage nach dem durch Blitzschlag verursachten Scheunenbrand am Obertor im Juni 1910 schrieb der Landrat an den Walsdorfer Bürgermeister: „Der dort kürzlich stattgefundene Brand sowie die eigentümliche Bauart ihres Ortes gibt Veranlassung, die Festlegung von Baufluchtlinien für den ganzen Umfang der Gemeinde in Anregung zu bringen.“ Als Anfertiger des Planes schlug er den Techniker Becker von Bad Schwalbach vor. Dieser wurde dann auch mit der Ausführung beauftragt. In seinem Erläuterungsbericht geht er genauer auf das ganz eigene Bausystem Walsdorfs ein. Er schreibt: „Wie aus dem Vorprojekt ersichtlich ist, sind sämtliche Baufluchten der Häuser etc. 1 m hinter die Straßenflucht gerückt, der dadurch entstandene Vorplatz an jedem Haus hat eine zu demselben führende Freitreppe mit ca 6 – 8 Stufen. Diese Eigenheit, welche für den Ort Walsdorf bezeichnend ist, soll gesichert und beibehalten werden durch Festlegung der beiden Fluchten…Eine weitere Eigenheit, welche wohl selten in unseren Ortschaften im Taunus vorkommt, daß die Ökonomiegebäude einen schmalen separaten Zufahrtsweg, ziemlich parallel zur Hauptstraße haben, soll beibehalten werden. Eine Verbreiterung der Straßen im Ortsbering kann nicht stattfinden…Das Dorf an sich ist ähnlich einer früheren Burgansiedlung gebaut. Eine nach Westen zu abschließende, ca 6 m hohe alte Wehrmauer mit 2 Türmen trennt das Dorf von dem angrenzenden Wiesental, so daß eine Weiterführung der Straßen im Interesse der Erhaltung dieses alten Bauwerkes sich nicht empfiehlt und praktisch auch unausführbar ist. Das gleiche gilt auch von der Hainstraße anschließend an den runden Turm, welche auch mindestens 6 m tiefer liegt als die parallel laufende Oberstraße. Ein Verbindungsweg von der Hainstraße durch das Wiesental hinterm Turm nach der Idsteiner Straße ist möglich und ist im Vorprojekt vorgesehen. (Der Vorschlag wird, wie aus einem entsprechenden Vermerk des Regierungsbaumeisters Röttgen zu ersehen ist, vom königlichen Hochbauamt aber abgelehnt.) Weitere Verbindungswege empfehlen sich nicht, da das schöne Wiesental mit der Wehrmauer einen ganz reizenden Eindruck macht und als Futterwiesen, Gärten etc. beibehalten werden soll.“ Der von der Kreisverwaltung ausgearbeitete Fluchtlinienplan für den alten Ortskern wurde im Februar 1913 vom Gemeinderat und der Gemeindevertretung genehmigt. Den beiden Gremien blieb ja auch gar nichts anderes übrig, hatte doch der Landrat in seinem Schreiben an den Bürgermeister im Juni 1910 mitgeteilt: „Lehnt der Gemeinderat oder die Gemeindevertretung die Einführung des Fluchtlinienplanes ab, dann sind Sie in Ihrer Eigenschaft als Ortspolizeibehörde gemäß § 1, Abs.2 des genannten Gesetzes berechtigt, die Einführung von Fluchtlinien zu verlangen, und weise Sie hiermit an, eventuell dieses Verlangen zu stellen.“

Helmuth Leichtfuß

Das Ende der Walsdorfer Bücherei – Rückblick auf eine gescheiterte Rettungsaktion

1993/94 wurden vom Bürgerverein 16 aktuelle Bücher erworben und unserer  Walsdorfer Bücherei als Leihgabe überlassen. Eine Vorstellung der Bücher (incl. Kurzbeschreibung) kann im Bürgerbrief Nr. 62 nachgesehen werden. Neben einigen Kinderbüchern wurden Bestseller ebenso wie historische Romane, heitere ebenso wie besinnliche Werke ausgewählt. Soweit ich mich erinnern kann, wurden ca. 500,- DM als einmalige Geldausgabe hierfür investiert. Ziel dieser Aktion war die Auffrischung des doch relativ überalterten Buchbestandes, um die stagnierenden bzw. stark zurückgegangenen Ausleihzahlen anzuheben und der schon damals mit dem Tode ringenden Zweigstelle der Idsteiner Stadtbibliothek eine Überlebenschanche zu geben. Gleichzeitig beteiligte sich der Bürgerverein an den laufenden Kosten der Bücherei, indem er durch Kostenübernahme eine 2. Entleihstunde pro Woche ermöglichte. Leider ist der Patient: „Walsdorfer Bücherei“ im Alter von 32 Jahren inzwischen verstorben ! Die Bücherei wurde 1967, zusammen mit dem DGH eingerichtet. Weder Infusionen (neue Bücher), noch Atemspenden (2. Entleihstunde) konnten dem Siechtum wirksam begegnen.

Ein Rückblick auf die Entleihzahlen macht deutlich, daß bereits Anfang der 90er Jahre schon zu Recht gelegentlich leises Totenglockenläuten zwischen den Bücherregalen gehört werden konnte. Keines der von uns angeschafften Bücher wurde mehr als 8 mal ausgeliehen ! In der restlichen Zeit ? Totenstille !

Redaktion:

Monika Kiesau, Helmuth Leichtfuß, Manfred Wetzel