Die Europawahlen vom 17.6. 1984
Zum zweitenmal wurden am 17. Juni 1984 von den europäischen Bürgern die Mitglieder des Straßburger Parlaments in direkter Wahl gewählt. Nach einem mit geringer Energie und zudem noch mit nationalen Argumenten geführten Wahlkampf war keine große Wahlbeteiligung erwartet worden. Das Wählerverhalten der Walsdorfer machte in diesem Punkte keine Ausnahme und lag im bundesrepublikanischen Trend.
Hier die Walsdorfer Ergebnisse im Vergleich mit denen vor 5 Jahren:
Jahr Wahlber. Wähler SPD CDU FDP Grüne Sonst. Ung.
1979 1.021 57,6 % 46,0% 44,6% 6,5% 1,8% – 1,1%
1984 1.062 52,4 % 42,9% 42,3% 5,9% 5,4% 3,3% 0,2%
Folgende Erkenntnisse lassen sich aus der Gegenüberstellung gewinnen:
- die Wahlbeteiligung war weiter rückläufig
- wie in der ganzen Bundesrepublik haben auch hier SPD, CDU und FDP Stimmen verloren
- ebenso wie in der Bundesrepublik schafften die Grünen den Sprung über die 5%-Grenze
- die sonstigen Parteien konnten mit 3,3% der Stimmen keinen nennenswerten Anteil für sich verbuchen.
Nicht uninteressant ist auch der Vergleich mit den Wahlergebnissen des Kreises und der Gesamtstadt Idstein.
Wähler | SPD | CDU | FDP | Grüne | Sonstige | |
Kreis | 58,1% | 35,9% | 46,8% | 5,6% | 7,8% | 3,9% |
Stadt | 56,2% | 36,68 | 44,6% | 5,9% | 8,0% | 9,9% |
Walsdorf | 52,4% | 42,9% | 42,3% | 5,9% | 5,4% | 3,3% |
Hier fällt folgendes auf:
- die Wahlbeteiligung war noch geringer als in Kreis und Stadt
- statt der CDU war die SPD in Walsdorf stärkste Partei
- die FDP erreichte etwa dieselben Anteile wie in Kreis und Stadt
- der Anteil der Grünen lag 2,5 Punkte unter den Ergebnissen von Kreis und Stadt
- sonstige Parteien erreichten in Walsdorf weniger Stimmen als in Kreis und Stadt.
Insgesamt kommt man zu dem Ergebnis, daß in der niedrigen Wahlbeteiligung und den Verlusten der drei klassischen Parteien die Enttäuschung der Bürger über die geringen Kompetenzen des europäischen Parlaments und die ausgebliebenen Fortschritte in der europäischen Politik zum Ausdruck kommt. So sehr sich mancher vielleicht auch über den „Denkzettel“, der den Parteien verpaßt wurde, freuen mag, kann man die Tatsache als solche nur bedauern, da die europäischen Industriestaaten nur in der Zusammenarbeit, nicht aber in der Konkurrenz miteinander eine Zukunft zwischen den Weltmächten USA und UdSSR haben.
Helmuth Leichtfuß
Das Schulhaus wird 160 Jahre alt
Grundsteinlegung für die Schule vor 160 Jahren
Im Juli 1824, also vor 160 Jahren, wurde der Grundstein für das neue, heute noch stehende Schulgebäude gelegt. Pfarrer Johann August Daniel Schramm berichtet auf S. 11 f der Pfarrchronik über dieses Ereignis:
„Im Jahre 1824 wurde der neue Schulbau auf der Stelle, wo das alte Rathaus gestanden hatte, angefangen, und der 9. July der Grundstein dazu gelegt. Hierbey hatte folgende Feyerlichkeit statt. Die Mittagsstunde war dazu bestimmt; die Gemeinde mit der Schuljugend, der Kirchen-, Schul- und Gemeindevorstand hatten sich um die Fundamentmauern versammelt. Die Schuljugend sang unter der Leitung des Schullehrers Herrn Kolb einige von mir gewählte Liedverse unseres Gesangbuchs, hierauf sprach ich ein passendes Gebet, dem folgte eine Rede von mir über die Stelle des 127 Psalms V 1: Wo der Herr nicht das Haus bauet, arbeiten umsonst, die daran bauen. Nach deren Beendigung hat Herr Schultheiß Ochs folgenden von mir gefertigten Aufsatz der Versammlung vorgelesen, welcher hernach in einer gläsernen Flasche wohlverschlossen eingemauert wurde.
‚Soli Deo Gloria. (Gott allein die Ehre) Kund und zu wissen sey hiermit der Nachwelt, daß, wenn auch dieses Gebäude dereinst der Gewalt der Zeit und Zerstörung unterliegt, und man nach einer langen Reihe von Jahren in dessen Schutt und Fundamenten nachforscht, zu finden etwas, was auf seine Gründung hinweist, daß man die schöne Pflicht erkannte und nicht vergaß, dem nachzukommen uns die Vorzeit mit Recht abfordert, zu überliefern den kommenden Geschlechtern, was die Geschichte sagt von der Stelle, die es tragen soll, und dem schönen Zweck, dem es geweiht wird … (Es folgen Ausführungen über das Kloster, das an dieser Stelle stand.)
Zurückgegeben ihrer früheren Weihe, ward diese Stätte nun, weil sie zieren soll ein Gebäude, aufgeführt zum Unterricht der Jugend, ein Zweck, den seine Heiligkeit verbindet mit jenem früheren. Damit jedoch auch die Gemeinde nicht ganz vermisse ihr früheres Rathaus, ist Einrichtung getroffen, ihr zur Berathung der Gemeinde Wohl, ein großes Zimmer darin zu überlassen, und so soll im Verein der gute Saame, der gesät in der Schule, Frucht tragen in dem reiferen Alter für Bürgerwohl und Vaterlandes Glück, in den Beratungen dieses Hauses.
Nothwendig ward dieser neue Bau der Schule, weil der jetzige die Kinderzahl nicht faßt, und ein Lehrer dieselben nur mühsam und dürftig lehren kann, da noch ein zweiter erfordert wird, die dermalige Zahl von 121 Kindern zu unterrichten, wie denn dieselbe voraussichtlich von Jahr zu Jahr noch wächst. Es zählt in diesem Jahr nun die Gemeinde 136 Bürger, und die ganze Volkszahl beläuft sich auf 620 Seelen.
Ihr Vorstand ist dermalen in weltbürgerlicher Hinsicht Herr Ludwig David Ochs, Herzoglicher Schultheiß, nebst den Gemeindevorstehern Conrad Bind, Peter Götz, Georg Peter Leichtfuß, Conrad Rüger und Rechner Caspar Roth. Das Feldgericht bildet Herr Schultheiß Ochs, Caspar Jeckel, Philipp Ochs und Christian Scheid. In religiöser aber ist ihr Vorstand Pfarrer August Schramm, Fertiger dieses Aufsatzes, dann Herr Schultheiß Ochs, und die Vorsteher der Kirche Conrad Leichtfuß und Conrad Götz -und Rechner Johann Philipp Weygand. Den Schulvorstand bilden Pfarrer Schramm, Herr Schultheiß Ochs, Caspar Jeckel, Philipp Ochs und Schullehrer ist dermalen Herr Johann Philipp Kolb … (Es folgen Ausführungen über die Leitung des Amtes und des Herzogtums.)
Wir gehen nun über zu dem Bau selbst. Den Plan entwarf Herr Hermann, Herzoglicher Baucontrolleur zu Idstein, wie denn den Bau ausführten die Handwerker Link, Zimmermann zu Idstein, Paul, Maurer von Würges, Ochs und Scheid, Schreiner von Walsdorf, Bartel, Schieferdecker von Idstein, Gusenritter, Glaser von Idstein, Heun, Steinhauer zu Villmar.
Noch mag bemerkenswert dastehen, beruhigend für die, die diese Schrift dereinst auffinden, wann etwa schlechte geldarme Zeit stattfinden sollte, daß selbige auch jetzt statthat … (Es folgen Ausführungen über Preise)
Damit sey nun geschlossen diese Nachricht, und wenn sie dereinst mit Begier aufgegriffen wird, so möge man es ehren, wie man beflissen war, auch zu schlechter Zeit mit Gottes Hülf ein Werk zu unternehmen und aufzuführen, was die Menschheit heischt und Segen bringt für Zeit und Ewigkeit.
Geschrieben zu Walsdorf am 27. des Monats May 1824, Schramm, evangelisch-christlicher Pfarrer, Ludwig David Ochs, Schultheiß.“
Helmuth Leichtfuß
Die neue B 8
Seit vielen Jahren schon plant die Stadt Camberg den Bau einer Umgehungsstraße, um einen Teil des Verkehrs, der auf der B8 durch Würges, Camberg und Erbach rollt, um die Orte herumzuführen. Man hofft, 1/3 der 22.000 Fahrzeuge, die in 24 Stunden über die jetzige B 8 fahren, auf die neue Straße umzuleiten.
Eine erste Planung sah eine Streckenführung östlich der Bahnlinie am Camberger Bahnhof vorbei vor. Nach dem jetzt abgeschlossenen Raumordnungsverfahren soll die neue B 8 in weitem Bogen westlich der drei Orte gebaut werden. Strittig ist nur noch ein Streckenabschnitt westlich von Würges.
Für die Walsdorfer Gemarkung sahen alle Planungen die gleiche Streckenführung vor: nördlich der Walkmühle beginnt (bzw. endet) die neue zweispurige B 8, überquert auf einer 240 m langen und bis zu 6,50 m hohen Brücke den Emsbach und den Würgeser Weg unweit des Großen Gartens und verläuft dann in einem Geländeeinschnitt weiter.
Im Augenblick geht es darum, die genaue Linienführung der 6,8 km langen Umgehungsstraße festzustellen. Bis sie gebaut wird, wird jedoch noch viel Wasser den Emsbach hinabfließen.
Gerhard Buck
Mir gefällt das Ehstandsleben
Die Melodie zu dem im Bürgerbrief Nr. 23 Veröffentlichten „Ehestandslied“ erhielten wir jetzt von Herrn Studiendirektor Georg Wagner (Wiesbaden) mit den folgenden Hinweisen: Das Lied wurde von M. Schäfer in Neuenhasslau 1855 aufgezeichnet und in „Volkslieder aus dem Kinzigtal“ zuerst veröffentlicht. Es ist in weiten Gebieten Hessens im Brauchtum des Verlobunqs- und Hochheitssingens, bei dem das heiratende Paar aus der Schar der Unverheirateten herausgefunden wird, fest verankert.
Pressespiegel vor 100 Jahren
Was erfuhr der Zeitungsleser vor 100 Jahren über Walsdorf? Er konnte mittwochs und samstags das vierseitige „Idsteiner Anzeigeblatt“ im Format DIN A 4 erhalten. Der vierteljährliche Abonnementspreis betrug 1,– Mark. Wie der Untertitel zeigt, lab er zunächst amtliche Bekanntmachungen. Darauf folgten Geschäfts- und einige Vereins- und Privatanzeigen. Die hier abgebildeten Ausschnitte ergeben in dieser Zusammenstellung eine typische erste Seite. Die anschließenden Rubriken berichteten über die politische „Tagesgeschichte“ in Deutschland und der Welt, den Deutschen Reichstag und den Preußischen Landtag. Unter „Vermischte Nachrichten“ finden sich lokale Meldungen und bemerkenswerte unpolitische Ereignisse aus aller Welt. Ein Fortsetzungsroman bildete den Abschluß.
Alle Texte der 105 Nummern des Jahrgangs 1884, in denen das Wort „Walsdorf“ vorkommt, sind hier in der Reihenfolge des Erscheinens zusammengestellt. Berichtenswertes für die Spalte „Vermischte Nachrichten“ hat die Redaktion in Walsdorf nicht gefunden.
Gerhard Buck
Der Feuerschutz in Walsdorf
Schluß von Teil II: Das 18. Jahrhundert
Durch diese Anschaffung befand sich das Feuerlöschwesen nun auf dem höchsten Stand der Technik. Aber niemand hatte eine Ahnung davon, wie diese modernen Spritzen eigentlich funktionierten. Sie wurden jährlich zweimal überprüft, und wenn Mängel gefunden wurden, hatte „jeder Unkundige Hand ans Werk gelegt und seine Kunst probiert“. Nur die Idsteiner Spritze war einem kundigen Schlosser anvertraut.
Der Büchsen- und Uhrmacher A. Philippi in Idstein sah 1781 hier ein gutes Geschäft und ließ sich die Kontrolle über die 5 Spritzen auf dem Lande übertragen. Für 2 Gulden pro Spritze wollte er sie zweimal jährlich nachsehen und kleinere Reparaturen kostenlos vornehmen.
Die erst jetzt regelmäßig in den Walsdorfer Gemeinderechnungen auftretenden Ausgaben für die Unterhaltung der Spritzen zeigen, in welch jämmerlichem Zustand das inzwischen 30 Jahre alte Gerät war. Gleich nach Philippis Ernennung mußte Walsdorf einen Anteil von 44 1/2 Gulden zahlen und 1782/83 noch 10 1/2. In den folgenden Jahren bewegte sich der Betrag um 5 Gulden. (16)
5. Nachbarschaftshilfe
In dieser Zeit war Walsdorf immer noch der zweitgrößte Ort nach Idstein zwischen Emsbach und Aar. In der Mitte des 18. Jahrhunderts hatte es 70 Bürger mit 70 Häusern und 50 Scheunen. Durchschnittlich 25 Häuser standen in den Flecken und Dörfern des Oberamts Idstein. (17)
Wenn dann ein Brand ausbrach, waren die wenigen Einwohner bei dem Ausmaß, den er schnell annehmen konnte, auf die Hilfe der Nachbarn angewiesen. Auch ins Ausland hatte man Hilfe zu schicken: 3 Stunden weit.
Nicht alle Einsätze der Walsdorfer Feuerwehr sind genau zu lokalisieren, aber es ergibt sich ein eindeutiges Ubergewicht der nördlichen, ausländischen Orte. Es wurde geholfen: 1709 Kirberg, 1711 Idsteiner Schloß, 1748 Schwickershausen, 1756 Erbach und Idstein, 1757 Haintchen und Würges, 1764 Schadeck/ Lahn, 1782 Nauheim, 1804 Dombach, Dauborn und Bechtheim. (Wegen des Rechnungsjahres von Martini bis Martini kann auch das folgende Jahr gemeint sein.)
Nach dem Brand wurden die Feuerläufer durch die Gemeinde verköstigt, sinnigerweise gewöhnlich mit „Brandwein“ (wie man damals Branntwein schrieb).
6. Hilfe für Brandgeschädigte
Kam es zum Schlimmsten und wurde ein Haus oder gar ein ganzes Dorf in Asche gelegt, dann waren die Geschädigten auf das Wohlwollen anderer beim Wiederaufbau angewiesen. Viele Leute waren daher gezwungen, bettelnd für sich oder die Gemeinde durch das Land zu ziehen. In den Gemeinderechnungen finden sich dann Eintragungen wie: „Für verbrannte Leute 2 Albus. Einem verbrannten Mann 1/2 Albus.“ (1733) Diese Beträge reichten nicht einmal für die tägliche Verpflegung.
Daher war es eine großartige Idee, durch die Gründung einer Versicherung die Not einzelner von allen tragen zu lassen. Aber erst in den letzten Monaten des Fürstentums Nassau-Usingen kam es 1806 zur Gründung der Brandversicherungsanstalt, bei der auch wir heute versichert sind. Um alle Häuser genau erfassen zu können, mußten sie eine Hausnummer erhalten. 1808 wurden in Ölfarbe für 11 Gulden die ersten Hausnummern über Walsdorfs Türen gemalt.
Wenn wir noch einmal auf die vorhergehenden Jahrzehnte zurückblicken, dann müssen wir feststellen, daß sie mit dem erstmaligen Erlaß einer Feuerordnung, der ersten Anschaffung von Feuerspritzen, der Gründung von Pflichtfeuerwehren in allen Orten, der Bestellung von Aufsichtsbeamten und der Gründung der Brandversicherung einen erheblichen Fortschritt im Feuerschutz gebracht haben.
Quellen:
Walsdorfer Gemeinderechnungen und Gerichtsbuch. Aus dem Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden
(1) 133 XIV a, 1.
(2) 133 XXI a, 1.
(3) 131 XXIII, 27.
(4) vgl. Bürgerbrief 10, S. 11.
(5) 131 XXIII, 27; 133 XIV a, 1.
(6) 133 XIV a, 32.
(7) 133 XIV a, 1 + XXIII, 27; 131 XXIII, 51.
(8) 133 XXXIII, 10.
(9) 133 Walsdorf 59.
(10) 133 XXI a, 9.
(11) 133 XVII b, 18.
(12) 133 Walsdorf 60.
(13) 133 XVII b, 5.
(14) 133 XIV a, 25.
(15) 133 XIV a, 32.
(16) 131 XIV d, 1 + 3; 133 XIV a, 32.
(17) 133 111, 14.
(Fortsetzung folgt)
Gerhard Buck
Das Dorf im Goldenen Grund
Unter dieser Überschrift berichtet der „Wiesbadener Kurier“ im März 1946 folgendes:
„Fährt man mit dem Auto das Emstal hinab, bleibt der Blick kurz vor Camberg unwillkürlich an einer langen Reihe weißer Fachwerk-Scheunen haften. Es ist die Hinterfront einer Anzahl kleiner Höfe, die das Dorf Walsdorf zum Emtstal hin abgrenzen. Hier lohnt sich schon ein kleiner Abstecher vom Asphalt auf den schmalen, schlammigen Feldweg, der oben auf dem Schieferfelsen in einem Gewirr kleiner Straßen und Gäßchen endet.
Der Bürgermeister ist im Nachbardorf, der Pfarrer auf Krankenbesuch. „Aber jedes Kind weiß, wo der Lehrer wohnt!“, sagt man uns. Und so kommen wir zum Lehrer. Zwar ist er nicht an der Dorfschule – schon einmal pensioniert, leitet er jetzt die Mittelschule in Camberg – aber er ist ein alter Walsdorfer, und kaum jemand weiß wohl besser über das Dorf zu berichten als er … (Es folgen einige historische Ausführungen)
Und wie ist Walsdorf über die letzten Jahre gekommen? Nun, auch hier ist der Zuzug der Flüchtlinge und Evakuierten das größte Ereignis gewesen. Rund 400 Neubürger gesellen sich heute zu den fast 2000 Einheimischen. Und es mag als Kuriosität gelten, daß es bis zum Einzug des ersten Neubürgers am ganzen Orte keinen einzigen Katholiken gab. (Walsdorf gehörte ehemals gerade noch zur evangelischen Grafschaft Nassau-Idstein. Schon unten im Emstal ist wieder alles katholisch.) Im übrigen gingen die Ereignisse der letzten Jahre an Walsdorf ziemlich spurlos vorüber. Die ausgesprochen auf Landwirtschaft eingestellte Gemeinde besitzt eine außerordentlich gute Gemarkung mit fruchtbarem Ackerboden, der bei ihren Bewohnern auch heute noch keine Magensorgen aufkommen läßt (70 Prozent der Einwohner sind Vollselbstversorger). Für Industrie fehlt jede Vorbedingung, und da der nächste Bahnhof erst in Camberg liegt und man nur mit viel Glück mit dem Postauto nach dort mitgenommen wird, gibt es in Walsdorf auch keine Arbeiter, die etwa auswärts arbeiten.
Als der Lehrer zu Ende erzählt hat und wir noch einmal durch das Dorf fahren, begegnen wir einem Mädchen mit einem so großen Kuchen, daß die Arme kaum zum Tragen reichen. Wir denken an des Lehrers Worte, daß das Ablieferungssoll in Walsdorf so reichlich erfüllt wurde, daß nicht einmal die sonst üblichen Hofbegehungen stattzufinden brauchten. Doch obwohl uns das Wasser beim Anblick des Kuchens im Munde zusammenzulaufen droht, wagen wir es nicht anzuhalten. „Gräßlich“, sagt unser Begleiter aus der Stadt, „dauernd dies viele Fett …!“
Verantwortlich:
Gerhard Buck