PLÄNE
Der Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan
Der Bericht über Zukunftspläne scheint zu einer Dauerrubrik im Bürgerbrief zu werden. In den vergangenen Jahren hat es schon verschiedene Versuche gegeben, zu bestimmen, in welcher Weise sich die Stadt Idstein entwickeln soll. Der Magistrat hat jetzt alle Pläne und Diskussionen in dem obengenannten Plan zusammengefaßt, der die Zielvorstellungen bis 1995 wiedergibt. Die Stadtverordnetenversammlung hat am 20.9.1984 zugestimmt. Umstritten waren vor allem die Baugebiete in Walsdorf, wo es zu einer Änderung des Planes kam. Er liegt nun den Trägern öffentlicher Belange zur Stellungnahme vor. Im folgenden wird das für Walsdorf speziell Geplante aus diesem Buch von 267 Seiten dargestellt. Viele allgemeine Feststellungen treffen natürlich auch für unseren Ort zu.
Eine Zunahme der Bevölkerung soll vor allem 1n Idstein und Wörsdorf stattfinden. In allen anderen Stadtteilen sollen die Einwohnerzahlen etwa gleich bleiben, d.h. für Walsdorf ca. 1.500. Zusätzliche Arbeitsplätze sollen vor allem in Idstein selbst, beschränkt auch in Wörsdorf geschaffen werden. Walsdorf hat z. Zt. und wahrscheinlich auch 1995 ca. 100 (geschätzt) gewerbliche Arbeitsplätze und ebenso viele im Dienstleistungsbereich.
Walsdorfs Funktion wird mit „ländlicher Wohnort“ beschrieben, mit den Unterfunktionen „Wohnen (Wohnbauflächen für den Eigenbedarf): Landwirtschaft Handwerk, nicht störende Gewerbebetriebe, Dienstleistungen überwiegend für den örtlichen Bedarf; Naherholung.“
Als neue Siedlungsflächen sollen Gebiete „Auf der Weide“, „Auf der Insel“ und am „Beckersgraben/Riedelfeld“ ausgewiesen werden. Da es auf der „Insel“ zu Einsprüchen anderer Behörden und am Beckersgraben zu einer Kollision mit der Nutzung des Tiefbrunnens kommen kann, sollten diese beiden Gebiete ursprünglich nicht als Baugebiete vorgesehen werden.
Der Spielplatz am Tiefbrunnen ist jetzt als solcher anerkannt. Die Eingrünung des westlichen und südlichen Randes des Neubaugebietes wird für dringend erforderlich gehalten. Teilweise ist das auch bei den Aussiedlerhäfen und den Mühlen nötig.
Überhaupt legt der Plan ein starkes Gewicht auf mehr Bäume und Sträucher in der Landschaft. Die B 8 soll Einzelbäume und eine feldheckenartige Bepflanzung erhalten, die Wörsdorfer Straße dagegen alleeartig bepflanzt werden. Besonders ausführlich wird dargestellt, wie die „ausgeräumte Feldflur“ zwischen Walsdorf und Wörsdorf durch zahlreiche Feldholzinseln von ca. 450 qm Größe ein neues Gesicht erhalten soll. Baumreihen sollen diese Gehölze verbinden. Begründet werden diese Neuanlagen mit Vorteilen für die Umwelt, die Landwirtschaft und die Erholung.
Die Bachtäler sollen als Grünland erhalten bleiben. Dort, wo die Wiesen unter den Pflug genommen worden sind, ist an Rückwandlung gedacht. Am Färberbach sind Anpflanzungen vorgesehen. Die Gräben östlich der B 8 erscheinen als Vogelschutzgebiete.
Interessant für viele Walsdorfer, die sich im vorigen Jahr gegen die vorgesehene Art der Müllbeseitigung engagiert hatten, sind die neuen Formulierungen über die Mülldeponie. Unter der Überschrift „Verbesserung der Müll- und Abfallbeseitigung“ heißt es: „Der Rheingau-Taunus-Kreis hat Planfeststellungen für insgesamt 6 Standorte möglicher Hausmülldeponien beantragt, um hierbei den geeignetsten Standort zu ermitteln. Einer der Standorte ist ein Waldgelände im „Loh“ in der Gemarkung Wörsdorf. Eine Ausweisung dieser Fläche im Flächennutzungsplan wird nicht vorgesehen, da die Standortprüfungen noch nicht abgeschlossen sind.“ Im Kapitel Wörsdorf werden später einige Nachteile dieses Platzes aufgezählt, und es wird dann festgestellt: „Aus landschaftsplanerischer Sicht sollte deshalb überlegt werden, ob auf die Errichtung einer Mülldeponie in diesem Bereich nicht verzichtet und ein verkehrsmäßig güntigerer Standort gefunden werden kann.“
Die Umgehungsstraße um Wörsdorf nach Walsdorf, die uns die im Winter nicht sehr angenehme kurvenreiche Strecke erspart hätte, wird nicht gebaut. Dagegen soll eine Radwegverbindung nach Idstein hergestellt werden. Im Emsbachtal soll das Radwegenetz ergänzt werden.
Gerhard Buck
Das Schulhaus wird 160 Jahre alt 2. Folge
Außenputz für das Schulhaus vor 150 Jahren
Im letzten Bürgerbrief wurde über die Grundsteinlegung zur neuen Schule vor 160 Jahren berichtet. In der Urkunde, die aus diesem Anlaß verfaßt worden war, hatte Pfarrer Schramm an zwei Stellen auf die wirtschaftlich schlechten Zeiten hingewiesen, die damals herrschten und die es den Walsdorfern schwer machten, diesen Neubau zu errichten. Offensichtlich waren diese Hinweise sehr berechtigt, denn die Gemeinde, Schule und Lehrer mußten 10 Jahre warten, bis die Schule, die ja auch gleichzeitig Rathaus war, außen verputzt wurde. Bis dahin waren lediglich die Holzgefache der Außenwände „mit rauhen Bruchsteinen ausgemauert“.
Es ist kulturhistorisch sicher interessant, daß die Schule nicht als Fachwerkbau hergerichtet werden sollte, wie man leicht vermuten könnte, wenn man an die Zielsetzungen und Bemühungen bei der Ortskernsanierung denkt, wo man sich bemüht, bei den Häusern das Fachwerk wieder freizulegen. Im Gegenteil, die „Posten und Riegel“ sollten gerohrt, d.h. mit Schilf benagelt werden und dieselben „den ausgemauerten Schildfachen gleich mit reinem Sand, Kalk und Haarspeiß“ ausgeworfen und ins „Richtscheid“ verputzt werden. Der Putz sollte dann „egal und sauber abgerieben und hellgelb angestrichen“ werden, wie es in dem Ausschreibungstext heißt. Der Sockel, der ebenfalls mit reinem Speiß zu verputzen war, sollte etwas dunkler abgesetzt werden. Für die Holzteile an Fenstern, Türen und am Dachsims war ein Anstrich in silberweißer Ölfarbe vorgesehen.
Der folgende Abschnitt des Ausschreibungstextes mag allen modernen Bauherren zum Troste dienen, daß auch vor 150 Jahren nach 10 Jahren wieder Reparaturarbeiten anfielen. Dort heißt es: „Die innere Wände des Rathauses der 2 Lehrzimmer nebst ober und untern Gang sind sehr verdorben dieselbe auszubessern, alles nebst den Decken neu weisen und die Lambrie nebst Thüren und Fensterfutter und Bekleidungen in Ölfarb zu erneuern, überhaupt für 15 Gulden.“
Insgesamt kostete die Weißbinderarbeit 154 Gulden und 59 Kreuzer und wurde von Johann Winkler aus Idstein ausgeführt.
Außer diesen Arbeiten wurde noch „der feuchte und schmutzige Gang und Hof nach den Abtritten zu“ neu gepflastert. Die Arbeit zusammen mit dem Sammeln der Steine in der Gemarkung, „welche die Gemeinde so wie den Sand auf die Frohnde beyfährt,“ hatte Johann Georg Pfennlng aus Walsdorf für 10 Gulden gesteigert.
Schließlich kam der Ortsvorstand überein, „da das von tannen Holz gefertigte Hofthor an der Schule schon ganz vom wind und Wetter verdorben und unten faul“ war, „diese Hofschließung vermittelst einer Mauer herstellen zu lassen und an die Mauer ein Hofthürchen zu machen.“
Insgesamt beliefen sich die Ausgaben für Reparaturarbeiten an der Schule im Rechnungsjahr 1834 auf 190 Gulden und 17 Kreuzer.
Quelle:
Belege zur Rechnung der Gemeinde Walsdorf von 1834 Nr. 133 – 146.
Helmuth Leichtfuß
Der Feuerschutz in Walsdorf
III. 1806 – 1882
Verordnungen
Die Einführung der Brandversicherung für Gebäude und die Gründung des Herzogtums Nassau – beide Ereignisse fallen in das Jahr 1806. Anders als die vorhergehenden Herrscher hatte dieser neue Staat die Verwaltung bis in die kleinsten Dörfer hinein fest im Griff, was für den Brandschutz nur von Vorteil war. Die Beitragspflicht für die Brandversicherung gab allen die Gewißheit, bei Verlust des Hauses nicht in der eigenen oder in fremden Gemeinden betteln gehen zu müssen. Die Schornsteinfeger hatten ihren festen Bezirk und kehrten regelmäßig. Genauso selbstverständlich erschien jährlich die Feuervisitationskommission (Maurer- und Zimmermeister, Schornsteinfeger) und kontrollierten alle Gebäude auf ihre Sicherheit. In Walsdorf benötigten sie schließlich drei Tage dazu. Die Spesen zahlte die Gemeinde.
Der lange Kampf für Minderung der Gefahren zeigte jetzt Erfolge. Als Ergebnis der Visitation des Amtes Idstein wurde 1820 hinsichtlich der Feuerpolizei festgehalten, daß die erlassenen Verordnungen bekannt waren und auch befolgt wurden. Nur die Abschaffung der Strohdächer bereitete immer noch Sorge. (1)
Die „Saupolizeiliche Verordnung hinsichtlich der Feuersicherheit“ und die „Feuerpolizeiverordnung“ von 1826 lösten ältere Verordnungen ab (für Walsdorf die von 1750) und regelten genauestens den vorbeugenden Brandschutz und das Löschen. Anders als 1750 wurden die Gemeinden sehr gelobt. Die Verordnung sollte „nur den bei jeder Gelegenheit betätigten rühmlichen Eifer unterstützen.“ Die Gemeindeordnung von 1854 erlegte weiterhin die Kosten der „Feuerlöschanstalten“ den Gemeinden auf und verpflichtete jeden Bürger zum Dienst.
Die Eingliederung in das Königreich Preußen brachte keine. Änderungen im Brandschutz. Entscheidend Neues bewirkte erst die „Feuer-Polizei-Verordnung« für den Regierungsbezirk Wiesbaden von 1882. Durch sie erhielten alle Gemeinden innerhalb weniger Monate Pflichtfeuerwehren.
Häuser und Menschen
Was gab es in Walsdorf in diesem Zeitraum zu schützen? 1817 waren im Amt Idstein versichert:
Idstein | 625 Gebäude: | 374.010 | Gulden Versicherungssumme |
Camberq | 455 „ | 158.260 | “ „ |
Würqes | 355 „ | 74.800 | “ „ |
Eisenbach | 341 „ | 62.630 | “ „ |
Walsdorf | 331 „ | 92.470 | “ „ |
Die kleinsten Orte waren: | |||
Bremthal | 23 Gebäude: | 5.520 | “ „ |
Wüstems | 6 „ | 2.610 | “ “ (2) |
Walsdorf hatte damals 130 Familien (595 Einwohner), die bis 1882 auf 210 (ca. 800 Einwohner) anwuchsen. Es wurde also recht eng in dem alten Flecken, denn die Bautätigkeit vor dem Obertor und an der Idsteiner Straße war verglichen mit dieser Zunahme gering. Ein Brand konnte so schnell große Werte vernichten.
Die gefährlichen Hüttendächer, wie jetzt die Strohdächer hießen, verschwanden nur langsam, wie diese Übersicht nach dem Brandkataster von 1842 zeigt.
Dächer | ||||||
Ziegel | Stroh | Schiefer | gemischt | Summe | mit Stroh | |
Wohnhäuser | 89 | 23 | 8 | 2 | 122 | 20 % |
Scheunen | 56 | 16 | 1 | 2 | 75 | 21 % |
Ställe | 90 | 43 | 3 | – | 136 | 32 % |
Nebengebäude | 20 | 2 | 5 | – | 27 | 7 % |
Summe | 255 | 84 | 17 | 4 | 360 | 24 % |
Hinzu kommen noch die drei Mühlen im Emsbachtal mit 13 Gebäuden ohne Strohdächer.
Gefährdet waren auch die Wände, die fast ausnahmslos aus Holzfachwerk bestanden. Massive Steinwände hatten 1842 nur 3 Wohnhäuser, 2 Scheunen und 1 Schmiede. Gewöhnlich bestand ein Anwesen aus Wohnhaus, Scheune und Stall. Schule und Pfarrhaus bildeten da keine Ausnahme. Nur 13mal wurde lediglich ein Wohnhaus versichert. Aber in den meisten Fällen wurden die anderen Gebäude in den folgenden Jahren noch errichtet.
Die Feuerspritzen: „das Kleinod der Sicherheit“
1752 – 1848 – 1934: in diesen Jahren schaffte sich Walsdorf Feuerspritzen an. Uns erscheinen diese Abstände unglaublich: Sie zeigen, wie langsam der technische Fortschritt war, aber auch wie solide die Konstruktion, wovon man sich jüngst überzeugen konnte, als Walsdorfs Spritze von 1848 wieder vorgeführt wurde und die alte Leistung erbrachte.
Fast 100 Jahre bestand zunächst ein Spritzenverband in Wallrabenstein mit Walsdorf, Wörsdorf, Beuerbach, Bechtheim und Wallbach. Das Gerät befand sich 1n einem Fachwerkhaus außerhalb des Ortes, wodurch es „Mordbrennern und Spitzbuben“ möglich war, ungehindert die Spritze “zu ruinieren und zu bestehlen“. Nach Einbrüchen in Heftrich und Wallrabenstein wurde 1808 verfügt, daß solche vor das Ort hinausgeworfene große Wohltat in das Ort als ein Kleinod der Sicherheit geschwindest aufzunehmen“ sei. Doch in Wallrabenstein fand sich kein Bauplatz. Die herausgebrochene Wand wurde mit Brettern vernagelt, so daß in Zukunft ein Einbruch nur noch mit Hilfe einer Axt möglich sein sollte. Die Nachtwache mußte nun stündlich das Spritzenhaus kontrollieren. (3)
Die Einsatzfähigkeit der Spritze war inzwischen durch jährliche Inspektionen des amtlichen Spritzenvisitators gewährleistet. (3, 4) Regelmäßig erschienen daher in den Gemeinderechnungen in unterschiedlicher Höhe „die Wallrabensteiner Feuerspritzkosten“. Im Jahre des Einbruchs wurde mit 45 fl. (= Gulden) ein Vielfachen des Normalen bezahlt. (5)
Aber selbst die Feuerspritzen blieben von den großen politischen Veränderungen nicht verschont. Nach der Gründung des Herzogtums Nassau wurden die Grenzen der Ämter neu gezogen, wodurch Bechtheim, Beuerbach und Wallbach zum Amt Wehen kamen, die anderen Orte beim Amt Idstein blieben. Die beiden Amtsschimmel wieherten so sehr, daß sie nicht in der Lage waren, die Spritze gemeinsam zu ziehen und den fast ein dreiviertel Jahrhundert alten Spritzenverband auflösten.
Die jetzt zum neuen Amt Idsteln gehörenden Orte Wallrabenstein, Wörsdorf und Walsdorf bildeten mit der alten Spritze einen neuen Spritzenverband und zahlten die drei anderen orte aus. Die 1752 für 400 fl. gekaufte Spritze wurde 1825 vom Spritzenfabrikanten Roth aus Idstein immer noch auf 370 fl. und ihr Haus auf 105 fl geschätzt. Nach den bisherigen Anteilen an Kauf und Unterhaltung mußte gezahlt werden. Walsdorf hatte 1826 die Hälfte der Entschädigungssumme von 129 1/2 fl. aufzubringen. (6)
Was aus einer bereits 1829 angeschafften „Handspritze“ geworden ist, bleibt unklar. Nur ihr Kauf bei Peter Schülein in Camberg für 66 fl. findet sich in der Gemeinderechnung. Nach dem Preis zu urteilen muß es ein recht kleines Gerät gewesen sein.
Der Gedanke, eine eigene, große Spritze anzuschaffen, kam nach dem verheerenden Feuer in der Untergasse 1831, als auf der Ostseite 17 Scheunen samt Nebengebäuden abbrannten. Im nachfolgenden Jahr schlug man zunächst den billigsten Weg ein und beantragte beim Amt die Verlegung der gemeinschaftlichen Spritze nach Walsdorf als dem größten Ort. Doch nach Einsprüchen von Wallrabenstein und dem Amt Idstein entschied die herzogliche Regierung: „Es liegt kein Grund vor, dem Antrag … stattzugeben. Dagegen wollen wir den Antrag des Ortsvorstandes von Walsdorf, daß diese Gemeinde eine eigene Spritze anschaffe und aus der bisherigen Gemeinschaft austrete, da die Gemeinde die nötigen Mittel besitzt, und eine wünschenswerte Vermehrung der Feuerlöschgerätschaften herbeigeführt wird, genehmigen.“
Warum Walsdorf die Genehmigung des zweiten Antrages nicht akzeptierte, wird nicht ganz klar. Aber wahrscheinlich lag es an der schlechten finanziellen Lage nach dem Brand von 1831. In den Wäldern wurde viel Holz für den Wiederaufbau gefällt und stand damit für die Finanzierung dieser großen Anschaffung nicht zur Verfügung. Der Wald bildete damals die Haupteinnahmequelle der Gemeindekasse. (6)
Dieser Finanzierungsweg konnte 15 Jahre später eingeschlagen werden, als Walsdorf und Wörsdorf den Antrag stellten, eigene Spritzen anschaffen zu dürfen. „Die Ausführung dieses Vorhabens ist sehr wünschenswert“, schrieb das Amt Idstein, mindest Walsdorf ein großer mit einer Ringmauer umgebener Ort (ist), in welchem die Gebäude dicht aneinander gebaut sind und weil Wallrabenstein fast eine Stunde von Walsdorf entfernt ist.“ Wörsdorf wurde als eine „sehr wohlhabende Gemeinde“ bezeichnet, „deren Scheunen in der Regel mit Früchten angefüllt sind.“
Nach einjährigen Verhandlungen stand am 3.1.1848 fest: Wallrabenstein behielt die alte Spritze von 1752 und das Spritzenhaus (Wert zusammen 400 fl.) und zahlte durch das Entgegenkommen der Partner mit 160 fl. an Walsdorf und 120 fl. an Wörsdorf weniger als eigentlich den Anteilen entsprach. Damit hatte nach fast 100 Jahren der „Feuerwehrstützpunkt“ Wallrabenstein sein Ende gefunden. (6)
Doch die große Politik hätte fast einen Strich durch die Pläne gemacht. Zur Gemeinderechnung 1848 wurde später angemerkt: „Es sollte eine Extra Holzfällung zur Erbauung der Spritze vorgenommen werden, ist aber nachher durch die Revolution und März Tage nicht gestattet und nicht vorgenommen worden.“ Da aber durch den Verkauf von Lohrinde 1.037 fl. eingenommen wurden und außerdem 160 fl. Entschädigung zur Verfügung standen, ließ sich das Projekt von 1.205 Gulden 44 Kreuzern in 1 Jahr realisieren, ohne Schulden zu machen.
Walsdorfs erste eigene Spritze lieferte für 826 fl. der Spritzenfabrikant Roth in Idstein. Ihre 10jährige Garantiezeit begann am 23.11.1848 und hätte auch noch länger sein können; denn noch immer ist sie einsatzfähig. Wie bei allen Spritzen vor Einführung des Motors mußte der nötige Druck mit Menschenkraft erzeugt werden. Auf den Schmalseiten standen mehrere Männer an dem langen Hebelwerk. Mit dem „Schwanenhals“ aus Messing wurde 1911 (und auch 1984) eine Weite von 25 m erreicht. Bei Anschluß eines Schlauches an den zweizylindrigen Apparat kam man auf jeweils 19 m. Bei der Größe der Häuser ließ sich so das Feuer gut bekämpfen.
Dieses teure Gerät erhielt natürlich ein eigenes Gebäude. Walsdorfs erstes Spritzenhaus wurde für 336 fl. 44 Kr. am Obertor (östlich) erbaut und maß 7,80 x 4,05 m. Die Fachwerkwände waren 3,60 m hoch und das schiefergedeckte Dach noch einmal 3,30 m. Für ihre Leistungen erhielten die Maurer 96 fl., die Zimmerleute 64, der Dachdecker 71, der Schlosser 44 und der Tüncher 31. Das Anfahren der Steine kostete 53 und des Holzes 22 fl. (alles abgerundet). Zum Ziehen der Spritze wurde schließlich noch ein Pferdegeschirr für 43 fl. gekauft.
Walsdorfs Hilfe bei Bränden war sofort gefragt: 1849 ging es nach Oberselters und zweimal nach Glashütten, 1850 nach Panrod, Kirberg und Esch. In den folgenden Jahrzehnten fuhr man zum Löschen 1n Camberq, Wörsdorf, Dauborn, Heftrich, Schwickershausan, Wallrabenstein, Erbach, Wüstems, Dasbach, Idstein und Esch, wobei die leichter erreichbaren Orte Im Emstal überwogen.
Diese Hilfe ging immer auf Kosten der Gemeinde Walsdorf. Sie bezahlte den Transport, der gewöhnlich mit 4 Pferden erfolgte, sie besoldete die 2 Spritzenmeister und kam für die laufenden Unterhaltskosten auf. Die beiden Meister hatten einen Vertrag auf unbestimmte Zeit mit dar Gemeinde und erhielten in diesen drei Jahrzehnten immer das gleiche Jahresgehalt von zusammen 14 Gulden bzw. 8 Thalern bzw. 24 Mark. Die Reparaturkosten waren gering und fielen nur 1n größeren Abständen an. Ausgaben entstanden vor allem für das Schmieren. Eine erste gründliche Reparatur der Spritze für 90 Mark war erst 1881 nötig, als der Fabrikant sie ganz auseinander nahm und innen und außen neu anstrich.
Für die Spritzenmannschaft, die aber sonst nirgend erwähnt wird, wurden 1849 wie vorgeschrieben roten Armbänder angefertigt. Das war die ganze Uniform!
Das Wasser
Keine Einrichtungen der Gemeinde erscheinen in den Rechnungen des 19. Jahrhunderte so oft wie die Wasserleitungen und Brunnen. Jedes Jahr wurde repariert und mehrfach wurden die Anlagen erweitert (s. H. Leichtfuß in den Bürgerbriefen Nr. 12 – 14, 17-18). So war also jederzeit fließenden Wasser vorhanden.
Hinzu kam der alte Wasserweiher (Weed) in der Untergasse auf dem Platz, wo heute die Schmiede steht. Hier wurde das Wasser gesammelt, das beim daneben stehenden Laufbrunnen übrig war. Das überflüssige Wasser lief durch einen Kanal quer über die Untergasse durch die gegenüberliegenden Häuser zum „Damm“. Alle paar Jahre mußte der Weiher vom Schlamm gereinigt werden, der für einige Gulden verkauft wurde.
Ein besonderes Problem stellte die Abdichtung des Bassins gegen die beiden benachbarten Keller dar. Zwischen der Gemeinde und den Anliegern kam es daher mehrfach zum Streit. 1851 wurde vor den Häusern eine neue Mauer gebaut und der Zwischenraum mit Ton ausgestampft. Doch das Wasser drang 1853 durch. Der Anlieger Wilh. Leichtfuß verklagte die Gemeinde und diese wiederum den Bauunternehmer. Am 26.12. (2. Weihnachtstag) kam es beim Amt zu einem Vergleich, der zu einer Nachbesserung führte. 1869 war eine neue Mauer nötig, die zum Nachbarn hin mit Lette ausgestampft wurde.
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren an Hainstraße, Bruderberg, Bergstraße und Idsteiner Straße (bis W. Christmann) etliche neue Häuser entstanden. Um dieses erste „Neubaugebiet“ zu schützen, entschloß man sich 1849 – also im Jahr nach Anschaffung von Spritze und Spritzenhaus – zur Anlage eines zweiten Brandweihers. Es lag nahe, ihn durch eine Stauung des Färberbaches zu schaffen.
138 qm Land wurden zwischen (heute) W. Heß und W. Leichtfuß für 68 fl. gekauft, und der Färberbach wurde durch Einbau einer Schleuse gestaut. Da diese recht große Fläche nur im Brandfalle ganz unter Wasser stand, wurde sie für landwirtschaftliche Nutzung verpachtet. „Pachtnachlaß findet statt, wenn durch einen dahier ausgebrochenen Brand das Grundstück durch Stauung des Wassers ertragsunfähig werden sollte, oder die Gewächse dadurch wertlos werden.“ Als jedoch hier 1861 eine neue Pumpe installiert wurde, versiegte diese Einnahmequelle. Stattdessen gab es 1869 und 1872 Einnahmen vom Verkauf von Fischen aus dem Brandweiher.
Feuerläufer – Löschmannschaft
Seit vor 1614 gibt es in Walsdorf unter verschiedenen Namen eine Feuerwehr. Vielleicht liegt es an diesem Alter, daß man über ihre Organisation keine Dokumente finden kann, weil alles nach überkommenen Regeln ablief.
Immer, wenn es in der Nachbarschaft brannte, tauchen in den Walsdorfer Gemeinderechnungen Feuerwehrleute auf, weil die eigene Gemeinde für die Getränke zum Löschen des Durstes aufzukommen hatte. Das waren die einzigen Spesen, die es für den Einsatz gab.
Nachdem 1806, 1811 und 1813 die „Feuerläufer“ ausgerückt waren, schweigen die Akten über sie in den nächsten Jahren völlig. Vielleicht gab es keine größeren Brände auswärts zu bekämpfen. Die häufige Erwähnung in der 2. Jahrhunderthälfte zeigt, daß Walsdorf sich an die Feuerpolizeiverordnung von 1826 gehalten hat, die den Brandschutz im Herzogtum Nassau grundlegend regelte. Es wurde festgelegt, daß „aus der Zahl der rechtlichen ansässigen Bürger der Städte und größeren Gemeinden unter eigenen Anführern Abteilungen der Gemeindebürger zum Löschen und Retten … gebildet werden sollen“. Hier erscheint also wieder der Gedanke der Pflichtfeuerwehr, jedoch ohne Verbindlichkeit für die meisten Gemeinden.
Für Walsdorf bot diese Verordnung nichts Neues. Daß hier der Brandschutz gut organisiert war, zeigen die ab 1854 wieder häufigeren Einsätze und die fast lückenlos erhaltenen Gemeinderechnungen. 1857 half man im Januar mit 16 Mann in Wallbach. Die Leitung hatte der Rottenführer Corporal Ludwig Schwarz. Nach Camberg eilten im August sogar 30 Feuerläufer zusammen mit der Spritze und den
2 Spritzenmeistern.
Ab 1864 änderte sich der Name in „Löschmannschaft“. Sie war sicherlich nicht klein, wenn sie damals in Wörsdorf 2 Liter Branntwein trank. Vier Jahre später nahm sie dort die gleiche Menge „Dauborner“ zu sich und aß dazu zwei Laibe Brot. Fast hat man den Eindruck, die Walsdorfer Feuerwehr wäre damals Stammgast in Wörsdorf gewesen; denn im Jahr darauf vertrank sie dort sogar 3 1/2 Liter Branntwein: war die Mannschaft oder war der „Brand“ größer? Die nächsten Spesenrechnungen stammen aus Idstein, Esch, Camberg (2x) und Würges. Einsätze bei mehreren Walsdorfer Bränden kamen hinzu. (Dieses Thema soll einer getrennten Darstellung vorbehalten bleiben.)
1882 erhielt der Brandschutz durch die Feuerpolizei-Verordnung für den Reg.-Bez. Wiesbaden eine völlig neue Grundlage. Ab jetzt gab es keinen Ort mehr ohne eine Pflichtfeuerwehr.
(Fortsetzung folgt)
Gerhard Buck
Gerüche
Die gesengte Sau
„Er fährt wie eine gesengte Sau,“ – Dieser Ausdruck erinnert uns an die Zeit, als die Schweine noch in Herden zur Mast in den Wald getrieben wurden. Vorher wurde ihnen das Zeichen ihres Besitzers eingebrannt, worauf sie in besonders rasantem Stil das Weite suchten.
Noch ein weiteres Mal kamen sie mit dem Feuer in Berührung, diesmal allerdings ohne es zu spüren. Nach dem Schlachten muß das Borstenvieh zunächst von seinen Haaren befreit werden. Uns fällt es heute nicht schwer, so viel heißen Wasser zu kochen, daß es darin geschabt werden kann. Bei den Feuerungsverhältnissen früher fiel das bedeutend schwerer. Daher griff man zu einer einfacheren Methode de. Das Schwein wurde auf den Hof oder die Gasse gelegt, und seine Borsten wurden mit Hilfe von Stroh abgeflämmt.
In Bechtheim hatte 1804 ein Bauer gleich mehrere Schweine in der Einfahrt so behandelt. Das übrige Stoh trug er zurück in die Scheune, mit dem Ergebnis, daß sein eigenes Anwesen und das einiger Nachbarn abbrannte. Die Regierung verbot darauf bei Gefängnisstrafe das „Schweinebrennen“ in allen Orten und empfahl das Brühen der Schweine.
Quelle: HStAW 244/90
Gerhard Buck
Was sonst noch im Ort geschah…
Die Schees ohne Gäul
Etwa um 1900 gab es im „Flecken“ von Walsdorf ein großes Geschrei: „Auf der Schossee fährt eine Schees ohne Gäul!“ Alles lief auf den Damm oder an die Scheunenläden. Da sahen sie auf der Chaussee (B 8) eine Chaise mit Motorantrieb. Das soll das erste Auto gewesen sein, welches die Walsdorfer sahen, wie mir mein Onkel Gustav Kolb (geb. 1884) berichtete.
Um 1910 gab es wieder ein Rufen und Laufen: „Eine Flugmaschine! Eine Flugmaschine!“ Der alte Christian hatte auch etwas gehört von einer Maschine und rief seiner Frau, der Katrin, zu: „Katrin, Katrin, eine Häckselmaschine.“ So sind denn beide auf den. Damm gelaufen, den anderen nach. Dort sahen sie dann eine Flugmaschine von Frankfurt kommend über die Feldgemarkung „Grass“ in Richtung Limburg fliegen. Mein Großvater Adolf Hohl (geb.1860) erzählte mir später von diesem ersten Flieger, den die Walsdorfer sahen.
Emil Hohl
VOM BÜRGERVEREIN
Der Vorstand wurde in der Jahreshauptversammlung am 13. 10. 1984 in seiner bisherigen Zusammensetzung wiedergewählt. Seine Mitglieder sind-.
Vorsitzender Gerhard Buck
Stellvertr. Vorsitzender Erich Roth
Kassierer Felix Hartmann
Schriftführerin Dietlinde Schulte zu Sodingen
Sprecher 1. Histor. Arbeitskreis Helmuth Leichtfuß
Sprecher 2. Histor. Arbeitskreis Emil Hohl
Sprecher Aktueller Arbeitskreis Dieter Thielmann
Veranstaltungen
27.2.1985 „Peking.“ Lichtbildervortrag von Manfred Steinmann, 20.15 Uhr in der „Traube“
21.3.1985 „Kriegsende und Neubeginn vor 40 Jahren.“ Gesprächsabend mit Erlebnisberichten über 1945.
Im Januar/Februar findet möglicherweise eine weitere Veranstaltung statt. Achten Sie bitte auf die Ankündigung durch Presse und Plakats.
An jedem letzten Montag (28.1., 25.2., 25.3.) jeweils um 20.15 Uhr in der „Traube“ monatliches Treffen.
Fotos gesucht
Die 40er Jahre sind in unserer Fotosammlung noch gar nicht vertreten, da wir uns zunächst nur um ganz alte Bilder bemüht haben.
Wer hilft uns weiter?
Gesucht werden Fotos der Kriegs- und frühen Nachkriegszeit, um unsere Veranstaltung im März illustrieren zu können.
Bitte wenden Sie sich an Gunter Heinig, Emil Hohl oder Gerhard Buck.
Verantwortlich:
Gerhard Buck