STRAßENBAU 1988
An die seit Januar strahlende neue Straßenbeleuchtung haben wir uns inzwischen gewöhnt. Der im Dezember begonnene Ausbau der Bergstraße zwischen Bruderberg und Straße. Am Borngraben wird mit der Aufbringung der letzten Decke abgeschlossen, sobald das Wetter frühlingshafter wird. Der Bau einer Treppe erleichtert nun den Übergang von der Bergstraße zur Straße in Richtung Friedhof.
An drei Stellen wird es im Laufe dieses Jahres noch zu Verbesserungen kommen. Der Freie Platz am Eingang zum alten Dorf soll ein neues und, wie die Planer hoffen, schöneres Aussehen erhalten. Die Bürgersteige werden verbreitert, und der Fahrraum wird eingeengt, um die Geschwindigkeit der Autos zu vermindern. Die Straße behält das gewohnte Pflaster, und die Bürgersteige erhalten auch Natursteine. Da die Bordsteine sich nur wenige Zentimeter über das Niveau erheben, wird die gesamte Fläche praktisch lediglich optisch durch verschiedenes Pflaster gegliedert. Ein Baum auf jeder Seite soll den Eingang ins Dorf etwas markanter machen. Da von den etwa 95.000 DM Kosten vom Land bereits 55.000 DM Zuschuß eingegangen sind, kann am Ende des Winters mit dem Bau begonnen werden. Der Wunsch des Ortsbeirates in seiner letzten Sitzung: Fertigstellung bis zur Jubiläumsfeier des MGV im Juni.
Über die Umgestaltung vom benachbarten Brunnenplatz wird schon lange nachgedacht. Fest steht, daß der Weg am Färberbach entlang bis zum Hutturm eine Schwarzdecke erhält, damit z. B. das Müllfahrzeug die Hainstraße leichter erreichen und verlassen kann. Für den Brunnenplatz müssen Pläne noch erstellt werden. Eine Schwierigkeit ist zum Beispiel, daß Baumpflanzungen wegen der vielen Kanäle und Leitungen im Untergrund kaum möglich sind.
Die Querstraße zwischen Taunus- und Idsteiner Straße, die keineswegs einen straßenmäßigen Eindruck macht, soll auch ausgebaut werden. Die zur Verfügung stehenden 80.000 DM sollten zunächst nur für eine Hälfte ausgegeben werden. Die Diskussion im Ortsbeirat am 18.1.1988 ergab jedoch, daß ein Ausbau der gesamten Länge wünschenswert ist. Daher wird mit ihm erst begonnen werden können, wenn die Umplanungen mit dem Ortsbeirat abgesprochen worden sind. Auch hier ist er an einer schnellen Realisierung interessiert.
Der Bürgerverein wird zu dem Ganzen auch noch einen Beitrag leisten. Wir planen, an den Ortseingängen aus Richtung Wörsdorf und B 8 Hinweistafeln aufzustellen, auf denen wir Besucher unseres Ortes auf Sehenswürdigkeiten aufmerksam machen und über seine Geschichte informieren wollen. Eine dritte Tafel ist für den Bereich am Denkmal vorgesehen.
Gerhard Buck
DAS WALSDORFER RATHAUS
Es ist klar, daß sich ein so kleines Dorf wie Walsdorf kein repräsentatives Rathaus bauen konnte, wie es der Stolz mancher kleinen Stadt ist.
Für die notwendigen Räumlichkeiten wurde aber immer gesorgt, wenn man sich manchmal auch schwer tat.
Altes Kloster und neue Schule
Bis zum Jahre 1824 dienten Teile der Überreste der alten Klostergebäude der Gemeinde als Rathaus. Nach dem Inventar sämtlicher Vermögen der Gemeinde Walsdorf aus dem Jahre 1817 handelte es sich dabei um ein „zweistöckiges, massiv erbautes Wohnhaus, mit Schiefer gedeckt, das zwei Stuben, zwei Kammern, eine Küche, einen Keller, einen Backofen und einen Stall umfaßte“. Eine Stube und 2 Kammern wurden von der Gemeinde benutzt. Die übrigen Räume und Einrichtungen waren an den Bäcker Johann Philipp Reuther verpachtet. Die Einrichtung der Rathausstube bestand aus einem Eichentisch, 4 Bänken und 7 Stühlen. Auf dem Rathaus wurden weiterhin die Feuerlöschgerätschaften wie 50 lederne Feuereimer, 1 Feuerhaken und zwei Feuerleitern aufbewahrt. Die für die Verwaltung erforderlichen Akten und Unterlagen, z.T. auch die Meßgeräte, befanden sich in der Wohnung Oberschultheißen. Die Gerichtskiste stand wohl des besonderen Schutzes gegen Brand und Diebstahl wegen in der Sakristei der Kirche. In ihr wurden die wichtigen Originalurkunden über die Freiheitsrechte der Walsdorfer Bürger und die Gerichtsbücher aufbewahrt.
Das Gebäude war mit der Zeit „so baufällig geworden, daß es nach und nach anfing zusammenzufallen“, wie es in einem Schriftstück vom Juni 1822 heißt. Im Jahre 1823 wurde es auf den Abbruch versteigt. Als im Jahre 1824 ein neues Schulgebäude geplant wurde, das an der Stelle des alten Klosters errichtet werden sollte, beschlossen Gemeindevorstand und Gemeindeversammlung, daß dieses Gebäude auch einen Rathaussaal enthalten sollte, weil die Gemeinde in den „hiesigen allendhalben kleinen Wirtshäusern nicht versammelt werden könne, des fehlenden Locals zur Zusammenlieferung der Zehend- und Güldfrüchte, Aufbewahrung der Feuergeräthschaften und Registraturschränken p p gar nicht zu gedenken“.
Von Anfang an war vorgesehen, im Schulgebäude den Raum im Erdgeschoß links als Rathaussaal zu verwenden. Im Blick darauf, daß dieser Raum in späterer Zeit vielleicht einmal als Schulraum benutzt werden müßte, hatte die Gemeinde in Abweichung von den bestehenden Vorschriften die Genehmigung erhalten, gemeinsam mit den Schulkindern den Haupteingang für den Besuch des Rathauses zu benutzen.
Das Bürgermeisteramt auf dem Rathaus
Zum 1. Januar 1864 wurde das Bürgermeisteramt auf Beschluß des Gemeinderates auf das Rathaus verlegt. Bis dahin hatten Oberschultheiß und Bürgermeister (ab 1849, nach Änderung der Gemeindeordnung als Folge der 48er Revolution) die laufenden Verwaltungsgeschäfte in ihrer Privatwohnung erledigt.
Die Verlegung des Dienstraumes macht auch die Regelung von Kleinigkeiten wie die Zerkleinerung des Brennholzes, die Beheizung und Beleuchtung des Raumes erforderlich. Nach Beschluß des Gemeinderates wurden das Kleinmachen des Holzes versteigt und Philippine Baum die Feuerung für jährlich 2 Gulden Übertragen. Zur Beleuchtung der Bürgermeisterei wurde nach dem Beschluß vom 28.1.1864 eine Erdöllampe angeschafft. Gleichzeitig hatte der Bürgermeister beantragt, daß „im Rathaus ein Untersatz sowie ein Verschlag gemacht werden, damit man geschützter sitzt.“ Mit einer für sein Haushaltsgebahren charakteristischen Entscheidung reagierte der Gemeindevorstand auf das Begehren des Bürgermeisters: „Soll vorläufig einmal versucht werden, auf welche Weise es am billigsten zu machen ist.“
Das Rathaus wird Schulsaal
Im Jahre 1898 mußte die Gemeinde auf ihren Rathaussaal verzichten. Die Schülerzahl war so stark angewachsen, daß ein dritter Lehrer angestellt und ein dritter Klassenraum benötigt wurde.
Von diesem Zeitpunkt an bis zum Jahre 1945 hatten die Bürgermeister wieder ihre Dienstzimmer in ihrer Privatwohnung. Der ehemalige Rathaussaal wurde aber noch bis zum Bau des Dorfgemeinschaftshauses als Wahlraum und bis zum 2. Weltkrieg zum Einsammeln der sogenannten Sprunghafer für die Gemeindebullen und Eber benutzt.
Nach dem Zusammenbruch 1945 wurde auf Beschluß der Gemeindevertretung vom 8.9.45 das Bürgermeisteramt wieder in den unteren Schulsaal verlegt. Damit begann eine längere Auseinandersetzung zwischen Schule und Gemeinde um diesen Raum. Beide beanspruchten ihn. Bis zum April 1947 mußte sich die Schule aber gedulden und behelfen. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Bürgermeisterei in die sogenannte Kochküche verlegt, die 1927 durch eine Zwischenwand von den 3. Klassenraum abgetrennt und eingerichtet worden war. Diese Zwischenlösung konnte jedoch keine der beiden Parteien recht befriedigen, zumal die Gemeinde den Klassenraum nur unter der Bedingung geräumt hatte, daß sie bei kalter Witterung und der Ausgabe der Lebensmittelkarten das Schulzimmer benutzen könne.
Der Ausbau der Schulscheuer zum Rathaus
Weil abzusehen war, daß die Verwaltung der Gemeindekasse früher oder später auch aus der Privatwohnung des Gemeinderechners verlegt und mit dem Bürgermeisteramt zusammengefaßt würde und der Schule alle Räume wieder zur Verfügung gestellt werden müßten, beschloß die Gemeindevertretung am 1.11.1946, beim Kreis die Genehmigung für den Ausbau der Schulscheune als Rathaus mit einer Zweizimmerwohnung zu beantragen. Die Bauzeichnung fertigte der Walsdorfer Ingenieur Fritz Heinig. Für Gemeindezwecke waren 4 Räume mit einer Gesamtfläche von 56 qm vorgesehen. Am 4. Juli 1947 wurde die Baugenehmigung erteilt. Da man mit der Ausführung der Arbeiten in die Währungsreform im Juni 1948 kam, konnte die Zweizimmerwohnung nicht gebaut werden.
1962 wurde der ehemals für eine Wohnung vorgesehene Raum zum Sitzungszimmer für die Gemeindevertretung ausgebaut. Gleichzeitig wurde eine Toilette eingebaut. Die Putzarbeiten hatten Ernst Weller, die Installation Otto Heß und die Schreinerarbeiten Karl Hohl und Heini Steinemann übernommen. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 5414,– DM. Die Planung lag bei dem Walsdorfer Ingenieur Kurt Stollberg.
Nach der Eingliederung Walsdorfs in die Stadt Idstein am 1. Oktober 1971 wurden von den ehemaligen Rathausräumen nur noch das Sitzungszimmer für die wöchentlichen Sprechstunden der Stadtverwaltung und die Ortsbeiratssitzungen und die beiden Archivräume zur Aufbewahrung des umfassenden Aktenmaterials genutzt. Nach dem Verkauf des alten Rathausgebäudes im August 1986 wurden, wie bekannt, für die verbliebenen kommunalen Bedürfnisse im neuen Feuerwehrgerätehaus die erforderlichen Räume geschaffen. Ein alter Registraturschrank aus dem Jahre 1828, ein Stahlschrank und andere Möbel aus dem Rathaus finden im Sprechraum der Verwaltung und im Archiv weiter Verwendung. Auch die beiden Gedenktafeln der Gemeinde, die auf dem Rathaus hingen und an die beiden Stifter Mark Livingston und Hermann Düssel erinnern, wurden in den neuen Sprechraum umgesetzt.
Quellen:
Inventarium sämtlicher Vermögen der Gemeinde Walsdorf 1817;
Beschlußbücher der Gemeindevertretung 1853-1971;
Jahresrechnung 1962;
Schulchronik der Volksschule Walsdorf
Helmuth Leichtfuß
HASENJAGD UND GEFANGENENAUSTAUSCH
Die älteste bisher bekannte Darstellung von Walsdorf stammt von dem nassauischen Amtmann Weitzell in Camberg, und wir verdanken sie einem Hasen, der im Gebiet der heutigen Taunusstraße in Walsdorf 1694 geschossen wurde. Der seit dem Ende des 30jährigen Krieges währende Streit um das Jagdrecht aber auch um die politischen Grenzen zwischen Idstein, Walsdorf und Würges erreichte in diesem Jahr einen neuen Höhepunkt, weshalb eine genaue Karte dieser Gegend für die nassauische Regierung in Dillenburg notwendig wurde.
Zertrümmerte „Jagdstöcke“
Die Streitigkeiten der 40er und 50er Jahre (s. letzten Bürgerbrief) waren in den folgenden Jahrzehnten weiter gegangen. 1679 hatten trierische Jäger (Camberg gehörte Trier und Nassau-Dillenburg) sogar den höchsten Idsteiner Beamten bei der Jagd auf ihrem Gebiet verhaftet. Er sollte einen Revers unterschreiben, in dem er „sein Verbrechen“ zugab und um Verzeihung bat. Sollte er sich weigern, wollten sich die Camberger Beamten an den idsteinischen Untertanen, d.h. den Walsdorfern rächen. Doch nichts dergleichen geschah.
1681 stellten die Idsteiner Pfähle, genannt Jagdstöcke, auf, um damit ihr Revier zu markieren. An der Hohen Straße, die über den nord-südlich ziehenden Höhenrücken verlief, hefteten sie zudem ein Plakat an einen Pfahl, um alle Reisenden über „die vielfältigen von Fremden und Benachbarten auf nassauischer Hoheit mit Jagen begangene Exzesse“ hinzuweisen. Doch die Camberger ergriffen einfach ihre Äxte und zerstörten diesen Stock samt Plakat. Die nächste Protestaktion war damit fällig.
Hasenjagd auf der Taunusstraße
Es herrschte schon eine recht gespannte Atmosphäre, als Fürst Georg August von Idstein Anfang August 1694 in der Feldgemarkung von Walsdorf und Würges jagte. Verschärft wurde sie durch das Verhalten des Fürsten, der noch von seinem Vetter, dem Fürsten von Usingen, begleitet wurde. Zwei Tage lang jagten sie samt ihren Dienern bis vor das Dorf Würges. Mit Pferden, Hunden und Falken durchquerten sie Kornfelder und Krautgärten, ohne Rücksicht auf die in diesem Jahr knappe Ernte zu nehmen.
Der Schultheiß von Würges mußte sogar feststellen, daß sich die Jagdgesellschaft drei Stunden lang in seinem Weizenfeld aufhielt. Zur gewissen Ehrenrettung der Idsteiner sei gesagt, daß er zunächst geglaubt hatte, der Amtmann von Hohenfeld aus Camberg sei dort. Auch ihm war anscheinend diese Rücksichtslosigkeit zuzutrauen.
Ein Jäger dieses Amtmannes wagte sich schließlich bis in die Wiesen am Färberbach südlich von Walsdorf (heute Taunusstraße) und schoß hier einen Hasen. Da mündlicher und schriftlicher Protest nie etwas eingebracht hatte, wollte er so das Recht seiner Herrschaft demonstrieren.
Der Rückzug gelang ihm jedoch nur bis zum Wallrabensteiner Weg gegenüber dem Flecken. Dort traf er auf die ganze Jagdgesellschaft, gegen die er keine Chance hatte. Der Hase wurde ihm entrissen und die Flinte an einem Birnbaum beim Markgraben (heute Marrgraben) zertrümmert. Fürst Georg August selbst ließ sich „verschiedene- Male bedrohlich vernehmen: falls er ihn oder sonst jemand beim Jagen und Wildschießen an diesem Ort noch einmal ertappen würde, wolle er ihn ohne Urteil sogleich aufhängen lassen.“
Dieser Darstellung des Tathergangs, die sich in mehreren Briefen beider Camberger Amtmänner und ihrer Regierungen findet, widersprach Idstein nicht, auch nicht der Wiedergabe der ungewöhnlichen (oder doch nicht?) Worte des Fürsten. Idstein schwieg sogar ein Vierteljahr, bis schließlich doch noch von dort der seit Jahrzehnten bekannte Gegenprotest kam.
Älteste bekannte Darstellung von Walsdorf: 1694
Als wesentliche Kennzeichen sind Ringmauer, 2 Tore und die Kirche auf dem Felsen gezeichnet. Der schon 300 Jahre alte Hutturm fehlt. 1692 war fast der ganze Flecken abgebrannt. Die Vielzahl der Häuser ist daher erstaunlich. Süden ist oben.
Texte auf der Karte: Flecken Walßdorff – bächlein so die hochheydt scheydet – N.B. flinte zerschlagen – feldtweg – Walßdorffer feldtweg – Würgeser ackerfeldt.
Gefangenenaustausch am Färberbach
Zur Feststellung der Rechtslage veranstalteten die Camberger Beamten ein Zeugenverhör mit sechs Einwohnern von Würges; denn Rechtsansprüche leiteten sich damals ebenso aus dem Verhalten der Parteien her wie aus Schriftstücken.
Von allen wurde bestätigt, daß von jeher „das Bächelchen unterhalb Walsdorf“ (=Färberbach) die anerkannte Grenze zwischen der Grafschaft Idstein und dem Amt Camberg bildete. Erkennbar war das u.a. daran, daß in der Mitte des Steges über den Bach unterhalb des Untertores (heute am Würgeser Weg) die Gefangenen zwischen diesen Kleinstaaten ausgetauscht wurden. Die Idsteiner brachten diese dann über die Untergasse und die Bergstraße und durch den Bürgerwald nach Idstein. Ein anderer Weg war nicht möglich, da das Gelände unterhalb des Höhenrückens zu Camberg gehörte.
Johannes Hartmann aus Würges berichtete von einem dort ertappten Pferdedieb, der in Kloppenheim schon zwei Pferde gestohlen hatte. Auf ein idsteinisches Auslieferungsgesuch hin wurde er an dieser Stelle übergeben und in Idstein an den Galgen gehängt. Ein „Beutelschneider“, der auf dem Camberger Rathaus im Gefängnis saß, wurde von Beamten und Militär bis an das Wörsdorfer Gebück gebracht und so des Landes verwiesen.
Besonders eindrucksvoll war die Behandlung eines Todesfalles. Kurz bevor der Graf von Weilburg mit seinem Gefolge auf dem Weg nach Idstein das Wörsdorfer Gebück erreichte, starb ein Lakai am Hitzschlag. Der Tote wurde von den Würgern geholt und auf ihr Rathaus gebracht. Als die Idsteiner um Übergabe des Leichnams baten, wurde er auf den bekannten Steg gebracht und von idsteinischen Beamten übernommen. Eine sofortige Bestattung in Walsdorf war nötig.
Damit haben wir das Ende dieser beiden Akten aus Idstein und Camberg erreicht, ohne daß eine Klärung der Rechtslage erzielt war. Fortgesetzt wurde der Streit 1700-1732 mit einer anderen Methode: es wurde um das Recht gekämpft, die Kaufmannszüge auf dem Weg zu und von der Frankfurter Messe auf der Hohen Straße militärisch begleiten zu dürfen. (dazu: G. B., Der Krieg ohne Schuß; in „700 Jahre Camberg“)
Quelle:
Hauptstaatsarchiv Wiesbaden 133 I b 15; 171 C 1850
Gerhard Buck
DIE ERSTEN EVANGELISCHEN PFARRER:
VON LIMBURG ERNANNT. VON CAMBERG BESOLDET (SCHLUß)
Wer ernennt den Pfarrer?
Ungeklärt blieb in diesem Vertrag von 1589 die Frage, wem das Recht zur Einsetzung des Pfarrers zustand. 1565 hatte es bei der Berufung des dritten lutherischen Pfarrers nach Johann Weiß noch eindeutig beim Stift gelegen. Um 1570 erhielt sein Nachfolger E b e r h a r d S e c k nach diesem Vorbild sein Amt.
Als der Streit um die Besoldung 1572 einen ersten Höhepunkt erreichte, war er bereits in Walsdorf. Er beabsichtigte, eine längere Zeit hier zu bleiben: er kaufte 1574 nicht nur‘ Haus und Scheuer, sondern während seiner Anwesenheit auch über 5 Morgen Land. 1575 verließ er jedoch Walsdorf und ging nach Dauborn, was wir ihm nicht verdenken können, wenn wir uns die unsichere materielle Lage eines Pfarrers in Walsdorf ansehen. (14)
Er kündigte seine Stellung bei der Regierung in Idstein, die sich sogleich an die Stiftsherren „als die Collatores des Orts“ wandte. Trotz des Prozessierens sollte bei der Wiederbesetzung alles seinen gewohnten Gang gehen. Die Regierung schlug C o n r a d H e s s vor, der schon einige Zeit lang (zuletzt in der Herrschaft Karpen) Pfarrer gewesen war. Er brachte gute Zeugnisse „seines Lebens, Wesens und Haltens“ mit. Aber obwohl die Idsteiner Regierung sehr um seine Ernennung bat, erfolgte sie nicht. Da er auch um sein Gehalt kämpfen mußte, verließ er bereits nach zwei Jahren Walsdorf. (9)
Bis 1580 blieb Walsdorf ohne eigenen Pfarrer und wurde durch Pfarrer Christian Arcularius aus Esch betreut. Erst dann wagte sich jemand auf diesen Posten, der zu kämpfen gewohnt war. Es war der Lutheraner C h r i s t i a n N e u r o d t, der „von den Calvinisten auf dem Westerwald seines Dienstes vertrieben“ worden war.
Eine Mutprobe mußte er gleich nach seiner Ankunft ablegen. Im zweiherrischen Camberg wurde die evangelische Religion von Trier nur noch bei den Beamten der dillenburgischen Mitherrschaft geduldet. Als aber deren Amtmann sein Kind in der Kirche taufen lassen wollte, wurde ihm das verwehrt. Daraufhin ließ er es am 19.5.1580 von Chr. Neurodt unter freiem Himmel in seinem Hof taufen, „nachdem zuvor ein Zeichen durch Trommeln und Pfeifen gegeben worden war“.
Eine offizielle Ernennung erhielt Neurodt nicht. Seinen Zehnten sammelte er sich selbst am Escherweg und im Riedelfeld ein. Seine Ausdauer machte sich bezahlt; den 1589 wurde mit dem bereits genannten Abkommen sein Unterhalt gesichert.
Als die erste Visitation der Pfarreien in der seit über 40 Jahren lutherischen Herrschaft Idstein erfolgte, sollte er am 21.4.1594 in Idstein predigen. Doch dazu kam es nicht mehr; denn er ist „heimgereist gen Walsdorf, ist mit Krankheit von Gott besucht, legt sich zu Bette, ist sprachlos bis auf Sonntag Misericordias Domini (24.4.), darin verscheidet er und wird danach am Montag begraben.“ (15)
Graf setzt Pfarrer ein
Mit Magister S a m u e 1 Lau t e n b a c h war schnell ein Nachfolger gefunden, der im Oktober 1594 seinen Dienst antrat. Der Superintendent notierte bei der anschließend fortgesetzten Kirchenvisitation: „Die Callatur (das Recht, Pfarrer einzusetzen) desselbigen Orts hat nunmehr“ Graf Johann Ludwig. Im Februar 1595 erhielt Lautenbach als erster Walsdorfer Pfarrer von Idsteiner Grafen die Ernennungsurkunde; die wegen ihrer besonderen Bedeutung aufbewahrt wurde. Die beiden Vorgänger waren vom Stift Limburg nicht ernannt worden, jetzt übernahm der Graf als Landesherr einfach dessen nicht mehr ausgeübte Rechte.
Beiderseits wurde eine vierteljährliche Kündigungsfrist vereinbart. Dem Pfarrer wurden die Lieferungen des Vertrages von 1589 zugesagt und darüber hinaus 4 Gulden von der Gemeinde, 3 vom Kloster und 20 vom Idsteiner Präsenzmeister. Doch Lautenbach konnte sich nur kurz der Pfarrstelle erfreuen, in die endlich Friede eingezogen war. Bereits 1597 starb er an der Pest. (16)
Auch sein Nachfolger, Magister J a c o b u s L u c i u s, war nur zwei Jahre in Walsdorf. Er hatte 1596 in Idstein sein Examen mit Probepredigt abgelegt und war darauf vom Grafen zum Diakon ernannt worden. Als junger Mann kam er 1597 nach Walsdorf und nahm 1599 die Gelegenheit war, beim Grafen von Falkenstein eine neue Stelle anzutreten. In der gräflichen Entlassungsurkunde wurde vermerkt, daß Behörde und Zuhörer ihn sehr ungern gehen ließen. (16)
Damit haben wir nach dem Vertrag mit dem Stift über die Besoldung und die gräfliche Ernennungsurkunde das dritte und letzte Dokument, das die rechtlichen Verhältnisse der Pfarrei Walsdorf regelte: auch für die Entlassung war ab jetzt allein der Graf zu Idstein zuständig. Ein Protest aus Limburg war nicht zu finden. Diese Konstruktion blieb bis ins 19. Jahrhundert bestehen: der evangelische Landesherr zu Idstein ernannte den Walsdorfer Pfarrer, das katholische St. Georgenstift Limburg lieferte den größten Teil des Gehalts.
Aus diesen Untersuchungen ergibt sich also folgende Übersicht:
Liste der ersten evangelischen Pfarrer
Johann Weiß vor 1542 – 1552
Jakob Ernst nach 1552 – 1564
Johann Pfeil! 1564 – 1565
Johann Zinck 1565 – um 1570
Eberhard Seck um 1570 – 1575
Conrad Hess 1575 – 1577
(Christian Arcularius
betreut Walsdorf von Esch aus) 1578 – 1580)
Christian Neurodt 1580 – 1594
Samuel Lautenbach 1594 – 1597
Jacobus Lucius 1597 – 1599
Quellen:
Einzelne Nummern = Hauptstaatsarchiv Wiesbaden.
(1) Struck, Quellen I, 662.
(2) H. Grün, Kirberg S. 31; 40/1233, 1900; Struck, Quellen IV, 1754a.
(3) 40/1871.
(4) 3004/A13.
(5) Ph. P. Lauer, Fasti Cambergenses (Bad Camberger Archivschriften Nr. 1, S. 41f).
(6) 356 Camberg 35.
(7) O. Renkhoff, Wiesbaden im Mittelalter S. 338ff.
(8) 1/1948.
(9) 1/1948; 40/1900.
(10) 171 C 1494.
(11) 1/1297, 1948; 133 Walsdorf 28.
(12) 1(1297, 1948; 40/1876; 133 Walsdorf 28; 356 Camberg 34.
(13) 365 Camberg 35.
(14) Ab-und-zu-Register ab 1572 (Gemeindearchiv Walsdorf); 1/1948; 40/1900; Struck, Quellen III, 112a.
(15) 131 Xa,3; 133 Walsdorf 45; 171 C 590.
(16) 133 Walsdorf 45; 1001/68
Gerhard Buck
Übrigens — WER KENNT NOCH MI SU AUSDRICK
„Er hat nur ein Gewerb/Gewarb ..
Eine Person, die sich bei der Arbeit oder beim Gehen stocksteif und langsam bewegt, ohne krank oder behindert zu sein, deren Bewegungen bei aufrechter Haltung oder in gebückter Stellung bedächtig und auch unbeholfen sind, wird so gekennzeichnet, daß es von ihr heißt, sie habe nur ein Gewarb oder ein Gewerb. Gemeint ist mit diesem Ausdruck, sie bewege sich, als habe sie nur ein Gelenk.
Bei diesem Ausdruck handelt es sich um eine Redensart, die in die Zeit vor 1500 zurückreicht. In dem Wort Gewarb (mundartlich) oder Gewerb ist die Grundbedeutung des alten Verbs „werben“ = drehen, sich bewegen noch enthalten wie auch in dem Substantiv Wirbel in den Wörtern Rückenwirbel, Luftwirbel oder Wirbel an der Geige.
Meines Wissens wurde der Ausdruck auch noch in folgendem Zusammenhang gebraucht. Bei Arbeiten an der Kreissäge kam es immer wieder einmal zu Unfällen, indem jemand mit einem Finger in die Säge geriet. Wenn er dabei ein Fingerglied einbüßte, meine ich gehört zu haben, „der hat den Finger bis zum ersten Gewarb verloren“.
Übrigens stammt das gebräuchliche Wort Gewerbe aus demselben Stamm. Nur daß sich hier der Bedeutungsgehalt im Sinne von dauerndem Tätigsein durchgesetzt hat.
Quelle:
Grimm: Deutsches Wörterbuch Bd. 6, Spalte 5478 ff und Bd. 29, Spalte 153 ff.
Helmuth Leichtfuß
TERMINE
- Mai – 20.00 Uhr – in der „Traube“
Vortrag von Helmut Leichtfuß: “ Wie die Walsdorfer in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebten“. - Mai – 9.00 Uhr ab Dorfgemeinschaftshaus
- Grenzbegehung. Nach einer längeren Pause soll wieder einmal eine Wanderung über die östliche Grenze erfolgen. Mittagessen gibt es wie üblich, auf dem Grillplatz.
- Juni – Gassenfest
Jeden letzten Montag eines Monats Vereinstreffen um 20.00 Uhr in der „Traube“.
Jeden 2. Dienstag eines Monats Foto Arbeitskreis um 19.30 Uhr im Archiv.
Verantwortlich:
Gerhard Buck