Bürgerbrief 16: März 1982

Der Haushalt 1982

Am 10. Dezember 1981 hat die Idsteiner Stadtverordnetenversammlung in 2. Lesung den Haushaltsplan 1982 für die Gesamtstadt Idstein beschlossen.

Gemäß diesem Beschluß sind für die laufende Verwaltung (Verwaltungshaushalt) in Einnahmen und Ausgaben je 29.730.600,– DM und im Investitionsbereich (Vermögenshaushalt) in Einnahmen und Ausgaben je 10.141.000,– DM vorgesehen.

Der Ortsbeirat Walsdorf hat den Maßnahmen, die den Stadtteil betreffen, zugestimmt.

Im Verwaltungshaushalt stehen entsprechende Mittel für die laufende Bewirtschaftung, Unterhaltung und Pflege der städtischen Grundstücke und Anlagen in Walsdorf zur Verfügung. Die für die Abwasserbeseitigung zu zahlenden Umlagen an den Abwasserverband „Mittlere Ems“ in Bad Camberg haben sich um 15.000,– DM erhöht und betragen nunmehr 80.000,– DM. Weiterhin sollen für Z0.000,– DM die Wasserschäden am Dorfgemeinschaftshaus behoben werden.

Aufgrund der in den Vorjahren gesetzten Prioritäten erfordert auch 1982 die Abwasserbeseitigung mit 360.000,– DM die größte Mittelbindung im Investitionsbereich. Als Einzelmaßnahmen sind vorgesehen:
Kanalverlegung im Querweg, Bau eines Entlastungskanals Bergstraße (in Höhe des Anwesens Felchner) zum Hauptsammler am Färberbach, Verlegung eines Verbindungskanals Taunusstraße (Weg Taunusstraße/ Bergstraße) zum Hauptsammler am Färberbach., Anschluß der unteren Bruderbergstraße an den Kanal in der Idsteiner Straße durch Einbau einer Pumpanlage und Bau eines Entlastungskanals in Verlängerung der Gartenfeldstraße zum Hauptsammler am Färberbach (für diese Maßnahme werden z. Z. noch anderen Varianten überprüft).

Mit Fertigstellung der vorgenannten Baumaßnahmen sind im Stadtteil Walsdorf alle vorgesehenen Abwasserbeseitigungsarbeiten gemäß Entwässerungsplan abgeschlossen.

Im Zuge der Ortskernsanierung stehen 50.000,– DM zur Verfügung, die zur Gestaltung des Platzes am Kriegerdenkmal gegenüber der Gaststätte Leichtfuß und für die Vorarbeiten am ehemaligen Kohlenlager Bind zur Schaffung einer Grünanlage verwendet werden sollen.

Für die bereits 1981 begonnene Renovierung der Friedhofshalle sind die noch fehlenden Haushaltsmittel in Höhe von 20.000,– DM veranschlagt.

Zur Behebung der Hochwasserschäden am Emsbach stehen 30.000,– DM bereit. Mit den Ausräumungs- und Neuprofilierungsarbeiten des Bachbettes sowie dem Freischneiden und Fällen der ins Bachprofil hineinragenden Sträucher und Bäume wurde bereits begonnen. Die beschädigten Bachübergänge sollen repariert bzw. erneuert werden.

Für die Sicherstellung der Wasserversorgung sind für Probebohrungen 60.000,– DM eingeplant, die entsprechend dem vorliegenden Gutachten des Landesamtes für Bodenforschung im Emsbach- oder Knallbachtal niedergebracht werden sollen. Für Wasserleitungserneuerungen im Zuge des Kanalbaues in der Bruderberg- und Bergstraße stehen die benötigten Mittel in Höhe von 35.000,– DM bereit.
Abschließend kann somit gesagt werden, daß auch im Haushaltsplan 1982 die vorgesehenen Neubau- und Renovierungsarbeiten berücksichtigt sind, die der Erhöhung der Wohnqualität aller Walsdorfer Bürger dienen.

Karl-Heinz Wendelmuth

Das Ortsgericht

Ortsgerichte werden für eine Gemeinde oder für mehrere zu einem Ortsgerichtsbezirk zusammengefaßte Gemeinden errichtet. Die Ortsgerichtsbezirke werden von dem Minister der Justiz bestimmt.

Das Ortsgericht setzt sich aus dem Ortsgerichtsvorsteher, dem stellv. Ortsgerichtsvorsteher und fünf wei­teren Mitgliedern (Ortsgerichtsschöffen) zusammen.

Bis zum Jahre 1978 bildete der Stadtteil Walsdorf einen eigenen Ortsgerichtsbezirk mit Ehrenbürgermeister Richard Scheid als Ortsgerichtsvorsteher.

Durch Erlaß des Justizministers wurden ab 1979 ein Teil der Ortsgerichtsbezirke neu geordnet. Trotz heftigen Widerstandes durch den Ortsbeirat wurden die Stadtteile Walsdorf und Wörsdorf zu einem ORTSGERICHTSBEZIRK zusammengefaßt. Der neue Ortsgerichtsbezirk trägt die Bezeichnung „Ortsgericht Idstein II. „Im Jahre 1981 gab es in Walsdorf allein 221 Dienstgeschäfte.
Diesem Ortsgericht gehören z.Zt. folgende Mitglieder an:

Ortsgerichtsvorsteher
Gustav Girg / Wörsdorf
stellv. Ortsgerichtsvorst.
Felix Hartmann / Walsdorf
Ortsgerichtsschöffen:
Gerhard Heilhecker / Walsdorf,
Hermann Menzel / Walsdorf,
Karl Otto Großmann / Wörsdorf,
Kurt Schlotter / Wörsdorf,
Willi Höhler / Wörsdorf.

Die Ortsgerichtsmitglieder werden auf Verschlag der Stadt Idstein vom aufsichtführenden Richter beim Amtsgericht Idstein als Ehrenbeamte des Landes Hessen ernannt.

Zu den wesentlichen Aufgaben des Ortsgerichts gehört die Durchführung von Schätzungen.
Die Aufgaben des Ortsgerichtsvorstehers sind:

  • die Leitung von. Sitzungen des Ortsgerichts;
  • die Beglaubigung von Abschriften und Unterschriften (z.B. Grundbuchsachen);
  • bei jedem Todesfall die Abfassung einer Sterbefallsanzeige für das Amtsgericht nach vorheriger Information durch das Standesamt;
  • bei Bedarf die Durchführung von Nachlaßsicherungen im Todesfall.

Zur Durchführung der Amtsgeschäfte benutzt der Ortsgerichtsvorsteher das „kleine Landessiegel“.
Da der Ortsgerichtsvorsteher in einem anderen Stadtteil (Wörsdorf) seinen Wohnsitz hat, ist eine ständige Vertretung für unseren Stadtteil notwendig.

Aus diesem Grunde nimmt in Walsdorf der stellv. Ortsgerichtsvorsteher die gleichen Aufgaben wahr wie der Ortsgerichtsvorsteher.

Deshalb können alle Walsdorfer Bürger sich in Fragen des Ortsgerichts an
Felix Hartmann, Idsteiner Str. 17, Walsdorf, Tel. 06434-8915 wenden.

Felix Hartmann

Geld für die Sanierung

Wenn auch überall von den kleiner werdenden öffentlichen Töpfen zu lesen ist, so bestehen doch für Sanierungsmaßnahmen in Walsdorf gute Chancen. Wie uns Herr Garkisch, der zuständige Sachbearbeiter bei der Stadtverwaltung Idstein, mitteilte, stehen zur Arbeitsmarktförderung dem Landesamt für Landwirtschaft und Landentwicklung 10 Mill. DM für die Dorferneuerung zur Verfügung. Im Gegensatz zu früheren Jahren findet für Walsdorf keine direkte Förderung statt. Anträge können jedoch für besonderen Maßnahmen gestellt werden. Dazu könnte z.B. der erste Ausbau einer Scheune der Ostfront für Wohn- Betriebszwecke gehören, um damit anderen Bauherren Anregungen zu vermitteln. Die Stadt Idstein möchte in diesem Jahr den Platz am Ehrenmal und beim ehemaligen Bindschen Kohlenschuppen neu gestalten und wird dafür Beihilfeanträge stellen.

Leider erhält die Stadt aus diesem Fonds nichts für ihr eigenes Programm erstattet.. Trotzdem zahlt sie 1952 weiterhin Zuschüsse für Wände(DM 30,-/qm) und Dächer (Biberschwänze DM 30,-/qm) , Tonfalzziegal (DM 10,-/qm).

Auch die spezielle Förderung der östlichen Scheunenfront geht weiter. Der Denkmalpfleger zahlt pro Scheune DM l0.000,-. Die Stadt gibt auch hier den genannten Zuschuß, den der Kreis im gleichen Umfang noch erhöht.

Zum Schluß ein Steuertip: Läßt man sein Haus unter Denk­malschutz stellen, wie es bereits geschehen ist, so hat man durch erhöhte Abschreibungen steuerliche Vorteile.
Mit einem formlosen Antrag kann man also außer bei der Stadt Idstein bei Behörden Zuschüsse beantragen:

  1. Amt für Landwirtschaft und Landentwicklung Herrngartenstr. 1-5, 62 Wiesbaden
  2. Landesamt für Denkmalspflege Hessen Schloß Biebrich-Westflügel, 62 Wiesbaden
  3. Kreisausschuß des Rheingautaunuskreises Untere Denkmalschutzbehörde Badweg 3, 6208 Bad Schwalbach

 Gerhard Buck

Eine Frauenfeuerwehr ?

„Frauenfeuerwehr … ?!?

unmöglich … sowas in Wals­dorf, nein, … wozu? … Klasse, sowas brauchen wir, … ich bin dabei.“
So und ähnlich werden die Antworten einer Umfrage lauten. Leider ist eine Frauenfeuerwehr keine Modeerscheinung, sondern entwickelt sich immer mehr zu einem wichtigen Faktor im örtlichen Brandschutz. In der heutigen Zeit ist es doch so, daß am Tag mehr Frauen als Männer zu Hause sind. In früheren Zeiten, als die Bauern noch ihrer Feldarbeit nachgehen konnten, war es recht einfach: bei Feuer konnten die Wehrmänner durch die Feuerglocke oder später durch die Sirene gerufen werden. Heute muß man davon ausgehen, daß fast alle Männer in Frankfurt, Wiesbaden oder sonstwo beschäftigt sind. Man kann deshalb hier von einem gesicherten Brandschutz nicht sprechen. Eine Frauengruppe könnte hier Abhilfe schaffen. In einigen Nachbarorten (Heftrich, Wallrabenstein) haben sich die Frauen bereits bestens bewährt.

Wenn sich genügend Walsdorfer Frauen und Mädchen finden, die bereit sind, sich in den Dienst der Freiwilligen Feuerwehr Walsdorf zu stellen, soll schon bald die Gründung der Frauengruppe erfolgen. Näheres ist beim Vorstand der Frw. Feuerwehr zu erfahren.

Wir sind überzeugt, daß mit dieser Aktion in Zukunft der örtliche Brandschutz gesichert wird, und wir weiter nach unserem Wahlspruch handeln können:

„Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr“.

Arnold Werner

Das Kriegsende 1945 in Walsdorf

Zwar ist es dankbarer und für den Leser erbaulicher, an dieser Stelle, die dem Aufgabenbereich des zweiten historischen Arbeitskreises in unseren Bürgerbriefen vorbehalten ist, einen heiteren Beitrag zu finden. Doch gilt es eine Lücke zu schließen mit einigen Aufzeichnungen aus der schweren Zeit um das Jahr 1945.

Wie war es in den Tagen des Kriegsendes in unserer Heimatgemeinde?

Die Gedanken der damals hier anwesenden Einheimischen werden zurückgehen, und man wird sich erinnern. Bei den neuen Bürgern, die sich inzwischen hier angesiedelt haben, und auch bei der jüngeren Generation dürfte Interesse bestehen, etwas von dem zu erfahren, wie es damals hier war. Ich fühle mich angesprochen hierüber einiges zu schreiben, weil ich den Machtwechsel 1945 in der „Amtsstube“ des hiesigen Bürgermeisteramtes, bei dem ich vom 1.2.1944 – 1.4.1950 tätig war, miterlebt hebe. Aus meinem privaten Tagebuch kann ich inzwischen historisch gewordene Notizen dazu verwenden. Die „Amtsstube“ befand sich bis zum Ende des zweiten Weltkrieges, dem Frühjahr 1945, im Wohnhaus des jeweils amtierenden Bürgermeisters. Sie war damals im Hause des bis zum 29.3.1945 amtierenden Bürgermeisters Ferdinand Seyberth in der oberen Schulgasse. Während der Kriegsjahr gab es hier verwaltungsmäßig viel zu tun. Vor und zum Teil noch zusammen mit mir waren Fräulein Barbara Lietz, die hiesige Volksschullehrerin, und Frau Emmi Stollberg tätig. Ein und aus ging täglich der Ortsdiener und Ausscheller Gustav Wissing, dem insbesondere die Weitergabe von Bekanntmachungen durch die Ortsschelle oblag.

Im Kriegsbewirtschaftungsbereich lagen die Ausgabe von Lebensmittelkarten, die durch die ländliche Sonderregelung für Voll-, Halb- und Teilselbstversorger erschwert war, von Kleider-Punktkarten, zusätzlichen Bezugs- und Berechtigungsscheinen für Arbeitskleidung, Schuhe und Haushaltswaren und die Sonderzuteilungen für werdende und stillende Mütter, Schwerarbeiter, Kranke usw.

Unterzubringen und zu betreuen waren ferner ca. 150 Personen, die in Frankfurt, Wiesbaden oder im Rheinland durch die Bomben gefährdet oder ausgebombt und von dort evakuiert waren. Zu diesen kamen nach dem Zusammenbruch 1945 ca. 300 Flüchtlinge oder Ausgewiesene aus unseren Ostgebieten. Gegen Kriegsende hatten wir auch erneut militärische Einquartierung bekommen. Ein I-Zug (Instandsetzungsabteilung) der Deutschen Wehrmacht hatte hier Stellung bezogen. Zu reparierende Panzer und andere Wehrmachtsfahrzeuge standen vorwiegend im Tarnschutz des Waldes im Steinweg und Kuhweg / Würges.

Die Wehrmachtsberichte waren unterdessen erschütternd. Besonders erschüttert sind wir über die immer wieder eingehenden Briefe von Wehrmachtseinheiten mit Gefallenen- und Vermißtenmeldungen für hiesige junge Männer, die zumeist der Bürgermeister, hier zugleich auch Ortsgruppenleiter der NSDAP, den betroffenen Familien zu überbringen hatte.

Die Linie der Westfront nähert sich uns von Tag zu Tag. Amerikanische und englische Bombengeschwader überfliegen oft unser Gebiet. Vereinzelt fallen Bomben. Die Bevölkerung ist wegen der Tieffliegerangriffe verängstigt. Diese werden ab Februar 1945 immer häufiger. Ein Eisenbahnzug wird vor Wörsdorf beschossen. Es gibt 11 Tote. Mehrere Autos auf der Straße Frankfurt – Köln (heute B 8) brennen aus. Ende Februar greifen 12 Jabos (Jagdbomber) im Tiefflug unser Dorf an. Es ist nachmittags. Die Einwohner suchen in den Kellern Schutz. Wir vom Bürgermeisteramt befinden uns im Keller des Amtes, wohin bereits der Tresor mit den örtlichen Standesamtregistern in Sicherheit gebracht ist. Plötzlich gibt es Alarm: Durch den Beschuß steht die Scheune des Landwirts Adolf Hasselbächer an der Bruderbergstraße in Flammen. Die Scheune brennt ab.

Die Walsdorfer Bauern säen ihren Hafer im März 1945 nachts bei Mondenschein im „Guten Feld“ (zwischen Idsteiner Straße und der Eisenbahnlinie). Damals bestellte man unsere Gemarkung noch im großen Rahmen der Dreifelderwirtschaft.

Es finden hier viele Truppenverschiebungen statt. In der Nacht, vom 26. zum 27. März 1945 wird der hiesige „Volkssturm, aufgerufen, ältere Männer, meist über 45 Jahre alt. Die Männer sammeln sich nachts auf dem „Freien Platz“ Volkssturmführer Willi Fritz aus der Hainstrasse, ein erfahrner Frontkämpfer aus dem ersten Weltkrieg, empfiehlt, wegen Aussichtslosigkeit, und Waffenmangel den Volkssturm nicht mehr einzusetzen. Da sein Rat auf Widerspruch stößt, verbringt er die nächste Nacht und den folgenden Tag vorsichtshalber im „Nonnenheck“ und geht auch am kommenden Tag nicht unter die Leute. Der übermächtige feindliche Kanonendonner ist zu hören. Versprengte deutsche Soldaten fahren durch Walsdorf. Bang fragt sich jeder: „Was werden die kommenden Tage bringen?“. Voll Wehmut gehen die Gedanken zurück in die vergangenen Jahre: das große Leid, das ein Krieg mit sich bringt, der unendlich große persönliche Einsatz unserer Soldaten, die gerufen waren und die ihrer Mann standen, die Millionen, die ihr Leben gaben im Glauben an eine gute Sache und um dem Vaterland zu dienen.
In der Amtsstube waren von der Kreisleitung Bad Schalbach Befehle eingegangen, daß die Akten mit der Aufschrift „Geheim“ zu verbrennen seien, ebenfalls Bücher und dgl. Die Befehle wurden befolgt – gegenüber stand der große Holz-Backofen vor. Bäcker August Eul offen.

Der anbrechende Tag ist Dienstag, der 27.3.1945. Ein trüber Märztag. Nachmittag 16 Uhr. Einer sagt’s und alle wissen’s: auf der Autobahn aus Richtung „Über der Wörsch“, also aus Richtung Norden, rollen langsam feindliche Panzerkolonnen an. Ein Artillerieflugzeug überkreist die Panzerspitzen. Wir liegen zunächst im Nebenschluß: Die folgende Nacht ist ruhig. Am Nachmittag des 28.3.1945. mittwochs, rücken die Amerikaner mit, schußbereiten Waffen auf Militärfahrzeugen ins Dorf. Er gibt eine Schießerei in Richtung Camberg, wo sich eine deutsche Einheit festge setzt hat. Am späten Nachmittag kommen Amerikaner in die „Amtsstube“. Der Bürgermeister Ferdinand Seyberth wird vernommen und seines Amtes enthoben. Amerikanische Offiziere berufen Otto Baum I zum neuen Bürgermeister. Vor dieser Entscheidung ist u.a. der Ortsgeistliche, Pfarrer Radecke, befragt worden. (In anderen Ortschaften soll es ähnlich gewesen sein.)

Der Ausscheller muß folgende Befehle der „Amis“ verkünden: „Alle sich im Dorf befindlichen deutschen Soldaten, ob in Uniform oder Zivil, haben sich sofort zu melden. Nichtbefolgen wird mit dem Tode bestraft. Des weiteren sind alle Waffen, Fotoapparate und Feldstecher im Bürgermeisteramt abzuliefern. Alle Personen haben sich von der Straße zu entfernen. Ausgangszeit ist von 8 – 9 Uhr und von 17 – 18 Uhr. Werden Personen in der Zwischenzeit auf der Straße angetroffen, hat die Patrouille Anweisung zu schießen. Sechs deutsche Soldaten melden sich und werden gefangen genommen. Ein Berg von abgelieferten Jagd- und Privatwaffen, Fotoapparaten und Ferngläsern liegen abholbereit im Bürgermeisteramt.

Am Karfreitag, dem 30.3., Ostersamstag, dem 31.3. und Ostersonntag, dem 1.4.1945 ist Ausgangssperre für die gesamte Bevölkerung. Der Schäfer unseres Dorfes findet im Riddelfeld einen gefallenen deutschen Soldaten. Er heißt Georg Lamprecht, war 23 Jahre alt, Musikstudent, und stammte aus Jessen an der Elster. Am Ostermontag müssen mehrere Häuser in der Idsteiner Straße geräumt werden, weil sich amerikanische Soldaten einquartieren möchten. Viele helfen den betroffenen Familien beim Räumen. Nachmittags um 17 Uhr wird dar gefallene Soldat auf dem Friedhof beerdigt. Die „Amtsstube“ wird zunächst in der sogenannten „Kochküche“ der hiesigen Volksschule eingerichtet. Bald danach wird sie in das Klassenzimmer der Unterstufe verlegt und bleibt dort, bis später neue Amtsräume in der alten Schulscheuer ausgebaut und bezugsfertig werden.

Bürgermeister Otto Baum I führt die Amtsgeschäfte. Die Militärregierung gibt neue Anweisungen und befiehlt u.a. die seitherigen Partei-Funktionäre zu sammeln und zum Verhör zu bringen. Ein neuer Gemeinderat wird berufen. Jeder fragt sich besorgt, welche Folgen des großen Krieges auf uns zukommen.

Amanda Grabosch

Was sonst noch im Ort geschah…
Eine seltsame Art der Familienplanung

Die, nachfolgende Begebenheit trug sich in der Inflationszeit anfangs der zwanziger Jahre zu. Das Geld wurde von Tag zu Tag weniger wert, und die Menschen waren bestrebt, an seiner Stelle Sachwerte zu bekommen, damit sie wenigstens etwas von ihrer Arbeit hatten.

Das tat auch die Waldorfer Hebamme. Anstelle von Geld verlangte sie für Geburtshilfe und Betreuung der Wöchnerin einen Sack Weizen. Das brachte den jungen Vater so in Wut, daß er den Schwur tat, ihm käme sein Lebtag keine Hebamme mehr ins Haus.

Es ist kaum zu glauben: er tat nicht nur den Schwur, er hat ihn auch gehalten.

Helmuth Leichtfuß

250 JAHRE CAMBERGER VERTRAG

Blickt man aus dem Idsteiner Schloß gen Norden, so sieht man schon nach 2,6 km die Landesgrenze an. der Hohen Straße und anschließend noch ein gutes Stück in das Camberger Gebiet hinein. Es ist daher nur zu verständlich, daß die Herren von Idstein sehr darauf bedacht waren, die durch das Gebück befestigte Grenze zu sichern (wie es im letzten Bürgerbrief beschrieben wurde), und daß sie auch eine Ausdehnung nach Norden ins Auge faßten. Sie versuchten das zum einen über die Beanspruchung der Jagd in diesem Gebiet, die damals bedeutend ergiebiger gewesen sein muß als heute. Eine andere Möglichkeit bot das Messegeleit auf der Hohen Straße. Wenn im Frühjahr und Herbst die Kaufleute aus Richtung Köln und dem nordwestdeutschen Raum auf dem Wege zur Frankfurter Messe unsere Gegend passierten, mußten sie von dem jeweiligen Landesherrn einen Geleitschutz akzeptieren. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts versuchten nun die Idsteiner Fürsten, die Übergabe der Messezüge vom Wörsdorfer Schlag (Durchgang durch das Gebück) an den Erbacher Schlag zu verlegen. Sie behaupteten, dieses etwa 6 km lange Stück der Hohen Straße, deren Verlauf zu etwa 3/4 mit dem der heutigen Autobahn identisch ist, gehöre ihnen.

Von 1700 bis 1732 wurde jeweils zur Messezeit um die Ansprüche gekämpft . Oft wurden erhebliche Truppenkontingente eingesetzt (bis zu 1.300 Mann), aber nie wurde auf die Gegenseite geschossen. Es war immer nur ein „Rippenstoßen und Schlagen“, „Gedränge und Faustgemenge“, wie die Beteiligten selber melden. (Eine genauere Darstellung von mir in dem Buch „Camberg – 700 Jahre Stadtrechte“ S.77 – 80).

Erst 1732 gelang es, einen Frieden abzuschließen. (Text: HStAW 133 Ib 15,2).

Auf der Höhe westlich von Würges wurde die Straße halbiert. Die nördliche Hälfte unterstand nun den Herren von Camberg, Kurtrier und Nassau-Dillenburg, die südliche ihnen und Nassau-Saarbrücken, wozu Idstein damals gehörte, gemeinschaftlich. An diesem Punkt wurden Geleitstöcke, Pfähle mit Wappen, gesetzt, um den Wechsel des Messegeleits zu markieren. Die Landeshoheit östlich der Straße zwischen den Gebücken verblieb bei der Camberger Herren.

Walsdorf hatte nun endlich besiegelt bekommen, wo in seiner Gemarkung Landesgrenzen waren: der Färberbach von seiner Mündung in den Emsbach aufwärts bis zum Walsdorfer Gebück kurz vor dem Bürgerwald, dann das Gebück und schließlich die Hohe Straße. Das so eingeschlossene Gebiet links und rechts des Wörsdorfer Weges wurde jetzt von allen als cambergisch anerkannt, wofür Trier und Dillenburg zu Konzessionen bereit waren.

Alle Abgaben, die Idstein bisher von hier erhalten hatte, sollte es auch weiterhin bekommen. Durch die Bestellung von eigenen Feldgeschworenen und Schützen erhielt Walsdorf bestätigt, daß es selber die Felder vermessen, Kaufkontrakte bestätigen und Feldfrevler bestrafen durfte. „Zu Bezeigung guten nachbarlichen Vernehmens aus Liebe zur Ruhe“ erhielt Nassau-Saarbrücken hier Anteil an der „kleinen Jagd“ zugesprochen, jedoch mit dem damals erstaunlichen Zusatz, daß von Anfang März bis zur Ernte „denen Unterthanen in ihren Früchten kein Schade bey Vermeidung desßen Ersetzung zugefügt werden solle.“ Das uneingeschränkte Jagdrecht des Adels war später oft, einer der Gründe für Revolutionen. „Der Ansatz auf der Lauer im Gebück und Feldern“ blieb dagegen erlaubt.

Da auch ein Grenzvertrag von 1720 zwischen Walsdorf und Würges anerkannt wurde, war nun endlich für Walsdorf geklärt, wo im Norden die Grenzen verliefen, und was die einzelnen Herrschaften in ihrer Gemarkung zu sagen hatten. Zu keiner Einigung kam man wegen der Grenzen auf der Walsdorfer Heide, dem Gebiet östlich des Emsbachs. Hier ging der Streit zwischen den drei Fürstenhäusern noch 45 Jahre weiter.

Gerhard Buck

5. GRENZBEGEHUNG «Wie vor 250 Jahren»

Die diesjährige Grenzbegehung über 12 km soll eine Begehung wiederholen, wie sie vor 250 Jahren schon einmal stattgefunden hat. Näheres dazu steht im vorhergehenden Artikel, und weitere Erläuterungen gibt es unterwegs. Wie üblich ist jeder herzlich eingeladen. Für eine Stärkung auf der Wanderstrecke und bei der Schlußrast auf dem Grillplatz wird gesorgt.

Verantwortlich
Gerhard Buck