Betrachtungen zu den Walsdorfer Wahlergebnissen vom 5. Oktober 1980
Die Idsteiner Zeitung veröffentlichte wie immer am Tage nach der Wahl neben den Gesamtergebnissen der Bundesrepublik auch die aus dem Kreis, der Stadt Idstein und aus den Stadtteilen. Eine genauere Untersuchung der Einzelergebnisse war der Zeitung jedoch nicht möglich, weil ihr nur die Gesamtzahlen zur Verfügung standen.
Möglich ist eine solche Untersuchung aber, weil in diesem Jahr die Stimmen nach einer Methode ausgezählt wurden, die über die allgemeine Stimmbewegung hinaus genaue Aussagen über das Wählerverhalten zuläßt. Das soll im folgenden für Walsdorf versucht werden.
Zunächst noch einmal das Walsdorfer Gesamtergebnis
SPD | CDU | FDP | DKP | GRÜNE | EAP | NPD | Volksfront | Ungültig | |
Erststimme | 390 | 382 | 56 | 1 | 13 | 1 | – | – | 9 |
Zweitstimme | 357 | 373 | 92 | 1 | 11 | – | 4 | 1 | 13 |
Zum Vergleich die Ergebnisse vom 3.10.1976:
SPD | CDU | FDP | DKP | KPD | NPD | |
Erststimme | 371 | 423 | 40 | – | 3 | 8 |
Zweitstimme | 350 | 417 | 68 | 2 | – | 7 |
Der Vergleich zeigt deutlich
- die Splitterparteien konnten bei keiner der beiden Wahlen nennenswerte Stimmen für sich verbuchen,
- die SPD hat 198o in Walsdorf ihre Position behauptet,
- die CDU mußte auch hier Einbußen hinnehmen,
- die FDP hat merklich zugenommen.
Im folgenden soll nun das Gesamtergebnis vom 5. Oktober 1980 unter den nachstehenden Gesichtspunkten betrachtet werden
- wieviel Wähler gaben ihre Erst- und Zweitstimme jeweils der gleichen Partei?
- wie schnitten die einzelnen Parteien dabei ab?
- wieviel Wähler verteilten ihre Stimmen auf zwei Parteien? wie sahen die Kombinationen im einzelnen aus?
- wieviel Wähler gaben nur eine Stimme ab?
749 Wähler, das sind 87,9 % wählten mit beiden Stimmen die gleiche Partei.
Bei der SPD waren es 340 von 390 bzw. 357,
bei der CDU waren es 356 von 382 bzw. 373,
bei der FDP waren es 43 von 56 bzw. 92
bei der DKP war es 1 von 1,
bei den Grünen waren es 9 von 13 bzw. 11.
89 Wähler haben die Chance genutzt, ihre Kandidaten- und Parteistimme unterschiedlich abzugeben. Folgende Kombinationen kamen vor:
Von 48 Wählern, die ihre Erststimme dem SPD-Kandidaten gaben, wählten mit der Zweitstimme
10 die CDU
35 die FDP
2 die Grünen
1 die Volksfront.
Von den 23 Wählern, die ihre Erststimme dem CDU-Kandidaten gaben wählten mit der Zweitstimme
7 die SPD
14 die FDP
2 die NPD.
Von den 13 Wählern, die ihre Erststimme dem FDP-Kandidaten gaben, wählten mit der Zweitstimme
7 die SPD
6 die CDU.
Von den 4 Wählern, die Ihre Erststimme den Grünen gaben, wählten mit der Zweitstimme
1 die SPD
1 die CDU
2 die NPD.
5 Wähler gaben nur die Erststimme ab (SPD 2; CDU 3)
2 Wähler gaben nur die Zweitstimme ab (SPD 2).
An diesen Ergebnissen ist folgendes bemerkenswert:
- die 3 großen Parteien vereinigten rd. 97 % der abgegebenen Stimmen auf sich;
- der Direktkandidat der SPD erhielt rd. 9 % mehr Stimmen als seine Partei,
- der Direktkandidat der CDU bekam für sich nur unwesentlich mehr Stimmen als für seine Partei,
- die FDP erhielt rd. 40 % mehr Zweit- als Erststimmen,
- der Anteil der Wähler, die ihre Kandidaten- und Parteistimme unterschiedlich abgegeben haben, ist mit gut 10 % relativ hoch,
- die FDP gewann von der SPD wesentlich mehr Zweitstimmen als von der CDU.
Aus diesen Feststellungen lassen sich folgende Schlüsse ziehen:
- die Mehrheit der Wähler war für die Fortführung der sozial-liberalen Koalition,
- der Direktkandidat der SPD war auch für Wähler akzeptabel, die SPD als Partei ihre Stimme nicht geben wollten,
- der Direktkandidat der CDU wurde nicht wesentlich anders eingeschätzt als seine Partei und deren Führungspersonen,
- die 35 SDP-Wähler (Erststimme), die ihre Zweitstimme der FDP gaben, wollten offensichtlich den gemäßigten Flügel der Koalition stärken,
- die Mehrzahl der Wähler, die ihre Stimme unterschiedlich abgaben, taten dies ganz gezielt und mit einer Ausnahme auch überlegt.
Helmuth Leichtfuß
NEUES ZUR LAGE DES DORFES ELKHOFEN
Nach langem Suchen fanden sich jetzt in einem in Schweinsleder gebundenen dicken Aktenband des 17. Jahrhunderts zwei Karten von 1701 und 1731, die als bisher einzige die Lage des untergegangene: Dorfes Elkhofen angeben. Wie bereits im Bürgerbrief Nr. 8 vermutet wurde, stand es auf und bei dem heutigen Kohlplatz, also nordwestlich der Steinfischbacher Waldecke am Escher Feld.
Der hier wiedergegebene Ausschnitt der Karte von 1701 nennt das Dorf „Hellighoffen“, eine von vielen Varianten des Namens, die schließlich zum heutigen „Helckoben“ wurden. Die Karte wurde gezeichnet, als die Grenze zwischen dem trierischen Amt Camberg Nassau festgelegt werden sollte (punktierte Linie). Die Linien unten ( = Westen) bezeichnen den Ems-Bach und die Frankfurter Straße (heute B8). Der Buchstabe B und die Streifen weisen auf einen von Walsdorf neu angelegten Acker hin. Heute befindet sich dort, oberhalb des Hofes Roth, Wald. Das Gebiet vom Laubach bis hier wurde damals „Die Walßdorffer Heyden“ genannt und war größtenteils unbewaldet. Quer durch dieses Gebiet verläuft der Verbindungsweg zwischen Elkhofen und der Morcher Mühle.
(Die Karte ist im Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 356, I, 34′
Gerhard Buck
WALSDORF UND STEINFISCHBACH IM STREIT UM HELCKOBEN
DER ANFANG IM 16. JAHRHUNDERT
In der zweiten HäIfte des 14. Jahrhunderts war Walsdorf zu einer Stadt mit Mauern und Türmen sowie einem Freiheitsbrief aufgestiegen. Aber sein Territorium war recht bescheiden und kleiner als heute. Der Ems-Bach bildete die Grenze zu den Ämtern Camberg und Altweilnau in der Grafschaft Diez. Es fehlte ihm größerer Waldbesitz; denn es besaß nur den Bürgerwald. Wald spielte früher eine bedeutendere Rolle, da er nicht nur zur Holzbeschaffung, sondern auch als Weide benötigt wurde.
Im 15. Jahrhundert bot sich nun für unsere Gemeinde die Gelegenheit, diesen Mangel gründlich zu beseitigen. Die damalige Stadt war wahrscheinlich für die Bewohner der beiden Dörfer Elkhofen und Kodenfischbach (zwischen Ems Bach und Steinfischbach) so attraktiv, daß sie dorthin umzogen. So konnten die Walsdorfer später behaupten, sie hätten das strittige Gebiet von ihren Vorfahren ererbt. Ein Vertrag über den Erwerb ist nicht erhalten, und es hat ihn wohl auch nicht gegeben. Als nämlich 1534 erstmals versucht wurde, zu einer Einigung zu kommen, war der Graf von Nassau-Dillenburg als Mitherr dieses Gebietes nicht in der Lage, seinen Gesandten rechtliche Ratschläge zu geben, da sich in seinem Archiv keine Unterlagen befanden. Und auch die Walsdorfer konnten keinen Vertrag vorweisen. Höchstens 100 Jahre nach dem Besitzwechsel hätte er wohl noch vorhanden oder aber bekannt sein müssen.
Man wußte nur noch, daß ein erster Streit zwischen Walsdorf und Steinfischbach bereits im 15. Jahrhundert ausgebrochen-und mit der Grenzfestlegung durch die Amtleute beider Herrschaften beigelegt- worden war. Das damals den Walsdorfern zugesprochene Gebiet, das schätzungsweise der Hälfte der alten Fläche entsprach, konnte Walsdorf mehr als 50 Jahre bis 1530 „ruhig gebrauchen“, nur durch einen kurzen Streit 1514 unterbrochen. Als Name setzte sich mit der Zeit die Bezeichnung „Helcköber Bezirk“ oder kurz „Helckoben“ durch.
Die wirtschaftliche Nutzung des Gebietes dieses Tal mit seinen Höhen bot damals einen anderen Anblick als heute. Es gab keinen hochgewachsenen Wald. Hier sah man nur „Hecken“, die von den Bauern als Weide für Schafe, Schweine und Kühe genutzt wurden. So konnte sich lediglich ein niedriger Wald entwickeln, der den Bauern Brennholz lieferte. Gelegentlich wurden bestimmte Gebiete für das Vieh gesperrt, damit Eichen und Buchen eine Chance erhielten, groß zu werden. So konnte das Vieh später Eicheln und Eckern finden, und die Bauern konnten Bauholz schlagen.
Neben dem Wald, der gemeinsamer Besitz des Dorfes war, gab es noch Äcker und Wiesen, die in Walsdorfer Privatbesitz waren (ab 1478 belegt).
Walsdorfs Verpflichtungen
Die Nutzung hatte natürlich gewisse Verpflichtungen zur Folge. Sie waren jedoch nicht nur eine Last, sondern in den langwierigen Streitereien für die Walsdorfer ein Nachweis dafür, daß ihnen dieses Gebiet zu Recht zustand; denn die Landesherren konnten nicht einerseits die in ihrem Zinsregister verzeichneten Abgaben annehmen und andererseits den Gebrauch unrechtmäßig nennen.
Die Walsdorfer waren zur Steuerzahlung und zur Leistung von Lastfahrten verpflichtet. An Steuern zahlten sie seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts jährlich 12,5 Goldgulden, und eine Lastfahrt wurde mit 1,5 Gulden 2 Albus abgegolten. Auch die Lieferung von je zwei Weidehammeln durch Gemeinde und Kloster war inzwischen in eine Bezahlung von je einem Goldgulden umgeändert worden. Diese Zahlungen gingen nach Altweilnau. Außerdem mußten 7 Malter Hafer an die Reifenberger in Kirberg und Reifenberg, sowie 2 an Otto von Diez geliefert werden.
Über diese Abgaben führte der Helcköber Schultheiß (erste Erwähnung 1529) Buch. Er war ein Walsdorfer und wurde von den Herren des Amtes Altweilnau bestimmt. Er hatte Macht, den Walsdorfern „zu gebieten und zu versierte bieten wegen des Gebrauchs der zwei genannten Dörfer.“ Dazu mußten sie für das Gericht Steinfischbach zwei Schöffen stellen, weil alle Streitfälle dort behandelt wurden. Aber eigenartigerweise ging Walsdorfs Bindung an Steinfischbach noch weiter. Sie mußten dort erscheinen, wenn jemand gehängt werden sollte. Falls dies einmal in Idstein und Steinfischbach am gleichen Tage geschehen sollte (mit so etwas mußte man damals rechnen!), dann hatten sie nach Steinfischbach zu gehen.
Diese vielfältigen Walsdorfer Verpflichtungen, zu denen übrigens die Steinfischbacher nichts beitrugen, zeigen recht deutlich, wie gesichert das Walsdorfer Recht auf Nutzung dieses Bezirks war.
Der Streit
Politisch gehörte der Bezirk allerdings zum Gemeindegebiet von Steinftschbach, das sich bis an den Ems-Bach zwischen Esch und der Morcher Mühle erstreckte (Grenzbeschreibung von 1482). Seit etwa 1529 versuchten die Steinfischbacher nun mit aller Gewalt, die Walsdorfer zu verdrängen. Das Wort Gewalt ist hier wörtlich zu nehmen; denn man begann, den Nachbarn Kühe und Pferde als Pfänder wegzunehmen. Der Schwiegersohn des Schultheißen berichtete z.B., daß er sich zum Holzholen drei Pferde geliehen habe, die ihm alle fortgenommen worden seien. Die so entstandene Notlage vieler Walsdorfer läßt sich leicht vorstellen. Über die Wiedereinlösung der Pfänder suchten die Steinfischbacher das Eingeständnis zu erhalten, daß das Nachbardorf zu Unrecht Weide- und Holzrechte in Anspruch genommen habe.
Aber ihre Nachbarn blieben hart. Diese berichteten ihrem Grafen in Idstein, und der schrieb an seinen Verwandten in Dillenburg, den Grafen von Königstein, den Landgrafen von Hessen (die Briefe gingen bis nach Schmalkalden in Thüringen) und den Kurfürsten und Erzbischof von Trier, die sich als gemeinsame Herren des Amtes Altweilnau untereinander wieder beraten mußten. Daneben wurden Boten zum Verhandeln geschickt, und gelegentlich trafen sich die Fürsten auch persönlich. Recht zu erlangen war also eine äußerst komplizierte Angelegenheit.
Doch nicht nur die Bauern stritten sich darum, wem welches Gebiet gehören sollte. Auch die genannten Fürsten befanden sich im 15. und 16. Jahrhundert in dauernden Auseinandersetzungen um kleinste Teile der Grafschaft Diez. Dazu kamen noch die großen Fragen der Reformation. Landgraf Philipp von Hessen war einer der führenden Köpfe auf evangelischer Seite und bestimmend für den Verlauf der deutschen Geschichte in dieser Zeit.
So wundert es nicht, daß erst 1534 ein erster Vergleich zustande kam. Inzwischen waren aber die Pfänder längst verkauft worden, und der Erlös wurde gegen die Unkosten aufgerechnet. Bei allen Verhandlungen wurde jedoch darauf bestanden, daß zunächst einmal die Pfänder oder ihr Wert hinterlegt wurden. Außerdem war darauf zu achten, daß alle Klagen auf die Tagesordnung kamen. Geschah das nicht, waren oft jahrelange Vorverhandlungen umsonst.
Im wichtigsten Punkt blieb man sich jedoch uneinig: Walsdorf wurde nur aufgefordert, sich beim Weidgang so zu verhalten, daß weitere Pfändungen nicht mehr nötig wären. Alle rechtlichen Vorgänge (Verkäufe, Absteinungen) sollten wieder vor der Kirche zu Steinfischbach stattfinden, und der geschickte Trick der Walsdorfer, ihren Grund und Boden nur an Walsdorfer zu verkaufen, wurde verboten. Auch auf den Schutz der jungen Bäume wurde hingewiesen.
Steinfischbach fühlte sich nun in seiner Methode, sich in kleinen Schritten neue Rechte zu holen, bestätigt. Gut ein Jahr später sollte das Grundstück der Witwe Katrin Pauly aus Walsdorf abgesteint werden, wozu sich bisher die in Helckoben Begüterten und die Schultheißen in Steinfischbach trafen. Jetzt sollten sich die Geschworenen von Steinfischbach auch damit befassen, d.h. an der Absteinung teilnehmen. Walsdorf durchschaute die Absichten und stellte sich hinter die Frau, die trotz mehrmaliger Aufforderung nicht vor Gericht erschien. Die Geschworenen steinten jetzt alleine, und die Frau sollte einen Gulden Strafe bezahlen.
Als nun noch ein Walsdorfer erwischt wurde, der entgegen dem Verbot Eichen und Buchen schlug, erreichte der Streit im Juli 1536 einen besonderen Höhepunkt: es wurden nicht nur zwei Kühe gepfändet (drei Pferde waren schon in Steinfischbach), sondern es wurde auch verboten, den Ems-Bach zu überschreiten. Die Schließung der Bachübergänge wurde von Altweilnau als eine alte Gewohnheit bezeichnet. Die Walsdorfer fürchteten nun, die bevorstehende Ernte nicht einbringen zu können; aber das erlaubte man ihnen dann doch. Die Steinfischbacher behaupteten, zu diesen harten Maßnahmen gezwungen zu sein, damit nicht über sie auch „Verderbnis und Vergänglichkeit kommen möge wie über die zwei Dörfer Elkoben und Kodenfischbach, deretwegen diese Irrungen entstanden. Auch Walsdorf schreibt ganz dramatisch: „Wir bitten …., daß wir unser Recht behalten, oder Walsdorf wäre nichts mehr wert.“
Es begann nun ein so eifriges Reisen und Schreiben zwischen den beteiligten sechs Parteien, daß schon nach vier Wochen der Termin für ein neues Treffen feststand (2.10.1536). Und wieder kam es zu keiner Einigung. Der vorgeschlagene Vertrag sah eine Aufteilung des Gebiets vor, die Walsdorf und Nassau-Idstein nicht akzeptierten, da man ein Achtel oder ein Zehntel seines Gebiets verloren hätte.
Aber Graf Philipp von Nassau-Idstein war des Streitens müde. Er schrieb sofort an die anderen Herren und bat darum, jeder möge „einen oder zwei vom Adel oder sonst rechtsgelehrte Doctores, so unparteilich seien“, für eine Kommission benennen. Trier und Hessen gingen sofort darauf ein. Nassau-Dillenburg antwortete jedoch nur äußerst schleppend in Jahresabständen. So mußten neue Kommissare berufen werden, die sich erst wieder in die Materie einarbeiten mußten. Möglicherweise fand Anfang 1542 ein weiterer Versuch zur Einigung in Walsdorf statt.
Die Einigung 1543
Am 19.6.1543 war es endlich so weit, daß der etwa 15 Jahre währende Streit zwischen den beiden Gemeinden beigelegt werden konnte. Die Vertreter der vier Landesherren legten in Steinfischbach fest, welches Gebiet in Zukunft Steinfischbach alleine und welches beiden Orten gemeinsam für die Weide und den Holzschlag gehören sollte. Eine Karte dazu befindet sich im „Bürgerbrief Nr.8″. Sein Privatgut sollte jeder ungehindert nutzen dürfen. Alle gelobten, diesen Vertrag „ewiglich und unwiderruflich“, „fest und unverbrüchlich“ zu halten. Die Walsdorfer schworen das, obwohl sie bisher genutzte Gebiete abtreten mußten, so wie es bereits 1536 vorgesehen war. Aber diese waren wohl nicht zu halten, und eine friedliche Nutzung des größten Teiles ohne dauerndes gegenseitiges Pfänden war sicher mehr wert. Leider läßt sich den vorhandenen Dokumenten nicht entnehmen, wo Walsdorf zurücksteckte. Doch Ruhe fand dieses Gebiet mit dem Vertrag nicht. Die Würgeser standen schon bereit, um Ansprüche anzumelden. Doch darüber ein anderes Mal.
Quellen: Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 133 Walsdorf 5, 6, 39, 55; 171 W 821, 1031 a.
Gerhard Buck
Wie die Gemeinde Walsdorf vor 100 Jahren für ihre ortsarmen Kranken sorgte ..
Wenn uns oder eines unserer Familienmitglieder eine Krankheit befällt, sorgen wir uns und hoffen auf baldige Genesung.
Wir suchen den Arzt auf und begeben uns im Ernstfall zur stationären Behandlung ins Krankenhaus. Dabei belastet uns nicht die Frage: Was kostet die Behandlung, und wie soll man sie bezahlen? In der Regel sind wir krankenversichert, und die Versicherung, an die wir Beiträge entrichten, kommt für die Kosten auf.
Das war jedoch nicht immer so. Die ersten sozialen Krankenkassen wurden in Deutschland im Jahre 1883 für die Mehrzahl der gewerblichen Arbeiter und einen Teil der Angestellten eingerichtet. Landwirte, Tagelöhner sowie alte und arbeitsunfähige Leute waren damals nicht krankenversichert. Sie hatten normalerweise die Arzt- und Arzneikosten aus ihren Einkünften zu bezahlen. Wie sollten das aber jene tun, die über keinen Besitz oder ein regelmäßiges Einkommen verfügten?
Damals lebten in Walsdorf mehrere sehr arme Familien oder Alleinstehende. Sie wurden amtlich als „Ortsarme“ bezeichnet. Jährlich wurden sie als solche erneut benannt und von der Gemeinde unterstützt. Eigens für sie wurden alljährlich bis zum Jahre 1899 zwei sogenannte „Armenpfleger“ ernannt. Diese waren für die Belange der Ortsarmen zuständig.
Im Krankheitsfalle bezahlte die Gemeinde für die ärmsten unter den Ortsarmen aus der Gemeindekasse die Arzt- und Arzneikosten. Zu diesen ganz besonders Armen gehörten die schon mehrfach erwähnte „Wassermine“ (Caroline Wilhelmine Lehmann) und ihre Mutter (Maria Dorothee Lehmann).
Für weniger mittellose Ortsarme wurden, entweder nur die Arzt oder nur die Arzneikosten aus der Gemeindekasse bezahlt. Darüber wurde alljährlich neu beraten, und die betreffenden Ortsarmen wurden entsprechend namentlich festgelegt.
Mußte ein Ortsarmer im Krankenhaus behandelt werden, so hatte der Gemeindevorstand auch über die Dauer des Aufenthaltes zu beschließen.
So eine Eintragung vom 16.2.1870 im Beschlußbuch der Gemeinde Walsdorf:
„Weiter soll beschlossen werden, ob Christian Ruppert, welcher krank im Wiesbadener Spital liegt, dort belassen werden soll.“ Beschluß: „Soll im Spital bleiben, bis er geheilt ist.“
Eine andere Eintragung vom 5.2.1896 zeugt davon, daß die Kommune in besonderen Fällen zu helfen hatte. Der Arzt Dr. Funk bat um geeignete Hilfsmaßnahmen und Pflege für das kranke Ehepaar Ernst und dessen Kinder. Der Gemeindevorstand faßte folgenden Beschluß: „Es soll der Karl Ernst zur weiteren Verpflegung in das Lieber’sche Hospital zu Camberg in Pflege 4ter Klassse gegeben werden, und die Kinder sollen vorläufig noch bei ihrer Mutter bleiben.“
Bei akuten Krankheiten mußte der Ortsarme keinen Antrag auf Obernahme der Krankenhauskosten an den Gemeindevorstand stellen. Wußte er aber schon länger vorher von der Notwendigkeit einer stationären Behandlung, hatte er einen Antrag an die Gemeinde zu richten und durfte sich erst ins Krankenhaus begeben, wenn dieser befürwortet worden war.
Da es damals noch keine gesetzliche Krankenversicherung für alle Arbeitnehmer gab, versuchten die Arbeitgeber bei Erkrankung oder Unfällen ihrer Bediensteten, die Kosten auf die Gemeinde abzuwälzen. In den meisten Fällen verweigerte der Gemeindevorstand die Übernahme dieser Kosten und verwies auf die Arbeitgeber, in deren Diensten die Knechte oder Mägde erkrankten. Mitunter wurden aber auch Kompromisse geschlossen, wie in diesem Fall:
Der Knecht Friedrich Ziemer erlitt auf der Hirtesen-Mühle einen Unfall. Der Müller meinte, daß die Gemeinde Walsdorf die gesamten Krankenkosten übernehmen müßte. Doch erklärte sich der Gemeindevorstand nur dann zur Obernahme von Kosten bereit, wenn der Müller selbst alle Kosten für die ersten sechs Wochen trägt. Danach wollte die Gemeinde für den Verletzten sorgen.
Langwierige Krankheiten hatten damals oft auch finanzielle Belastungen für viele Familien zur Folge, die sie ohne Hilfe von seiten der Gemeinde kaum verkrafteten. Die Gemeinde Walsdorf konnte in solchen Notsituationen durch einen Zuschuß aus dem „Livingston-Fond“ ihren Bürgern helfen. Das geschah mehrmals.
In den Beschlußbüchern wird die Ortskrankenkasse Idstein erstmals unter dem 3.7.1892 im Zusammenhang mit der Unterbringung eines Geisteskranken auf dem Eichberg erwähnt.
Mit der Einrichtung von sozialen Krankenkassen wurde die Gemeinde Walsdorf von den Ausgaben für die ortsarmen Kranken entlastet, wie aus den oben erwähnten Aufzeichnungen hervorgeht.
Unsere gesetzliche Krankenversicherung beruht auf den Grundlagen von 1911. Alle Arbeiter und Angestellten, deren Einkommen unter einem festgesetzten Betrag liegen, sind „pflichtkrankenversichert“. Heute liegt die Beitragsbemessungsgrenze bei 3.150,– DM. Auch Arbeitslose und Sozialrentner sind krankenversichert.
Damit ist weiten Kreisen unserer Bevölkerung eine Sorge genommen, die die meisten Menschen des vorigen Jahrhunderts sehr belastete.
Monika Kiesau
Was sonst noch im Ort passierte …
Der Kommandant und sein Delinquent oder
Was Ortskenntnis im Notfall ausmacht
Es war vor dem ersten Weltkrieg. Eine Kompanie der 27iger aus Wiesbaden lag während eines Manövers in Walsdorf im Quartier. Des Kompaniechefs Bursche war aus Nordenstadt. Schon vor seiner Dienstzeit war er hier öfter auf Besuch und kannte sich in Walsdorf gut aus. Natürlich hatte er abends nach Dienstschluß manche Bekanntschaft aufzufrischen und so war es nicht verwunderlich, daß er es im Vertrauen auf seine Ortskenntnis mit dem Zapfenstreich nicht so genau nahm. Als er sich zu später Stunde von seinem Stelldichein auf den Heimweg machte, lief er unglücklicherweise dem Kommandeur in die Arme, der mit seiner Ordonanz den Ort inspizierte, und sollte mit zur Wache. Vorsichtshalber mußte er der Ordonanz seine Feldmütze abgeben.
Als die drei auf dem Weg zur Wache an einem dunklen Gäßchen vorbeikamen, krallte des Hauptmanns Bursche sein Käppie und verschwand im Dunkeln. Am nächsten Morgen ließ er sich unter einem Vorwand vom Appell freistellen. Der Kommandeur suchte unter diesen Umständen selbstverständlich unter den angetretenen Mannschaften vergeblich nach dem Delinquenten. Seinem Hauptmann bestätigte der Nordenstädter später kleinlaut, er habe einen wichtigen Grund gehabt, nicht am Appell teilzunehmen, was sein Chef mit einem verständnisvollen Augenzwinkern akzeptierte.
Text: Zeichnung:
Helmuth Leichtfuß Herbert Teige
NEUES IN KÜRZE
Ortsvorsteher Leichtfuß berichtete in der letzten Ortsbeiratssitzung über die Besprechung des Bürgermeisters mit den Ortsvorstehern am 10. 11. 1980.
Ein Hauptthema war die Abwicklung der Arbeiten für die Gasversorgung.
Im Stadtteil Walsdorf soll im Jahre 1981 der alte Ortskern verrohrt werden. Spätestens bis Ende des kommenden Jahres wird das Dorf komplett mit Gas versorgt sein.
Zusammen mit der Verrohrung des alten Ortskernes soll die über 70 Jahre alte Wasserleitung erneuert werden. Es ist beabsichtigt, auch die Hausanschlüsse neu zu machen. Diese Arbeiten sollen zusammen durchgeführt werden, damit nicht kurze Zeit später die Straßen zur Auswechselung der Wasserleitung erneut aufgebrochen werden müssen.
Der Vertrag der Stadt Idstein mit dem Ärzteehepaar über den Verkauf des städtischen Wohnhauses in der Untergasse ist nicht zustande gekommen, weil, dieses nicht zusichern wollte, in Walsdorf eine Arztpraxis zu eröffnen.
VORSTANDSWAHLEN
Nach den Wahlen im November setzt sich der Vorstand des Bürgervereines Walsdorf e.V. wie folgt zusammen:
Vorsitzender: G. Buck
Stellvertretender Vorsitzender: Erich Roth
Schriftführerin: Dietlinde Schulte zu Sodingen
Kassierer: Felix Hartmann
Sprecher des 1. Historischen Arbeitskreises: Helmuth Leichtfuß
Sprecher des 2. Historischen Arbeitskreises: z.Zt. Emil Hohl
Sprecher des Aktuellen Arbeitskreises: Dieter Thielmann
TERMINE DES BÜRGERVEREINES
1. Historischer Arbeitskreis: jeder 1. Montag, 20.15 Uhr Rathaus
2. Historischer Arbeitskreis: Terminabsprache mit Emil Hohl
Aktueller Arbeitskreis: jeder letzte Dienstag, 20.15 Uhr, DGH
Verantwortlich:
Gerhard Buck