Junge Mädchen im Kloster Walsdorf
Die Lage des Klosters zu Beginn des 17. Jahrhunderts
„Auch sollen sie zu Spinnen, Nähen, Stricken, Wirken, Klöppeln oder Schnüre schlagen, Weben, Destillieren und Wasser brennen, Kochen, zu Tisch Dienen, im Haus aufräumen und im Umgehen mit Leinwand, Gartenarbeit, Käse- und Buttermachen sowie ähnlichen Hausarbeiten erzogen werden.“
Zu solch perfekten Hausfrauen wollte man früher einmal in Walsdorf die Mädchen ausbilden. Dazu lernte man Beten, Lesen, Schreiben und Rechnen. Aber auch die Erziehung des Charakters kam nicht zu kurz: „auch zu Zucht, Demut, Redlichkeit, stillem eingezogenem Wandel in Worten und Werken sowie anderen äußeren Tugenden“ sollte erzogen werden. „Ihr Verstand soll geweckt und je nach ihrem Alter mit nützlichem Gespräch geschärft werden.“ Die „Gemeinschaft gottloser, leichtfertiger Leute“ war zu meiden. Diesen umfassenden Lehrplan finden wir in der Walsdorfer Klosterordnung von 1608, mit der Graf Ludwig von Nassau-Saarbrücken das Leben im Kloster und seine wirtschaftliche Lage neu ordnen wollte.
In diesem Aufsatz soll nun einerseits gezeigt werden, wie das Leben im Kloster vor allem für jüngere Mädchen aussah, und dabei andererseits ein wichtiger Wendepunkt in seiner Geschichte beschrieben werden. Was aus diesen großen Plänen geworden ist, soll am Ende dargestellt werden.
Das Jahr 1608 war für das Kloster ganz entscheidend. Die über 450 Jahre lange katholische Epoche seiner Geschichte war zu einem Ende gekommen, und seine letzten Jahrzehnte als evangelisches Kloster begannen. In Nassau-Wiesbaden scheint das Kloster Walsdorf mit am längsten katholisch geblieben zu sein. Sehr häufig erscheint es in den Urkunden als Bollwerk des Katholizismus. In seiner Geschichte des Klosters hält A. Deissmann zwar 1562 für das Jahr, in dem die Reformation eingeführt wurde. Aber die erhaltenen Urkunden melden nur das wahrscheinlich nicht befolgte Verbot der Messe durch den Landesherrn. Erst die Klosterordnung von 1608 macht völlig klar, daß das Kloster lutherisch geworden ist.
Nach ihr sollte das Kloster als Gotteshaus für eine Anzahl (8) „Jungfrauen“ und als Schule für Mädchen dienen. Schülerin konnte man nur mit Genehmigung des Grafen werden. Man hatte jährlich 20, ab 1611 sogar 30 Gulden Kostgeld zu zahlen und Kleidung und Bettzeug zu stellen. 20 Gulden – das entsprach etwa dem, was drei Knechte und Mägde des Klosters zusammen im Jahr als baren Lohn erhielten. 20 Gulden kosteten 18 Schafe oder ein Ochse. Diesen Betrag konnten nur besser gestellte Familien bezahlen. Für sie war die Schule auch bestimmt. Es war geplant, Kinder „des Adels oder höheren Standes neben anderer guter Leute“ aufzunehmen. So finden sich dann in den nächsten Jahren hier soweit noch feststellbar Töchter des niederen Adels, von Verwaltungsbeamten und Pfarrern. Aber auch ein Glaser aus Kirberg schickte seine Tochter für ein halbes Jahr hierhin. Man rechnete mit einem recht großen Schulbetrieb. Neben einer Schulmeisterin für die Leitung sollten nämlich mehrere Katechetinnen, eine für jeweils 5 – 6 Schülerinnen, und mehrere Damen für die hauswirtschaftlichen Fächer eingestellt werden.
Die Ausbildung, die die Mädchen erhalten sollten, lag beträchtlich über der ihrer Zeitgenossen und sogar über derjenigen der Klosterleitung. Die damalige Äbtissin Maria von Klingelbach (1602 – 1610) konnte zu Beginn ihrer Amtszeit noch nicht schreiben und beglaubigte daher Briefe mit ihrem Ringsiegel. Später gibt es Briefe mit ihrer Unterschrift. Der für alle wirtschaftlichen und finanziellen Angelegenheiten zuständige „Kellner“ konnte weder lesen noch schreiben – und war 1608 bereits über 40 Jahre in diesem Amt. Im Zusammenhang mit der Klosterreform wurde er durch den schreibkundigen Michael Rüger ersetzt. der auch sofort eine Jahresrechnung erstellte. Es ist die erste, die nach 1550 erhalten ist.
Man ging davon aus, daß die Mädchen, wenn sie 18 Jahre alt waren, als Nonnen oder, wie sie damals genannt wurden, „Klosterjungfrauen“ in das Kloster eintraten. Sie sollten jedoch von hohem oder adligem Stand sein.
Zwei Beispiele mögen den Lebensweg eines Mädchens dieser Kreise in der damaligen Zeit verdeutlichen und zeigen, wie man sich die Funktion des neu geordneten Klosters vorstellte.
In der ersten Jahresrechnung von 1611 taucht die etwa 1600 geborene Anna Ottilia von Flörsheim auf. Auch in den folgenden zwei Jahren wurde für sie das jährliche Kostgeld von über 33 Gulden bezahlt. Sie scheint dann nicht mehr die Schule besucht zu haben und wurde 1618 nach einem Probejahr ins Kloster aufgenommen. 1629 heiratete sie, wie es die evangelische Klosterordnung erlaubte, und verließ damit das Kloster.
Diese Anna Ottilia ist die Hauptperson in Erwin Gros‘ Roman „Die letzte Nonne von Walsdorf“, in dem unter Benutzung einiger historischer Fakten und mit viel Phantasie die Liebesgeschichte dieser Adligen und einem zum Hofsekretär aufgestiegenen Bauernsohn geschildert wird. Tatsächlich ist aber über ihre Hochzeit und ihr späteres Leben nichts bekannt. Sie erscheint nur noch einmal 1630 als Gast bei der Einsegnung einer neuen Klosterjungfrau. Die letzte Nonne ist sie nicht gewesen.
Bei Ursula von Seelbach kann man noch deutlicher erkennen, welche Funktion das Kloster Walsdorf für den Adel hatte. Ihr Vater verstarb früh und hinterließ viele Töchter, die seine Witwe nicht alle verheiraten konnte. Deshalb versuchte sie, sie mit Hilfe der Verwandtschaft in Stiften unterzubringen. So kam Ursula 1611 als Schülerin in das Kloster, obwohl die Mutter nicht wußte, wie sie die für die spätere Aufnahme fälligen 200 Gulden bezahlen sollte. 1614 wurde sie als Nonne eingesegnet, aber vier Jahre später ist der Betrag noch nicht bezahlt. Doch hier endet die Parallele zu anderen Lebensläufen: Ihr Ende ist einmalig in Walsdorfs Geschichte: „Anno 1617 ist Ursula von Seelbach infanticidii (Kindermord) halben uff dem closterhoff mit dem Schwert gerichtet worden.“ Näheres ist unbekannt.
Das Kloster Walsdorf wurde zwar gegen Ende des 16. Jahrhunderts evangelisch, aber mit dem Glaubenswechsel änderte sich nicht die Aufgabe des Klosters, die 1555 so beschrieben wurde: es sei ein Spital, in dem Personen gräflichen Stamms und viele Töchter des Adels in aller Ehrbarkeit und geistlicher Demut erzogen würden. Auch in katholischer Zeit schickte der benachbarte Adel seine Töchter häufig in sehr jungen Jahren hierhin. Wenn man die aus dem 16. Jahrhundert erhaltenen, oft recht persönlichen Briefe der Nonnen liest, dann hat man den Eindruck, daß man manchmal wohl besser von Abschieben reden sollte.
So wurde z.B. 1500 abgemacht, daß Elisabeth von Solms ins Kloster gehen und später mit 13 oder 14 Jahren Nonne werden sollte. Anscheinend hatte es bis dahin noch einige Zeit. Ihre Tante, die schon Nonne war, sorgte für sie. Wir haben zwei Briefe von ihr an Elisabeths Eltern (1501, 1512), in denen sie sich bitter darüber beklagt, daß sie auf ihre vielen Briefe keine Antwort erhalten, sie von ihnen nicht besucht werden und das fällige Geld nicht bezahlt wird (eine Klage, die sich sehr häufig zu allen Zeiten findet).
Bald darauf schickt der Graf von Nassau-Saarbrücken seine 3 und 5 Jahre alten Töchter „dem allmächtigen Gott zu Lobe und als lebendiges Opfer in das Kloster Walsdorf.“ Er hatte in zweiter Ehe neun Kinder. Zeitweise muß das Kloster wohl Kindergarten, Schule, Stift und Altersheim zugleich gewesen sein. Werfen wir zum Schluß noch einen Blick auf das Schicksal der hochfliegenden Pläne von 1608. Zunächst erfolgte garnichts, und der Landesherr mußte 1611 auf die Einrichtung der „Kinderschule“ drängen. Die Schule brachte es nie zu einer besonderen Blüte. Es waren immer nur wenige Schülerinnen, die sie für nur kurze Zeit besuchten. Man begann mit dreien, und 1614 brachte man es auf 14, aber das war auch die höchste Zahl. Die meisten blieben nur für ein Jahr. Der 30jährige Krieg wirkte sich auch auf den Schulbetrieb aus. Pest und Besetzung durch fremde Truppen suchten auch Walsdorf heim, und dazu hatte die Äbtissin kein besonderes Interesse an geistlichen Dingen, sondern vergnügte sich lieber. Sie und einige Nonnen beschlossen, keine Schülerinnen mehr aufzunehmen, notfalls nur gegen einen Betrag von 100 Gulden. Als dann 1628 ihre Nachfolgerin eingeführt wurde, gab es keine Schule mehr. Der „Kellner“ wollte sie wieder einrichten, und die neue Äbtissin versprach das auch bei ihrer Einführung nach der Ordnung von 1608. Aber daraus wurde in diesen wirren Zeiten nichts mehr.
(Alle Quellen in: W. H. Struck, Quellen zur Geschichte der Klöster und Stifte…. Band 4: 1962)
Gerhard Buck
Kinderspiele – früher und heute
Die Kinder, die in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts in Walsdorf aufwuchsen, hatten im Vergleich zu den heutigen verhältnismäßig wenig Zeit zum Spielen. Nicht nur, weil zumindest die älteren Jahrgänge mehr Unterricht hatten – im Sommerhalbjahr von 7 – 12 Uhr und zweimal in der Woche von 1 – 3 Uhr nachmittags, und im Winterhalbjahr von 8 – 12 Uhr und viermal wöchentlich zwei Stunden am Nachmittag-, sondern auch, weil sie in einer Zeit, in der die Landwirtschaft kaum mechanisiert und noch gar nicht motorisiert war, von früher Jugend an bei der Feldarbeit helfen mußten. Das begann im Frühjahr mit Hafersäen, Kartoffelsetzen und Rübenstecken; dann mußten die Kartoffel- und Rübenäcker gehackt und die Rüben vereinzelt werden. Die Disteln waren zu stechen, Heu wurde gemacht. Die Sommerferien waren so gelegt, daß die Schulkinder frei für die Ernte hatten und beim Grummet helfen konnten. Für die Kartoffelernte gab es Herbstferien, dann folgte noch die Rübenernte, und bei der Herbstaussaat gab es kein Kind, das nicht das Kartoffelnachlesen verwünscht hätte. Die Abneigung gegen diese unangenehme Arbeit konnte bei vielen auch nicht durch die Freude über die Kartoffelfeuer und die darin gebratenen Kartoffeln aufgewogen werden. Mit der Kirchweih gab es dann endlich Ruhe im Feld.
Andererseits hatten es die Kinder aber auch besser als heute. Wenn sie frei hatten und draußen sein konnten, gehörten die Dorfstraßen ihnen. Diese standen nicht voller Autos, und der Verkehr auf den Ortsstraßen war im Vergleich zu heute minimal. Es gab kein Fernsehen, und Radios waren in den 30iger Jahren noch selten, fürs Kino und Schwimmbad fehlte meistens das Geld. Denn welches Kind bekam schon Taschengeld! Auch Spielzeug und Spiele gab es sehr viel weniger. Deswegen waren wir als Kinder gezwungen, uns alles mögliche selbst zu machen oder auch ohne Spielzeug auszukommen.
Die Wintermonate unterschieden sich von heute nur insoweit, als es kein Fernsehen gab und man sich nicht unterhalten lassen konnte. Man mußte sich schon selbst eine Beschäftigung suchen, wenn man sich nicht langweilen wollte. Lag Schnee oder war es gefroren, ging es auch damals auf die Schlittenbahn oder aufs Eis. Für das Spiel und die Unterhaltung an den langen Winterabenden gab es Puppen und Puppenküchen, Kaufläden, Bücher, Brett- und Würfelspiele, Baukästen, Spielkarten und manches andere, wenn auch nicht in der Zahl, wie es heute üblich ist.
Im Frühjahr dann, wenn die Salweiden blühten, gingen wir Weidenpfeifen schnitzen. Wer ganz geschickt war, der machte sich eine „Wickeltute“ aus Weidenrinde, die mit Dornen vom Weiß- oder Schwarzdorn zusammengesteckt wurde und die Form und auch den Ton eines Hornes hatten, wie es die Hirten brauchten. Später dann gab es Kornpfeifen aus dem grünen Halm des Korns oder Bläschen aus den Stengeln des Löwenzahns.
Solange die Wiesen noch nicht verboten waren, wurde dort mit Pfeil und Bogen geschossen. Haselstöcke für den Bogen und Gerten für die Pfeile wurden vom Borngraben oder aus den Gräben geholt und zurecht geschnitzt.
Auf den Straßen spielten wir Nachlauf, Versteck um die vier Ecken im alten Dorf, oder Barlauf, wobei es galt, Spieler der gegnerischen Mannschaft abzuschlagen, die dann bei einem Stein drei Meter vor der gegnerischen Linie auf „Erlösung“ warten mußten. Weiter wurde „Treibsches“ gespielt. Mit Ballweitwurf wurde dabei versucht, die gegnerische Mannschaft zurückzutreiben. Geworfen wurde immer von dem Punkt, an dem der Ball auftraf. Wer den gegnerischen Ball jedoch mit beiden Händen fing, durfte drei Schritte vorrücken, wer ihn mit einer Hand fing, sogar sechs Schritte und von da aus werfen. Völkerball war ein weiteres beliebtes Spiel. An Hoftoren oder Hauswänden wurden die sog. „Fünfer“- oder „Zehnerspiele“ gemacht, wobei für jede Zahl eine bestimmte Figur zu spielen war. Es war erforderlich, die richtige Reihenfolge einzuhalten und darauf zu achten, daß der Ball während des Spiels nicht zur Erde fiel.
Nach dem ersten Weltkrieg wurde dann der Fußball mehr und mehr populär. Fußballplatz für die Walsdorfer Schuljugend war der Turnplatz auf dem „Läuskippel“ gegenüber dem Wasserreservoir.
Weiter wurde auf der Straße Seil gehüpft, Klicker, „Gäulches“ oder Eisenreif gespielt, der Tanzknopf mit der Peitsche geschlagen oder auf Stelzen gelaufen.
Als Spiele ohne Spielgerät waren bei den Kindern auch Frage- und Suchspiele beliebt. Hier möchte ich folgende beschreiben. Bei „Männchen, Männchen, darf ich über die Brück?“ stand ein Kind auf der einen und mehrere andere auf der anderen Straßenseite. Diese mußten nun der Reihe nach fragen:
„Männchen, Männchen darf ich über die Brück, einen Gickelschritt oder einen Riesenschritt?“ Der Gefragte konnte entscheiden, ob man einen kleinen oder einen großen Schritt vorrücken durfte. Das Spiel war beendet, wenn der erste den Standort des Befragten erreicht hatte. Dieser durfte dann auch für das nächste Spiel dessen Platz einnehmen. Bei „Fuchs am Berg“ stand ein Kind mit dem Gesicht zur Hauswand und mußte laut bis 5 zählen, währenddessen die anderen versuchten, hinter seinem Rücken von der anderen Straßenseite her soweit wie möglich nach vorn zu kommen. Wenn sich der Zähler umdrehte, mußte jeder still stehen, sonst mußte man wieder von vorn anfangen. Sieger war der, der zuerst die Hauswand erreicht hatte.
Bei alten Mauern, in deren Ritzen man gut einen kleinen Gegenstand verstecken konnte, wurde „Silberling, wo ist das Ding?“ gespielt. Der- oder diejenige, die ein Stückchen Silberpapier oder eine glänzende Scherbe versteckt hatte, führte die anderen mit Hinweisen wie: eiskalt, lauwarm, heiß, du verbrennst dir die Finger. Auch hier durfte der Sieger das nächste Spiel machen. Ein anderes beliebtes Spiel war: Steinchen, Steinchen, du mußt wandern, von der einen Hand zur anderen, rate du, rate du, sag mein Steinchen, wo bist du? Während dieser Text von allen gesungen wurde, strich einer mit gefalteten Händen durch die zusammengelegten Hände aller Mitspieler und versuchte ein Steinchen weiterzugeben, ohne daß der Ratende es bemerkte.
An Reigen wurden vornehmlich getanzt: Dornröschen war ein schönes Kind, Mariechen saß weinend im Garten oder Ringel, Ringel Rose. Im Frühjahr und Sommer steckten die Mädchen häufig Kränze aus Laub oder Blumen oder spielten an Holzstößen auf dem Damm oder in der Hainstraße mit glänzenden Tonscherben, die geputzt und aufgestellt wurden und eine Kücheneinrichtung vorstellen sollten.
Die Buben haben auf dem Borngraben oder aus Holzstößen am Beckersgraben oder am zweiten Zimmerplatz Häuschen gebaut und darin oft stundenlang kampiert.
Selbstverständlich verlief das Zusammenleben zwischen Kindern und Erwachsenen auch in früheren Jahren nicht immer reibungslos. Wenn der Lärm zu laut wurde oder Bälle in Vorgärten oder Höfe flogen, wurde auch damals geschimpft, und nicht selten kam es vor, daß die Kinder verjagt wurden. Im Gegensatz zu heute gab es aber wesentlich mehr Ausweichmöglichkeiten. Man muß sich nur vor Augen halten, wie dicht die Straßen heute zugestellt sind und wie wenig ungenutztes Gemeindeland noch übrig geblieben ist. Der Turnplatz auf dem Läuskippel ist zugebaut. Es ist wahrhaftig nicht übertrieben, wenn man sagt, die Erwachsenen hätten die Kinder mehr und mehr an den Rand gedrängt.
Die Schlußfolgerung aus diesen Beobachtungen und Erkenntnissen kann nur lauten: Es muß wieder mehr Freiraum für die Kinder geschaffen werden. Das heißt konkret: der Spielplatz am Wäldchen, um den sich der Ortsbeirat schon seit mehreren Jahren bemüht, muß endlich gebaut und die Anbindung an das Wäldchen darf nicht in Frage gestellt werden. Es genügt nicht, einen Platz mit vorgefertigten Spielgeräten auszustatten, es muß ein Gelände vorhanden sein, wo sich die Kinder im wahrsten Sinne des Wortes „ausleben“ können.
Helmuth Leichtfuß
Ein neuer Spielplatz in Walsdorf! – ?
Viele Walsdorfer, vor allem die Kinder, beschäftigt die Frage: “ Bekommen wir einen Spielplatz?“ Wenn ja, wo wird er sein, wann wird das sein, und wie wird er sein?
Wo wird er sein?
Vorgesehen für den Spielplatz ist das Gebiet am Beckersgraben. Es bietet durch seine natürlichen Voraussetzungen, wie Bäume, Sträucher, kleiner Hang, einen idealen Betätigungsraum für die Kinder, der durch einige Aufbauten seitens der Stadt nur gewinnen kann. Nun muß der Standort des Spielplatzes im Zusammenhang mit dem kommenden Flächennutzungsplan zwischen verlängerter Bergstraße und Idsteiner Straße gesehen werden. Im Augenblick hat die Stadt Idstein ein Gutachten in Auftrag gegeben, das über die Größe der Wasserschutzzone und somit die Begrenzung oder Ausweitung des künftigen Baugeländes entscheiden wird.
Wann wird das sein?
Seit nunmehr drei Jahren laufen in Idstein Anträge, Anfragen zum Walsdorfer Spielplatz. Es wurden auch schon Bagger am Beckersgraben gesehen. Die waren tatsächlich da, um mit den Vorarbeiten zum Spielplatz zu beginnen. Leider hatte dabei Jemand vergessen, die Genehmigung des Bauamtes einzuholen. Alle Maschinen mußten abgezogen werden. Inzwischen reichte man einen Bauantrag in Bad Schwalbach ein und wartet auf dessen Genehmigung.
Wie wird er sein?
Im Haushaltsplan der Stadt Idstein sind DM 80.000,- für den Walsdorfer Spielplatz vorgesehen. Konkrete Vorstellungen über den Aufbau von Geräten u.s.w. sind noch nicht da.
Ein Abenteuerspielplatz im üblichen Sinne wird es nicht werden, denn die dazu nötige Aufsichtsperson würde die finanziellen Mittel der Stadt bei weitem übersteigen. Wenn die Anträge die Instanzen durchlaufen haben, kann man noch mit Vorschlägen und Wünschen aufwarten. Bei dem zur Verfügung stehenden Betrag könnten sich einige Kinderträume verwirklichen lassen.
Zusammenfassend wäre noch einmal zusagen, daß Lage und Bau des Platzes noch im Ungewissen sind. Vorläufig nehmen die Kinder den Beckersgraben in seiner ursprünglichen Form für ihre Spiele wahr.
Was sonst noch im Dorf passiert ist….
Die Kirschen in Nachbars Garten oder: „Giehs’te rabber!“
Wenn in Walsdorf auch Baum und Strauch fehlten, so war es doch von einem wahren Wald von Obstbäumen umgeben. Sie brachten den Walsdorfern eine wertvolle, reiche Ernte, die weit über den eigenen Bedarf hinausging und ihnen auf den Märkten in Limburg und Wiesbaden einen guten Platz sicherten. Es waren nicht nur Äpfel, Birnen und Zwetzschen, sondern auch eine beachtliche Zahl stattlicher Walnuß- und Kirschbäume. Und gerade die lockten viele ungebetene Gäste; Stare, Krähen, Buben und Burschen. Denn, was kann man einer Verehrten und Angebeteten Besseres und Schöneres bieten als eine Mütze voll saftiger, roter Kirschen, triumphale Beute eines gewagten Einsatzes in Nachbars Garten Räubern gegenüber muß was geschehen. Um die Stare zu erschrecken und zu verscheuchen, setzte man in die Kirschbäume einen Butzemann, in Walsdorf Bajatz genannt (von französisch paille = Stroh, und paillasse = Strohsack). Eine alte Jacke und eine Hose mit Stroh ausgestopft als Körper, auf dem Kopf ein alter Hut und an den ausgestreckten Armen eine Schnur mit glockenartig aufgehangenen Blechbüchsen und handgroßen Glasscheiben, die, vom Wind bewegt, klirrten und blitzten. Eine auf herausragender Stange angebrachte und sich nach der Windrichtung drehende Windpfeife, Äolsharfe genannt, verstärkte mit ihrem Heulton das Geräusch. Es waren Kunstwerke, die an sich ihren Schöpfern mehr Freude brachten als ihr Erfolg.
Gegen die anderen Räuber aber wachte Karl Keller mit martialischem Vollbart, grüner Dienstmütze, Fernglas, Stock, lauter Stimme, Bleistift und Notizbuch als Auge des Gesetzes.
Und alles zusammen führte eines Tages zu einem tragischkomischen Geschehen, einer Episode, über die ganz Walsdorf lange lachte; denn wer den Schaden hat……
Karl sah die Gestalt in einem Kirschbaum für wirklich an. Mit dem Ruf: Giehs’te rabber!“ (Gehst du herab) und „Ob de nit rabber gingst!“ (Und ob du nicht herab gingst) forderte er den vermeintlichen Kirschendieb auf, herabzukommen.
Da seine Aufforderungen unbefolgt blieben, nahm er Steine und warf nach dem Übeltäter…
Busch und Hecken aber hatten Augen und Ohren, die sorgten dafür, daß es bald das ganze Dorf wußte und herzlich darüber lachte. Wenn Karl künftig durch Dorf und Flur ging, dann rief es hinter irgendeinem Tor oder Busch heraus:
„Giehs’te rabberl“ Für die Jugend aber wurde es ein heiteres Vergnügen, die Szene nachzuspielen.
Gustav Lehmann
Letzte Meldung: Flächennutzungsplan
Am 22.6. verabschiedete die Stadtverordnetenversammlung den Flächennutzungsplan/Stadtentwicklungsplan für Idstein. Darin heißt es über das neue Baugebiet: „Bei der Ausweisung des Gebietes „Auf der Weide“ sind die Belange des angrenzenden landwirtschaftlichen Betriebes zu berücksichtigen. Nach Aussprache empfiehlt der Ausschuß, im Bereich „Auf der Weide“ im Stadtteil Walsdorf Flächen für die beidseitige Bebauung einer Straße auszuweisen. Dafür sollen die Flächen „Am Riedelfeld“ entsprechend verringert und die Straßenführung so erfolgen, daß eine Anbindung über das Baugebiet „Auf der Weide“ zur Idsteiner Straße hergestellt werden kann!
akt. Arbeitskreis