Altpapier
Von der Kreisverwaltung in Bad Schwalbach erhielten wir das folgende Schreiben über unser Sammeln von Altpapier.
Altpapiersammelversuche in Wörsdorf und Walsdorf
Seit Mai 1984 laufen in den beiden Idsteiner Stadtteilen Wörsdorf und Walsdorf verschiedenartige Versuchsprojekte des Rheingau-Taunus-Kreises zur Einsammlung von Altpapier.
Während in Wörsdorf jedes Haus mindestens eine „Grüne Tonne“ zur Papiersammlung erhalten hat, die alle 8 Wochen entleert wird, wurden in Walsdorf zentrale Papiersammelbehälter aufgestellt (z.Z. 3 Stück).
Gleichzeitig wurde in diesen beiden Stadtteilen die zuvor seit 1980 praktizierte vierteljährliche Altpapierstraßensammlung eingestellt.
Nunmehr liegen erste Erkenntnisse über die jeweils gesammelten Papiermengen vor, die eine sehr gute Beteiligung der Bevölkerung erkennen lassen.
Bei der früher üblichen Straßensammlung wurden jährlich „nur“ etwa 8 – 12 kg Altpapier je Einwohner zurückgewonnen, während nun sowohl in Wörsdorf als auch in Walsdorf aufs Jahr umgerechnet ca. 35 – 40 kg Altpapier je Einwohner gesammelt werden. Die Sammelergebnisse haben sich also auf das 3 – 4-fache erhöht. Dieses hervorragende Ergebnis nimmt der Erste Kreisbeigeordnete des Rheingau-Taunus-Kreises, Michael Denzin, zum Anlaß, den Bewohnern beider Stadtteile für ihre disziplinierte Mitarbeit zu danken.
Bis auf wenige Ausnahmen, wo etwa die „grüne Tonne“ auch mit Müll befüllt wurde, konnte ein hoher Reinheitsgrad an gesammelten Altpapier festgestellt werden, so daß dessen Verwertung problemlos möglich war. Immerhin konnten bisher in Walsdorf rd. 75 Tonnen und in Wörsdorf rd. 130 Tonnen zur Verwertung gegeben werden.
Wegen der z. Z. beim Kreis angelaufenen Abfallwirtschaftsplanung, die sehr wahrscheinlich zu gewissen Veränderungen in der Alltagspraxis der Abfallbeseitigung und Wertstoffrückgewinnung führen kann, sollen bis auf weiteres die beiden Sammelversuche wie bisher fortgesetzt werden.
Für die Bürger in Wörsdorf bedeutet dies, daß die „grünen Tonnen“ weiterhin jeweils am ersten Freitag eines ungeraden Monats zur Sammlung herausgestellt werden können.
Die Versuchsfortsetzung bietet allen Teilnehmern eine gute Chance, das bisherige Sammelergebnis noch zu steigern.
Eine Erinnerung an Fräulein Lietz
Die in diesem Jahr erschienene Broschüre: Barbara Lietz, „Walsdorf im 2. Weltkrieg“ ist für die meisten Walsdorfer Bürger aufschlußreich und interessant. Bei den einheimischen Zeitgenossen und Schülern von Fräulein Lietz wurden außerdem viele Erinnerungen wach. Erinnerungen an die von uns sehr verehrte und tüchtige Lehrerin. Sie hatte wacker, besonders in den Kriegsjahren, ihren Mann gestanden und in hohem Verantwortungsbewußtsein ihr Bestes gegeben, Als ich auf Seite 50 „Aber die Schule blieb geschlossen“ las, erinnerte ich mich an folgendes:
Der Schulbetrieb ruhte vom Kriegsende bis zum 1. Oktober 1945. Fräulein Lietz wartete während dieser Zeit von Tag zu Tag auf die Erlaubnis, mit dem Unterricht neu beginnen zu können. Nichts jedoch geschah. Sie entschloß sich daher im Juni 1945, zunächst zu ihren Eltern nach Stephanshausen zurückzugehen. Die Eisenbahn fuhr damals unregelmäßig. Es gab keine Vorbindung in den Rheingau. Sie erzählte mir, Herr Lehmann, ihr Hauswirt, also Adolf Lehmann I aus der Idsteiner-Straße am alten Born, hätte ihr angeboten, sie mit dem Pferdegespann nach Stephanshausen zu fahren. Sie war darüber hoch erfreut und fragte mich: „Möchtest Du mich auf dieser Fahrt begleiten?“ Es sollte eine denkwürdige Reise werden. Am 22. Juni 1945 spannte Herr Lehmann frühmorgens bei gutem Wetter seine beiden Pferde vor den gummibereiften Ackerwagen. Das Gepäck wurde aufgeladen. Er bestieg den Kutschbock. Fräulein Lietz und ich saßen dahinter auf Stühlen, Frau Lehmann winkte. Es ging los. Waladorf – Idstein – Bleidenstadt – Seitzenhahn – Wambach – Bärstadt. Vor Hausen v.d. Höhe wurden die Pferde versorgt, und wir aßen die von zu Hause mitgenommenen Brote. Als es weitergehen sollte, entdeckten wir, daß . einer der Reifen einen „Platten“ hatte, Ein herbeigeholter Hausener Handwerker half den Schaden zu beheben. Oberhalb von Hausen v.d. Höhe ging die Fahrt weiter, vorbei an der Förster-Bitter-Eiche und dem jahrhundertealten Gebück. Kurz vor der „Mapper Schanze“ passierten wir das „Tor zum Rheingau“ und fuhren durch herrliche Wälder, wie man sie überall in unserer schönen Heimat findet. Links unseres Weges lagen dann die „Hallgarter Zange“ und der Höhenrücken „Kalte Herberge“ mit dem „Grauen Stein“. Fräulein Lietz zeigte auch an diesem Tag, welche vortrefflichen Kenntnisse sie in Heimatkunde hatte.
Auf dem Rheinhöhenweg kamen wir am späten Nachmittag in Stephanshausen an. Die Freude im Hause Lietz war groß. Zur Familiengemeinschaft gehörten neben den Eltern ihr Bruder mit Frau und Sohn. Drei Tage blieben wir dort. Es waren sehr schöne Tage. Wir nahmen am Sonntagmorgen am Gottesdienst in der Stephanshausener Kirche teil. Am Nachmittag gingen wir zu dem Wallfahrtsort Marienthal, wo eine große linksrheinische Wallfahrt stattfand. Stephanshausen und Marienthal verbindet ein reizvolles und anmutiges Tal mit schönen Waldpartien, Fräulein Lietz hatte einen flotten Wanderschritt. Wir kennen ihn von ihrem Sportunterricht. Die gute Biologin sollte auch heute wieder zum Zug kommen, Im Wald vor Marienthal fand und zeigte sie mir den bei uns seltenen, orangefarben leuchtenden Aronstab. Montags besuchten wir das nahe Johannisberg. Bei der Familie Zerbe gab es in einer zünftigen Winzerstube eine Weinprobe, Der Rheingau war herrlich, Die Sonne schien, Reben und Rosen blühten, Die Düfte waren bezaubernd. In die Freude des Wahrnehmens mischte sich eine tiefe Wehmut, Das Leid des erst eben zu Ende gegangenen großen Krieges. Man dachte an die, von denen der Krieg das Leben forderte und die nun an allem nicht mehr teilhaben konnten, Fräulein Lietz zeigte uns Schloß Johannisberg. Es war durch den Luftangriff auf den Rheingau im Herbst 1944 völlig ausgebrannt. Durch die Fensterhöhlen und von dem dazugehörigen Pavillon hatte man einen schönen Blick auf die umliegenden Ortschaften und den Rhein. Inzwischen ist alles längst wieder restauriert.
Anderntags traten Herr Lehmann und ich die Heimfahrt an, Wir dankten unseren Gastgebern für alle Freundlichkeit. Fräulein Lietz winkte uns lange nach. Im September kam sie nach Walsdorf zurück. Am 1. Oktober 1945 wurde die Schule wieder eröffnet. Endlich konnte sie den Unterricht wieder aufnehmen.
Amanda Grabosch
Pressespiegel vor 100 Jahren
Nur selten erfuhr der Leser im Jahre 1885 etwas über Walsdorf im „Idsteiner Anzeigenblatt“, das er mittwochs und samstags im Umfange von 4 Seiten für 4 Mark im Jahr erhielt. Auf 420 Seiten lassen sich nur die abgebildeten Anzeigen finden, Lokalnachrichten gibt es in diesem zur Hälfte aus Anzeigen bestehenden Blatt nur gelegentlich aus Idstein.
Wie zu erwarten finden sich viele Meldungen wie die folgende, die als Kuriositäten den Abstand zu diesem Jahr zeigen. „Wien. Für das Velociped ist soeben eine Fahrordnung erschienen. Bisher war das Reiten auf dem Zwei- -und Dreirad in der Stadt verboten.“
Dagegen fühlt man sich in die Gegenwart versetzt, wenn man hört, daß hier in Wien damals schon „so zahlreiche Japaner“ wohnten, daß man einen Buddha-Tempel einrichten wollte. „An maßgebender Stelle ist man diesem Projekte durchaus geneigt.“ Leider erfahren wir nichts über die Geschäfte der Japaner.
Auffällig ist, wieviele Sorgen über 100 Jahre gleich geblieben sind, z.B. die Reinheit der Lebensmittel, Eine Nachricht aus Bayern sprach von der Verwendung von „Bierfarbe, Natron, Süßholz etc: zur Bierbereitung. Aus München wurde gemeldet, daß ein Bierbrauer, der als Abgeordneter im Landtag die Fälschungen von Bier geißelte, zusammen mit seinem Braumeister „wegen Bierpantscherei“ verurteilt wurde.
Beruhigend war es dagegen, wenige Zeilen vorher zu lesen: „eine Commission von Sachverständigen hat .., das in der Brauerei Merz während der kommenden Feiertage (Weihnachten) zum Ausschank gelangende Bier einer gründlichen Probe unterworfen und ist zu dem einstimmigen Urteil gekommen, daß dieses Exportbier als zu gut nicht exportiert, sondern einzig und allein dahier vertilgt werden soll. Fremde Personen seien aber zuzulassen, damit sie erkennen, wie Idsteiner Exportbier schmeckt.“ Wieviele Walsdorfer wohl daraufhin nach Idstein gegangen sind?
Wie aktuell das Thema saubere Lebensmittel und Umwelt damals schon war, zeigt das abgebildete Gedicht. Zur 3. Strophe findet sich später das Gerichtsurteil gegen zwei Fleischbeschauer, die stark trichinenhaltiges Schweinefleisch für „goldrein“ erklärt hatten.
Auch beim Genuß von Wein war Vorsicht geboten, In Mühlhausen/ Elsaß wurde ein Weinhändler „wegen Weinpantscherei“ mit Glycerin zu 1 1/2 Jahren Gefängnis und 60,000 Mark Geldbuße verurteilt. (Dieses Geld verdiente ein Normalbürger in mehr als 7 Jahren.)
In der übernächsten Nummer lesen wir, daß in Paris von „670 Weinproben durch die städtische Versuchsanstalt bei Weinhändlern … 548 Weine schlecht, ungenießbar und gesundheitsschädlich befunden“ wurden.
Verunsichert war ganz Europa wegen der Morde und Dynamit-Anschläge der Anarchisten, über die laufend berichtet wird. Schon damals hieß es über Irland: “ Die irischen Zustände machen der (englischen) Regierung wieder große Sorge“; „Die Zustände in Irland bleiben traurig.“ In Frankfurt a.M. wurde ein Polizeirat vor seinem Haus durch zwei Dolchstiche ermordet. Der Täter wurde gefaßt und zehn Monate nach der Tat hingerichtet. Für den Prozeß wurden „außerordentliche Vorsichtsmaßregeln getroffen. In der Nähe des Angeklagten und unter den Zuschauern werden zahlreiche Schutzmannsposten verteilt sein. Auf der Straße wird Militär das Schwurgerichtsgebäude vor anarchistischen Handstreichen zu bewahren haben. Das Anklagematerial wird vollkommen geheim gehalten.“
Zunächst war erwogen worden, den „Belagerungszustand“ wie in anderen Städten (Altona, Bielefeld, Hamburg)auszurufen. Staatsgefährdend waren hier streikende Arbeiter und Sozialdemokraten. In Frankfurt a.M. wurden bei etwa 40 Sozialdemokraten Hausdurchsuchungen durchgeführt , und verschiedentlich wurden Schriften der SPD beschlagnahmt. In Rußland wurden Nihilisten, Sozialisten und „Dynamitmänner“ in einen Topf geworfen. Auch in den USA gab es Anarchisten, deren Chef das Idsteiner Blatt als „Dynamithäuptling“ bezeichnet.
Aus dem US-Staat Dakota kam die Meldung, daß dar Gouverneur den Beschluß des Parlaments, den Frauen das Stimmrecht zu geben, umgestoßen hatte. „Es soll dies auf Betreiben einer großen Zahl von verständigen Frauen geschehen sein, welche den schönsten Beruf der Frau in der Erfüllung ihrer Hausfrauen-Pflichten erkenne.“
Die Finanzen der Parlamentarier waren auch damals ein Problem. Nach der Verfassung durften die Mitglieder des Reichstages „keine Besoldung oder Entschädigung beziehen.“ Deutschfreisinnige und sozialdemokratische Abgeordnete erhielten aus den Parteikassen Tagegelder. In verschiedenen Prozessen mit der Finanzverwaltung wurde ihnen dieses Geld vom Gericht jedoch zugesprochen. Die SPD beantragte daraufhin, Diäten im Reichstag einzuführen.
Ein leeres Parlament wer schon bekannt. Doch Im Zusammenhang mit Verhandlungen über Zolltarife „für Wacholderöl, Rosmarinöl, Oxalsäure, Stahl- und Eisenkratzendraht“ hält die Zeitung das Fehlen für entschuldbar.
Breiten Raum nahm das Thema „Krieg und Frieden“ ein. Täglich wurde von den Kolonialkriegen der europäischen Mächte berichtet. Seit einem Jahr wer auch Deutschland an dem Erwarb von Kolonien beteiligt, was aber bereite 1885 vorläufig eingestellt wurde. Beruhigend wirkte zu Jahresanfang die Meinung der britischen „Times“: “ In Europa habe man Deutschland stets als eine große Sicherheit für den Weltfrieden angesehen. Ebenso liege auch in der Entfaltung von Kolonisations-Unternehmungen seitens Deutschland kein Anlaß zu Beunruhigungen.“
In Bezug auf Rußland sah es anders aus. Da es einen polnischen Staat nicht gab, hatten das Deutsche Reich und Rußland eine gemeinsame Grenze. „Angesichts der großen Freundschaft, die Deutschland mit Rußland verbindet, ist es befremdend zu hören, daß die Russen unweit der deutschen Grenze in Grodnow ein dauerndes Lager und „einige Befestigungen“ errichten. In zwei Tagesmärschen können von dort aus die Russen in Deutschland sein. Ist Deutschland wirklich so ein gefährlicher Nachbar für Rußland, daß sich letzteres derart vorsehen müßte?“
Ganz allgemein hatte man zwei Monate früher „aus gut unterrichteten russischen Kreisen“ erfahren, daß man nunmehr die Aufrechterhaltung des Friedens für gesichert hält.
Vielleicht bezog sich diese Meldung auf den wieder ausgebrochenen Afghanistan-Konflikt, von dem es am 18.3. hieß: „So harmlos, wie die Russen ihr Eindringen in Afghanistan hinstellen wollen, scheint die Sache doch nicht zu sein.“ Fast jede Nummer bringt Berichte über diesen langjährigen Versuch Rußlands und Englands, dieses asiatische Land zu besetzen.
„In der Konfliktsache mit Rußland ist noch alles beim alten. Rüstungen in Rußland – Rüstungen in England und zwischendurch geschraubte diplomatische Verhandlungen!“ (2. Mai) Endlich heißt es am 13. Mai: „Der Friede gilt nun als vollständig gesichert… Die ministeriellen „Daily News“ teilen mit, Rußland habe bestimmt versprochen weder jetzt noch in Zukunft “ Herrat (im Norden Afghanistans) zu besetzen. Hinter diese Meldung gehört jedenfalls ein kräftiges Fragezeichen.“ Der Kommentator hatte recht, Die Meldung war nicht nur in Bezug auf 1885 etwas voreilig.
Zum eben angeklungenen Thema Wettrüsten und zum Rüstungsexport noch folgende Zeilen aus Essen: „Die Krupp’sche Geschützfabrik hat in den letzten drei Monaten mehr Kanonen angefertigt, als früher im Laufe eines ganzen Jahres. Die stärkste Lieferung bestellte die Türkei. Auch Griechenland und Serbien waren mit erheblichen Bestellungen vertreten.“
Zum Schluß noch etwas über Kommunalpolitik. 1885 wurde von Preußen in dem 1866 gewonnenen Nassau eine Kreisreform durchgeführt, durch die die bis vor einigen Jahren gültige Kreiseinteilung geschaffen und der Landrat die bis heute üblichen Befugnisse erhielt. Idstein wäre gerne Kreisstadt geworden. Doch bereits im Ausschuß des preußischen Abgeordnetenhauses wurde der Antrag „von Dr. Lieber (Camberg) entschieden bekämpft und daraufhin zu Fäll gebracht,“ Das Stimmenverhältnis war 11:7. Ernst Lieber war Abgeordneter der katholischen Zentrumspartei, deren Führer er 1892 – 1902 War. Über die Verhandlungen im Abgeordnetenhaus liest man am 25.4.: Sie „sind für uns vollständig trostlos. Trotz aller Bemühungen der Abg. Wirth und Körner ist das Abgeordnetenhaus auf keinen Antrag, der unsern gerechten Wünschen entspricht, eingegangen. Idstein erhält k e i n e n Landrathssitz – bleibt also bei Langenschwalbach, weil eben Herr Dr. Lieber den Camberger Grund zum Limburger Kreis haben muß, um noch einen recht schwarzen Wahlkreis neben dem Montabaurer zu Stande zu bringen. „
Gerhard Buck
Das Schulhaus wird 160 Jahre alt 3. Folge
Schüler und Lehrer vor 160 Jahren
Unter dieser Überschrift wurde im Bürgerbrief Nr. 26 über den Bau des neuen Schulhauses im Jahre 1824 an der Stella des alten Klosters berichtet. In diesem Beitrag soll dargestellt werden, was Schule für Kinder und Lehrer damals bedeutete.
Nassau war im Gefolge der napoleonischen Kriege nicht nur im Jahre 1806 Herzogtum geworden, sondern hatte auch durch den Erwerb von Teilen der im Reichsdeputationshauptschluß von 1803 aufgehobenen katholischen Kurfürstentümer Mainz, Trier und Köln sein Territorium beträchtlich erweitert. Nach dem Wiener Kongreß 1815 setzte für das Herzogtum eine wichtige Phase der Neuorganisation auf vielen Gebieten ein, mit dem Ziel, aus den unterschiedlichen Gebiets- und Bevölkerungsteilen möglichst schnell eine funktionsfähige Einheit zu schaffen, Auch das Schulwesen war von diesen Bemühungen betroffen.
„Freundlich und heiter sah es in den Schulen dar früheren Jahrhunderte und Decennien nicht aus“, schreibt Lehrer August Wald in der Walsdorfer Schulchronik im Zusammenhang mit dem Bericht über das neue Schuledikt vom 24, März 1817, „Was dis Unterrichtsmethode betrifft, so entsprach dieselbe durchaus nicht den Bedürfnissen und Gesetzen des zu entwickelnden Geistes. Um die Kinder lesen zu lehren, wandte man die geisttötende Buchstabiermethode an und nahm auf einen naturgemäßen Lesestoff nicht die geringste Rücksicht. Schon die Handfibel enthielt das Vaterunser, den Glauben, die zehn Gebote und anders Dinge, die ein 6 – 7jähriges Kind noch nicht versteht. Als Lesebücher für die oberen Klassen dienten Bibel und Gesangbuch; von anderen Büchern wußte man in hiesiger Schule gar nichts. Auch der Unterricht im Schreiben war sehr dürftig. „ Zur Handhabung der sehr strengen Schuldisziplin bediente man sich nicht nur des Stockes und der Ruthe, sondern auch anderer Disziplinarmittel, z.B. Einsperren, Knien auf dem Holzprisma etc.“
Das Gesetz zur Reform des nassauischen Schulwesens vom 24. März 1817 ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Zum erstenmal wird in Deutschland eine sog. Simultanschule eingeführt, d.h. eine Gemeinschaftsschule die von Kindern unterschiedlicher Konfessionen gemeinsam besucht wird. Dann finden in dem Gesetz die Gedanken der Aufklärung, der Toleranz und der Pädagogik Pestalozzis ihren Niederschlag. In Anlehnung an die Formulierungen des Gesetzes beschreibt der Chronist das Ziel der neuen Volksschule wie folgt: “ Nach dem Edict vom 24, März sollen die Elementarschulen rein menschliche Bildungsanstalten sein, und jedem Kind ohne Unterschied des Geschlechts, der Religion und des Standes jene allgemeine Bildung erteilen, welche er zu seiner Bestimmung als Mensch und Staatsbürger unumgänglich nötig hat.“
Drei Dinge sind an dieser Zielbestimmung wichtig:
1, daß sich das Toleranzgebot soweit durchgesetzt hat, daß Kinder verschiedener Konfessionen gemeinsam unterrichtet werden können,
2. daß das ständische Denken zurückgedrängt wird und der Gedanke der Gleichheit eines der großen Ziele der französischen Revolution, Eingang in das Gesetz findet, und
3, daß sich der Fortschrittsglaube der Aufklärung durchgesetzt hat, wenn bestimmt wird, daß der Mensch „die im Staats-Verhältnis notwendige allgemeine Bildung erlangen und zum Fortschreiten auf eine höhere Stufe geschickt gemacht werden“ soll. (§ 1 des Edicts)
Die Aufzählung der Lehrgegenstände im § 3 des Gesetzes läßt sich nur richtig würdigen, wenn man sie vor dem Hintergrund der früheren Praxis betrachtet, Darüber schreibt A. Wald: „Der Unterricht bewegte sich nur in sehr engen Grenzen und beschränkte sich auf Christentum, Lesen, Schreiben, Rechnen und Choralgesang,“ Jetzt heißt es: „In den Elementarschulen sollen nach vorgeschriebenen Lehrbüchern in vier Klassen wöchentlich 30 – 32 Stunden im Sommer und im Winter gelehrt werden: Richtiges Sprechen der Muttersprache, Religion und Sittenlehre, Singen, Lesen, Recht- und Schönschreiben, Verfertigung schriftlicher Aufsätze für das gewöhnliche bürgerliche Leben, Rechnen, gemeine Erd- und Himmelskunde, allgemeine Kenntnis der Geschichte, Naturgeschichte, Natur- und Gesundheitslehre, allgemeine landwirtschaftliche und Gewerbekenntnisse.“
Eine Fülle neuer Unterrichtsgegenstände, die eine Ahnung von den neuen Naturwissenschaften aufleuchten lassen, war also – dazugekommen, Neu war auch, daß die Kinder nun im Sommer und im Winter in die Schule gehen sollten und die „bisherige Unordnung hinsichtlich der Sommerschule nicht mehr geduldet wurde. Dafür gestattete die Herzogl. Landesregierung im Sommersemester 6 – 8 Wochen Ferien, welche dann nach dem Ermessen des Lokalschulvorstandes zweckmäßig zu verteilen sind,.. Schulversäumnisse der Schüler ohne Dispensation… werden in der Art bestraft, daß für die erste 2 Kreuzer und für die wiederholten das doppelte und dreifache bis zu 6 Kreuzer notiert wird. Die Erhebung dieser Schulstrafen besorgt der Gemeinderechner.“
Schulversäumnisse kamen in den Sommermonaten noch ziemlich häufig vor, was einen nicht verwundert, wenn man bedenkt, daß es zu dieser Zeit selbstverständlich war, daß schulpflichtige Kinder zur Feldarbeit herangezogen wurden. Der gebundenen Jahresrechnung von 1834, der ältesten, die im Walsdorfer Archiv vorhanden ist, ist zu entnehmen, daß in diesem Jahre in 83 Fällen Schulstrafen in der Höhe von insgesamt 19 fl und 8 Kreuzern verhängt wurden, Im Juni wurden 20, im September 18 und im Oktober 13 Schulversäumnisse registriert. Knapp die Hälfte der aufgeführten Kinder hat die Schule mehrmals im Monat ohne Beurlaubung versäumt, und es wurden für sie Schulstrafen zwischen .6 Kreuzern und 1 fl und 42 Kreuzern festgesetzt, d.h. daß Kinder in Einzelfällen 17 Mal der Schule fernblieben, wenn man davon ausgeht, daß im Wiederholungsfall 6 Kreuzer Schulstrafe angesetzt wurden.
Auch die Inneneinrichtung und die Ausstattung der Schule wurden verbessert. War es vorher so, daß die Schulmöbel mangelhaft und unzweckmäßig waren, weil sich die Schüler auf Bänken an langen breiten Tischen gegenübersaßen und an „einen Lehrapparat wie Wandfibeln, Landkarten, Schulbibliothek usw. kein Gedanke war“, so wurden jetzt sog. Subsellien, d.h. Bänke mit dazugehöriger Tischplatte, angeschafft, die so aufgestellt wurden, daß alle Schüler nach vorn zum Lehrer orientiert waren. Ob im neuen Schulhaus die Schulräume mit Subsellien ausgestattet waren, läßt sich nicht genau sagen, weil die entsprechende Jahresrechnung im Archiv nicht vorhanden ist. Es ist aber zu vermuten, weil im Rechnungsjahr 1837 2 neue Subsellien, offensichtlich zur Ergänzung des vorhandenen Bestandes, für 14 fl angeschafft wurden. Auch sollte jede Schule „den gehörigen Lehrapparat als Tabellen, Vorschriften, Landkarten, Globus, naturgeschichtliche Sammlungen, physikalische und andere Instrumente nebst dem zur Aufbewahrung erforderlichen Schrank“ erhalten. Dieser wurde schon im Jahre 1819 für 21 Gulden angeschafft. Ansonsten waren die Ausgaben für die Schule bescheiden. Zwischen 1819 und 24 schwankten Sie zwischen 31 und 11 fl. Regelmäßig bezogen wurden das landwirtschaftliche Wochenblatt und das Verordnungsblatt.
Die Schülerzahl in der Walsdorfer Schule betrug im Jahre 1824 53 Knaben und 65 Mädchen, Diese 118 Schüler wurden von einem Lehrer unterrichtet. Erst als im Jahre 1825 die Meßzahl von 120 Schülern um 8 überschritten war, wurde 1826 erstmals in Walsdorf ein Gehülfe angestellt.
Auch für die Lehrer und die Lehrerbildung hat das Edikt von 1817 Veränderungen gebracht, An das Lehrerseminar von Idstein waren 1816/17 die Pestalozzischüler Denzel für ein halbes Jahr und nach ihm Gottlieb Anton Gruner berufen worden, die die Lehrerbildung im Geiste Pestalozzis betrieben und über die Verbesserung der Lehrerbildung das allgemeine Schulwesen heben wollten. Denzel hatte 1816 sämtliche Volksschullehrer Nassaus zur Prüfung in verschiedene Städte einberufen. „Von diesen wählte er 77 der befähigsten.,.., aus und begann mit ihnen einen zweimonatigen Lehrkursus am Landesseminar zu Idstein.,“(Dr. Spielmann, Geschichte von Nassau, II S, 606) Vom Seminardirektor Gruner heißt es im Idsteinbuch S, 82f: „Er wollte junge Menschen unabhängig von ihrem Stand und ihrer Konfession heranbilden…. Dabei ging es ihm um die Entwicklung der Vernunft im Sinne des Rationalismus und um die Förderung religiöser Anschauungen im Sinne des Pietismus.“
Zur Fortbildung der angestellten Lehrer dienten Die Teilnahme an Lesezirkeln, Konferenzen und die Fertigung von Aufsätzen über Gegenstände des öffentlichen Unterrichts. Die Aufsicht über die Volksschulen und die angestellten Lehrer wurde Schulinspektoren und örtlichen Schulvorständen übertragen, Bereits durch das Edikt von 1815 über die Verwaltungsorganisation war den Konsistorien und geistlichen Schulkommissionen das Recht der Schulaufsicht entzogen und die Schule dem Staat unterstellt worden. Die Gemeindeordnung von 1816 überwies die Schule an die politische Gemeinde. Trotzdem waren die Schulinspektoren fast durchweg Geistliche, denn das Amt war nebenamtlich, d.h. unbesoldet. Zu den örtlichen Schulvorständen gehörte der Geistliche, der den Vorsitz führte, der Schultheiß als beständiges und ein oder zwei weitere Vertreter als nichtständige Mitglieder.
(Schluß folgt)
Helmuth Leichtfuß
VOM BÜRGERVEREIN
Veranstaltungen im Winter 86
19. 10. Jahreshauptversammlung: 20.15 Uhr „Zur Traube“
23. 11. Schlachtfest nach alten Rezepten: abends, „Zur Traube“ Voranmeldung nötig: Tel. 6293 oder schriftlich.
25. 01. Fotos aus den 30er und 40er Jahren
22. 02. Gesprächsabend: „Walsdorf 1945/46“
15. 03. Dia-Abend: Thema wird noch bekannt gegeben
Jeden letzten Montag im Monat: 20.15 Uhr im Gasthaus „Zur Traube“ monatliches Vereinstreffen.
Dank für Fotos
In diesem Frühjahr ist unsere Fotosammlung um ca. 200 Fotos angewachsen, als Material für unser neuestes Buch gesucht wurde. Es handelt sich vor allem um Bilder der 30er und 40er Jahre, aber es tauchten auch einige interessante ältere auf. Ein herzliches Dankeschön möchte ich den vielen Walsdorfern sagen, die mir großzügig ihre Fotosammlungen zeigten und in langen Gesprächen vieles erklärten, Überall, wo ich fragte; fand ich freundliche und bereitwillige Hilfe.
G.B.
Barbara Lietz
Walsdorf im 2. Weltkrieg
Dieses reich bebilderte Buch wird schneller verkauft, als wir zunächst angenommen hatten. Wahrscheinlich sind bis Ende des Jahres alle Exemplare abgesetzt. Ein baldiger Kauf ist also ratsam. Sehr beliebt ist es inzwischen als Geschenk für Verwandte und Bekannte außerhalb Walsdorfs. Man könnte es sich auch schon als Weihnachtsgeschenk beiseite legen,
Verkauf: Bürgerverein und Bäckerei Preußer.
Verantwortlich:
Gerhard Buck