Bürgerbrief 29: 30. Juni 1985

Stadtverwaltung Idstein, Rathaus,
 6270 Idstein
Der Magistrat
6270 Idstein (Taunus)
Bürgverein WalsdorfPostfach 1140
z. H, Herrn G. BuckTelefon (0 61 26) 78-1
Am Borngraben 24Durchwahl (0 6126) 78-244
Dienst-Kernzeit
6270 Idstein-Walsdorfvon 8.00 bis 12.00 Uhr und 14.00bis 16.00 Uhr
(außer Freitagnachmittag)
Sachbearbeiter:Herr Garkisch
Ihr Schreiben vom Ihr ZeichenUnser Zeichen Tag
43/Gk-Se          13. Juni 1985

Bericht über den Besuch von Staatssekretär Jordan am 20.05.1985

Sehr geehrter Herr Buck,

mit Schreiben vom 13.03.1984 an alle Haushaltungen des alten Ortskerns von Idstein-Walsdorf wurde von seiten der Stadt auf die Förderungsmöglichkeiten durch das Amt für Landwirtschaft und Landentwicklung erneut hingewiesen und zur Anmeldung von Maßnahmen aufgefordert. Die Resonanz war jedoch nicht überwältigend. Am 06.11.1984 wurden nochmals alle Haushaltungen erinnert, da mittlerweile gerüchteweise von seiten des Amtes für Landwirtschaft und Landentwicklung auf das Auslaufen der Landesförderung hingewiesen wurde. Bestätigt wurde dies noch von einem kompetenten Referenten des Landwirtschaftsministeriums in einem persönlichen Gespräch mit dem Verfasser.
Daraufhin richtete am 09.11.1984 Bürgermeister Müller ein entsprechendes Schreiben an Staatssekretär Jörg Jordan im Hessischen Ministerium für Landesentwicklung, Umwelt, Landwirtschaft und Forsten. In diesem Schreiben schilderte der Bürgermeister nochmals die Bemühungen der Stadt um die Dorferneuerung Walsdorf und wies auf die mittlerweile ansehnliche Scheunenostfront hin, Außerdem verwies er auf die öffentlichen Maßnahmen wie die Sanierung der Ringmauer im Bereich des Hutturms, der Neugestaltung des Brunnenplatzes, des Kriegerdenkmals und des Klosterplatzes, die Herrichtung des Dammweges sowie den Wendeplatz am Hutturm. Darüber hinaus verwies er auf die Verbesserung der Infrastruktur durch die Verlegung von Wasser und Gas im alten Ortskern und wies auf die inzwischen zahlreich durchgeführten privaten Maßnahmen hin.

Ohne die Maßnahmen des Abwasserverbandes mit ca. 1,5 Mio. DM wurden öffentliche Maßnahmen in Höhe von ca. 1,85 Mio. DM und private Maßnahmen in Höhe von 950.000,00 DM im alten Ortskern von Walsdorf durchgeführt. Dabei gewährte das Land einen Zuschuß in Höhe von 630.000,00 DM und die Stadt Idstein von 80.000,00 DM.

Trotz dieser beeindruckenden Anstrengungen warnte der Bürgermeister in seinem Schreiben an den Staatssekretär davor, die Förderung auf halbem Wege einzustellen, da er ansonsten befürchte, daß das Ziel der Dorferneuerung nicht erreicht wird und die bisher investierten öffentlichen Mittel umsonst ausgegeben worden sind.

Dieses Schreiben verfehlte seine Wirkung nicht, denn am 20.05.1985 überzeugte sich Staatssekretär Jordan vor Ort von dem derzeitigen Zustand des alten Ortskerns von Idstein-Walsdorf. Er lobte die bisherigen Sanierungsbemühungen und zeigte sich von der Eigenart und der Einzigartigkeit von Idstein-Walsdorf beeindruckt. Schon beim abschließenden Gespräch im Dorfgemeinschaftshaus gab er zu erkennen, daß er sich für Walsdorf und damit für die Förderung einsetzen werde. Er hat sein Wort gehalten, und mit Schreiben vom 31.05.1985 die weitere Förderung von Walsdorf zugesagt. Sein Schreiben schließt mit dem Satz, daß Walsdorf solange im Dorferneuerungsprogramm bleibt, bis die privaten Dorferneuerungsmaßnahmen soweit fortgeschritten sind, daß die Nutzung und Erhaltung der Bausubstanz entsprechend den Aussagen des Dorfentwicklungsplanes als gesichert gelten könne.
Wir fordern Sie auf, von diesem Angebot Gebrauch zu machen. Der Verfasser steht Ihnen unter der Telefonnummer 06127/78244 oder auch vor Ort persönlich beratend zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen.
Im Auftrag

Garkisch

Leiter des Bau- und Betriebsamtes

Kriegsende vor 40 Jahren

Für den 21.03.1985 hatte der Bürgerverein Walsdorf zu einer Versammlung eingeladen, um das Thema „Kriegsende und Neubeginn vor 40 Jahren“ zu behandeln. Am Gesprächsabend trugen die Walsdorfer Bürger so viele selbsterlebte Einzelheiten vor, daß das Thema auf das „Kriegsende“ begrenzt und der „Neubeginn vor 40 Jahren“ einer späteren Gesprächsrunde vorbehalten werden mußte. Zu dem Thema „Kriegsende“ liegt bereits ein Teilbericht im Bürgerbrief Nr. 16 Vom März 1982 vor.

Frauen in vollem Einsatz

Das 5. und das 6. Kriegsjahr, also 1944 und 1945, waren stark von Angst und Sorge geprägt. Das nationale Bewußtsein und der Appell, für Volk und Vaterland sein Bestes zu tun, bestimmten jedoch noch immer weitgehend das Verhalten der Bürger. Ehrend sei hier der Frauen gedacht, die besonders in unseren bäuerlichen Verhältnissen (wir hatten damals in Walsdorf ca. 90 landwirtschaftliche Betriebe) Großartiges geleistet haben. Sie führten die Betriebe, säten und ernteten, versorgten die Familien und standen stellvertretend für ihre Männer, die zum Kriegsdienst einberufen waren und sich an irgendeiner Front im Einsatz befanden.

Kriegsgefangene

Ca. 25 französische Kriegsgefangene vom Stalag Dietz waren von 1940 – 1945 für Walsdorf bereitgestellt, im Saalbau Gros untergebracht und zur Mitarbeit in der Landwirtschaft eingeteilt. Zwei Wachmänner, also deutsche Soldaten, führten die Aufsicht.

Der Bestimmung nach sollten die Kriegsgefangenen, wie in anderen Gewahrsamsländern auch, ihre Mahlzeiten an einem Extratisch einnehmen und nicht an der Tischgemeinschaft teilhaben. Diese Bestimmung wurde aber nicht in allen Fällen eingehalten. Durch die gemeinsame Arbeit entspannen sich häufig menschliche Kontakte, die zu einer humanen Behandlung der Kriegsgefangenen führte. Oft wurden dann die Türen während der gemeinsamen Essenszeit an einem Tisch verschlossen. Etwas vorsichtiger waren Familien die in der Nähe der Wachleute wohnten oder befürchten mußten, von jemand angezeigt zu werden. Daß damals schon Grundsteine zur Völkerverständigung gelegt wurden, sollte sich in späteren Nachkriegsjahren erweisen. Ehemalige französische Kriegsgefangene kamen dann mit ihren Familien nach Walsdorf zu Besuch. Es ist bekannt, daß auch Gegenbesuche gemacht wurden.
Einige Polen und Russen arbeiteten als Zwangsarbeiter hier. Auch Einheimische wurden zur Arbeit dienstverpflichtet. So wurden ältere Männer, aber auch BDM-Mädchen von Walsdorf auf Lastwagen in die bombardierten Städte Frankfurt und Wiesbaden gefahren, um dort beim Aufräumen von Schutt und Trümmern zu helfen.

Tieffliegerangriffe und Frauenfeuerwehr

Die Tieffliegerangriffe von Amerikanern und Engländern erschwerten seit 1944 auch in Walsdorf die Feldarbeiten sehr und machten sie lebensgefährlich. Eisenbahnzüge wurden beschossen, desgleichen Autos auf der heutigen B 8. Auch unser Dorf blieb nicht verschont. Es wurde im März 1945 von 10 Doppelrumpfmaschinen im Tiefflug angegriffen. Hierbei wurde die Scheune von Hasselbächer in Brand geschossen.

Die Männer der Feuerwehr waren im Krieg draußen. Es war aber unter dem Kommando von August Eul eine Frauenfeuerwehr aufgestellt worden, die jeden Sonntagvormittag Übung hatte, trotzdem aber für den großen Einsatz nicht genügend ausgebildet war. August Müller, der damals schon ältere Metzgermeister aus der Untergasse, war als einer der ersten an der Brandstelle Hasselbächer neben dem Spritzenhaus und soll gesagt haben: „Holt die alte Spritze raus, mit der neuen versteh‘ ich nit umzugeh’n.“ Man füllte dann Wasser ein und – hatte in der ersten Aufregung vergessen, den Spritzenboden zu verstopfen.

Bombergeschwader

Wir beobachteten zu allen Tages- und hörten zu allen Nachtzeiten die vielen amerikanischen und englischen Bombergeschwader im Anflug auf deutsche Städte. Alle Häuser und andere Lichtquellen mußten nachts verdunkelt werden. Verdunkelung war Pflicht, und die eingesetzten Luftschutzwarte sorgten für korrekte Befolgung. Die Bevölkerung war im Luftschutz unterwiesen.

In unserer Gemarkung „Hasenberg“ hatte ein Bomber eine Luftmine ausklinken lassen. Es gab eine ungeheuere Detonation und ein Riesenloch in den Äckern. Viele Fensterscheiben im Ort gingen durch den Luftdruck in Scherben. Die Einwohner gingen gemeinsam ans Werk, um das Loch wieder zuzuschippen. Die Bomber wurden von Begleitflugzeugen geschützt und diese wiederum von unseren Jagdfliegern angegriffen. Wir konnten mehrere Attacken und Abschüsse beobachten. Bei einem Luftgefecht am 9.2.1945 stürzte in unserer Gemarkung „In den Fichten“ ein deutscher Jagdflieger ab. Der Pilot, ein Freiherr von Riedesel, kam dabei ums Leben.

Rationierung

Zur Ernährungslage und Versorgung der Bevölkerung ist zu vermerken, daß alles, was es gab, rationiert war. Durch Zuteilungen, Lebensmittel-, Kleider- und Raucher(!)-karten sowie durch Bezugscheine z.B. für Arbeitskleider und Schuhe wurde die Verteilung geregelt. Die Bauern mußten ihr Soll an Getreide-, Kartoffel- und Viehablieferungen erfüllen. Kommissionen nahmen die Bestände auf. Für die Hühnerhaltung wurden z.B. Eierablieferungskarten (pro Huhn und Jahr 120 Eier) eingeführt. War ein Huhn eingegangen, wurde nach Abgabe des Hühnerkopfes das amtliche Restsoll auf der Eierablieferungskarte entsprechend „abgeschrieben“. Ab und zu soll auch „schwarz“ geschlachtet worden sein, um Hunger zu stillen und um Notwendiges zu „schrotteln“ oder, anders gesagt, um betriebswichtige Dinge durch Kompensation zu beschaffen. Dies war natürlich eine verbotene Sache.

Selbstversorgung

Die Walsdorfer, auch die meist aus den ausgebombten Städten neu hinzugekommenen , bewirtschafteten intensiv ihre Gärten und konnten so entscheidend selbst zu ihrer Ernährung beitragen. Die Gemein de hatte für die neuen Bürger neues Gartenland zwischen Haus Bungert und dem Emsbach sowie „An der Hammesmühle“ erschlossen.

Nach der Kartoffelernte kamen Stadtbewohner mit Körben, Säcken und Hacken angereist und baten bei den Landwirten um die Erlaubnis, auf den Äckern Kartoffeln nachgraben zu dürfen. Ähnlich verhielt es sich nach der Getreideernte mit dem Ährenlesen. Die verschiedensten Sachen, z.B. altmodische Kleider, wurden zum Tausch gegen Naturalien angeboten. In der Mühle Eist, Niederems, konnte man Hafer abgeben und erhielt dafür Haferflocken zurück.

Im Herbst sammelten die meisten Einwohner Bucheckern. Fleißige Hände brachten es an einem Nachmittag auf 5 Pfund. Die Ölmühle in Erbach gab für 5 Pfund Eckern 1 Liter Speiseöl.
Sparrezepte machten die Runde. Oft standen „Weizenfrikadellen“ oder irgendwelche „Bratlinge“ auf dem Küchenplan. Seife und Waschpulver gab es wenig, deshalb stellte man Seife nach folgendem Rezept selbst her: 10 Ltr. Wasser, 3 kg Fett, 1 kg Seifenstein und 1/2 kg Salz wurden in einem großen Topf 3 Stunden gekocht und nach Abkühlung in Seifenstücke geschnitten. Das Fett bekam man vom Notschlachtungsbetrieb für den Untertaunuskreis, der Fa. Heinelt, Walsdorf, Bergstraße. Man wußte sich zu helfen, die Not machte erfinderisch. Auch Backpulver und Hefe machte man selbst mit Hilfe von Kartoffeln, Essig, Natron, Zucker u.a.. Das Selbermachen wurde groß geschrieben.
Oft wurden sogenannte Holzlesetage genehmigt. Dann konnten die Leute im Wald Holz zusammentragen und nach Hause fahren. Heizmaterial war knapp. Es gab wenig Kohlen und nur gelegentlich einen Zentner Briketts.

Auch Tabak wurde selbst angebaut. Jede Familie hatte die Erlaubnis, bis zu 100 Tabakpflanzen anzupflanzen. Die reifen Blätter wurden getrocknet, später mit Zuckerwasser besprengt, aufeinandergeschichtet und zu Rollen fest zusammengepreßt. Diese ließ man an einem warmen Ort liegen, bevor sie zu gebrauchsfertigen Tabak fein geschnitten wurden.

Um die Spinnstoffversorgung zu fördern, wurden die Bauern zum Flachsanbau aufgerufen. Die jungen Mädchen halfen – auch sonntags – beim Einbringen der Ernte durch mühsames Rupfen des Flachses.

Das Kriegsende

Ja, und dann nahte das Ende – der verlorene Krieg. Zerstörung, Leid, Verlust; Teilung des Vaterlandes, Vertreibung aus der Heimat für Millionen.

Unsere Lehrerin, Fräulein Lietz, konnte gerade noch rechtzeitig verhindern, daß die hiesigen Kinder auf Anordnung der Kreisleitung in den Vogelsberg transportiert wurden. Die Konfirmation für den Jahrgang 1931 mußte aber schon, aus Sicherheitsgründen, auf die Abendstunden des 24.03.1945 verlegt werden.
In Erwartung der Ankunft der ersten Amerikaner („Amis“) wurden einige Einwohner ganz verzagt. Man wußte ja nicht, was kommen würde. Viele hatten Lebensmittel vergraben. Einer, sogar ein Parteigenosse, hißte mehrmals die weiße Flagge, zog diese aber jedesmal hastig wieder ein, wenn die erwarteten Vorkommandos doch nicht erschienen.

Am 28.03.1945 kamen sie dann aber wirklich nach Walsdorf, amerikanische Militärfahrzeuge und Panzer. Am Untertor standen Hermann Scheid und Winfried Fritz, die von Amis gefragt wurden: „Are soldiers here?“, was sie verneinten.

Die französischen Kriegsgefangenen wurden zu einer Sammelstelle gebracht und in ihre Heimat entlassen. Die Polen kamen in ein Sammellager in Eschborn. Von dort aus unternahmen viele von ihnen Streifzüge durch das Land, nicht selten in böser Absicht. Einige von ihnen überfielen auch unsere beiden Mühlen, die „Hirtesmühle“ und die „Morchermühle“. Sie trieben deren Bewohner zusammen, mißhandelten und beraubten sie.

Die Sorgen um die Zukunft lasten auf uns allen schwer.

Amanda Grabosch

Der Feuerschutz in. Walsdorf
IV. 1882 – 1934 (Schlußteil)

Pläne für die freiwillige Feuerwehr

Vor dem 1. Weltkrieg war es nur in neun Gemeinden des Untertaunuskreises zur Gründung von Freiwilligen Feuerwehren gekommen.

Jenseits der Kreisgrenze gab es bei den Nachbarn in Niederselters, Camberg und Würges solche Vereine. Bei Walsdorfs Größe lag so der Gedanke nicht fern, auch hier zu einer Gründung zu kommen.
1904 protokollierten Kreisbrandmeister und Bürgermeister im „Bericht über die Revision des Feuerlöschwesens der Gemeinde Walsdorf“: „Es ist Aussicht vorhanden, daß eine solche errichtet wird“. Bei der folgenden Nachrevision hieß es 1910: „Es dürfte sich empfehlen eine freiwillige Feuerwehr einzurichten.“ (2) Krieg, Inflation und Besatzung folgten und vereitelten diesen Gedanken.
1925 beriet die Gemeindevertretung über den Antrag eines Nichtgenannten und beschloß: „Die Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr wurde einstimmig abgelehnt.“ Der nächste Vorstoß von wieder ungenannter Seite erfolgte am 27.10.1933. Jetzt kam die Gemeindevertretung zu dem Ergebnis, daß die Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr „in Anbetracht der finanziellen Verhältnisse zurückgestellt wird.“ Hier liegt wohl der Grund, weshalb alle Gründungsversuche vorher gescheitet waren. Die Freiwilligen hätten ihre Aufgabe wahrscheinlich viel ernster genommen und besondere Ansprüche hinsichtlich ihrer Ausrüstung gestellt, die die Gemeinde zu bezahlen hatte. Die dann am 15.2.1934 erfolgte Gründung der Freiwilligen Feuerwehr stand nicht mehr in dieser Tradition, sondern erfolgte auf Anweisung der neuen Machthaber.

Mit Hochdruck zu besserem Löschen

Fünf Laufbrunnen mit gußeisernen Trögen versorgten Walsdorf bis 1907 mit Wasser. Dann erhielt jedes Haus durch die „Hochdruckwasserleitung“ fließendes Wasser. Aber so imponierend der Name auch ist, beim Spritzen erreichte man nicht die 25 m der mit Muskelkraft betriebenen Spritze von 1848. Vom höchsten Hydranten gab es eine Strahlwurfweite von 20 m, vom tiefsten von 23 m.

Doch waren die Vorteile erheblich. Der Hochbehälter an der Bergstraße faßte 150 m3 Wasser, das an 2 Hydrantbrunnen, 15 Oberflur- und 6 Unterflurhydranten entnommen werden konnte. Mit einem 1908 neu angeschafften Schlauch- und Gerätewagen mit zwei Schlauchtrommeln, 120 m Hanfdruckschlauch und verschiedenen Kupplungen und Rohren von der Fa. Wilhelm Reichert, Idstein, für 594 Mark war man nun wie nie zuvor in der Lage, schnell und wirkungsvoll zu löschen. Die Gemeinderechnungen der nächsten Jahrzehnte zeigen, daß dieser Standard durch laufende Neuanschaffungen gehalten wurde.

Wasserleitung und Geräte wurden mit Hilfe der Nassauischen Brandversicherungsanstalt finanziert. Sie gab eine Prämie von 400 Mark und ein Darlehen von 2.000 Mark.

Die Feuerprobe kam bereits am 2.6.1910, als durch einen Blitzschlag die Scheunen oberhalb der Hainstraße in Brand gerieten. Am Ende ihres Berichts darüber schrieb die Idsteiner Zeitung: „Die neuerbaute Wasserleitung hat sich vorzüglich bewährt und der folgenschwere Ausgang des Großfeuers wäre bei Ermangelung einer Wasserleitung nicht zu übersehen gewesen.“

Der alte Brandweiher in der Untergasse, die Weed, wurde jetzt überflüssig – zur Erleichterung der Anwohner und auch des Gemeinderats. Das Bassin hatte immer wieder Kosten und Ärger verursacht. Die Abdichtung zu den Nachbarn blieb ein Problem, und wenn es längere Zeit nicht gereinigt worden war, „entsteigt ihm bei warmer Witterung ein ekelerregender Geruch.“ (3) Karl Stubig erhielt den Platz im Tausch gegen das Grundstück, auf dem heute noch der Hochbehälter an der Bergstraße steht (Wert jeweils 300 Mark).

Um jedoch gegen alle Eventualitäten abgesichert zu sein, wurde an der Brücke am Färberbach, wo die Möglichkeit zum Wasserstau schon seit längerem existierte, ein neuer Brandweiher angelegt. 1908 arbeiteten 5 Personen 6 Tage lang daran und erhielten 124,60 Mark Lohn – alle zusammen. Verbaut wurden 1.450 Backsteine.

Hier ließ sich die alte Spritze von 1848 füllen, die trotz des direkten Spritzens aus der Wasserleitung weiterhin im Einsatz war. Nachdem sie 1881 gründlich überholt worden war, gab es in den nächsten 50 Jahren nur Ausgaben für kleinere Reparaturen und Schmierfett. Sie überstand auch die falsche Füllung des Jahres 1925, als man nachts einen gefüllten Wassereimer eines Nachbarn hineinschüttete und übersah, daß in ihm auch Kartoffeln waren.

Die Anschaffung einer zweiten Spritze war 1894 vor.: Feuerlöschinspektor vorgeschlagen worden. Doch da der Landrat für diese zweirädrige Saug- und Druckspritze keinen Zuschuß bewilligen konnte, weil in diesem Jahre schon andere Gemeinden einen Antrag gestellt hatten, unterblieb der Kauf. Als nach der nächsten Inspektion 1899 der gleiche Vorschlag kam, lehnte der Gemeinderat ihn ab, weil „die Spritze bei einem vorkommenden Brande dem richtigen Zweck nicht entsprochen“ hätte. Beim nächsten Besuch 1904 konnte man sich mit dem Hinweis auf die geplante Wasserleitung um den Kauf drücken.

Die Spritze war nicht nur in Walsdorf im Einsatz. Ab 1882 waren Würges, Esch, Camberg, Wallrabenstein und Walsdorf zu gegenseitiger Löschhilfe verpflichtet, was bald darauf für die Walsdorfer auf Würges, Esch und Wörsdorf beschränkt wurde. Den Cambergern half man trotzdem auch in späteren Jahren. Die Spritze erschien in Würges neunmal, in Camberg siebenmal, in Wörsdorf zweimal und je einmal in Esch und Wallrabenstein. Prämien, die die Brandversicherung für die ersten Spritzen aussetzte, beschleunigten den Einsatz. Mehrmals konnte Walsdorf eine kassieren.

Doch es gab heute unbekannte Komplikationen beim Einsatz in den Nachbarorten. Die Schlauchkupplungen waren nicht überall gleich, und so war die Zusammenarbeit teilweise unmöglich. Die Einführung des Nassauischen Normalgewindes zog sich in Walsdorf von 1864 bis 1894 hin. Das dann beginnende Vordringen der Storzkupplung brachte neue Uneinheitlichkeit – auch innerhalb der gleichen Feuerwehr. Nach einer längeren Übergangszeit gab es ab 1919 in Walsdorf nur noch das System Storz.

Das uralte Hilfsmittel beim Löschen, der Feuereimer, war auch nach dem Bau der Wasserleitung immer noch im Gebrauch, z.B. beim Füllen der Spritze. Vorher, gegen Ende des Jahrhundert, muß es davon eine ziemliche menge gegeben haben; denn 1890 wurden 41 und 1900 mehr als 65 Stück aus Stroh wegen Unbrauchbarkeit verkauft. In dieser Zeit wurde noch mit jedem Pfennig gerechnet. Die Gemeinde verkaufte selbst die ältesten Sachen und fand dafür auch Käufer. Der erste Eimerverkauf erbrachte 3,28 Mark von 15 Käufern, der zweite 4,25 Mark von 36.

Erst 1904 wurde der Bestand durch 16 Stroh- und 21 Leineneimer ergänzt. 1911 waren noch 20 vorhanden. (2) Anschließend schweigen die Akten.

Nicht zu ersetzen sind bis heute die Leitern, von denen jede Gemeinde drei von 5, 7 und 9 m Länge haben mußte. Die regelmäßigen Inspektionen sorgten dafür, daß sie auch wirklich vorhanden und einsatzfähig waren. Wie eh und je gab es noch vier oder mehr Einreißhaken.
Spritzen- und Leiterhaus: „in gutem Zustand“

Auch die gefundenen Notizen über Spritzen- und Leiterhaus zeigen, daß die Ausrüstung der Feuerwehr keine besonderen Probleme mehr aufwarf. Zu gut war inzwischen die staatliche Überwachung organisiert. Mängel waren nur kleinerer Art und wurden schnell beseitigt, wie z.B. 1904, als die Spritze „sehr verstaubt und nicht mit ihrer Decke verhüllt“ war. (2)

Nachdem der Boden des Spritzenhauses am Kriegerdenkmal 1899 mit Ringofensteinen geplättet worden war, hieß es immer, es sei in gutem Zustand. 1920 erhielt es statt des Schieferdachs für 1.585,50 Mark ein Ziegeldach. Bis auf geringfügige Reparaturen waren das alle Ausgaben in diesen 50 Jahren.
Das Leiterhaus in der Schulgasse war von noch soliderer Konstruktion: nur 11,10 Mark für eine Dachreparatur 1916 konnte ich finden. Zu bedenken ist allerdings jedoch, daß die Dächer aller Gemeindegebäude jährlich kontrolliert und kleine Schäden sofort behoben wurden.

Die erste Motorspritze

Vom politischen Wandel des Jahres 1933 blieb kein Bereich verschont. Für die Feuerwehren brachte das besondere Interesse der neuen Machthaber an ihr jedoch zunächst nur positive Auswirkungen. Im Winter 1933/34 erhielten durch die Initiative des Kreisbrandmeisters Becker (zugleich 2. Vorsitzender des Nassauischen Feuerwehrverbandes) 13 Gemeinden Motorspritzen, nachdem in allen Jahren vorher nur 15 angeschafft worden waren. (4)

In Walsdorf hatte die Gemeindevertretung bereits 1930 über eine Motorspritze beraten, den Kauf aber noch vertagt. Als aber der von den Nazis eingesetzte und jetzt schon seine spätere Partei- und Feuerwehrkarriere vorbereitende Idsteiner Bürgermeister Zimpelmann 1933 günstige Zahlungsbedingungen besorgt hatte, stimmte die Vertretung dem Kauf zu. Die Handspritze des Jahres 1848 wurde Mitte Dezember 1933 ergänzt durch eine „trag- und fahrbare Magirus Kleinmotorspritze Typ Goliath Größe I“. Sie förderte 600 – 800 Liter/Minute mit ihrem Zweizylinder-Zweitaktmotor. Einschließlich 190 m Druckschläuchen hatte die Gemeinde 2.369,60 Mark zu zahlen, wozu die Brandversicherungsanstalt eine Prämie von 800 Mark und ein Darlehen von 1.200 Mark gab. (5) Die Sorge für die neue Spritze wurde dem Schmied Karl Schmidt übertragen, der zur Ausbildung nach Wiesbaden geschickt wurde.

Damit hatte die Motorisierung endlich auch die Feuerwehr erreicht. Aber auch in anderer Hinsicht bildete dieser Winter 1933/34 einen entscheidenden Einschnitt in Walsdorfs langer Feuerwehrgeschichte, die mit einer ersten Nachricht im Jahre 1614 beginnt. Ein Vierteljahr nach dem Kauf von Walsdorfs dritter Spritze wurde die Pflichtfeuerwehr durch die Freiwillige Feuerwehr abgelöst (6)

Quellen:
(1) Reg. Amtsbl. S. 235.
(2) HStAW 418/444.
(3) ebd. 4 – 9.
(4) Aarbote 24.3.1934.
(5) Feuerwehrakten Gemeindearchiv Walsdorf.
(6) Gemeindearchiv Walsdorf: Jahresrechnungen mit Urkunden, Beschlußbücher des Gemeinderats, Circular-Buch. Frdl. Auskünfte von Karl Schmidt, Walsdorf.

Gerhard Buck

Verantwortlich:
Gerhard Buck

Neuer Ortsbeirat

Nach den Kommunalwahlen vom 10. März 1985 trat der Ortsbeirat des Stadtteiles Walsdorf erstmals am 15. April 1985 zu seiner ersten und konstituierenden Sitzung zusammen.

Dem neuen Ortsbeirat gehören Felix Hartmann (Ortsvorsteher), Rolf Preußer (stellvertretender Ortsvorsteher), Gerhard Heilhecker, Helmut Schauß, Kurt Lehmann, Rainer Hohl und Uwe Rohnstock (Schriftführer) an.

„Neulinge“ im Ortsbeirat sind Rolf Preußer und Uwe Rohnstock. Alle übrigen Mitglieder verfügen bereits über mehrjährige Erfahrung in der Arbeit des Ortsbeirates.

Ausgeschieden sind Herr Helmuth Leichtfuß, der aufgrund seiner 25jährigen kommunalpolitischen Tätigkeit inzwischen zum Ehrenortsvorsteher ernannt wurde und Herr Gerhard Müller, der sich als Abgeordneter verstärkt den Aufgaben im Stadtparlament widmen will.

Inzwischen hat sich der Ortsbeirat in drei Sitzungen mit einer Reihe anstehender Walsdorfer Probleme befaßt, wie z.B. mit dem Kinderspielplatz an der Siebenmeisterbrücke, dem Flächennutzungsplan der Stadt Idstein, soweit Walsdorf hierdurch berührt wird und mit dem Stadthaushalt für das Haushaltsjahr 1986.

Uwe Rohnstock

VOM BÜRGERVEREIN

Bank gestiftet

Im Färberbachtal am „Klingenschlag“ wurde am 18.6. eine Bank aufgestellt, die der Bürgerverein stiftete. Weitere sollen folgen. Wer macht Vorschläge für geeignete Standorte?

Gemütlicher Abend

Samstag, 31.August, ab 19.30 Uhr auf dem Grillplatz. Alle Vereinsmitglieder mit Ehepartner sind herzlich eingeladen. Da der Verein sich gewöhnlich nur in kleinen Gruppen trifft, erhofft der Vorstand eine recht zahlreiche Teilnahme. Gläser bitte mitbringen – für den Rest sorgt der Verein!

Kontonummer

Volksbank-Reiffeisenbank Idstein Nr. 14 2230 02 (BLZ 510 917 00). Bitte denken Sie an die Überweisung des Jahresbeitrags 1985 in Höhe von 12,– DM. Sie ersparen unserm Kassierer damit Arbeit.

Neuerscheinung

Schriftenfolge Goldener Grund Nr. 24

Barbara Lietz
Walsdorf im 2. Weltkrieg

Chronik der
Volksschule Walsdorf
1939 – 45

Herausgegeben von
Helmuth Leichtfuß und Gerhard Buck

Camberger Verlag

56 Seiten. 36 Fotos, darunter Aufnahmen aller Jahrgänge 1926 – 1938. Im Register 275 Personennamen, fast alle aus Walsdorf. Barbara Lietz war von 1937 bis 1949 Lehrerin in Walsdorf. Ihre Darstellung in der Schulchronik konnte unverändert nachgedruckt werden, weil hier eine integre Persönlichkeit den Krieg schildert.

„Lesenswert und aufschlussreich… ebenso eindrucksvolles wie erschütterndes Dokument.“ (Idsteiner Zeitung 11.6.85) Erhältlich beim Bürgerverein, der das Buch drucken ließ.