Säuberung der „Blauen Kreide“
Hat das Umwelt-Bewußtsein wirklich „explosionsartig“ zugenommen, wie am 16.10.85 in der Idsteiner Zeitung zu lesen war?
Am Samstag, den 19.10., hatte jedenfalls die Jugendgruppe des DBV-Idstein Gelegenheit, die Wirklichkeit exakter kennen zu lernen.
In Absprache mit dem Bauhof der Stadt Idstein wurde in der sogenannten „Blauen Kreide“ am Emsbach in Walsdorf eine großangelegte Reinigungsaktion durchgeführt. Wilde Müllablagerungen über lange Zeit machten dies dringend notwendig.
Es erscheint dem unvoreingenommenen Betrachter schier unglaublich, was manche Mitbürger tatsächlich an Umwelt-Bewußtsein vorzuweisen haben. Neben drei großen Wagenladungen kompostierfähigem Gras- und Schilfschnittgutes wurden 15 Autoreifen, 2 Motorradbatterien, unzählige Flaschen bzw. Glasscherben, aber auch Tierabfälle aus Hausschlachtungen (Hühnerköpfe!) und unzählige verrostete und verrottet Metallteile, und sogar in Müllsäcke abgefüllte Tapetenreste und Bauschutt vorgefunden. Selbst größere Bruchstücke Kanalisations-Sammlern (immerhin mit Durchmessern über 1,50 m!) werden immer noch in solchen, offensichtlich als nutzlos empfundenen, weil nicht bewirtschafteten Gebieten „beseitigt“. Müllablagerungsverbote fruchten offenbar wenig, zumal eine umfassende Überwachung solcher inzwischen selten gewordenen Feuchtgebiete auch zukünftig nur bedingt möglich sein wird.
Zum Schutz des 2.000 qm großen, biologisch sehr interessanten und entsprechend erhaltungswürdigen Gebietes soll nun (nach Genehmigung durch die untere Naturschutzbehörde) der bereits bestehende Zaun repariert bzw. erneuert werden, um wilde Müllablagerungen zu verhindern.
Der DBV möchte noch einmal darauf hinweisen, daß gerade in unserer „ausgeräumten“ Landschaft derartige Feldholzinseln – zumal in Verbindung mit einem Amphibien-Laichgewässer, wie in diesem Fall – uns allen ökologisch zu wertvoll sein sollten, um durch Müllablagerungen gefährdet zu werden.
M. Wetzel
ZWIWWELBROI
Manch einer setzte sich mit einem gewissen Mißtrauen an den Tisch, als am 23.11. vom Bürgerverein zur Zwiebelbrühe eingeladen wurde. Die einen hatten keine besonders gute Erinnerung an dieses Essen ihrer Kindheit, die anderen wußten als Zugezogene nicht, was sie erwartete. Ein skeptisches Ehepaar hatte zu Hause erst noch ein kleines Abendbrot zu sich genommen.
Das Rätselraten ging weiter, als man flache Teller mit Messer und Gabel für die Brühe vorfand. Doch gab es noch Kundige, die wußten, daß man tiefe Teller mit Löffel und Gabel benötigt.
Und dann kam die Überraschung! Bruno Schuber hatte sich bei alten Walsdorferinnen umgehört und ein Rezept herausgefunden, das an diesem Abend einstimmig zum Nachkochen empfohlen wurde. Sollten es die Walsdorfer Wirte als Spezialität des Dorfes auf ihre Speisekarte setzen, könnten sie vieler dankbarer Gäste gewiß sein.
Bruno Schuber schrieb uns folgendes Rezept für 6 Personen auf:
* 6-8 Zwiebeln in Ringe schneiden und anrösten.
* 2 1/2 Pfund Bauchfleisch oder Schälrippchen in kleine Würfel schneiden.
* In 3 Litern Wasser mit 6 Lorbeerblättern ca. 2 Stunden kochen.
* 2 1/2 Brötchen nach 1 Stunde dazu geben.
* Mit 1 Ei, Essig usw. abschmecken.
Unseren heutigen Eßgewohnheiten entsprechend, empfiehlt es sich, mageres Fleisch zu nehmen und gegebenenfalls noch Fett abzuschöpfen. Als Varianten wurden von den Anwesenden genannt: das Fleisch kann ganz bleiben, oder es kann Hackfleisch genommen werden. Das Ei wird von manchen Hausfrauen weggelassen, und Kümmel und Pfeffer werden zum Abschmecken zugefügt.
Als Beilage sind Salzkartoffeln zu empfehlen. Sie werden auf dem Teller zerdrückt, und die Zwiebelbrühe, die eine recht kräftige Masse ist, wird darüber gegeben. Wer dann den ersten Löffel voll gegessen hat, dem braucht man keinen „Guten Appetit“ mehr zu wünschen.
PS: Die mit diesem Abend begonnene Reihe „Essen nach alten Rezepten“ soll im kommenden Herbst fortgesetzt werden.
Gerhard Buck
Gerüche (3)
DES PFARRERS ZWIEBELSUPPE UND KRAUTKUCHEN
200-300 Kohlköpfe ließen sich um 1600 im Walsdorfer Pfarrgarten vor dem Untertor ernten, falls die Hühner etwas übriggelassen hatten. Sie betrachteten ihn nämlich als ihr Weidegebiet. Vor der Einführung der Kartoffel hielt der evangelische Pfarrer diese Menge jedoch nicht für ausreichend, um sich und seine Familie zu ernähren. Kohl war also ein tägliches Nahrungsmittel und sein Duft ein Dauerphänomen.
Pfarrer Fell, von dem wir diese Informationen aus zwei Briefen des Jahres 1607 haben, nennt außer dem „Krautkuchen“ auch noch die Zwiebelsuppe als ganz übliches Essen. Wollen wir uns also ein Pfarrhaus in früheren Jahrhunderten richtig vorstellen, so müssen wir uns zunächst einmal die in jedem Haus üblichen Gerüche von Kohl und Zwiebeln in unsere Nase steigen lassen.
Aber weitere kommen noch hinzu. In diesen zwei Briefen an den Oberamtmann in Idstein versucht der Pfarrer, die Ländereien des Pfarrgutes zu vermehren, da seine Pfarrei bekanntlich die am geringsten ausgestattete im ganzen Land sei. Er hatte sich bereits Wiesen und „etliche“ Gärten hinzu gepachtet, um „sein selbsteigen Gemüß und Küchenspeiß“ zu haben und um jährlich 2 Kühe und 30 Schafe zu halten. (Er war also noch ein echter Pastor, d.h. Hirte.)
Dadurch war er in die Lage versetzt, seine Familie mit Milch, Käse und Butter zu versorgen. Also gehörte auch die Produktion von Käse und Butter zur Tätigkeit einer Pfarrfamilie. Diese Nahrungsmittel hätte er sonst teuer kaufen müssen, klagt Pfarrer Fell.
Das Pfarrhaus ein besonderes Haus? Keineswegs. Es war früher intensiv mit der Landwirtschaft und der Küche der normalen Leute verbunden, was sich auch der Nase mitteilte.
Quelle:
HStA Wiesbaden 133 Walsdorf 45
Gerhard Buck
Würges in der Geschichte
Karl Heinz Braun ist zusammen mit Erich Müller der Verfasser des soeben von Ulrich Lange im Camberger Verlag herausgegebenen Buches „Würges in der Geschichte“. Auch jedem historisch interessierten Walsdorfer ist dieses Buch sehr zu empfehlen, da sich in ihm vieles zur Geschichte unseres Ortes findet. Im Register erscheint er 34mal.
(G.B)
DIE WALSDORFER MADONNA I. Aus Würgeser Sicht
Im Volksmund nur als „Die Walsdorfer Madonna“ bekannt, steht ein sehr schönes Marienbild auf der linken Seite des Turmhauses, in der Würgeser Pfarrkirche. Die Figur ist aus einem Stück Eichenholz herausgearbeitet und dürfte zu Beginn des 16.Jahrhunderts entstanden sein.
Von dieser Madonna erzählt man sich, daß sie um die Jahrhundertwende den Emsbach heruntergeschwemmt worden sei. Eine Würgeser Bürgerin habe an der Bachmauer ein Klopfen gehört, die Figur vorgefunden und aus dem Wasser gezogen. Das ist jedoch nur eine Legende, denn die geschichtliche Wahrheit über die Herkunft der Madonna sieht ganz anders aus.
Pfarrer Roos berichtet:
Der Camberger Pfarrer Roos, dem auch die Filialortschaft Würges unterstand, schrieb im Jahre 1833 in seiner Kirchenchronik das Folgende:
„Am 13. Februar 1833 wurden in der alten, ehemals katholischen, jetzt protestantischen Kirche zu Walsdorf die letzten Überbleibsel -des Katholizismus, nemlich der Altar, worauf das Bild des heiligen Martinus sich befand, und dessen Vergoldung noch sehr schön war, wie auch ein schönes, anmutiges Marienbild mit dem Jesuskinde öffentlich an Meistbietende versteigert. Beide Bilder waren in sehr schöner Bildhauerarbeit verfertigt. Den Altar kaufte jemand aus Wiesbaden als ein Objekt des Altertums. — Das Marienbild steigerten mehrere Individuen von Würges auf ihre Kosten um 50 fl., ließen es restaurieren und stellten es in der dasigen Filialkirche auf.“
Vikar Neubiq schreibt:
Einen etwas eingehenderen Bericht über diesen Vorgang hinterließ uns der damalige Würgeser Curat Vikar Johann Nikolaus Neubig (1830-1835) in seinem Manual:
„In dem benachbarten evangelischen Orte Walsdorf stand bis zum Jahre 1833 in der Kirche daselbst ein katholischer A1tar. Derselbe war, wie eine Inschrift darauf anzeigte, im Jahre 1522 errichtet worden, und hatte die Einrichtung, daß er durch zwei Flügeltüren auf- und zugeschlossen werden konnte. War er geöffnet, so sah man drei Statuen, aus Holz gefertigt, vorstellend die heiligste Jungfrau Maria mit dem Jesuskinde, zwischen zwei geharnischten Rittern, wahrscheinlich auch Heilige aus dem Kriegerstand darstellend. Diese drei Statuen hatten aber sehr ungleichen Wert. Die beiden Ritter waren, was plastische Kunst anbelangt, ganz unbedeutend, während das Muttergottesbild ausgezeichnet schön genannt werden muß.
Auf dieses Bild waren daher auch die Einwohner von Walsdorf stolz; und obgleich der evangelischen Confession zugetan, ehrten sie doch dieses von ihren katholischen Voreltern ererbte Denkmal wie ein Heiligtum. Auch alle früheren evangelische Pfarrer zu Walsdorf hielten den eben beschriebenen Altar in Ehren, und ließen denselben an Sonn- und Feiertagen öffnen. Nur der derzeitige Pfarrer zu Walsdorf, Carl Büsgen, nahm an diesem Denkmal aus der katholischen Vorzeit Anstoß; und um die Emporbühne in der Kirche verlängern zu können, ließ er den alten Altar zum größten Verdrusse der Walsdorfer Einwohner abbrechen und am 13. Februar 1833 einer öffentlichen Versteigerung aussetzen.
Da kauften nun die Einwohner des hiesigen Ortes Würges das in jenem Altar befindliche Muttergottesbild um den Preis von 49 Gulden, 25 Kreuzer. Am 11. des folgenden Monats März wurde dasselbe von Walsdorf nach Würges getragen. … Nach der Restaurierung ward das Muttergottesbild am 25. März 1833, dem Fest Maria-Verkündigung, in hiesiger Kirche aufgestellt, zur größten Freude hiesiger Einwohnerschaft, welche durch freiwillige Beiträge alle Kosten deckte, welche das Muttergottesbild im Ankauf sowie bei der Restaurierung verursachte.
Möge dieses Faktum, wodurch sich die Würgeser Gemeinde so sehr auszeichnete, auch der spätesten Nachwelt noch bekannt bleiben und ihr nachahmungswürdig erscheinen!“
Leider hat man hier in Würges aus diesem Geschehen nichts gelernt, denn wenige Jahre später, nach der Erbauung der neuen heutigen Pfarrkirche, wurde der sehr schöne, aus dem Jahre 1680 stammende Hochaltar veräußert und befindet sich heute in der Pfarrkirche zu Engenhahn. Auch bei der Restaurierung der Würgeser Pfarrkirche in den Jahren 1964/65 setzte man sich über alle Bedenken hinweg und ließ den Hochaltar, die Kommunionbank mit zwei schmiedeeisernen Kandelabern, sowie die Kanzlei entfernen. Blieb der Nachwelt durch diese unqualifizierten Maßnahmen wenigstens die „Walsdorfer Madonna“, sowie der „Würgeser Altar“ in Engenhahn erhalten, so sind jedoch alle übrigen Teile, wie auch der Martinusaltar von Walsdorf, für immer verloren.
Karl Heinz Braun
DIE WALSDORFER MADONNA II. Aus Walsdorfer Sicht
Die Nachrichten, die die Walsdorfer aus ihren einschlägigen schriftlichen Überlieferungen des vorigen Jahrhunderts, der Pfarr- und Schulchronik und Adolf Deißmanns „Geschichte des Benediktinerklosters und des Freifleckens Walsdorf“ über den Verkauf des Hochaltars und der Marienfigur im Zusammenhang mit der Renovierung der Kirche im Jahre 1832 zusammenbringen können, sind dürftig im Vergleich zu den von Herrn K.H. Braun mitgeteilten Aufzeichnungen des Camberger Pfarrers Roos und des Würgeser Vikars Neubig. Wir haben besonderen Grund, uns über die relativ ausführlichen und genauen Beschreibungen der Kunstwerke aus der Walsdorfer Kirche durch die beiden Genannten zu freuen, weil wir durch sie Einzelheiten über das Alter und Aussehen des Flügelaltars erfahren, die bisher hier unbekannt waren.
Pfarrer Büsgens Darstellung:
Pfarrer Büsgen, der von 1828-1840 die Pfarrstelle in Walsdorf versah, erwähnt bei seinen Eintragungen in der Pfarrchronik den Verkauf des Hochaltars und der Madonna überhaupt nicht, obwohl er berichtet, daß „ein neuer Altar mit marmorner Ober- und drei Nebenplatten angeschafft wurde mit der Inchrift Psalm 4, Vers 6: opfert Gerechtigkeit und hoffet auf den Herrn, Walsdorf, 1832. … Die Feier des H1. Abendmahls wurde bei der Einweihung der renovierten Kirche am 28. Oktober 1832 hauptsächlich deshalb nicht damit verbunden, weil der oben erwähnte Altar bis zu dem Tag nicht verfertigt werden konnte. Der letztere wurde am 1. Sonntag nach seiner Errichtung am 31. März 1833 feierlich eingeweiht.“
Da Pfarrer Roos und Vikar Neubig übereinstimmend berichten, daß der Hochaltar und die Madonna am 13. Februar öffentlich versteigert wurden, ist anzunehmen, daß beide während der Renovierung bereits aus der Kirche entfernt worden waren.
Die Tatsache, daß Pfarrer Büsgen mit keinem Wort auf den Hochaltar eingeht, bestätigt m.E. die Darstellung des Würgeser Vikars, daß der Walsdorfer Pfarrer „an diesem Denkmal aus der katholischen Vorzeit Anstoß“ nahm. Pfarrer Büsgen argumentierte, daß „wegen der Beschränktheit des Raumes in der Kirche die Anlage von Stühlen (gemeint sind Bänke) und einer Bühne im Chor“ vorzunehmen war. Seiner Darstellung zufolge „wünschte die ganze Gemeinde, daß bei dieser Gelegenheit mehrere Reparaturen in der Kirche vorgenommen und das Innere der Kirche ganz renoviert und zu dem Ende eine freiwillige Kollekte durch den Kirchenvorstand versucht werden möchte. Letztere fiel erfreulich aus, betrug 120 Gulden, und zeugte für die Allgemeinheit des Wunsches zur Renovierung der Kirche“.
Eine Bestätigung für die Ansicht von Vikar Neubig, daß der Pfarrer „den alten Altar zum größten Verdrusse der Walsdorfer Einwohner abbrechen“ ließ, konnte ich nicht finden, weder in der Schulchronik noch bei Deißmann.
Übrigens wurde die „häßliche Empore im Chor“, die ein Hauptgrund für die Beseitigung den Hochaltars im Jahre 1832 war, bei einer Renovierung der Kirche im Jahre 1903 wieder abgebrochen, nachdem es Pfarrer Scheidler 1887 vergeblich versucht hatte. „Die bisherigen Bänke im Chor wurden 1966 entfernt und durch ein neues Gestühl ersetzt, das sich an der Wand des Chors entlangsieht. Damit war auch Platz für einen neuen größeren Altar aus Sandstein gewonnen, der den klassizistischen Marmoraltar von 1832 ersetzt.“
Aus der Schulchronik:
Aus der Schulchronik erfahren wir zu dem Fragenkomplex noch zwei interessante Einzelheiten. Danach wurde „der alterthümliche noch aus den Zeiten des Pabstthums übriggebliebene Altar … an Herrn Hauptmann v. Canstein (nach Pfarrer Roos aus Wiesbaden) verkauft“. Wenn man diese Formulierung mit dem Hinweis von Vikar Neubig über das Motiv von Pfarrer Büsgen zusammennimmt, wird deutlich, daß neben der unbestrittenen Notwendigkeit der Erweiterung des Kirchengestühls im Chor der konfessionelle Aspekt für die Beseitigung des Hochaltars wirklich eine Rolle gespielt haben mag.
Außerdem berichtet Lehrer Wald in der Schulchronik, daß „ein Gemälde, welches … die Einsetzung des hl. Abendmahls darstellt, (das heute in der Sakristei hängt und 1966 restauriert wurde), zu jenem Altar gehörte“, d.h. aus dem Jahre 1522 stammt.
Die Deißmann-Chronik:
Adolf Deißmann, der von 1855-1859 als Vikar in Walsdorf war und hier seine Chronik schrieb, urteilt anders als Pfarrer Büsgen und Lehrer Wald. Er bedauert, daß der Altar verkauft wurde. Den Verkauf der Madonna nach Würges erwähnt er nicht. Er schreibt auf S. 184 seiner Geschichte des Benediktinerklosters und des Freifleckens Walsdorf: „Bei diesem Neubau der Kirche (gemeint ist der Wiederaufbau der Kirche nach der Zerstörung im 30jährigen Kriege) wurde der herrliche Hochaltar, berühmt durch seine schönen Gemälde und Skulpturen, im Chor der Kirche aufgestellt, aber leider! bei einer Renovation der Kirche 1832 wegen mangels an Raum entfernt.“
Quellen:
Pfarrchronik I 5.17,76 + 5.85 Pfarrchronik II S. 97 f. Schulchronik 5.37
A. Deißmann: Geschichte des Benediktinerklosters S. 184
Helmuth Leichtfuß
Das Schulhaus wird 160 Jahre alt (3. Folge)
SCHÜLER UND LEHRER VOR 160 JAHREN (SCHLUßTEIL)
Es ist kaum anzunehmen, daß mit der Einführung des neuen Schulgesetzes im Jahre 1877 und der Reformierung der Lehrerbildung alle Mängel des früheren Schulwesens beseitigt waren. Zweifellos war jedoch manches besser geworden, denn wenn man Schriftstücke der Schultheißen und Bürgermeister oder Gemeinderechner aus der Mitte oder zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in die Hand nimmt, muß man oft über die formale und inhaltliche Qualität staunen. Freilich gab es daneben auch noch „Kreuzelschreiber“, d.h. Leute, die ihren Namen nicht schreiben konnten, und mancher Geschäftsmann tat sich schwer, der Gemeinde eine ordentliche Rechnung für geleistete Arbeit zu präsentieren.
Zum Schluß sollen noch einige Ausführungen über die soziale und wirtschaftliche Stellung der Lehrer folgen. Dazu noch einmal der Chronist: „Die Schulbesoldung bestand bis zur Neuordnung aus folgenden Theilen:
1. Von der Gemeinde 15 Achtel Korn
2. Von jedem Bürger 2, und jedem Aushälter 1 Gescheid Hafer
3. Von jedem Schulkinde jährlich 48 Kreuzer Schulgeld
4. Grundstücke: 1 1/4 Morgen 29 1/4 Ruthen Ackerland, 1/2 Morgen 16 Ruthen 11 Schuh Wiesen, 3 1/4 Ruthen Garten
5. Benutzung des Totenhofes
6. Accidenzien: von einem Begräbnis 20, und wenn die Orgel gespielt wurde 40 Kreuzer; dasselbe von einer Kopulation; von eine Kindtaufe die Hälfte dessen, was von den Taufzeugen auf den Tauftisch gelegt wurde.
7. Aus der Gemeindeverwaltung 6 Klafter Buchenholz, welches unentgeltlich gemacht und beigefahren werden mußte.
8. Freie Wohnung im Schulhause
9. Aus der Idsteiner Kirchenschaffnerei erhielt der Lehrer Kolb noch jährlich 3 fl./4 Kreuzer.“
1817 wurde die Besoldung der Schullehrer neu geregelt und folgendes bestimmt:
„1.Alle von den Ortseinwohnern entrichteten Naturalien als Kostümgänge, Schulgarben, Brot, Schulscheiter und Holzbesoldung fallen weg.
2. Die Gefälle von besonderen Schulfonds bleiben dieser Bestimmung gewidmet, werden aber vom Gemeinderechner erhoben.
3. Schulgeld wird nicht mehr gegeben.
4. Überzugskosten bei Versetzungen werden den Schullehrern nicht vergütet.
5. Die Zahlung der neu regulierten Besoldungen erfolgt quartaliter aus der Gemeindekasse.
6. Die Schulwohnung wird zu 15-30 fl angeschlagen.
Als Gemeindebürger erhält der Schullehrer Antheil an den persönlich zu verteilenden Gemeindenutzungen, ist jedoch von der Leistung des Gemeindedienste befreit. Zur Pensionierung sind die Lehrer zwar nicht berechtigt; jedoch wird ihnen bei guter Dienstführung gewöhnlich die Hälfte ihrer Besoldung – Pension verwilligt. Zur Unterstützung ihrer Witwen und. Waisen wird eine aus Beiträgen von der Besoldung und den schon für diesen Zweck bestehenden Fonds zu fundierende Privat-Wittwencasse errichtet.“
1824 erhielt der Walsdorfer Lehrer 212 fl Gehalt, der Gehülfe, der 1826 angestellt wurde, erhielt 150 fl. An Schulgeld erhob die Gemeinde jetzt 40 Kreuzer pro Schüler.
Quellen:
Walsdorfer Schulchronik S. 1-24 Rechnungsüberschläge 1819-1826,1837 Jahresrechnung 1834
Helmuth Leichtfuß
Vom BÜRGERVEREIN
Fotos aus den 30e; und 40er Jahren
Samstag, 25.1.1986, 20.00 Uhr, „zur Traube“
Zum Plaudern über die ca. 200 Fotos, die wir in diesem Jahr gesammelt haben, laden wir besonders herzlich diejenigen ein, die über die 30er und 40er Jahre etwas erzählen können. Interessant wird es aber auch für alle werden, die damals noch nicht in Walsdorf wohnten.
Walsdorf 1945/1946
Samstag, 22.2.86, 20.00 Uhr, „Zur Traube“
Wir setzen das bereits begonnene Gespräch über Walsdorf vor 40 Jahren fort. Wir bitten vor allem die um Teilnahme, die aus eigenem Erleben über diese Zeit berichten können.
Monatliches Treffen: Jeden letzten Montag um 20.15 in der „Traube“
Verantwortlich:
Gerhard Buck
DER NEUE ZUGANG ZUM HUTTURM
Der Hutturm war seit Menschengedenken nur über das unmittelbar benachbarte Grundstück, das sich in Privatbesitz (zuletzt in der Hand des Bauern Karl Scheidt) befand, zu erreichen. Nachdem die Mauern und Türme ihre Funktion verloren hatten, der Freiraum hinter den Mauern angefüllt und die Gebäude auf den Mauern errichtet worden waren, mag das schon so gewesen sein.
Die Besteigung des Turmes war nicht nur aus diesem Grunde schwierig. Auch der Eingang war nur schwer zugänglich. Er befand sich nämlich ca. 4 Meter über dem Erdboden und war nur über eine Außenleiter zu erreichen. Das wurde auch nicht geändert, als man den Turm in den 30er Jahren restaurierte und ihn baulich wieder „in einen durchaus soliden Zustand versetzte“, wie es in der Baubeschreibung heißt. Das Kultusministerium, dessen Verwaltung der Turm in den 50er Jahren unterstand, ergriff 1957 die Initiative, um dieses historische Baudenkmal der Öffentlichkeit leichter zugänglich zu machen. Es beauftragte im Herbst 1957 das Staatsbauamt in Rüdesheim zu prüfen, wie dieses Ziel erreicht werden könne.
Nach einer Ortsbesichtigung wurde vorgeschlagen, die vorhandene Holztreppe an der Außenseite des Turmes zu entfernen, und die alte Eingangsöffnung in halber Höhe des Turmes durch ein Gitter zu sichern. Dafür sollte am Fußteil des Turmes in Höhe des Verliesbodens eine neue Eingangsöffnung gebrochen werden, die möglichst wenig sichtbar und unauffällig angeordnet- werden sollte. Der neue Zugang sollte durch eine in den Fels gehauene Treppe bequem ersteigbar gemacht werden. Vom Verlies aus sollte eine neu zu bauende Spindeltreppe bis in das Geschoß in Höhe des alten Einganges führen. Außerdem sollten noch einige Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden. In den Turmtreppen sollten Seilhandläufe angebracht, die Treppenläufe ausreichend belichtet und die Stufen der gemauerten Wendeltreppe ausgebessert werden. Am Ende der oberen Leiter, am Austritt der Wendeltreppe, sollte außerdem ein ausreichend großes Podest geschaffen werden.
Die Gemeindeverwaltung erklärte sich in ihrer Sitzung vom 17.1.58 mit dem geplanten Vorhaben einverstanden und erteilte die Erlaubnis, die Gangberechtigung für den Felsen in das Grundbuch einzutragen.
Die Bauarbeiten wurden im Frühjahr 1958 ausgeführt und seitdem steht der „alte Turm“ allen Besichtigungswilligen ohne Schwierigkeiten zur Verfügung.
Quelle:
Walsdorfer Archiv
Helmuth Leichtfuß