DER NEUE FRIEDHOF AM ESCHER WEG (SCHLUß)
Landerwerb
1836 konnte die Neuanlage eines Friedhofs nicht mehr hinausgeschoben werden, da neue Gräber kaum noch aufzufinden waren, wie es in dem Bericht des Amtmanns an die Regierung heißt.
Glücklicherweise ist die Jahresrechnung der Gemeinde Walsdorf für das Jahr 1837 erhalten. Sie enthält sowohl den Special-Bau-Etat für 1836 zur Anlegung eines neuen Totenhofs zu Walsdorf, den der Werkmeister Rübsamen beim Amt auf gestellt hatte, als auch die Vergabe der einzelnen Positionen. Aus dem 56 Seiten umfassenden Material lässt sich die die Durchführung der Maßnahme gut rekonstruieren.
Das erforderliche „Land von 108 Ruthen und 50 Schuh“wurde aus dem Kloster-Erbleihgut von vier Klosterbeständen, wie man die Inhaber von Erbleihgut nannte, entnommen. Dafür hatte die Gemeinde „den gesetzlich ausgemittelten Wert von 250 Gulden und 15 Kreuzer zur Casse des oberherrlichen Central-Studienfonds“ zu bezahlen. Dieser hat das „Capital zur Herzoglich-Nassauischen Amortisationscasse als ein Darlehen hingegeben, aus dessen Zinsen die oben bezeichneten Erbleihträger wegen des Verlusts ihrer Gutsparcellen solange entschädigt werden sollen, bis sich Gelegenheit findet, aus dem Capital Grund und Boden zu acquirieren (erwerben), um das Erbleihgut dadurch wieder zu ergänzen.“
Bereits im Frühjahr 1837 haben die Eheleute Philipp Conrad Heß und seine Ehefrau Maria Elisabeth, geb. Ochs, aus Privatvermögen einen Acker „von 46 Ruthen und 46 Schuh hinter Träsengraben“ für 101 Gulden und 52 Kreuzer– und die Eheleute Philipp Caspar Ochs III und seine Ehefrau Katharine Christiane, geb. Seyberth, einer. „Acker von 49 Ruthen und 3 Schuh untig dem Bäunwelchen“ für 108 Gulden und 45 Kreuzer an den „Central-Studienfond als die Oberherrin der Kloster Erbstandsgüter“ abgetreten.
Kosten
Die Gesamtkosten für den Bau des neuen Friedhofes beliefen sich zusammen mit den Ausgaben für den Grunderwerb auf 654 Gulden und 14 1/2 Kreuzer. Auf die einzelnen Posten entfielen:
Maurerarbeit,
Steinbrechen und Aufruthen 219 Gulden und 17 1/2 Kreuzer
80 Ohm Kalk 106 Gulden
Fuhrlohn 105 Gulden und 30 Kreuzer
Steinhauerarbeiten 63 Gulden und 22 Kreuzer
Schlosserarbeiten 102 Gulden und 50 Kreuzer
Mauer und Tor
Die Maurerarbeiten wurden dreimal versteigert, weil der Letztbietende nachträglich immer noch einmal unterboten wurde. Schließlich erhielt der Walsdorfer Maurer Johann Georg Pfenning für 169 Gulden und 30 Kreuzer den Zuschlag. Die Mauer mußte laut Vergabeordnung „von lauter die ganze Mauer durchreichenden Steine ohne irgendeinen Zwickelstein“ errichtet werden. Den Kalk lieferte Philipp Lauer von Camberg. Die 40 Ruthen Mauersteine wurden von allen Walsdorfer Fahrleuten der Reihe nach für zwei Gulden pro Ruthe gefahren. In welchem Steinbruch die Steine gebrochen wurden, läßt sich aus dem vorhandenen Material nicht entnehmen. Der Steinbruch neben dem Friedhof auf dem Watzacker existierte noch nicht. Er wurde erst 1865 angelegt. Die 15 Ruthen „von „Erdteilen reinem Sand“ ließ die Gemeinde auf die Frohnde fahren. Die beiden Sandsteinpfosten für das Eingangstor lieferte Georg Kunz aus Höchst und wurden von Georg Philipp Pfenning nach Walsdorf transportiert. Der Accord bestimmte: „Der Übernehmer muß die Steine unbeschädigt hierher liefern. Indem dieselben, wenn sie durch sein Verschulden beschädigt oder gar zerbrochen hierher gebracht werden, dem Accordant heim geschlagen werden“, was soviel hieß, daß er Ersatz leisten mußte. Das Eisentor schließlich machte der Walsdorfer Schlosser Georg Konrad Lehmann zusammen mit seinen „Teilhabern Seyberth und Rüger“. Das Tor wurde nach dem Gewicht des verbrauchten Materials bezahlt. „Indem sich das angefertigte Gewicht mit 494 Pfund alles Eisens und Bleyes ausgewiesen hat, so wird der Betrag mit 12 1/2 Kreuzer per 1 Pfund Summa ?02 Gulden 50 Kreuzer als richtig verdienter Lohn zu Auszahlung attestiert.“
Friedhof jetzt 150 Jahre alt
Die Bauarbeiten zogen sich über das Jahr 1836 hin und haben sich offensichtlich schwieriger gestaltet als geplant war, wie aus dem folgenden Beleg vom 7. November 1836 zu entnehmen ist. „Da der neue Todtenhof wegen der nassen Witterung im Herbst nicht fertig werden konnte, der Fall aber eintreten kann, daß schon in dem jetzigen Winter Leichen auf demselben untergebracht werden müssen, so hat man es für nötig erachtet, den Teil, soweit die Mauer noch nicht reicht, mit einer Dornenhege abzusperren.“ Die Hege sollte ungefähr sieben Ruthen lang und 3 1/2 Fuß hoch werden und wurde von Johann Philipp Götz aus Walsdorf für 7 Gulden hergestellt.
Diese Vorsorge war übertrieben, wie zwei fast gleichlautende Eintragungen in der Pfarr- und Schulchronik ausweisen. Danach wurde „am 24. November 1837 die letzte Leiche auf dem alten Kirchhof begraben. Es war der alte Caspar Weygand … Am 26. November, des Sonntags Nachmittags, wurde der neue Todtenhof eingeweiht.“ (Schulchronik S. 41)
Bepflanzung
Über die Bepflanzung läßt sich einiges ausmachen. Im ersten Beschlußbuch des Gemeinderates findet sich unter dem 1.4.1855 der Eintrag: „Von Nicolaus Ochs von Camberg liegt eine Rechnung vor für gelieferte Bäume auf den Todtenhof – wird mit 3 Gulden, 8 Kreuzer genehmigt.“
Aus einem weiteren Eintrag vom 30.11.1885 geht hervor, daß die hohen Ulmen und der Tannenbaum auf dem hinteren Totenhof abgehauen und durch junge Ahornbäume ersetzt werden sollten. Einige davon stehen noch an der Mauer entlang des Escherweges.
Inzwischen ist der Friedhof wieder zu klein geworden. Im Ortsbeirat und in der Verwaltung wird an den Plänen zu seiner Erweiterung gearbeitet, und es ist damit zu rechnen, daß in nicht allzu ferner Zeit ein Stück des angrenzenden Ackers in den Friedhof einbezogen wird.
(1) Quelle:
HStA Wiesbaden 211/10258
Helmuth Leichtfuß
ÜBRIGENS — WER KENNT NOCH MI SU AUSDRICK …. ?
ganfen oder auch gampen
Das Wort wurde für Feld- und Gartendiebstähle gebraucht. Jemand, dem wiederholt solche Delikte nachgewiesen worden waren, wurde als „alter Ganfer oder Gamper“ bezeichnet.
Ganfen, mundartlich für stehlen gebraucht, kommt vom hebräischen ganabh und ist von da in die Gaunersprache und und den Volksmund gekommen*. Ganove (Dieb, Gauner, Betrüger) stammt ebenfalls aus der Gaunersprache und leitet sich vom jiddischen Gannaw her.
*(Grimm: Deutsches Wörterbuch, Bd. 4, Sp. 1219)
H. L.
WÜRGESER BAUERN VERJAGEN IDSTEINER GRAFENSÖHNE
Der lange, furchtbare Krieg befand sich in seinem 3. Jahrzehnt. Der Taunus war menschenleer geworden, und viele alte Ordnungen waren zerstört. Da glaubte Graf Johannes, der 1646 aus dem Exil nach Idstein zurückgekehrt war, ungestört in fremden Gefilden jagen zu können. Falls niemand protestierte, hätte er daraus ein Jagdrecht und später dann vielleicht einmal politische Ansprüche herleiten können.
So zog er eines Tages mit Pferden und Kutschen durch das Wörsdorfer/Walsdorfer Gebück, das die Grenze seines Landes zum Amt Camberg bildete, auf die Walsdorfer Felder und, da ihm dieses Gebiet zu klein war, gleich weiter in die Würgeser Gemarkung. Viele Leute waren in den damaligen Kriegszeiten auf größere Beute aus, und so konnte er seine paar Hasen und Hühner ziemlich ungestört nach Hause bringen.
Es blieb aber in Würges unvergesen, daß der Graf rücksichtslos über die Früchte geritten und gefahren war und großen Schaden angerichtet hatte. Als die Bauern sich deswegen beschwerten, wurde ihnen von den idsteinischen Beamten geantwortet: „Kommt nur her! Wir haben die Schweden als Verbündete. Wir fragen nach niemanden nichts.“
Die Grafensöhne auf Jagd
Die Herren Söhne folgten 1653 dem väterlichen Vorbild, trieben es aber etwas zu toll. Mehrere Tage lang hetzten sie Hasen und fingen die Feldhühner. Als ein Schäfer ihnen im Würgeser Feld in die Quere kamen, drohten sie ihm, seine Hunde niederzuschießen.
Auf den Protest von Camberg hin nahm sich der idsteinische Oberamtmann von Langelen in Abwesenheit des Grafen zwei der Grafensöhne vor und machte ihnen klar, wo ihre Grafschaft endete. Sie versprachen, in Zukunft nicht mehr jenseits des Gebücks zu jagen. Er meldete das den Camberger Kollegen und entschuldigte sich damit, daß es mit dem Hetzen und Beitzen bisher nicht so genau genommen worden sei. Er fügte ausdrücklich hinzu, daß die Gegenseite im Recht sei, und meinte, auch seinen Herrn Grafen wie dessen Söhne entsprechend „dirigieren“ zu können. Da hatte er sich aber gründlich getäuscht.
Neue Ansprüche und ihre Abwehr
Als Graf Johannes wieder in Idstein war, mußte der Oberamtmann zwei Wochen nach seinem ersten Brief einen neuen verfassen, der das genaue Gegenteil behauptete: seit fast 100 Jahren jagten die Idsteiner schon in diesem Gebiet – also hätten sie dort das Jagdrecht. Als Jagdformen werden genannt: „hetzen, beitzen, Hühner fangen, Felder mit Federn verlappen“. Zur Erklärung dieses eigenartigen Briefes schreibt er, der vorherige sei „in der Eil“ verfaßt worden.
Diese Kehrtwendung im Idsteiner Schloß veranlaßte die Camberger Beamten einerseits zur weiteren Darlegung ihrer Rechtsansichten: erst Graf Johannes jagte am Ende des 30jährigen Krieges. Andererseits griffen sie zu einem viel wirksameren Mittel als Briefeschreiben: Gewalt gegen Gewalt. Der Würgeser Kirchturm wurde mit einer Wache besetzt, die bei Beobachtung von unbefugten Jägern Sturm läuten sollte. Die Würgeser sollten dann bewaffnet loslaufen, um „Leute, Hunde und was ihr sonst könnt bekommen“ wegzunehmen.
Tatsächlich kamen die Grafensöhne mit Hunden und Falken wieder. Als die Wache auf dem Kirchturm das bemerkte, schlug sie die Glocken an. Der Ausschuß (Militär) und alle Leute liefen mit ihren Waffen zusammen und verfolgten die Jäger bis zum Wörsdorfer Gebück. Doch die Reiter waren schneller und entkamen nach Idstein. Bewaffnet lagen die Würgeser zwei Tage im Gebück, doch aus Idstein ließ sich niemand blicken. Auch späteren Jagdausflügen der Grafensöhne mit ihren Windspielen wurde durch Glockenläuten aus Würges ein schnelles Ende bereitet.
Die Rechtslage
Wie konnte man nun erkennen, welche Seite mit ihrer Ansicht vom Grenzverlauf Recht hatte? Die Tatsache, daß vor Jahrhunderten (wahrscheinlich durch die Idsteiner) auf der Grenze ein Gebück gebaut worden war, genügte alleine nicht. Viel wichtiger war es wie bei jedem damaligen Rechtsstreit, daß man nachweisen konnte, daß es sich um ein uraltes Recht handelte, das bisher unbeeinträchtigt wahrgenommen worden war.
Um das zu beweisen, fanden Zeugenverhöre statt. Doch die Befragung alter Leute aus Walsdorf, Wörsdorf und Fackenhofen ging eher gegen die idsteinische Rechtsposition aus. Auch das Zeugenverhör der Camberger Beamten zeigte, daß hier neue Rechte vom Grafen zu Idstein beansprucht wurden. So wundert man sich nicht über den Rat der idsteinischen Regierung an den Sekretär des Grafen, in einem Antwortschreiben die Vorlage von Dokumenten für nicht nötig zu erklären und sich einfach auf den seit „undenklichen Jahren“ unbestrittenen Besitz zu berufen.
Jahrzehntelang zog sich der Streit noch hin. Jede Seite wandte die gleichen Methoden an: verschiedene Maßnahmen im Walsdorfer Feld und Protestschreiben mit Berufung auf (angeblich) altes Recht.
Wie ein Hase, der im Bereich der heutigen Taunusstraße in Walsdorf geschossen wurde, die Gemüter besonders hoch gehen ließ, soll im nächsten Artikel berichtet werden.
(Hinweis: Vorläufer dieses Jagdstreits war die Auswerfung von Grenzsteinen durch Camberger Beamte 1622. Siehe Bürgerbrief Nr. 15/1981: „Walsdorf – das geteilte Dorf“, mit einer Karte-)
Quelle:
Hauptstaatsarchiv Wiesbaden 133 I b 15; 171 C1850.
Gerhard Buck
DIE ERSTEN EVANGELISCHEN PFARRER;
VON LIMBURG ERNANNT. VON CAMBERG BESOLDET
(FORTSETZUNG)
Limburger Anstellungsvertrag
Das St. Georgenstift in Limburg war des dauernden Streits um die Pfarrbesoldung müde und übergab dem neuen Pfarrer J o h a n n Z i n c k, der 1565 mit Frau und Kindern nach Walsdorf kam, am 12.12.1565 einen über achtseitigen Anstellungsvertrag. Es bezeichnete darin J. Zinck als „unseren jetzigen Pfarrherrn und Kaplan zu Walsdorf“ – eine deutliche Spitze gegen den Grafen, der auch von „unserem Pfarrer“ sprach.
Es liest sich schon seltsam, wenn die katholischen Stiftsherren den lutherischen Pfarrer beauftragten, „der Kirche Walsdorf dermaßen mit Verkündigung des Wortes Gottes, des heiligen Evangeliums Jesu Christi, auch mit Handreichung der hochwürdigen Sakramente, wie dann solches zu Walsdorf und anderswo“ unter dem Grafen Balthasar zu Nassau-Idstein-Wiesbaden zu dienen, daß er sich am Jüngsten Tage vor dem strengen Richterstuhl Gottes verantworten könne und auch sie selbst keinen Grund zur Klage hätten.
Wegen „seines gehabten Fleißes, auch seiner Treue, Mühe und Arbeit“ sollten ihm für sich, Weib und Kinder zunächst 10 Malter Korn aus dem Zehnten des Stifts zu Walsdorf kostenlos in sein Haus geliefert werden. Auf seine eigenen Kosten mußte er allerdings die ihm zugesprochenen Einnahmen des Marienaltars zu Camberg, die in Zinszahlungen und Kornlieferungen bestanden, einsammeln. Für diese Mühe wurde ihm der Gerstenzehnt in Walsdorf zugestanden. Sehr ausführlich versprachen ihn die Stiftsherren alle rechtliche Hilfe, daß er zu seinen Einnahmen kommen und der Marienaltar seine Ansprüche behalten konnte. Zu ihm gehörte auch ein kleiner Bauernhof („Wittumbshöfchen“) mit Äckern. Da er aber zu weit von Walsdorf entfernt lag, um von seinem Pfarrer bewirtschaftet zu werden (was als ganz natürlich angesehen wurde!), erhielt er stattdessen jährlich 10 Gulden.
Aus der Kasse des Stifts zu Camberg („gemein Praesens“) wurden ihm 12 Gulden und 2 Malter Korn jährlich zugesagt. In Walsdorf durfte er den Kleinen Zehnten (Ferkel, Lämmer, Hähne, Gänse, Heu) einsammeln und 3 Gulden vom Kloster einfordern. Da der Pastor damals noch ein echter Hirte war, d.h. Vieh besaß, bezog er nicht nur den Heuzehnten, sondern auch je ein Fuder Hafer- und Roggenstroh aus Camberg. Der Grund hierfür: der Mist des „Wittumbshöfchens“, auf den der Pfarrer an sich Anspruch hatte, sollte als Dünger für die dortigen Äcker dienen, und er sollte sich seinen in Walsdorf se selber produzieren können. (Wem das eigenartig erscheint, sei gesagt, daß es später öfters Klagen Walsdorfer Pfarrer darüber gab, daß ihnen kein Stroh als Teil des Gehalts zustünde und sie deshalb keinen Dünger hätten.)
Diese Urkunde wurde zwar nur für J. Zinck ausgestellt, aber nach dem damaligen Rechtsempfinden hatten damit auch seine Nachfolger eine feste Zusage in der Hand. (8)
Trierischer Amtmann unterbindet Lieferungen
Die Störung des Friedens schien zunächst nur die Tat eines einzelnen Beamten gewesen zu sein, die seine Absetzung zur Folge hatte. Das Amt Camberg gehörte zu dieser Zeit halb dem katholischen Kurfürsten und Erzbischof von Trier und halb dem evangelischen Grafen zu Nassau-Dillenburg. Der trierische Amtmann Kilian Katzmann verbot 1571, dem Pfarrer zu Walsdorf seine Einkünfte aus Camberg und dem evangelischen Pfarrer zu Esch die aus dem untergegangenen Dorf Alsdorf bei Würges zu liefern. Der Idsteiner Graf hielt darauf den Limburger Zehnten in seiner Grafschaft zurück. Schnell war der Kurfürst bereit, den alten Zustand wiederherzustellen, und die Limburger Stiftsherren versicherten, von der Aktion des Amtmannes nichts gewußt zu haben und auch alles beim alt lassen zu wollen.
Aber noch schneller war das von Idstein angerufene Reichskammergericht in Speyer. Es erließ am 6.9.1572 ein Pönalmandat, in dem Trier bei Strafe befohlen wurde, den beiden Pfarrern ihre Besoldung weiter zukommen zu lassen. Wie wenig dem Kurfürsten das Vorgehen seines Amtmannes paßte, zeigt die Tatsache, daß er ihn sofort nach Erhalt des Urteils entließ. Katzmann zog unmittelbar darauf aus Camberg fort.
Auch die Limburger Stiftsherren reagierten prompt. Ihr Dechant ging selbst nach Idstein und erklärte den Regierungsräten, daß sie früher und auch jetzt nicht gesonnen wären, dem Walsdorfer Pfarrer etwas zu entziehen. Knapp zwei Wochen später kamen noch einmal zwei Stiftsherren mit dem Camberger Pfarrer und erklärten sich zur Lieferung der festgehaltenen Gefälle bereit. Als darauf die nassauischen Räte den Walsdorfer Pfarrer zur Herausgabe des zurückgehaltenen Limburger Zehntens aufforderten, schien der Friede wiederhergestellt: jede Seite erhielt aus dem anderen Kleinstaat nach altem Recht Geld und Güter ausgeliefert. (11)
Katholischer Kaplan erhält Marienaltar
Unverständlich ist, wieso der Erzbischof alle Versprechungen mißachtete und Ende 1572 den Marienaltar einem Petrus Verbeck übertrug, der katholisch war. Er beschimpfte Walsdorfs Pfarrer Eberhard Seck als „einen gewissen N., Prediger der Augsburgischen (wie er behauptet) Konfession in Walsdorf, der schon lange die alte Apostolische Religion verlassen hätte und durch eine verkehrte Lehre andere verführe und durch seine öffentlichen Predigten Zwietracht säe“ und dafür auch noch die Einkünfte des Marienaltars erhalte. (Die Idsteiner Regierung wies später zu Recht darauf hin, daß der Erzbischof den schon längst vollzogenen Religionswechsel in Walsdorf und die Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens von 1555 nicht zur Kenntnis nahm. Seck war nie katholisch.)
Da an diesem Altar schon lange keine Messe mehr gelesen worden war und er leer stand, übertrug der Erzbischof ihn mitsamt allen Gefällen diesem katholischen Kaplan. Alle Einigungsbemühungen waren damit vergebens gewesen, und der Streit ging erst richtig los. (8)
Prozeß und Pfändungen
Die Lektüre der nächsten Akten ist recht zeitraubend, und am Ende stellt man fest, daß eine genaue Darstellung sich nicht lohnt. Briefe wurden ausgetauscht zwischen den Landesherren in Trier, Dillenburg und Idstein (allerdings vertreten durch Vormünder in Saarbrücken und Weilburg), dem Stift Limburg, der Verwaltung in Camberg, dem Obristen von Reifenberg (dem Trier Camberg verpfändet hatte und der für die Protestanten eintrat), den Walsdorfern und dem Reichkammergericht in Speyer. Dort waren Anwälte tätig, die sich gegenseitig monatelange Fristen einräumten.
Da die Vormundschaftsregierung des minderjährigen Grafen Johann Ludwig I. in Idstein wußte, daß auf diesem Rechtsweg nur wenig zu erreichen war, griff sie gleich zu dem üblichen Mittel der Selbstjustiz, der Pfändung. Das Stift Limburg war Zehntherr in der Gemarkung Walsdorf. Auf Bitten des Pfarrers wurden die in Camberg zurückgehaltenen Gefälle einfach gegen den Walsdorfer Zehnt verrechnet und nur der Rest an Limburg geliefert.
Von 1572 bis 1579 läßt sich diese Art der Besoldung feststellen, weil Trier dem Spruch des Gerichts von 1572 und Idstein dem von 1577 trotz Versprechungen nicht Folge leisteten. Für 10 Jahre, bis 1581, liegen Prozeßakten vor, dann erfolgte in Speyer nichts mehr. (12)
Vergleich „zu ewigen Zeiten“ über Gehalt
Am 20. Mai 1589 rangen sich alle zu einem Kompromiß durch. In Walsdorf trafen sich drei Vertreter von Idstein, vier von Limburg und einer von Trier und legten fest, daß in Zukunft jeder Walsdorfer Pfarrer vom St. Georgenstift zu Limburg aus dessen Walsdorfer Zehnten 18 Malter Korn und 13 Gulden, sodann den Walsdorfer kleinen Zehnten und den Wintergerstenzehnten erhalten sollte. Dazu wurde den Walsdorfern bei der Verpachtung des Stiftszehnten der Vortritt zugestanden, wie es immer schon gewesen war.
Den friedlichen Bezug seines Einkommens mußte der Walsdorfer Pfarrer mit kräftigen Zugeständnissen bezahlen. Die Korneinnahmen gingen, wenn man die Einkünfte des Marienaltars um 1600 berücksichtigt (13), von etwa 30 auf 18 Malter zurück und die Bareinnahmen von etwa 50 auf 13 Gulden. Dafür entfiel aber das Einsammeln an über 50 verschiedenen Stellen.
(Schluß folgt)
Gerhard Buck
VOM BÜRGERVEREIN
B ü c h e r s t i f t u n g
Zum Schluß eine gute Nachricht für alle jungen Leseratten: in Walsdorfs Gemeindebücherei gibt es eine Menge neuer Bücher. Der Bürgerverein hat tief in die Kasse gegriffen und 36 neue Bücher aus vielen Wissensgebieten gestiftet. Wer also mehr über z.B. Indianer oder Katzen, Wikinger oder wilde Blumen, Musketiere oder Urmenschen erfahren will, der findet viel neuen Lesestoff. Und damit die Erwachsenen auch auf neue Ideen kommen können, haben wir einige Bände der „Hobbythek“ gestiftet.
Die Ausleihe ist an jedem Donnerstag von 17 bis 18 Uhr im DGH.
T e r m i n e
12.1. Foto-Arbeitskreis um 19.30 Uhr im Gemeindearchiv.
(Im Stillen wächst unsere Foto-Sammlung weiter. Neugierige willkommen!)
24.1. „Säupfeffer“ Sonntagmittag! In der „Traube“,
Verantwortlich:
Gerhard Buck