Die Arbeit des Ortsbeirates
Haushaltsberatung 1980
In seiner letzten Sitzung am 7. Juli 198o hat der OBR über den Entwurf des Haushaltsplanes 1981 und das Investitionsprogramm der Jahre 1981 – 1985 beraten. Die Stadtverwaltung wurde gebeten nachfolgend aufgeführte Maßnahmen in den Haushaltsplan 1981 aufzunehmen und zu realisieren:
- Die Freiterrasse am Dorfgemeinschaftshaus soll eine Überdachung erhalten, damit die Vereine bei Veranstaltungen diese Freifläche benutzen können.
- Die Bergstraße muß dringend erneuert werden. Der OBR hofft, daß nach Abschluß der Tiefbaumaßnahmen (Gasversorgung) die Erneuerung der Straßendecke realisiert wird.
- In der Vergangenheit hat sich gezeigt, daß die Zufahrt zum Friedhof (Friedhofshalle), insbesondere bei schlechtem Wetter, schwierig ist. Der Zufahrtsweg soll verbreitert und neu befestigt werden.
- Gleichzeitig beantragte der OBR auf dem Friedhof ein neues Wasserauffangbecken zu installieren.
S. Es hat sich als Mangel erwiesen, daß auf dem Sportplatz keine Toilettenanlage vorhanden ist. Aus diesem Grund wurde der Bau einer Toilettenanlage am Sportplatz beantragt, da diese Anlage auch bei Festveranstaltungen benutzt werden kann. - Wie der OBR feststellen konnte, wird die alte Schule in großem Umfang durch die Ortsvereine benutzt. Deshalb bittet der OBR, die alte Schule und die dort befindliche Toilettenanlage zu renovieren.
- Ein weiteres Anliegen des OBR war es, daß sich die Stadtverwaltung darüber Gedanken machen möge, wie der Platz (Klostergasse-Knappe Gasse) neu gestaltet werden kann.
- Ebenfalls empfiehlt der OBR die Verlegung des Dorfbrunnens in der Idsteiner Straße in den Haushaltsplan aufzunehmen.
- Im Rahmen der Tiefbaumaßnahme des Abwasserverbandes sollte auch der Weg von Walsdorf nach Würges neu befestigt werden, damit er von Fußgängern und Radfahrern benutzt werden kann.
10. Die Ausweisung des Baugebietes „Insel“ war eine weitere Anregung des OBR zum Haushaltsplan 1981. - Auch der Ausbau der Treppe am Borngraben sollte in den Haushaltsplan 1981 aufgenommen werden.
Für das Investitionsprogramm hat der OBR die Verwaltung um Einplanung folgender Maßnahmen gebeten: - Um den jetzigen Sportplatz bei schlechter Witterung zu schonen, soll die Verwaltung prüfen, ob es nicht möglich ist, den früheren Waldsportplatz als Notsportplatz auszubauen.
- Als weitere Maßnahme für das Investitionsprogramm wurde die Planung einer neuen Friedhofshalle vorgeschlagen.
Es bleibt zu hoffen, daß sich die Verwaltungsgremien der Stadt Idstein den Vorschlägen des Ortsbeirates anschließen.
Felix Hartmann
Überlegungen zum Dorfbrunnen
Der Aktuelle Arbeitskreis hat sich am 26.8. mit dem Dorfbrunnen beschäftigt. Dabei lag uns schon ein konkreter Planungsvorschlag vor. Wir sind zu folgenden Ergebnissen gekommen:
- Da die Zuleitung altersschwach ist, kann man mit einem Versiegen früher oder später rechnen. Ob dann eine neue Leitung verlegt wird, erscheint wegen der Kosten (Straßenaufbruch) fraglich.
- Der Brunnen sollte erhalten bleiben und ein besseres Aussehen erhalten.
- Der Ortsbeirat sollte die Stadt bitten, beim Bau der Kanalisation im Borngraben eine Brunnenleitung bis zum freien Platz am Telefonhäuschen mitzuverlegen.
- Der Platz zwischen Heilhecker und Schauß ist zwar etwas klein, würde es aber erlauben, dem Brunnen einen besseren Rahmen zu bieten als der alte Standort. Wie großzügig man nun diesen Platz – eventuell auch unter Berücksichtigung der anderen Straßenseite zwischen Heß und Leichtfuß – umgestaltet, müßte noch diskutiert werden. Als Minimallösung kommt die Aufstellung des Brunnens rechts am Grundstück Schauß mit Einrahmung durch Bänke und Grün (Linden) in Frage.
- Der Zeitpunkt der Verlegung hängt von den Kosten ab. Zunächst sollte durch die Verlegung einer neuen Leitung nur die Chance zur Erhaltung eines Dorfbrunnens gewahrt werden.
Aktueller Arbeitskreis
Der Tiefbrunnen und der Spielplatz
Anfang der 60er Jahre ließ die Gemeinde Walsdorf den Tiefbrunnen an der Siebenmeisterbrücke bohren. Aus 120 m Tiefe bringt er täglich 40 – 50 m3 Wasser und trägt damit bedeutend zur Deckung des täglichen Bedarfs von 180 – 200 m3 bei. (Aus der Schürfung in der Laubach erhalten wir 80 m3, und den Rest liefert der Brunnen Wörsdorf . )
Die nördliche Grenze der Schutzzone lag ursprünglich an der Straße Am Borngraben, wurde aber später zurückgenommen, damit auch die südliche Seite dieser Straße bebaut werden konnte. Eine engere Schutzzone von 20 m um den Brunnen blieb erhalten.
Obwohl dieser Brunnen auf dem Plan für den Bau des Kinderspielplatzes eingezeichnet war, wurde der Plan von den Behörden in Bad Schwalbach und Darmstadt genehmigt. So wurde also ein Spielplatz auf dem Gelände des Tiefbrunnens in der Form akzeptiert, daß lediglich ein Zaun um die eigentliche Brunnenanlage gebaut werden sollte.
Als im April/Mai die ersten Anlagen auf dem Spielplatz errichtet wurden, bemerkte nun eine andere Stelle der Stadtverwaltung, daß wegen der Schutzzone eigentlich gar nicht gebaut werden dürfte. So kam es denn zu der eigenartigen Situation, daß ein von drei Behörden aufgestellter und genehmigter Plan nicht realisiert werden kann, obwohl ein entscheidender Punkt, der Tiefbrunnen, immer angegeben war.
Wegen verschiedener Unklarheiten hat die Stadt Idstein nun ein Gutachten über die Größe der Schutzzone in Auftrag gegeben: Zu klären ist, wo im Norden die Grenze liegt, da hier ja eine Veränderung Anfang der 70er Jahre vorgenommen worden war, und wie weit sie sich nach Süden erstreckt, wo es bisher keine Auflagen gab.
In diesem Zusammenhang ist die Frage zu klären, inwieweit ein zukünftiges Baugebiet Beckersgraben/Riedelfeld möglich ist. Das Wasserwirtschaftsamt hat bei der Begutachtung des Flächennutzungsplanes bereits Bedenken dagegen angemeldet und meint, daß bei der Ausweisung eines Baugebietes der Tiefbrunnen nicht mehr arbeiten kann.
Die Stadt ist aber der Meinung, daß sie auf ihn nicht verzichten kann. Eine neue Bohrung wäre mit einiger Aussicht auf Erfolg zwar weiter südlich am Färberbach oder im Emsbachtal möglich, würde aber DM 200.000,–bis DM 300. 000,– kosten.
Ein weiterer schwieriger Punkt ist die landwirtschaftliche Nutzung des südlich gelegenen Geländes. Bei der Analyse des Wassers eines ähnlich gelegenen Brunnens in Idstein hat sich jetzt herausgestellt, daß durch das Ausstreuen von Kunstdünger auf den Äckern das Wasser stark salzhaltig geworden ist. Glücklicherweise trifft das für unseren Brunnen (noch?) nicht zu.
Spielplatz – Baugelände – Landwirtschaft: alle drei sind mögliche Faktoren für die Gefährdung des Wassers. In seiner Sitzung am 7.7.1980 hat der Ortsbeirat mit einem Vertreter der Stadt Idstein ausführlich darüber diskutiert. Der Ortsbeirat ist der Meinung, daß vom Spielplatz kaum Gefahren ausgehen können. Er drängt darauf, daß er endlich gebaut wird, nachdem alle anderen Hindernisse jetzt beseitigt sind. Die Stadt will jedoch erst das Gutachten über die Größe der Schutzzone abwarten.
G. Buck
Neues von der Ortskernsanierung
Für die Ortskernsanierung Walsdorfs stellt das Land Hessen ab dem Jahr 1980 keine Mittel mehr zur Verfügung. Das bedeutet, daß ab sofort die Stadt Idstein auf Antrag bestimmte Maßnahmen unterstützt.
Gefördert wird die Gebäudeaußenhaut und zwar
pro qm stilgerechte Fachwerkfreilegung DM 20,–
pro qm stilgerechte Steinfassadenrestaurierung DM 30,–
pro qm stilgerechte Putzfassadenrestaurierung DM 10,–.
Für Dachflächen werden auch Mittel zur Verfügung gestellt und zwar
pro qm Naturschieferneudeckung DM 60,–
pro qm Biberschwänze DM 30,–
pro qm sonstige der Altstadtsatzung entsprechend DM 10,–(z.B. Tonfalz-Ziegel)
Fenster und Türen werden übermessen.
Für den Erhalt der Zuschüsse ist es unerheblich, ob die Arbeiten in Eigenleistung oder von Firmen ausgeführt werden.
Anträge sind zu richten an
Stadt Idstein Sanierungsbeauftragter, 6270 Idstein, Tel. 06126/78244
Ich habe selbst einen Zuschuß für Biberschwanz-Dachbedeckung in Anspruch genommen und muß sagen, daß er anstandslos gewährt wurde. Natürlich kann es sein, daß der Stadt Idstein einmal das Geld ausgeht. Bei der Dachumdeckung hat es sich gezeigt, daß eine Neuverlattung, selbst bei noch gesunden Latten zu empfehlen ist, da sich die Dachlatten durchgebogen haben und auch das Gebälk nicht immer die gleiche Dicke hat.
Das Haus Untergasse 22 soll verkauft werden. Bei einer Renovierung des Hauses durch die Stadt sollte folgendes gezeigt werden:
- Wie finanziert man am besten eine Sanierung?
- Wie und mit welchen Materialien renoviert und saniert man am besten?
Dieses Projekt sollte mit Bundes- und Landesgeldern finanziert werden. Die Stadt hat nun erfahren, daß der Bund keinen Zuschuß zahlt, weil das Land keine Mittel bereitstellt. Da jetzt nur noch Gelder von der Stadt Idstein selbst zur Verfügung stehen, entfällt schon der erste Punkt. Eine Renovierung des Hauses wäre nur durch Fachfirmen bzw. durch Mitarbeiter der Stadt möglich, und das wird der Stadt zu teuer.
Das Haus in der Untergasse 22 kann also von einem Interessenten gekauft und in einen Zustand gebracht werden, daß es ihm und der Stadt Idstein gefällt. Rückfragen deswegen richten Sie bitte selbst an den Sanierungsbeauftragten. Da ich mit unserem Haus in der Untergasse 12 so ziemlich fertig bin, bin ich gerne bereit, Interessenten meine Bemühungen zur Haussanierung vorzuführen.
Dieter Thielmann
Zeitgenossen berichten über die großen Ereignisse des 19. Jahrhunderts (2. Teil )
Was die Ausführlichkeit der Darstellung der Ereignisse von 1866 anlangt, verhält es sich genau umgekehrt wie 1848. Die Mitteilungen in der Pfarrchronik sind erheblich umfangreicher als in der Schulchronik.
Herzog Adolf von Nassau war ein Gegner Preußens und sympathisierte mit Österreich. Daß seine Außenpolitik nicht die Zustimmung der überwiegenden Mehrheit seiner Untertanen fand, bestätigen auch die beiden Walsdorfer Chronisten.
Pfarrer Vömel, von 1863 bis 1868 in Walsdorf, erkennt sehr klar die Bedeutung des Krieges für die deutsche Geschichte, hebt aber auch sehr stark, wesentlich mehr als das in der Geschichtswissenschaft gemeinhin geschieht, die Bedeutung der Ereignisse für die Kirche hervor. Er schreibt: „Eines der wichtigsten Jahre unseres ganzen Jahrhunderts und in der deutschen Geschichte überhaupt, eines der allerbedeutsamsten, die je unser engeres und weiteres Vaterland gehabt hat, ist dieses Jahr 1866 gewesen, das Jahr des deutschen Krieges, das Ende des Bundestages in Frankfurt …, das Jahr der völligen Umgestaltung der deutschen Verhältnisse, der Gründung des norddeutschen Bundes, der mächtigen Ausdehnung der Preußischen Monarchie …, der Annexion des Herzogtums Nassau an dieselbe, dieses Jahr, in welchem der Dualismus (d.i. der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland) zwischen Österreich und Preußen aufhörte, Österreich ausschied und Preußen der alleinige Herr in Deutschland wurde.“ Kein Wort des Bedauerns also über die Niederlage des nassauischen Verbündeten und das Ende Nassaus, im Gegenteil: Bezüglich eines Erlasses des Herzogs von Nassau vom 18. Juni, in dem eine „Fürbitte um Sieg der Nassauer Waffen in das allgemeine Kirchengebet“ eingefügt werden sollte, schreibt er: „Ich übrigens vermochte es mit einem evangelischen Gewissen nicht zu vereinen, für Nassaus Sieg gegen Preußen, der doch im Tiefsten nur einen Sieg der katholischen Kirche bedeutet hätte, zu beten und habe deshalb diesen Passus übergangen und nur für den Frieden gebetet.“
Bei dieser Einstellung ist es nicht verwunderlich, daß er dem ganzen Geschehen hauptsächlich eine kirchliche Bedeutung zuschreibt. „Vor allem ist das Jahr 1866 für die deutsche Kirche von unberechenbarem Einfluß. Welche Kirche, die katholische oder die evangelische, soll in dem Vaterland der Reformation das Regiment führen? Dieser Frage Entscheidung hat es, wenn auch den Menschen unbewußt und von ihnen unbeabsichtigt, im Tiefsten gegolten; und diese Frage ist entschieden. Die Reformation hat den Sieg davongetragen. Was der dreißigjährige Krieg in seinem westfälischen Frieden nur vorläufig abschloß, ist hinfort definitiv abgeschlossen.“
Noch unter einem dritten Aspekt hat das Jahr 1866 für Vömel eine wichtige Bedeutung: „Nicht allein, daß zwischen den beiden großen Kirchen … der Kampf zum Triumph des Protestantismus ausging, auch innerhalb der evangelischen Kirche ist dieses Jahr 1866 von der größten Bedeutung. Der Unionismus ist überwunden, (gemeint ist der Zusammenschluß der lutherischen und der reformierten Kirche 1817 in der Nassauischen Union in der Unionskirche in Idstein)… und die Konfession wird wieder mehr und mehr zu ihrer Berechtigung und Geltung gelangen.“
Im übrigen beschreibt Pfarrer Vömel auf 15 Seiten sehr ausführlich das ganze Geschehen und berichtet, daß 13 Walsdorfer am Feldzug der Nassauer teilgenommen haben, von denen einer am Fuß etwas verwundet worden war, was jedoch bald wieder ausgeheilt war. „Alle sind wohlbehalten zurückgekehrt“, schließt er seinen Bericht. Auch Wilhelm Heinrich Wissenbach, von 1864 bis 1881 erster Lehrer in Walsdorf, ist sich der besonderen Bedeutung der Ereignisse von 1866 bewußt. „Es brach über Deutschland eine Zeit herein, wie solche das deutsche Volk noch niemals erlebt hatte. Alle deutschen Völkerschaften standen sich, in zwei Parteien geteilt, in blutiger Waffenrüstung in ungewöhnlicher Erbitterung gegenüber.“ Er berichtet vom Sieg der Preußen und der Einverleibung Hannovers, Kurhessens, Nassaus und der freien Reichsstadt Frankfurt in die preußische Monarchie und schließt seinen Bericht mit dem Satz: „Möge durch diese Umgestaltung Deutschlands Wohl erblühen!“ Daß das Herzogtum Nassau aufgehört hatte zu existieren und Preußen einverleibt worden war, wird nicht beklagt. Man muß sich klar machen, was das bedeutet. Alle Gesetze und Einrichtungen wie Gemeindeordnung, Einteilung in Ämter, Schul-, Kirchen- und Gewerbeordnung z.B. verloren ihre Gültigkeit und wurden durch neue ersetzt. 1866 bedeutete schon einen tiefen Eingriff in den Alltag der Menschen der damaligen Zeit. Umso verwunderlicher ist ihre Reaktion. Sie kann nur so erklärt werden, daß der Wunsch und die Sehnsucht der Deutschen, endlich auch ihren einheitlichen Staat zu haben wie andere Nationen auch, sich im Laufe des 19. Jahrhunderts so verstärkt hatte und so allgemein geworden war, daß jeder Schritt zur Erringung der deutschen Einheit begrüßt wurde. Die Lieder und Gedichte vieler Patrioten wie Ernst Moritz Arndt und Hofmann von Fallersleben waren nicht ungehört verhallt, sondern mit Begeisterung aufgenommen worden.
Diese Auffassung wird auch durch die Berichte über den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 bestätigt. Die Begeisterung über die Gründung des zweiten Reiches und die Erneuerung des Kaisertums spricht aus den Berichten des Pfarrers und auch des Lehrers. Pfarrer Ottokar Schupp, der Verfasser der Erzählung „Feurige Kohlen“, in der er das Schicksal des Walsdorfers Hans Jakob Seyberth darstellt, berichtet: „Nur wenige aus dem Dorf haben den Heldenkampf mitgekämpft. Doch fehlte es nicht an Patriotismus und begeisterter Teilnahme… Am meisten zeigte sich, wie bedeutend der Anteil gewesen war, als nun endlich Friede wurde und die großen Errungenschaften gesichert erschienen. Es ist wohl noch nie so ein schönes Fest in Walsdorf gefeiert worden wie am 22. März 1871, wo Friedensfest und Kaiserfest aufs Schönste gefeiert wurden. Kein Haus war ohne Schmuck. Ein wahrer Fahnenwald schmückte die Straßen. Inschriften und Transparente prangten an den einzelnen Häusern. Der Verlauf des Festes ist durch das beigegebene Programm zu ersehen, aber was kann dieses Blatt so wenig die hochgehenden Wogen der Begeisterung ausdrücken, die damals und besonders an diesen Tagen durch den Ort gingen. Ich darf mir bei aller Bescheidenheit allerdings ein gutes Teil des Verdienstes beimessen, durch meine Reden und Ansprachen dieses Feuer recht entzündet und entflammt zu haben. Die Leute sind mir nie so freudig, so herzlich entgegengekommen. Die kältesten Bauern haben mir voll Enthusiasmus die Hand geschüttelt.“
Ähnlich empfindet und schreibt auch Lehrer Wissenbach: „Das erfreulichste unter allen diesjährigen Ereignissen war der einmütige Geist und Sinn Deutschlands, bei den alten Deutschen herrschend und hochgepriesen, aber später vielfach vermißt und verschwunden, lange vergeblich herbeigesehnt.“
In den Berichten kommen aber auch Einstellungen zum Ausdruck, die sich schon 1831 bei Lehrer Wald fanden: ein tiefwurzelnder Franzosenhaß.
So urteilt Wissenbach: „Besonders sahen die Franzosen seit 1866 mit schelen Blicken auf Deutschland herüber, namentlich war ihnen die Erstarkung Preußens unangenehm. Das Franzosenvolk sehnte sich wieder nach Krieg… Preußen sollte geknechtet und gedemütigt werden.“
An anderer Stelle des Berichts ist von Frankreich als dem alten Erbfeind Deutschlands die Rede. Dieser Franzosenhaß saß tief, wie aus einer weiteren Bemerkung Wissenbachs hervorgeht. Im Zusammenhang mit der Kaiserkrönung in Versailles äußert er: „Dieses geschah feierlich und großartig im Schlosse zu Versailles, dem stolzesten der französischen Königsschlösser, welches der vierzehnte Ludwig einst aus dem in deutschen Provinzen erhobenen Kriegsraub erbaut hatte.“
Unsere verschiedenen Walsdorfer Zeugen, die wir zu den aus deutscher Sicht wichtigsten Ereignissen des 19. Jahrhunderts gehört haben, waren, wie sich zeigte, von den Ideen der Zeit so beeinflußt, daß sich ihre Beurteilung der Vorgänge mit der allgemeinen Einschätzung weithin deckt. Diese Beobachtung mag für den einen oder den anderen Anlaß sein, einmal darüber nachzudenken, in welchem Ausmaß seine politischen Ansichten wirklich seine ureigenen, bzw. wie weit sie vom Zeitgeist beeinflußt sind. Am originellsten von allen Autoren war sicher Pfarrer Vömel mit seiner eigenwilligen Beurteilung der Ereignisse von 1866.
Wir haben gesehen, wie unsere Chronisten mit ihrer mehr oder minder großen nationalen Begeisterung Anteil nahmen und mitwirkten an der großen Aufgabe des 19. Jahrhunderts, den deutschen Nationalstaat zu schaffen, wie sie aber auch den Bazillus der nationalen Überheblichkeit aufgenommen hatten; war es doch schließlich in entscheidendem Ausmaße überzogene Nationalpolitik, die die europäischen Nationen in den verhängnisvollen ersten Weltkrieg führte.
Helmuth Leichtfuß
Die Walsdorfer und der Maulwurf
Von jeher ist der Maulwurf ein ungeliebter Gast in den Wiesen, Feldern und Gärten. Auch die Walsdorfer haben ihn nicht geschätzt, sondern bekämpft, wo sie nur konnten. Daher ist es verständlich, daß es im vorigen Jahrhundert sogar einen Beruf gab, der ihre Vernichtung betrieb, den „Maulwurfsfänger“. Ein altes Buch mit dem Titel „Der untrügliche Maulwurfsfänger“ von M. Dralet aus dem Jahre 1824 gibt dafür nützliche Ratschläge. So ist es naheliegend, daß auch die Walsdorfer sich einen Maulwurfsfänger hielten.
Aus den Beschlußbüchern der Gemeindevertretung ist zu entnehmen, daß die Gemeindevertreter am 25. September 1853 beschließen, daß der Maulwurfsfänger „auf den letzten September d.J.“ entlassen werden soll, damit der neue im letzten Vierteljahr noch Maulwürfe fängt. Am 27. Juni 1862 wird berichtet, daß der Maulwurfsfänger „mit Tod abgegangen ist“, und ein neuer zu bestimmen sei. „Es soll Andreas Lenz vorläufig auf 8 Tage Probezeit übergeben werden.“ Und ein Protokoll vom 3. Februar 1868 lautet, daß die Maulwurfsfängerei Johann PhI. Baum zugesprochen werden soll. Es ist erfreulich, daß auch ein Vertrag der Gemeinde Walsdorf mit einem Maulwurfsfänger erhalten geblieben ist. Er lautet: „Zwischen dem Gemeindevorstand dahier und dem Karl Zeiger 1 kam nachstehender Vertrag zu Stande:
- Der Karl Zeiger übernimmt das Fangen der Maulwürfe in der hiesigen Gemarkung und verpflichtet sich dieselben rechtzeitig und vorsichtig zu fangen.
- Wenn der Ackordant seinen Verpflichtungen nicht pünktlich nachkommen sollte, und die Maulwürfe überhand nehmen läßt, auf daß die Wiesenbesitzer dadurch beschädigt werden, so steht dem Gemeindevorstand das Recht zu, den Ackord mit p. Zeiger aufzuheben und mit einer anderen Person einen neuen Ackord zu stellen, und kann Zeiger keine Ansprüche auf etwaige Vergütung machen.
- Die Ackordzeit dauert vom 1.April 1881 bis 31. März 1883.
- Für diese Verbindlichkeit erhält p. Zeiger jährlich 60,- M ratenweise aus hiesiger Gemeindekasse.
Wie lange Karl Zeiger 1 sein Amt ausgeübt hat, ist nicht zu ermitteln.
Dann taucht wieder der Name Baum auf. Man liest in einem Protokoll vom 21.12.1888: „Indem der Maulwurfsfänger Baum seinen Dienst vernachlässigt hat, so ist es erforderlich, daß andere Bestimmungen zu treffen sind. Der Maulwurfsfänger Fischer von Niederrod will jährlich 100,– M aus hiesiger Gemeindekasse haben, wenn ihm das Fangen der Maulwürfe übertragen würde.“
Und dann heißt es: „Soll mit dem Fischer näher verhandelt werden.“ Anscheinend ist man zu keiner Vereinbarung gekommen; denn im Protokoll vom 18.1.1889 vernimmt man: „Karl Wald von Steinfischbach hat sich erboten die Maulwürfe in hiesiger Gemarkung für eine jährliche Vergütung von 80,– M zu fangen.“ Ihm wird das Amt übertragen, und er verlangt für das zusätzliche Fangen von Wasserratten noch 10,– M dazu. Doch dann heißt es im Protokoll: „Derselbe soll für 1889 10,- M erhalten, aber wenn derselbe nach der kommenden Heuernte das Fangen der Ratten und Maulwürfe nicht besser betreibt als in 1889 so soll diese Zahlung entzogen werden.“ Er wird nicht lange in Walsdorf gewirkt haben; denn im Protokoll vom 3. Mai 1891 lesen wir: „Heinrich Bachon von Reichenbach hat das Fangen von Mauwürfen in hiesiger Gemarkung für 9,- M pro Jahr übernommen, wozu die Genehmigung zu erteilen wäre. Ist genehmigt.“ Doch im Jahre 1894 muß er gehen, da sein Vertrag abgelaufen ist und Heinrich Baum aus Walsdorf zu dem gleichen Preis sein Amt übernimmt. Aber 1901 kommt er wieder und erhält 120,- M für das Jahr.
Der Maulwurfsfänger wurde bis zum Jahre 1901 pauschal bezahlt. Da man aber mit den Leistungen dieses Berufsstandes nicht zufrieden war, suchte man nach neuen Wegen, der Mauwurfsplage Herr zu werden. Da der Maulwurfsfänger nicht zu viel Maulwürfe fangen wollte, um sich nicht seine Existenzgrundlage zu ent-ziehen, die Bauern aber große Erfolge sehen wollten, kamen sie endlich auf die schlaue Idee, den Maulwurfsfänger nach der Stückzahl zu entlohnen, wie dem Protokoll vom 21. Januar 1902 zu entnehmen ist. Danach wurden zuerst 20 Pf. pro Stück, einige Monate später aber nur 15 Pf. für das Stück festgesetzt. Von diesem Zeitpunkt an ist keine Rede mehr von einem Maulwurfsfänger.
Inzwischen kamen Naturfreunde zu der Ansicht, daß der Mauwurf doch auch nützlich sei, weil er schädliche Insekten und deren Larven vertilge. Auch in den Schulbüchern wurde diese Auffassung eindringlich dargestellt. Die Walsdorfer Gemeindevertreter faßten nun am 30. Januar 1916 einen Beschluß, der ihnen wohl sehr schwer gefallen sein wird: „Maulwurffangen soll eingestellt werden. „Man wird sich aber um seine Durchführung nicht viel gekümmert haben; denn wer ließe sich wohl seinen Garten oder seine Wiese von Maulwürfen in übler Weise zerwühlen. Deshalb heißt es auch nach geraumer Zeit in einem Protokoll vom 9.2.1938: „Die Maulwürfe sollen gefangen werden, es soll für ein Stück l0 Pf. bezahlt werden.“ Das ist etwa 20 Jahre lang so gehandhabt worden.
Gegenwärtig wird der Maulwurf nicht mehr gemeinschaftlich bekämpft. Der einzelne schützt sich selbst gegen Schäden durch Fallenstellen oder chemische Mittel. Da aber der Maulwurf nicht nur Wühlschäden anrichtet, sondern als Hauptnahrung Regenwürmer frißt, die unsere besten Humusbereiter und Bodenverbesserer sind, schadet er uns noch auf andere Weise. Doch im Gefüge der Natur hat auch er seine Daseinsberechtigung.
Herbert Teige
Sorgen eines Pfarrers anno 1742
Heinrich Buttenius, Pfarrer in Walsdorf von 1731 bis 1746, schrieb am 15.8.1742 an seine vorgesetzte kirchliche Behörde, den Consistorial-Convent in Idstein: er könne „aus Trieb sowohl meines Ambts, als folglich meines Gewissens, nicht weiterhin unangezeigt lassen,“ was in Walsdorf passiere. Und dann erfahren wir einiges über die alten Zeiten, die keineswegs so friedlich waren, wie wir Lärmgeplagten sie uns manchmal vorstellen.
Zunächst beklagt Buttenius sich darüber, daß die Leute, die bei der Landmiliz dienen, jedesmal ein „entsetzliches Schießen“ im Ort veranstalten, wenn sie abrücken und wenn sie heimkehren. Das geschehe beim Marsch zur Wache in Idstein, bei Jahrmärkten und bei Übungen. Dabei werde keine Rücksicht genommen auf Tages- oder Nachtzeit, auf Sonn-, Feier-, Buß- oder Bettage. Nachts wäre dadurch schon manchesmal ein großer Alarm entstanden, weil niemand wissen könne, „was ein solches unverhofftes außerordentliches grausames Schießen bedeute.“ Er fährt dann fort, daß „manche Krancke auf ihrem Lager erschreckt, andere in ihrem gebät und andacht, ruhe u. wohl guten gedancken gestöhret werden, nicht weniger der gantze ort dadurch, bey so vielen sich hieselbsten befindlichen Strohdächern, groser gefahr sich exponiert sehen muß, auch wohl zu Tort und Verdruß anderer ordnung-liebender geschiehet.“
Seine zweite Klage betrifft das Datum für die jährliche Kerb. Früher wurde in Walsdorf der „Kirchen-Einweyhungs-Gedächtniß-Tag“ am 1. Sonntag nach Trinitatis begangen. Dann wurde durch den Landesherrn stattdessen ein Jahrmarkt am Mittwoch vor Michaelis (29.9.) verordnet. Aber die Walsdorfer hielten sich bald nicht mehr daran, sondern feierten ihre „jährliche Kirchmeß nach Belieben.“ Seit einigen Jahren geschehe das „nach gäntzlich vollbrachter Feldarbeit.“
Doch was kann man daran aussetzen? Pfarrer Buttenius berichtet, daß zu diesem Zeitpunkt im Herbst das Gesinde die Herrschaft wechselt. So hat man Zeit (und wohl auch das genügende Geld), eine ganze Woche lang zu feiern. Für Buttenius wird damit „Anlaß zur ausübung mehreren unverantwortlichen ärgernissen, üppigkeiten und Boßheiten gegeben“, und er beklagt, daß „die gantze Woche darzu sündlich angewendet und mißbrauchet wird.“ Selbst wenn man dem Pfarrer einige Übertreibungen zugesteht, bleibt doch die Tatsache, daß der Abschluß des bäuerlichen Arbeitsjahres früher in einer Art und Weise markiert wurde, mit der verglichen unsere heutige Kerb wohl eine recht harmlose Angelegenheit ist.
Die Antwort der kirchlichen Behörde vom 20. September 1742 geht nur auf den „Unfug“ der Kerb ein. Bei 20 Reichstalern Strafe wird das Abhalten der Kerb „nach eigener Willkür“ verboten und damit wohl der kurz darauf fällige Jahrmarkt am Mittwoch vor Michaelis befohlen. Der Schultheiß solle das Schreiben ordentlich publizieren, damit sich niemand mit Unwissenheit entschuldigen könne, „und also die gemeind vor schaden und Verdruss zu warnen.“
Über die Schießerei wird nichts gesagt. Aber anscheinend war auch damals wie heute für die Lärmbelästigung niemand so recht zuständig.
(Die zwei Briefe befinden sich im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden Abt. 133 Walsdorf 55.)
Gerhard Buck