Die Europawahl 13. Juni 2004
Der Bürgerverein hatte auch in diesem Jahr zur bevorstehenden Europawahl zu einem Parteiengespräch ins Dorfgemeinschaftshaus eingeladen. Es nahmen Teil für die CDU die Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Birgit Kind, für die SPD die Landtagsabgeordnete Christel Hofmann, für die Grünen der Landtagsabgeordnete Jürgen Frömmrich und für die FDP der Europabeauftragte der Partei im Kreis Waldemar Dönges. Die Referenten legten die europapolitischen Ziele ihrer Parteien dar und standen den Teilnehmern Rede und Antwort. Die Beteiligung mit 16 Personen war sehr schlecht und ließ für die bevorstehende Wahlbeteiligung nichts Gutes erwarten. Es ist nur schwer zu begreifen, dass die Europapolitik trotz der Erweiterung der EU Anfang Mai dieses Jahres und der bevorstehenden Verabschiedung einer Verfassung für Europa bei den Bürgern der europäischen Staaten so wenig Aufmerksamkeit findet. Andererseits muss man aber auch sagen, dass die großen Parteien außer den Grünen den Wahlkampf viel stärker mit nationalen als mit europäischen Themen bestritten haben.
Die Walsdorfer Wahlergebnisse im Vergleich zu denen der Gesamtstadt und des Kreises
Walsdorf | Idstein | RTK | ||||||
Jahr | 2004 | 1999 | 2004 | 2004 | ||||
% | % | % | % | % | % | |||
Wahlberechtigte | 1152 | 1128 | ||||||
Wähler | 455 | 39,5 | 427 | 39,8 | 43,6 | 40,9 | 41,4 | 40,7 |
gültige Stimmen | 441 | 425 | ||||||
ungültige Stimmen | 14 | 2 | ||||||
CDU | 199 | 45,1 | 208 | 48,9 | 42,4 | 49,2 | 43,9 | 50,9 |
SPD | 120 | 27,1 | 154 | 36,2 | 21,3 | 30,8 | 22,0 | 30,5 |
Grüne | 70 | 15,9 | 33 | 7,8 | 17,9 | 9,4 | 15,3 | 8,2 |
FDP | 22 | 5,0 | 15 | 3,5 | 8,4 | 5,5 | 8,9 | 4,7 |
REP | 4 | 1,0 | 5,0 | 1,2 | 2,3 | 1,5 | 2,6 | 2,1 |
PDS | 4 | 1,0 | 2,0 | 0,5 | 1,5 | 1,0 | 1,3 | 1,1 |
Sonstige | 22 | 5,3 | 8,0 | 1,9 | 6,2 | 2,5 | 6,0 | 2, |
Betrachtung der Waldorfer Ergebnisse
Beide großen Volksparteien haben in Walsdorf wie auch in Idstein und im Rheingau – Taunus – Kreis Stimmen verloren; die SPD mit 9,1 % mehr als die CDU mit 3,8 %.
In Walsdorf hat die CDU allerdings besser abgeschnitten als in Idstein und im Kreis. Dort verlor sie 6,8 bzw. 7,0 %. Die Verluste der SPD sind auf den drei Ebenen annähernd gleich hoch.
Die Grünen haben auf allen drei Ebenen kräftig zugelegt, in Walsdorf ihren Stimmenanteil mehr als verdoppelt.
Auch die FDP hat überall Stimmen gewonnen und die 5 % – Grenze übersprungen.
REP, PDS und Sonstige spielen weiterhin nur eine untergeordnete Rolle.
Helmuth Leichtfuß
Berichtigung zu dem Beitrag im Bürgerbrief 82
„Vereinsleben, Teil 3 – Sportverein Walsdorf“
Der Bericht über den SV Walsdorf, Kinderturnabteilung (im Teil 3) ist leider nicht auf dem aktuellen Stand und bedarf eines korrigierenden Nachtrags:
Im März 2003 hatte die Turngruppe 7.-10. Schuljahr keine Übungsleiterin. Obwohl spez. die Mädchen des 9. und 10. Schuljahrs angesprochen wurden, kam wegen mangelnder Nachfrage keine Gruppe zustande und regelmäßige Turnstunden fanden nicht statt.
Seit September 2004 haben Elvi Ziemer und Monika Schwarz die Turngruppe 7.- 9. Schuljahr übernommen.
Die Artikelreihe „Vereinsleben“ wird mit einem 4. Teil im nächsten Bürgerbrief abgeschlossen.
Bandkeramische Siedlungen in der Idsteiner Senke
Ein flombornzeitliches Dorf und seine sieben Hofplätze bei Idstein-Walsdorf, Flur „Klingeschlag“
In der naturräumlich begrenzten Landschaft Idsteiner Senke wird im Rahmen des Projektes „Vorgeschichtliche Besiedlungsgeschichte in der Idsteiner Senke (VBI)“ die Besiedlungsgeschichte der bandkeramischen Kultur (ca. 5500–5000 v. Chr.) untersucht. Diese Untersuchung erweitert zwei in den vergangenen sechs Jahren u. a. von der Kommission für Archäologische Landesforschung in Hessen e. V. geförderte landschaftsarchäologische Projekte des Seminars für Vor- und Frühgeschichte der Johann Wolfgang Goethe-Universität: „Besiedlungsgeschichte der Bandkeramik in der Mörlener Bucht (BBM)“ und „Periphere Plätze der späten Bandkeramik im Usinger Becken“ um eine neue Region, die sich diesmal jedoch am westlichen Mittelgebirgsrand des östlichen Hintertaunus befindet. Das Mittelgebirge wurde spätestens ab der mittleren Bandkeramik intensiv ausgebeutet – ein Nutzungskonzept und ein funktionierendes Austauschsystem über den Taunus hinweg bestand – und zumindest in seinen geschützten Lagen wurde dauerhaft gesiedelt. Nur 30–40 km Luftlinie entfernt von unserer Untersuchungslandschaft Idsteiner Senke liegen beispielsweise die bandkeramischen Mittelgebirgssiedlungen bei Butzbach–Fauerbach v. d. H. oder die des Usinger Beckens. Der Taunus wurde u. a. für die Viehweide genutzt, aber auch seine lithischen Rohstoffe, wie Roteisenerz, Basalt für die Beilherstellung und quarzitische Sandsteine für die Mahl-, Reib- und Klopfsteinproduktion, waren begehrt.
Die Region Idsteiner Senke und Umgebung wiederum ist eine bisher von den Altertumswissenschaften noch vernachlässigte, an Rohstoffen aber reiche Kulturlandschaft, die nicht nur wegen ihrer zum Teil sehr fruchtbaren Böden auch in Höhenlagen bis zu 400 m. ü. NN und trotz teilweise kräftiger Reliefierung schon frühzeitig dicht und kontinuierlich besiedelt war. Um nun aber für diese Landschaft ein verlässliches Fundstellenkataster erstellen zu können, sind noch systematische und langfristig zu verfolgende Flurbegehungen vorzunehmen. Hierfür werden stets Freiwillige gesucht.
Nur fünfzehn bandkeramische Siedlungen und sechzehn bandkeramische Einzelfunde sind bisher im Großraum bekannt geworden. Allein noch mindestens 115 weitere bandkeramische Siedlungsplätze dürften aber zu entdecken sein, wenn man von nur einer Siedlung je Quadratkilometer ausgehen möchte.
Begehungsgebiet „Goldener Grund“ von H. Nauk zwischen Bad Camberg und Idstein
mit zehn bandkeramischen Siedlungen.
Fundstelle 1: Ältestbandkeramische Siedlung Bad Camberg–Würges,„Kuhboden“
Fundstelle 8: Bandkeramische Siedlung bei Idstein-Walsdorf, „Im Klingen“.
So wurden bei Begehungen in den Jahren 2001-2003 in der Idsteiner Senke bereits zahlreiche vor- und frühgeschichtliche Fundstellen neu aufgespürt. Über die Begehungen hinaus wurden in einer für die Anforderungen der ersten Ackerbauern ausgesprochen siedlungsgünstigen, lößbedeckten Kleinlandschaft der Region („Goldener Grund“) mittlerweile fünf bandkeramische Dörfer großflächig geomagnetisch prospektiert (durch M. Posselt, Posselt & Zickgraf GbR und Mitarbeiter des Projektes). Insgesamt 15 bandkeramische Siedlungen kennen wir bisher entlang des Knall- und Emsbaches, südlich des Ortsausganges von Bad Camberg.
Auch die nachfolgenden Großgartacher und Rössener Kulturen sind mit zahlreichen Siedlungen vertreten. Heute kann man für die Gunstlandschaft Goldener Grund, am äußersten nordwestlichen Rand des Rhein-Main-Gebietes in der Nachbarschaft zum Mittelgebirge Taunus, den Neolithisierungsprozess gut nachvoll-ziehen. Beinahe alle diese Siedlungen wurden von H. Nauk während jahrelanger Flurbegehungen entdeckt und ihre Spuren von ihm sorgfältig dokumentiert. Im folgenden werden die Ergebnisse der Forschungen zum bandkeramischen Dorf Idstein -Walsdorf, Flur „Klingeschlag“ vorgelegt.
Südlich von Idstein-Walsdorf, in einer Höhenlage von 245–265 m ü. NN, unmittelbar an die Aue des Knallbaches anschließend, liegt die wenigstens 7 ha große bandkeramische Siedlung „Klingeschlag“ an einem leicht nach Osten geneigten Hang.
Der Flurname „Klingeschlag“ bezeichnet einen Durchlaß durch das Wörsdorfer Gebück, ein dreifacher Graben mit vier Wällen, das nach 1300 zum Schutz der Grafschaft Idstein angelegt wurde.
Nach langjährigen Begehungen durch Nauk konnten im Jahr 2003 größtenteils diejenigen Flächen mit dem höchsten Oberflächenfundaufkommen und ihre unmittelbare Umgebung, eine Fläche von insgesamt 5,5 ha, geomagnetisch prospektiert werden. Die Mittel dafür wurden vom Unterstützerkreis des VBI-Projektes zur Verfügung gestellt. Dabei konnten die Bebauungsgrenzen des Dorfes und seine Hofplätze, bis auf die im Osten und Westen gelegenen, erfasst werden. Die geomagnetischen Prospektionen erbrachten ungezählte Bodenbefunde aller Kategorien und Zeitstellungen. Sicher ansprechbar sind die Überreste von mindestens 21 Hausgrundrissen und ihre typischen, wandbegleitenden Längsgruben der Hausmittelteile, die sich auf sieben (nur sechs davon sind geomagnetisch prospektiert), jeweils bis zu ca. 50 m voneinander entfernte, Hofplätze verteilen. Hofplatz 7, westlich von Hofplatz 6 gelegen, ist aufgrund der an der Ackeroberfläche ebenfalls feststellbaren sehr hohen Befund- und Fundkonzentration, zu erwarten.
Nur eines der Häuser erhielt keinen Nachfolgebau und soll hier nicht separat als Hofplatz gezählt werden; obwohl es sich zweifelsohne auch um einen solchen, wenn auch nur über eine Hausgeneration genutzten, Hofplatz handelt.
Die sieben Hofplätze wurden von Nauk schon anhand von Fundkonzentrationen eindeutig und ohne jede geomagnetische Vermessung identifiziert. Das bei seinen Begehungen stets getrennt aufgesammelte Fundmaterial, erlaubt teilweise schon eine recht genaue Datierung der Hofplätze. Natürlich sind heute längst nicht mehr alle einst vorhandenen Hausgrundrisse erhalten; auch die geomagnetische Prospektion vermag es nicht, bereits vollständig erodierte Befunde wieder sichtbar zu machen.
Außerdem sind im Osten Hofplatz 3 und im Westen Hofplatz 7 und damit auch die Siedlungsgrenzen noch nicht vollständig erfasst, so dass noch weitere Messungen erforderlich sind. Wenigstens bis zu zehn weitere Hausgrundrisse dürfen daher noch angenommen werden. Die bandkeramische Besiedlungstätigkeit begann, den Verzierungen und der Machart der aufgefundenen Keramik nach zu urteilen, bereits in einem sehr späten Abschnitt der ältestbandkeramischen Kultur am Übergang zur Flombornzeit und erstreckte sich bis an den Beginn der mittleren Bandkeramik. Demzufolge war das Dorf etwa von 5400–5225 v. Chr., über einen Zeitraum von sieben Generationen, bewohnt. Die Gründung des Dorfes begann mit dem Bau der ersten Häuser der Hofplätze 2 und 7, denn das hier auftretende keramische Fundmaterial ist noch nach ältestbandkeramischer Sitte organisch gemagert und bikonisch geformt und ist das älteste Fundmaterial der Siedlung.
Im Laufe der Zeit wuchs das Dorf dann auf höchstenfalls bis zu acht gleichzeitig bewohnte Häuser an. Hofplatz 4 wiederum, ist als der jüngste anzusprechen, von hier stammen einige Scherben, die mittelbandkeramische Verzierungsmerkmale aufweisen, so dass davon auszugehen ist, dass hier noch eine Zeit lang ein Haus bewirtschaftet wurde. Jedoch treten auch im Bereich des Hofplatzes 7 einige mittelbandkeramische Scherben auf, möglicherweise stand hier am Ende der Besiedlung sogar noch hier noch ein zweites Haus. Die anderen sechs Hofplätze waren zu dieser Zeit bereits aufgegeben und ihre Familien lebten längst in den in der Nähe neu gegründeten Dörfern oder in einzeln stehenden Höfen. Die Zu- und Abnahme der Hofplatzanzahl des Dorfes und die jeweilige Nutzungsdauer der Hofplätze lassen sich gut beobachten. Die chronologische Abfolge der Hausneubauten eines Hofplatzes hingegen, ist nur in Einzelfällen genau nachvollziehbar. Hierzu wären großflächige Ausgrabungen erforderlich, die insbesondere hochauflösend datierenden keramischen Funden aus den einzelnen Häusern gelten müssten. Deutlich wird jedoch, dass man, solange der Hofplatz beibehalten wurde, stets in unmittelbarer Nähe des Vorgängerbaues der Eltern sein neues Haus errichtete. Am Ende der Siedlungstätigkeit gründeten einige Familien dann, einen knappen Kilometer weiter südlich, in der Flur Idstein-Walsdorf „Im Klingen“, eine der Nachfolgesiedlungen, die nun aber nur noch aus vier gleichzeitigen Hofplätzen bestand.
Man erschloss sich durch diesen Umzug „frisches“ Acker- und Bauland, aber gerade auch Bau- und Feuerholz standen hier siedlungsnah wieder ausreichend zur Verfügung.
Nach der ältestbandkeramischen Gründersiedlung bei Bad Camberg-Würges ist die Siedlung „Klingenschlag“ die zweitälteste im Goldenen Grund und damit möglicherweise sogar auch eine ihrer Tochter- und Nachfolgesiedlungen. Sie markiert den Zeitraum der Ausweitung der bandkeramischen Landnahme am Ende der ältesten Bandkeramik; den Übergang zur sich stark ausbreitenden flombornzeitlichen Besiedlung in der Region Idsteiner Senke.
Immer wieder wurden ältestbandkeramische Dörfer aufgegeben und in deren Nachbarschaft neue, moderne flombornzeitliche Dörfer gegründet, wobei diese Siedlungen sehr wohl auch über ein bis zwei Generationen parallel bewohnt gewesen sein können. Flombornzeitliche Siedlungen und auch noch spätere Neugründungen finden sich zahlreich in der Nachbarschaft zur Siedlung „Klingeschlag“. Sieht man sich nun die sechs bisher magnetisch prospektierten Hofplätze genauer an, erkennt man in einem Falle wenigstens bis zu sechs nacheinander errichtete Häuser (Hofplatz 2), so dass davon auszugehen ist, dass man in diesem Dorf einen Hofplatz höchstens sechs Generationen (150 Jahre) beibehielt. Nach und nach wurden die alten Hofplätze aufgegeben und einige Familien zogen gemeinsam an einen anderen Ort. Die großen bandkeramischen Bauernhäuser (150–360 m²) dienten wohl nur einer Familie von fünf bis sieben Personen zum Wohnen, Arbeiten und zur Vorratshaltung.
Das tägliche Leben, Wohnen, Schlafen und alle bäuerlichen Arbeiten, die ein Dach erforderten, fanden hier statt; rund um das Haus herum liegt der zugehörige Hofplatz mit seinen Aktivitätsbereichen. Die Sesshaftigkeit der bandkeramischen Bevölkerung erkennt man gerade an dieser Abfolge von mehreren Häusern, also mehrerer Hausgenerationen auf den einzelnen Höfen.
Die bandkeramischen Bauern legten Wert auf Familientraditionen, auf die Kontinuität der Generationen. Die massiven Holzgebäude waren nach 25 Jahren nicht notwendigerweise baufällig. Vielmehr war es wohl Sitte, dass jede neue Generation sich ein neues eigenes Haus baute. Ein Hofplatz kann also zeitweise sogar auch aus zwei gleichzeitig bewirtschafteten Häusern bestanden haben, bis die Eltern in das Haus des Kindes umzogen oder verstarben und man das ältere Haus endgültig abriss. In seiner Blüte bestand das Dorf „Klingeschlag“ möglicherweise sogar aus bis zu acht gleichzeitigen Häusern (eines je Hofplatz und das einzelne Haus) und hatte zwischen 48 und 64 Einwohner, die eine Ackerfläche (einschließlich Brache) von bis zu 32 ha benötigten, um 80 % ihres jährlichen Energiebedarfes durch Getreide decken zu können. Rund um das Dorf bestand demnach eine beachtliche Freifläche für Garten- und Ackerbau, neben der, der ohnehin annähernd baumfreien Hofplätze. Aber auch Rind, Schwein und Schaf benötigten zeitweise einen oder mehrere Pferche und darüber hinaus natürlich Futter, das in den umgebenden, immer lichter werdenden Wäldern durch Waldweidewirtschaft gewonnen wurde.
Resümierend lässt sich festhalten, dass die sehr genauen Dokumentationen der Fundumstände der durch Nauk begangenen Fundstellen, die wichtigsten Grundlagen für die hier beschriebenen Untersuchungen bildeten. Sie ermöglichten überhaupt erst die zielgerichteten magnetischen Prospektionen an nunmehr fünf bandkeramischen Fundstellen entlang des Knallbaches. Die älteste hessische Besiedlungsgeschichte kann auf diesem Wege auch für den Goldenen Grund als ureigene und Identität stiftende hessische Landesgeschichte genau erforscht und geschrieben werden.
Außerdem sind diese Untersuchungen auf hessischem Boden, zusammen mit denen, die im Rahmen der oben angeführten Projekte durchgeführt wurden und weiteren, einzelnen Maßnahmen beteiligter Archäologen, zugleich auch die systematischsten und großflächigsten Begehungen mit anschließender flächendeckender geomagnetischer Prospektion bandkeramischer Siedlungen in Mitteleuropa. Sie haben damit Vorbildcharakter; keineswegs nur für die mitteleuropäische Bandkeramikforschung.
Die wissenschaftliche Verknüpfung von systematischen Flurbegehungen mit hochauflösenden, zerstörungsfreien magnetischen Prospektionen, erlaubt es heute siedlungsgenetische Forschungen für vor- und frühgeschichtliche Epochen vorzunehmen, die verschiedensten bandkeramischen Siedlungen und ihre Funktionen zu typisieren, Alleinstellungsmerkmale, besondere bauliche Strukturen, wie z. B. Erdwerke und Kreisgräben vollständig zu dokumentieren und das differenzierte, hierarchisch gegliederte Siedlungssystem sowie die Geschichte, den Bedeutungsgewinn und -verlust eines jeden Dorfes genau zu beschreiben, sofern dafür ausreichend datierende, und gut dokumentierte Oberflächenfundaufsammlungen vorliegen. Derartige ganzheitliche Untersuchungen übertreffen somit – ohne jede Ausgrabung – in mancherlei Hinsicht die oftmals nur ausschnitthaften Erkenntnisse, die aus kleinen Grabungsschnitten innerhalb eines großen Siedlungsgeländes gewonnen werden können.
Literatur:
Ch. Schade, Besiedlungsgeschichte der Bandkeramik in der Mörlener Bucht/Wetterau (BBM). Universitätsforschungen Prähistorische Archäologie 105 (Bonn 2004).
Ders./S. Schade-Lindig, Landschaftsarchäologie in der Idsteiner Senke: Eine ältestbandkeramische Siedlung in Würges am Knallbach im Goldenen Grund bei Bad Camberg. Hessen Archäologie 2001 (Stuttgart 2002) 23–27.
Dies., Die bandkeramische Siedlung „Im Klingen“ am Knallbach im Goldenen Grund – Zusammenspiel von Ehrenamt und Wissenschaft. Hessen Archäologie 2002 (Stuttgart 2003) 29–33.
Dies., Aus dem Projekt „Vorgeschichtliche Besiedlungsgeschichte in der Idsteiner Senke (VBI)“: Ausgrabungen in der ältestbandkeramischen Siedlung bei Bad Camberg-Würges „Kuhboden“ am Knallbach. In: Berichte der Kommission für Archäologische Landesforschung 7, 2002/2003 (2004)
H.-P. Wotzka u.a., Periphere Plätze der späten Bandkeramik im Usinger Becken. In: Berichte der Kommission für Archäologische Landesforschung 6, 2000/2001 (2002) 53–75. Abbildung. von Dr. S. Schade-Lindig.
Spendenaufruf
Wer das Projekt finanziell unterstützen möchte, wird um eine steuerlich absetzungsfähige Spende auf das Konto der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurter Sparkasse von 1822, Kt. Nr.: 28 605, BLZ.: 500 502 01 unter Angabe des Projektkontos (PK) 300 802 03 und des Sachkontos (SK) 530 500 00, Stichwort „Idsteiner Senke“, gebeten. Mit den eingehenden Spenden werden die wissenschaftliche Aufarbeitung und Publikation der Prospektionsmaßnahmen und Grabungsergebnisse vorangetrieben. Eine Spendenquittung wir zugesandt, bitte unbedingt die Adresse angeben! Regelmäßig wird über den Fortgang der Arbeiten in Fachzeitschriften und in der Tagespresse Bericht erstattet.
Bei Interesse an einer Mitarbeit bittet die Projektleitung um Kontaktaufnahme:
Dr. Christoph Schade Seminar für Vor- und Frühgeschichte Grüneburgplatz 1 60329 Frankfurt | oder | Quellenstr. 2 65510 Hünstetten-Limbach 06126/583490 schade-lindig@web.de |
Christoph Schade und Sabine Schade-Lindig
Die Bewirtschaftung der Wiesen
Die diesjährige Frühjahrswanderung des Bürgervereins, an der 32 Interessenten teilnahmen, führte ins Emsbachtal. Die Teilnehmer sollten über den Bau von Wiesenwässerungswehren, die örtlichen Vorschriften für die Heu- und Grummeternte und die Belastung der Wiesen mit Heu- und Dungfahrten informiert werden.
Angesichts der rasch wachsenden Bevölkerung zu Beginn des 19. Jahrhunderts bereitete deren Ernährung große Sorgen. Die Ernährungsbasis musste verbessert werden. Der im Jahre 1820 gegründete Landwirtschaftliche Verein im Herzogtum Nassau setzte sich intensiv für praktische Verbesserungen des Landbaus ein.
Der Direktor des landwirtschaftlichen Instituts in Idstein, Wilhelm Albrecht, warb in dem von ihm herausgegebenen Landwirtschaftlichen Wochenblatt für Kulturverbesserungen an Wiesen, Feldern und Weiden.
Eine wichtige Maßnahme war, dass man von der Dreifelderwirtschaft, bei der ein Drittel des Ackerlandes im Wechsel brach liegen blieb, zur sogenannten Fruchtfolgewirtschaft überging.
Bei dieser Methode wurden im Dreijahresrhythmus Hackfrüchte (Kartoffeln, Rüben, und Klee) Wintergetreide (Roggen und Weizen) und Sommergetreide (Gerste und Hafer) angebaut. Durch den verstärkten Anbau von Klee und Rüben als Futterpflanzen konnten die Bauern zur Stallfütterung übergehen. Dadurch erhielten sie mehr Stalldung zur Düngung ihrer Felder.
Die Wiesenwässerung
Um den Futterertrag für das Rindvieh zu verbessern, sollten auch die Erträge der Wiesen gesteigert werden. Die Wiesen sollten bewässert werden, damit mehr Heu geerntet und ein zweiter Schnitt für Grummet möglich werden sollte. Vorher war es üblich, das Vieh nach der Heuernte in die Wiesen auf die Weide zu treiben. Es wurden Wiesenwehre in den Bächen angelegt und sogenannte Wässergräben ausgehoben, durch die das gestaute Wasser auf die Wiesen verteilt wurde. Zwischen den einzelnen Parzellen waren klein „Mäler“ ausgehoben, durch die das Wasser auf die Wiese geleitet wurde.
Die Gemeinde beschäftigte einen Wiesenmeister, der sich verpflichte musste, „alle in den Wiesen befindlichen Wässerungsanlagen mit aller Sorgfalt zu unterhalten und zu gehöriger Zeit das Wasser ein- und auszuschlagen, so dass kein Eis auf die Wiesen kommt.“ Er musste die Vorgräben an jedem Wehr gehörig aufheben, und es wurde ihm übertragen, „dass jeder Wiesenbesitzer seine Gräben zur Herbstzeit gehörig aufmacht, denjenigen, der hierin in dem anberaumten Termin säumig ist, zur Anzeige zu bringen.“
Auch das Ziehen und Niederlassen der Bewässerrungsschleusen wurde gegen eine Vergütung an Interessenten vergeben.
Schleusen gab es in den Fluren hinterm Wald, hinterm Turm, im Ried, im Brühl, iIn der Liebheck, im Helkofen, im Rod, in der Bruchwiese, in der Gänsweide in der Sauer- und Stockwiese und bei der Walkmühle und der Escher Mühle. „Das Ziehen und Niederlassen der Schleusen haben die Steigerer ohne vorherige Aufforderung hierzu bei jeder zur Bewässerung der Wiesen günstigen Witterung auszuführen oder das Bewässern bei eintretendem Frost einzustellen. Beim Niederlassen der Schleusen ist jeder Steigerer verpflichtet, das Wasser in alle Bewässerungsgräben gleichmäßig zu verteilen und alle Hemmungen, welche von den Wiesenbesitzern in die Bewässerungsgräben gesteckt oder gelegt werden, aus den Gräben zu entfernen. Auch muss er darüber wachen, dass jeder Wiesenbesitzer gleich viel Wasser wie ein anderer erhalten kann und diejenigen Wiesenbesitzer, welche ihren Angrenzern das Wasser abschlagen, zur Anzeige bringen.“
Die Reste der Wehre im Brühl und unterhalb der Eschermühle haben wir uns angesehen.
Die örtlichen Vorschriften für die Heu- und Grummeternte und die Heu- und Dungfahrten
Da es bis zur Flurbereinigung Ende der 50er Jahre in den Wiesen keine Wege gab, musste geregelt werden, wann und bis zu welchem Zeitpunkt die Wiesenbesitzer das Überfahrrecht über andere Grundstücke hatten. Der Beginn der Heuernte in den einzelnen Wiesengründen wurde vom Feldgericht beschlossen und öffentlich bekannt gemacht. Einen Tag hatte dann jeder Wiesenbesitzer Zeit, am Kopf seiner Wiese einen Streifen von ca. 3 m Breite aufzumähen, damit ihm von durchfahrenden Fahrzeugen kein Schaden verursacht wurde. Die Belastung der einzelnen Wiesen mit Heu- und Dungfahrten war im Grundbuch eingetragen und musste von jedem Eigentümer geduldet werden. Die Fahrtwege verliefen in der Regel entlang der Bewässerungsgräben und waren oft mehrere hundert Meter lang, ehe man auf einen festen Weg kam. Das Überqueren der Bewässerungsgräben mit dem Fuhrwerk war verboten und wurde bestraft.
Auch im Frühjahr, wenn das Gras zu wachsen anfing, wurde öffentlich bekannt gemacht, ab wann ein Begehen und Befahren der Wiesen verboten war. Dann mussten alle Arbeiten in den Wiesen bis zur Heuernte eingestellt werden. Nach der Heuernte war für kurze Zeit das Befahren der Wiesen zur Düngung erlaubt. Nach der Grummeternte war der Zugang zu den Wiesen erlaubt. Jetzt dienten sie bis zum Einsetzen des Frostes als Weide für Schafe und Ziegen.
Helmuth Leichtfuß
Redaktion:
Monika Kiesau Tel.6723, Helmuth Leichtfuß Tel.8563, Manfred Wetzel Tel.8141