Allparteienabend In Walsdorf
Anläßlich der Wahl des Hessischen Landtages am 20.01.1991 lud der Bürgerverein Walsdorf e.V. zu einem Allparteienabend ein.
Dieser Informationsabend fand am 08.01.1991 um 20.00 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus statt. Es waren die Direktkandidaten des Wahlkreises 28 (Untertaunus) der im Landtag vertretenen Parteien eingeladen worden:
Herr Mansuet Heidenreich FDP
Frau Ingrid Reichbauer Grüne
Herr Roland Rösler CDU
Herr Manfred Weber SPD
Die Kandidaten stellten den etwa 70 anwesenden Bürgern zunächst sich selbst und dann natürlich die Ziele der Parteien, die sie vertreten, vor.
Die Wirtschafts- und Schulpolitik, der Einsatz für den Umweltschutz, der Ausbau des Nahverkehrs und die Wohnungsbaupolitik waren die von allen vier Politikern genannten Ziele der Arbeit im Falle des Wahlsieges. Den Schwerpunkt dieser Arbeit wichtete jedoch jeder Politiker entsprechend den Grundzielen seiner Partei. Die Vertreter von CDU und FDP betonten die erfolgreiche Wirtschafts- und Schulpolitik ihrer Koalitionsregierung in der vergangenen Legislaturperiode, während die Vertreter von SPD und Grünen auf die mangelhafte Lehrerversorgung vor allem im Grundschulbereich hinwiesen. Sie versprachen im Falle ihres Wahlsieges die Neueinstellung von 3000 Lehrern in den nächsten vier Jahren. Die interessierten Besucher erwarteten in der anschließenden Diskussion klare Antworten auf ihre teilweise kritischen Fragen. Genau hinterfragt wurde die zusammen mit der Landtagswahl durchgeführte Volksabstimmung. Dabei ging es um die Ergänzung des Artikels 2ba und die Änderung des Artikels 138 der Hess. Verfassung.
Im Artikel 26a geht es um die Aufnahme des Umweltschutzes in die Hess. Verfassung in dem sehr weit gefaßten Wortlaut „Die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen stehen unter dem besonderen Schutz des Staates“.
Der Artikel 138 soll dahingehend geändert werden, daß Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte in direkter Wahl gewählt werden sollen. Diese Volksabstimmung wäre nur unzureichend vorbereitet, die Bevölkerung nicht ausreichend informiert gewesen, meinten kritische Bürger.
Landwirte und Handwerker stellten den vier Politikern ihre wirtschaftlichen Probleme so eindringlich vor, daß diese sich davon recht betroffen zeigten. Sie waren sich einig, daß durch entsprechende Förderprogramme Abhilfe geschaffen werden müßte. Doch wie konnte man natürlich nicht sagen.
In dieser Veranstaltung des Walsdorfer Bürgervereins erlebten die Wähler die Direktkandidaten ihres Wahlkreises in einer Podiumsdiskussion, und sie selbst kamen mit ihnen ins Gespräch. Im Kreis war dies die einzige Veranstaltung dieser Art vor der Landtagswahl.
Monika Kiesau
Die Ergebnisse der Landtagswahl vom 20.01.1991
Bei der Landtagswahl am 20. Januar 1991 waren in Walsdorf 1164 Personen wahlberechtigt, 78 mehr als vor vier Jahren. An der Wahl beteiligten sich 819 Personen; davon haben 43 mit Wahlschein gewählt. Die Wahlbeteiligung war mit 70,4 % diesmal deutlich niedriger als sonst. Das lag sicher nur z.T. an dem naßkalten Wetter; sie war wahrscheinlich eine direkte Auswirkung des am 17. Januar begonnenen Golfkrieges, demgegenüber die Landtagswahl von untergeordneter Bedeutung war. Möglicherweise war auch mancher Wähler wahlmüde, weil erst am 2. Dezember 1990 der Bundestag gewählt worden war, oder verdrossen, weil die Wahlversprechen von den Regierungsparteien in den Koalitionsabsprachen nicht eingehalten wurden.
Bei dieser Landtagswahl hatten die Wähler zum ersten Mal zwei Stimmen. Mit der Wahl war eine Volksabstimmung über die Aufnahme des Umweltschutzes als Staatsziel in die Verfassung und die Direktwahl
20.01.1991 | 05.04.1987 | |||||
Wahlberechtigte | 1164 | 1086 | ||||
Wähler mit Wahlschein | 43 | 70,4% | 99 | 83,1% | ||
Abgegeb. Stimmen | 776 | 804 | ||||
1.St. | % | 2.St. | % | St. | % | |
CDU | 342 | 44,1 | 326 | 42,0 | 345 | 42,9 |
SPD | 325 | 41,9 | 305 | 39,3 | 315 | 39,2 |
FDP | 54 | 7,0 | 69 | 8,9 | 68 | 8,5 |
GRÜNE | 32 | 4,1 | 51 | 6,6 | 63 | 7,8 |
REP | 8 | 1,0 | 8 | 1,0 | – | – |
Sonstige | – | – | 6 | 0,7 | 1 | 0,1 |
Ungültige | 15 | 1,9 | 11 | 1,4 | 12 | 1,5 |
Mit den Ergebnissen von 1987 können nur die Ergebnisse der Zweitstimmen verglichen werden, weil nur diese maßgebend für die Sitzverteilung im Landtag sind. Bei diesem Vergleich lassen sich folgende Feststellungen treffen:
die CDU hat gegenüber 1987 0,9 %-Punkte verloren
die SPD hat ihr Ergebnis gehalten, aber nicht verbessern können die F.D.P. hat leicht gewonnen
die GRÜNEN haben mit 1,2 %-Punkten ebenfalls leichte Verluste gehabt
die vier restlichen Parteien haben insgesamt nur 1,7 % der Stimmen erreicht.
Vergleich der Walsdorfer Ergebnisse mit denen der Gesamtstadt:
- die SPD hat in Walsdorf 3 % mehr Stimmen bekommen
- die CDU hat 1 % mehr Stimmen erzielt
- die Ergebnisse der F.D.P. sind hier nur geringfügig schlechter
- die GRÜNEN liegen 3,9 % unter dem Ergebnis der Stadt
- die Splitterparteien sind schwächer als in Idstein.
Betrachtung der Erststimmen:
Der Direktkandidat der SPD hat 2,6 % und der Kandidat der CDU 2,1 % mehr Stimmen als die jeweilige Partei erhalten.
Bei den GRÜNEN und der F.D.P. ist es genau umgekehrt. Die Direktkandidaten dieser Parteien hatten nämlich keine Chance, das Wahlkreismandat zu erringen. Die GRÜNEN erhielten 19 Zweitstimmen mehr als Erststimmen und die F.D.P. 15.
SPD und GRÜNE haben, wenn man die Erst- bzw. die Zweitstimmen addiert, fast die gleiche Stimmzahl, nämlich 357 bzw. 356 erzielt. Das gleiche gilt für die CDU und F.D.P. Das erlaubt den Schluß, daß der größte Teil bzw. alle Wähler der GRÜNEN, die ihre Stimme gesplittet haben, mit der Erststimme den SPD-Kandidaten und die F.D.P.-Wähler entsprechend den CDU-Kandidaten gewählt haben. Die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme wird noch dadurch gestützt, daß man davon ausgehen kann, daß die 8 Wähler der Republikaner diesen beide Stimmen gegeben haben.
Die Volksabstimmung
Der Aufnahme einer Bestimmung über den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen in die Verfassung stimmten 559 Wähler zu. 148 lehnten das Gesetz ab, und 69 Stimmzettel waren ungültig.
Dem Gesetz über die Direktwahl der Bürgermeister. Oberbürgermeister und Landräte stimmten 560 Wähler zu. 144 stimmten mit Nein, und 27 Stimmzettel waren ungültig.
Helmuth Leichtfuß
Bericht über die zurückliegenden Ortsbeiratszitzungen
Zunächst:
In unserer letzten Zusammenfassung mußten wir den noch immer anstehenden Verkauf der alten Schule feststellen – inzwischen kann diese Klage als abgeschlossen gelten, neue Eigentümer haben sich gefunden, und wir freuen uns über positive Meldung. Zur geplanten Nutzung des Anwesens, d.h. auch der Parkplätze, liegen z.Z. noch keine Mitteilungen vor. Der Ortsbeirat bittet den Magistrat als Verkäufer um Einsicht- und Stellungnahme in das noch einzureichende Nutzungskonzept.
Leider können wir ihnen auch heute nichts Neues bzw. Konkretes zum Stand der geplanten Verkehrsberuhigung berichten.
Das von Herrn Launspach vorgestellte Konzept sieht ausgehend von einer „50-km/h- oder Stopp-Ampel“ im Bereich des Feuerwehrhauses weitere Baumaßnahmen wie Parkbuchten, Pflanzungen und Verkehrsbeschilderung zur Geschwindigkeitsreduktion auf 30 km/h in allen Dorfbereichen, mit Ausnahme der Durchgangsstraße, vor.
Das Konzept wird z.Z. in den entsprechenden Gremien des Magistrats weiter beraten.
2 weitere wichtige Punkte, die unsere Gemeinde und ihr Umfeld betreffen, stehen zur Diskussion an. Sie sollten als Einheit angesehen und in ihrer Wechselwirkung zueinander betrachtet werden.
Es sind dies:
1. Golfplatzerweiterung
2. Biotopvernetzungskonzept
Zu 1: Golfplatzerweiterung
Die Betreiber der z.Z. 18 Löcher umfassenden und ca. 90 ha großen Golfplatzanlage beabsichtigen eine Erweiterung der Fläche um weitere 42 ha und planen die Einrichtung einer dann 27-Loch-Anlage! Diese Erweiterung umfaßt landwirtschaftliche Nutzflächen bester Bodenqualität, wobei allerdings auch heute schon einige in Dauerbrache liegen. Geplant sind langfristige Pachtverträge mit den Grundeigentümern, die ihr Einverständnis gegenüber dem Magistrat als Befürworter des Projekts signalisiert haben.
Der Ortsbeirat stimmt diesen Plänen unter der Berücksichtigung des freien Zugangs über öffentliche Wege zu.
Die Erweiterung setzt eine entsprechende Löschung der Landschaftsschutzordnung voraus. Eine Stellungnahme aller Träger öffentlicher Belange muß hierzu eingeholt werden.
Sie als Bürger können in einer Informationsveranstaltung am Montag, den 15.04.91 weitere Planungseinzelheiten im Dorfgemeinschaftshaus einsehen.
Diese Veranstaltung dient auch dem folgenden Punkt 2.
Zu 2.: Biotopvernetzungskonzept
Seit nun ca. 2 Jahren hat die Naturlandstiftung in Zusammenarbeit mit verschiedenen Gremien bzw. Verbänden und im Auftrag des Magistrats für unsere Gemarkung Planungsunterlagen erarbeitet, um langfristig mit einem Konzept zur Biotopvernetzung mehr „Leben“ in die monotonen Wirtschaftsflächen zu bringen.
Unter anderem sind dabei Pflanzungen von Heckengürteln, Streuobstwiesen mit Hochstammobst, Grünlandbereiche in den beiden Bachauen und gezielte Brachflächen vorgesehen. Pflegepläne für diese umfassenden Maßnahmen sind ebenfalls erarbeitet, z.B. Heckenschnitt und Mahdtermin.
Angestrebt wird ein Gesamtbild ähnlich dem unserer „Ostseite“ jenseits der B8 mit den Heckenstreifen entlang der Gräben.Windbrechende Effekte könnten z.B. Schneeverwehungen verhindern und den Winterstraßenbericht sehr wohl zu unseren Gunsten verändern. Zum anderen sind wasserspeichernde Effekte in Trockenzeiten äußerst nützlich und sollten als Ausgleich gegenüber Negativ-Faktoren angesehen werden.
Hoffen wir auf baldige Verwirklichung, zumal auch schon heute mehr und mehr Flächen brach liegen bleiben, obwohl andererseits Gräben und selbst Feldwege umgepflügt werden. Ausgleichszahlungen für die zu erwartenden Nutzungseinschränkungen sind vom Land und der Gemeinde zu tragen. Wir möchten Sie in diesem Sinne nochmals auf den oben angekündigten Veranstaltungstermin hinweisen.
Als abschließenden Punkt sind die zur Zeit laufenden Abschlußarbeiten an der neuen Tiefbohrung im Emstalgrund zu nennen. Die umliegende Flur ist in Absprache mit den Grundeigentümern ab sofort als Wasser-Schutzzone II besonderen Beschränkungen unterworfen. Ein folgender Bürgerbrief wird auf die Problematik der Trinkwassergewinnung und -versorgung mit einem Artikel eingehen.
J. Fleischer und M. Wetzel
Wilhelm Türck – Aus dem Leben eines Schäfers
Haben Sie schon einmal eine Schafherde „im Schweinsgalopp“ gesehen? Ich habe: An einem kühlen, aber sonnigen Sonntag im November ging ich um die Mittagszeit zu Fuß von Wörsdorf durch die Felder nach Walsdorf. Auf dem Weg ins Färberbachtal sah ich aus dem Waldweg neben der Bauernwiese eine Schafherde regelrecht heranpreschen. Wieso nur hatten es diese doch meist so beschaulich wirkenden Tiere denn so eilig? Ganz einfach: Sie folgten nur ihrem Schäfer, der sich – allerdings im Auto – in Bewegung gesetzt hatte.
Schafehüten per Auto? Das machte mich neugierig, und ich sprach den Mann im Auto darauf an. Er war sofort kontaktfreudig und zur Auskunft bereit und erklärte mir, daß er sich nach einer überstandenen Operation noch etwas schonen müsse. Der Schäfer war Wilhelm Türck aus Wallrabenstein; viele alteingesessene Walsdorfer kennen ihn schon lange, und auch vielen Spaziergängern, die ihn vielleicht nicht persönlich kennen, wird jedenfalls der Anblick seiner Herde vertraut sein; kommt er doch im Herbst immer für ein paar Wochen in unsere Gemarkung. Dann läßt er seine Tiere gegen ein Entgelt tagsüber die Wiesen noch einmal abgrasen. Nachts treibt er sie in einen Pferch mit Elektroeinzäunung und fährt. dann selbst zum Übernachten nach Hause.
Ich fand es sehr interessant, das Verhalten der weidenden Tiere zu beobachten, wenn der Schäfer sie eine Weile frei grasen läßt und dann die ganze, zuweilen ziemlich weit verstreute Herde nur durch ein paar Zurufe wieder sammelt und in eine bestimmte Richtung leitet. Sollte das dann noch nicht ganz zu seiner Zufriedenheit ausgefallen sein, schickt er auch wohl einmal seinen schwarzen „Prinz“ hinterdrein, einen Hund, fast so wollig wie die Schafe.
Noch einige Male traf ich Wilhelm Türck bei seiner Arbeit, die er jetzt im Rentenalter mehr als Hobby betreibt. Er ist sein Leben lang an der frischen Luft gewesen und würde das alles sehr vermissen. Die Abhärtung durch diese Lebensweise hat ihm eine widerstandsfähige Gesundheit eingebracht, wie ihm die Komplimente der Ärzte bestätigt haben, und auch seine 78 Jahre sieht ihm wohl keiner an.
Das Schafehüten hatte es Wilhelm Türck schon in seiner Heimatstadt Büdingen angetan, wo er als Schulbub die Tiere für die Schafhalter hüten durfte. In Büdingen erlernte er dann auch das Schafehüten als Beruf beim dortigen Kreisschäfermeister und legte 1938 mit 25 Jahren seine Meisterprüfung ab. In der ersten Zeit hütete er die Schafe für die Bauern und andere Schafhalter, denn damals kam in jedem Dorf noch eine ansehnliche Herde zusammen.
1938 kam er dann auch zum Schafehüten nach Wallrabenstein, wo ihn ein Mädchen namens Henny Kadesch für immer festhalten sollte. Sie hat seit über 50 Jahren ein arbeits- und entbehrungsreiches Leben, in dem es niemals einen Urlaub gegeben hat, mit ihm geteilt. Wenn das Ehepaar Türck, einander abwechselnd und ergänzend, dem freundlich aufgenommenen neugierigen Gast lebhaft und anschaulich aus den langen gemeinsamen Jahren berichtet, bekommt man eine Ahnung davon, wie Zeitgeschichte und persönliches Schicksal verflochten sind und welche Mühen, Entbehrungen und auch Leiden den Aufbau der eigenen Schäferei begleiteten.
Nachdem das erste eigene Schaf mit der Flasche großgezogen worden war, baute Wilhelm Türck aus bescheidenen Anfängen – zuerst sieben eigene Schafe – durch allmähliches Zukaufen und eigene Nachzucht seine Herde auf, die später einmal bis zu 400 Tiere umfaßte. Während ihr Mann im Zweiten Weltkrieg als Soldat eingezogen war, brachte Henny Türck 33 Tiere durch den Krieg. Diesen Grundbestand konnte ihr Mann nach seiner glücklichen Heimkehr durch den Kauf von 220 Tieren vom Hofgut Gassenbach (für 8000 Reichsmark) und eigene Nachzucht dann bis auf 400 vermehren, die man nach Aussage des Schäfers auch braucht, um eine Familie zu ernähren.
Zur Familie gehörten die 1939 und 1950 geborenen Söhne, um deren Leben und Gesundheit die Eltern viel Leid und Sorgen zu tragen hatten. Zwischen 1954 und 1956 mußte auch Henny Türck die Schafe hüten, weil ihr Mann auf dem Bau arbeitete, um dazuzuverdienen. Denn trotz des Verkaufs von 60 der besten Schafe war die Finanzsituation der Familie nach langen Krankenhausaufenthalten der Söhne sehr angespannt. (Nach längerem Krankenhausaufenthalt galt seitens der Krankenkasse zu jener Zeit ein Patient als „ausgesteuert“ und hatte weitere Kosten dann selbst zu tragen. So etwas gibt es zum Glück heute nicht mehr.) Der enorme Einsatz beider Eltern und die ungewöhnlichen Anstrengungen der Mutter hatten Erfolg: die Söhne wurden gesund. Schäfer sind sie im übrigen später nicht geworden, sondern haben sich andere Berufe gewählt.
Auch von seinem Militärdienst weiß Wilhelm Türck viel zu erzählen. 1937 wurde er zu einer Militärübung zu den Pionieren nach Aschaffenburg eingezogen. 1939 kam er im Weltkrieg an die Westfront, wurde jedoch im folgenden Jahr für die Bauernschäferei „reklamiert“: Alle Schäfer und Melker wurden bei ihrer Arbeit in der Heimat mehr benötigt als an der Front und daher freigestellt. Hätte Wilhelm Türck damals die ihm auf dem Hof Gassenbach (staatlicher Betrieb) angebotene Schäferstelle angenommen, hätte er nicht 1944 ein zweites Mal an die Westfront einrücken müssen.
Heute betreut der „älteste Schäfer Deutschlands“ nach über 60 Berufsjahren immerhin noch 135 Schafe, zu denen ein Bock gehört – Vater der zahlreichen im Dezember und Januar geborenen Lämmer, die im Sommer und Herbst dann verkauft werden. Im Winter halten sich die Tiere zwar meist in einem großen durch Bretter untergliederten Stallgebäude auf, kommen aber auch bei Schnee immer noch 1 – 2 Stunden nach draußen. Obwohl sie immer etwas zu fressen finden – sogar Schnee gehört dazu – werden sie winters mit Heu und Zuckerrüben gefüttert. Ein „Sorgenkind“ ist auch dabei: es frißt nur draußen.
Als seine Herde noch größer war, hatte Wilhelm Türck Sommerweiden auch weit außerhalb, z.B. hat er 11 Jahre in Ehlhalten und 12 Jahre im Wiesbadener Rabengrund seine Herde weiden lassen. Aber auch von dort fuhr er abends meist heim, zuerst mit dem Motorrad, später mit dem Auto. Und das Auto macht er sich heut noch zunutze, wie wir eingangs gesehen haben.
Mit seinen Berufskollegen hält der alte Schäfer immer noch Kontakt und besucht ihre Versammlungen, wo über die Probleme des Berufsstandes gesprochen wird. Sorgen machen den Schafhaltern die viel zu niedrigen Preise für Schlachtlämmer, die z.Z. bei 90 bis 100 DM pro Tier liegen. 50 Lämmer habe sie in den letzten zwanzig Jahren mit der Flasche aufgezogen, ergänzt Frau Türck an dieser Stelle. Sie meint, die Frau eines Schäfers müsse den Beruf ihres Mannes voll bejahen, sonst könne sie nicht bei ihm bleiben.
Wer nun aber meint, der alte Schäfer sei nach allem, was er erlebt hat, ein Griesgram geworden, der täuscht sich. Man braucht nur in sein Gesicht mit den lebhaften Augen zu sehen, um zu erkennen, daß über 60 Jahre Schäferei ihn innerlich jung erhalten haben, und alle Schnippchen, die er seinerseits dem Schicksal geschlagen hat, machen ihm offensichtlich auch heute im Rückblick noch Spaß. Einen Wunsch haben die Türcks: Sie würden gern mal einen Tag zusammen wegfahren, denn Urlaub hat es in ihrem Leben bisher nie gegeben.
Isolde Buck
Die Aktivltäten des Landfrauenvereins Walsdorf (Teil 2)
Wer Abwechslung in seinen Aktivitäten sucht, braucht nur in den Landfrauenverein einzutreten. Das Angebot dort ist sehr vielfältig und abwechslungsreich.
Wir möchten in den folgenden Zeilen einen kurzen Abriß der Möglichkeiten darstellen. Bestimmt ist für jeden Geschmack im Laufe der Zeit etwas dabei.
Blickt man zurück in die Anfangsjahre des Vereins, so sollte man nicht vergessen, die Einweihung des Dorfgemeinschaftshauses am 11.11.1967 zu erwähnen. Die Landfrauen übernahmen die Bewirtung der Ehrengäste und erstellten ein großes kaltes Buffet.
Mit gutem Essen und Trinken kann man mit Leichtigkeit Mitglieder zum Kochtopf ziehen. Daher werden regelmäßig Kochnachmittage angeboten, in denen mit Begeisterung nach neuen Rezepten gekocht und natürlich auch probiert wird.
Für die Bildung wird selbstverständlich auch gesorgt. Hier kann in der Vergangenheit von einem breiten Spektrum berichtet werden, z.B. waren hauswirtschaftliche Themen wie Ernährung und Vorratswirtschaft, Gesundheitsfragen, Umweltschutz (Energiesparen) oder Familien- und Lebensfragen (z.B. Erbrecht) auf der Tagesordnung. Einen großen Platz nimmt ebenfalls der Bereich Nutz- und Wohngarten ein. Zur Entspannung sind die Dia-Abende über fremde Länder wie Japan, Skandinavien oder auch Österreich sehr gut geeignet. Der Bericht eines Jagdausfluges nach Kanada zog eine große Zahl von Besuchern an.
Weiterhin stehen regelmäßig Besichtigungen an, die bisher zu den MKW nach Höchst, zu Asbach in Rüdesheim, ZDF (Drehscheibe), Hessischer Rundfunk in Frankfurt, Bundesgartenschau oder zum Bundestag in Bonn führten. Diese Liste läßt sich noch lange weiterführen und wird jedes Jahr länger.
Nicht vergessen darf man den jährlichen Ausflug und die Traktorfahrt, bei denen selbstverständlich die Partner eingeladen sind und mit Kaffee und Kuchen verwöhnt werden. Große Resonanz finden ebenso die Sommer- und Winterwanderungen.
Immer wiederkehrende Aktivitäten sind natürlich die Mitwirkung beim Kerbeumzug sowie der Bauernball mit Tanz und Theatervorführung.
Manchmal kann man schon etwas Ausgefallenes beim Landfrauenverein erleben wie die Modenschau im Dorfgemeinschaftshaus, bei der die Landfrauen selbst als Mannequins über den Laufsteg flanierten.
Zum Schluß ein kleiner Überblick von stattgefundenen Kursen:
Schwimmen, Yoga, Töpfern, Makramee, Kosmetik, Erste Hilfe, Nähen, Seidenmalerei, Fimo, Hinterglasmalerei und Obstgehölzeschnitt.
Wir hoffen, daß diese Aufzählung von Aktivitäten die anderen Vereine nicht neidisch gemacht hat, denn auch in Zukunft wird das vielfältige Angebot beibehalten.
Karin Munsch
Aus der Fotosammlung
Volksschule Walsdorf – Schulentlassung 1937
Unser Bild zeigt den Jahrgang 1923 nach dem Zeugnisempfang und der Schulentlassung mit den Walsdorfer Lehrern im Jahr 1937. Es waren 5 Buben und 14 Mädchen.
In der ersten Reihe vorne stehen die Buben Richard Lehmann, Alfred Kadesch, Alarich Sauer, Paul Lehmann und Heini Hohl (v.l.n.r.). In der Reihe dahinter kommen die Mädchen Martha Fritz, Paula Rühl, Lieselotte Baum, Hedwig Menzel, Hildegard Scheid, Martha Schauß, Luise Pauli, Erna Fritz und Else Mayer. Die m der oberen Reihe sind Lilli Klee, Martha Ludwig, Erika Heinelt, Elli Hofmann und Elfriede Stamm. Ganz hinten die Lehrer Paul Müller (Unterstufe, 1. und 2. Schuljahr), Wilhelm Jacob (Hauptlehrer, Oberstufe, 6., 7. und 8. Schuljahr) und August Walther (Mittelstufe, 3., 4. und 5. Schuljahr).
Für die Schulabgänger beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Auch für sie gilt noch mit Friedrich Schiller: „Ihm ruhen noch im Zeitenschoße die schwarzen und die heitern Lose“. Keiner ahnte zum Beispiel, daß schon gut zwei Jahre später der zweite Weltkrieg ausbrechen würde, aus dem zwei der Buben (Richard Lehmann und Heini Hohl) nicht mehr zurückkehren sollten.
Alle Schulentlassenen bekamen in diesen Jahren von der Gemeinde ein sinnvolles Geschenk. Es bestand in einem jungen Obstbäumchen. Nach Absprache mit den Eltern konnte die Sortenart ausgewählt werden. Lehrer Jacob gab der jungen Generation Anweisungen zur Baumpflege. Er lehrte sie, Bäume zu schneiden, Bäume zu pfropfen und gut mit ihnen umzugehen. Jeder war stolz auf „seinen“ Baum und gespannt auf die ersten Früchte. Das Schuljahr ging von April zu April, und bald nach der Schulentlassung folgte, meist am Palmsonntag, die Konfirmation. Da Walsdorf damals fast rein evangelisch war, hieß der ebenerwähnte junge Baum der „Konfirmandenbaum“. Einige dieser Bäume stehen heute noch.
Die Aufnahme ist am Eingang zur Schule gemacht.
Amanda Grabosch
Essen aus elnem fremden Land In Walsdorf
Das hat schon fast Tradition! Einmal im Jahr lädt der Bürgerverein Walsdorf e.V. zu einem Spezialitäten-Essen ein. Das Essen wird am Samstag, den 4. Mai 1991, um 1930 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus veranstaltet.
Es werden Speisen aus fernen Ländern geboten. Freundlicherweise haben sich einige unserer neuen Mitbürgerinnen aus der Morcher Mühle bereit erklärt, Gerichte der Deutschen aus der Sowjetunion für uns zuzubereiten.
Frau Konradi und Frau Wolf lebten bis vor einem Jahr im fernen Usbekistan. Sie haben mit einem Team des Vereins folgendes „Menü“ für den Spezialitäten-Abend zusammengestellt:
Borsch‘ (russische Kohlsuppe – ohne rote Bete! – doch mit Rindfleisch)
Manti (Nudelteigtaschen mit Fleischfüllung und Zizibele-Soße)
Mohrrübensalat usbekischer Art mit Knoblauch
Tee mit Gebäck
und natürlich Wodka zum Essen!
Das Essen wird zum Selbstkostenpreis angeboten. Wer diese fremdländischen Gerichte in netter Runde genießen möchte, sollte sich bis spätestens Samstag, d. 27.04.1991, bei Monika Kiesau, Tel. 06434/6723 anmelden, damit die Vorbereitungen entsprechend der Teilnehmerzahl getroffen werden können. Um frühzeitige Anmeldung wird gebeten, da die Teilnehmerzahl auf 50 Personen begrenzt wird in der Reihenfolge der Anmeldungen!
Der Ortsbeirat lädt ein:
Montag, den 15. April 1991 – 20.00 Uhr – Dorfgemeinschaftshaus Informationsveranstaltung „Golfplatzerweiterung und Biotopvernetzung“
Redaktion:
Gerhard Buck, Am Borngraben 24, Idstein-Walsdorf (verantwortlich)
Monika Kiesau (Verein)
Helmuth Leichtfuß (Geschichte)
Manfred Wetzel (Aktuelles)