Entwicklung des Golfplatzes unter ökologisch/biologischen Gesichtspunkten
Vorbemerkung:
Der DBV (Naturschutzbund Deutschland), Ortsgruppe Idstein hat die Errichtung und Entwicklung der Golfplatzanlage verfolgt und unter der Leitung von Herrn Bender dokumentiert. Im 7. ornithologischen Jahresbericht, der als Hauptaufgabe die Bestandsaufnahme unserer heimischen Vögel darlegt, werden zum Thema alle relevanten Fakten ausführlich dargestellt und sind ebendort einzusehen. Hier soll nur eine kurze, auszugsweise Zusammenstellung vorgenommen werden.
Der Baubeginn der Anlage erfolgte im Frühjahr 1989, und nach umfangreichen Pflanzungen im Herbst/Winter wurde am 16.4.1990 ein erstes Spiel ausgetragen. Leider waren durch Tierverbiß und den extrem trockenheißen Sommer beachtliche Ausfälle (über 30%) festzustellen. Entsprechend bestehenden Vorgaben der Naturschutzbehörden wurden diese Verluste inzwischen durch Neu- bzw. Nachpflanzungen ersetzt. Unter den ca. 12.000 Gehölzen, die insgesamt gepflanzt wurden, waren ca. 1.000 Bäume mit bis zu 7 m Höhe, darunter ca. 150 Obstbäume.
Die offizielle Einweihung als 9-Lochanlage fand am 4.6. statt, die vollständige 18-Lochanlage wurde im September in Benutzung genommen. Die Größe des Platzes beträgt ca. 85 ha ehemals intensiv genutzter landwirtschaftlicher Nutzfläche. Bei der Errichtung wurde von der MKW die über den Platz führende 20 kV Leitung unter die Erde verlegt und die Masten entfernt. Das Hauptwegenetz wurde übernommen.
Eine z.Z. anstehende Erweiterung wird das Golfgelände noch einmal um ca. 50% vergrößern.
Aufbau, Gliederung und Struktur des Geländes
18 Spielbahnen mit dazwischen liegenden naturnahen Flächen als Spielfeldbegrenzungen gliedern die Gesamtfläche. 2 größere Heckenstreifen konnten unverändert erhalten und übernommen werden. Zu den Spielbahnen mit den Abschlägen, Fairways und Greens müssen die Drivingrange und auch die Sandbunker gezählt werden. Zu den naturnahen Flächen sind die als gras- und kräuterreiche Wiesenflächen angelegten Roughs, 2-3 wildackerähnliche Flächen, Gebüschgruppen, Hecken, Einzelbäume (od. Gruppen) und 4 Teichanlagen zu zählen, wobei letztere als Sammelbecken für die Beregnungsanlagen dienen. Von den 85 ha werden ca. 30 ha (35%) intensiv genutzt. Wege, Clubhaus (mit Bahnhof und Parkplatz) machen etwa 8% der Gesamtfläche aus. Der Wasserbedarf der Anlage mit ca. 6.000 m3 (im ersten Sommer) wird zu 2/3 vom Henriettenthaler Hof und zu 1/3 vom alten Bahnhofsbrunnen gedeckt. Eine Düngung erfolgt nur auf den Abschlägen und den Greens. Auf Pflanzenschutzmittel wird völlig verzichtet. Die Greens werden fast täglich gemäht (das Mähgut wird dabei entfernt), die Spielbahnen erst bei einer Grashöhe ab 5 – 10 cm (Mähgut wird dabei gemulcht). Der Grasschnitt der Roughs wird kompostiert und fällt einmal pro Jahr an, wobei 1990 Zweidrittel der gesamten Roughflächen ungemäht blieben, um Kräutern und Stauden aussamen zu lassen.
Auflagen der Unteren Naturschutzbehörde
Mit der landschaftsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung durch die UNB vom 21.3.1989 waren für den Bau der Anlage u.a. folgende Auflagen verbunden:
– Als Ausgleich für den Eingriff in Natur und Landschaft und zur Verbesserung der ökologischen Gegebenheiten sind Gehölzflächen, Baumgruppen, Steuobstflächen unter Berücksichtigung einheimischer Arten vorgesehen. Daneben sind Einzelsträucher, Brombeer- und „Benjeshecken“ sowie Steinhaufen und Moderholzhaufen eingeplant.
- Als Ausgleich für den Eingriff in Natur und Landschaft und zur Verbesserung der ökologischen Gegebenheiten sind Gehölzflächen, Baumgruppen, Steuobstflächen unter Berücksichtigung einheimischer Arten vorgesehen. Daneben sind Einzelsträucher, Brombeer- und „Benjeshecken“ sowie Steinhaufen und Moderholzhaufen eingeplant.
- Im Randbereich sollen 2 – 3 Flächen offengehalten werden, auf denen Ackerwildkräuter angesiedelt und gepflegt werden können.
- Die Wiesen im Bereich der Roughs sind aus einheimischen, standortgerechten Gräsern und Kräutern zusammenzusetzen.
- Bei den Obstgehölzen sind ausschließlich mittelgebirgsharte Sorten, bei den Äpfeln nur Mostapfelsorten zu verwenden.
- Die biologischen Kleinkläranlagen sind zu bepflanzen, und eine Pflege ist nach Plan vorzunehmen.
- Die Bepflanzung der Teichanlagen hat sich an einer vorgegebenen Pflanzenliste zu orientieren.
- Weiter Auflagen betreffen die Gestaltung der Außenfassaden der Gebäude und des Parkplatzes.
Bestandsaufnahme und Bewertung der Vegetation
In den Roughs entwickelte sich eine üppige Vegetation: dicht, mittelhoch und fast undurchdringlich. Es dominierten einige wenige Arten, z.B. immer noch Kamille, Hopfen- oder Gelbklee, Weißklee, gewöhhnlicher gelber Steinklee, Schafgarbe, Hirtentäschel, Windhalm, Ährengetreide neben einigen wenigen Gräserarten. Raps, Esparsette und Mohn sowie vereinzelt Kornblumen setzten Farbtupfer.
Dies zeigt, dass sich im ersten Vegetationsjahr neben eingesäten Arten vor allem noch die standortgemäße Spontanflora durchsetzte. Überraschend konnte man eine sich flächendeckend ausbreitende nichtheimische Kressenart feststellen. Sie war mit nur 0,1% im Saatgut enthalten, unterdrückte aber im Laufe des Sommers alle anderen Kräuter, bildete hohe Samenstände und fruchtete millionenfach aus. Eine Unterdrückung war erforderlich. Die Roughs waren im ersten Jahr zwar üppig begrünt und reich an Grünmasse, aber sehr artenarm. Beides ist auf ein noch vorhandenes Überangebot an mineralischen und organischen Nährstoffen zurückzuführen, wobei Stickstoff an erster Stelle zu nennen ist. Erst im Laufe der nächsten Jahre, wenn keine weiteren Nährstoffe mehr zugeführt werden, wird sich eine wiesenähnliche Vegetation mit artenreicher Flora einstellen.
Auf den wildackerähnlichen Flächen am Nordostrand der Anlage entwickelte sich eine typische Brachackerflora mit Kamille, Ackerstiefmütterchen, Vogelmiere, Hirtentäschel, Knöterich, Brunelle, Ehrenpreis, Klettenlabkraut, Erdrauch, Taubnessel, Distel usw.
Auffallend ist eine weitgehende Übereinstimmung der Artenzusammenstellung von Roughs und diesen Wildackerflächen.
Tier-, spez. Vogelbestand
Im Laufe des ersten Jahres machte sich eine starke Mäuseplage bemerkbar, so dass im Herbst 1990 ein auf Kontaktwirkung beruhendes Präparat zur Eindämmung eingesetzt wurde. Neben Füchsen ist als Besonderheit von dem Vorkommen zumindest eines Dachses auszugehen.
Unter Einbeziehung der Randbereiche wurden 1989: 44 Brutvogelarten gezählt. Im direkten Bereich des Golfplatzes konnten 1989: 21, 1990: 20 und 1991: 21 Brutvogelarten festgestellt werden. Man beachte auch entsprechende Schwankungen in der folgenden Zusammenstellung der Brutpaare:
Nr. | 1989 | 1990 | 1991 | Nr. | 1989 | 1990 | 1991 | ||
1 | Amsel | 3 | 3 | 4 | 14 | Hänfling | – | 1 | – |
2 | Bachstelze | 2 | 2 | 3 | 15 | Hausrotschwanz | 1 | 1 | 1 |
3 | Blaumeise | 1 | – | 1 | 16 | Haussperling | 5 | 5 | 4 |
4 | Buchfink | 2 | 3 | 3 | 17 | Heckenbraunelle | 1 | 1 | – |
5 | Distelfink | – | – | 1 | 18 | Klappergrasmücke | 1 | 1 | 1 |
6 | Dorngrasmücke | 1 | 1 | 2 | 19 | Kohlmeise | 3 | 3 | 3 |
7 | Elster | 1 | 1 | 2 | 20 | Mönchsgrasmücke | 3 | 3 | 2 |
8 | Feldlerche | 20 | 18 | 16 | 21 | Nachtigall | – | 1 | – |
9 | Feldsperling | 1 | – | 3 | 22 | Star | 1 | 1 | 2 |
10 | Gartengrasmücke | 1 | 1 | 1 | 23 | Sumpfrohrsänger | 1 | 2 | – |
11 | Girlitz | 1 | – | 2 | 24 | Wacholderdrossel | 2 | 2 | 3 |
12 | Goldammer | 2 | 3 | 5 | 25 | Weidenmeise | – | 1 | – |
13 | Grünfink | 1 | – | 3 | 26 | Zilpzalp | – | – | 1 |
Zusätzlich wurden in den Randbereichen mit Einzug zum Golfplatz 1989 ingesamt die folgenden 44 Arten Brutvogelpaare festgestellt:
Amsel | 6 | Gartengrasmücke | 4 | Rabenkrähe | 1 |
Bachstelze | 2 | Gartenrotschwanz | 1 | Ringeltaube | 2 |
Baumfalke | 1 | Girlitz | 2 | Rotkehlchen | 2-4 |
Blaumeise | 5 | Goldammer | 5 | Singdrossel | 2 |
Buchfink | 8 | Hänfling | 2 | Sommergoldhähnchen | 1-4 |
Buntspecht | 1 | Hausrotschwanz | 2 | Star | 1-6 |
Distelfink | 1 | Haussperling | 5 | Supfmeise | 0-2 |
Dorngrasmücke | 4 | Heckenbraunelle | 4 | Sumpfrohrsänger | 2 |
Eichelhäher | 2 | Kernbeiser | 3 | Turmfalke | 0-1 |
Elster | 2 | Klappergrasmücke | 3 | Turteltaube | 4 |
Feldlerche | 20 | Kleiber | 2 | Wacholderdrossel | 2 |
Feldschwirl | 1 | Kohlmeise | 6 | Weidenmeise | 1 |
Feldsperling | 5 | Mäusebussard | 1 | Zaunkönig | 3 |
Fitis | 1 | Mönchsgrasmücke | 5 | Zilpzalp | 5 |
Gartenbaumläufer | 2 |
Zusätzlich liegt ein Brutnachweis einer Nachtigall in den Hecken der Bahnlinie vor.
Naturgemäß sind auf einer noch wenig strukturierten Fläche weder arten- noch individuenreiche Vorkommen zu erwarten. Auf den Roughs brüten nur Feldlerchen, wobei ihnen die kurzrasigen Flächen zum Nahrungserwerb dienen. Ein Rebhuhnpaar dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Übergangszone zur freien Feldflur gebrütet haben. Erstaunlich artenarm sind die beiden Heckenstreifen. Hier brüten nur eine Elster, wenige Goldammern, Buchfinken, Grasmücken und wahrscheinlich auch eine Nachtigall. Die Mehrzahl der Brutvögel ist in den Randbereichen angesiedelt, vor allem im Bereich des alten Bahnhofs, der Bahnlinie und den Hecken entlang der Zufahrtsstraße. Die 1991 mit neuem Brutnachweis aufgeführten Distelfink und Zilpzalp brüten im Bereich des Bahnhofs, also ebenfalls außerhalb der eigentlichen Spielflächen. Ein Neuntöter konnte noch nicht als Brutvogel nachgewiesen werden. Infolge der starken Mäusevermehrung 1990 war der Tisch für Greifvögel reich gedeckt. Bis zu 10 Mäusebussarde und ebenso viele Turmfalken nutzten dieses Angebot zeitweise. Rote Milane waren ebenso in beachtlicher Anzahl zu beobachten. Als Besonderheit konnte, auch nach einjährigem Betrieb, der sehr gefährdete und auf der roten Liste stehende Baumfalke als schon ehemals heimisches Einzelexemplar wieder bei seiner Vogeljagd beobachtet werden. Im Winterhalbjahr hielten sich gelegentlich auch Kornweihen auf dem Gelände auf.
Außerhalb der Brutzeit bot die Anlage Kleinvögeln eine ergiebige Nahrungsquelle. Schwärme von Grünfinken und Hänflingen (bis zu 500 Einzeltiere) konnten im Herbst gezählt werden. Diese wanderten bis zum Jahresende 1990 aber bis auf kleine Restbestände wieder weiter.
Mit dem Heranwachsen der Gehölze in den nächsten Jahren ist mit einer Zunahme der brütenden Arten und auch der Brutpaardichte zu rechnen. Die Zahl der Feldlerchen dürfte sich dafür nach und nach verringern. Für die Ansiedlung weiterer Bodenbrüter, wie z.B. Wiesenpieper und Braunkehlchen, die aufgrund ihrer Störungsempfindlichkeit besonders schützenswert sind, ist das Golfplatzgelände aber wahrscheinlich wenig geeignet.
Rebhuhn und Neuntöter werden aber sicher heimisch werden und mit ihren Bruterfolgen die obige List auffüllen.
Quelle:
Ornithologische Jahresberichte des DBV – Ortsgruppe Idstein
Manfred Wetzel
Walsdorfer Auswanderer über Hamburg nach Amerika
Zwischen 1815 und 1914 sind etwa fünfeinhalb Millionen Deutsche in überseeische Länder ausgewandert. Viele davon waren aus dem Nassauer Land und einige auch aus Walsdorf. So wurde im Bürgerbrief Nr. 23 über Auswanderer aus Walsdorf und in Nr. 43 von Markus Löwenstein berichtet, welcher auswanderte und später seinem Heimatort eine bedeutende Stiftung vermachte.
Ab den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts konzentrierte sich der Auswandererstrom auf die Seehäfen Bremen und Hamburg. Von den Abfahrenden Schiffen mußten für die Behörden Schiffslisten angelegt werden, von denen die aus Hamburg erhalten blieben. Prof. Dr. Peter Assion wertete diese Listen mit Mitarbeitern der Universität Marburg aus, welche die Namen und Daten von ca. fünf Millionen Personen enthalten.
Vor kurzem erschien das Buch „Über Hamburg nach Amerika“, eine Studie des Instituts für Europäische Ethologie und Kulturforschung der Universität Marburg. Das Buch ist im Jonas Verlag, Marburg erschienen und enthält fast 10.000 Auswanderer, welche aus dem heutigen Bundesland Hessen über Hamburg ausgewandert sind. In diesem Buch sind nachstehende 13 Walsdorfer Bürger zu finden, welche von 1859 bis 1864 den Weg in ein neues und freies Land suchten.
Alle Walsdorfer führen mit Dampfschiffen und belegten das Zwischendeck. Es waren eiserne, mit Kohle beheizte Schraubendampfer. Die Überfahrt von Hamburg nach New York dauerte ca. 10 Tage.
Name | Alter Jahre | Stand: | ausgew. im Jahre: | mit dem gleichen Schiff: |
Löder, Ludwig | 23 | Korbmacher | 1859 | 1 |
Roth, Christian | 25 | Tagelöhner | 1859 | 1 |
Ernst, Elisabeth | 23 | ledig | 1860 | |
Jeckel, Karl | 27 | Schuhmacher | 1863 | 2 |
Roth, Karl | 25 | Schmied | 1863 | 2 |
Leichtfuß, Christine | 16 | ledig | 1863 | 2 |
Keller, Peter | 62 | Müller | 1864 | 3 |
Ruth, Ludwig * | 24 | Schreiner | 1864 | 3 |
Feise, Louise * | 27 | ledig | 1864 | 4 |
Götz, Wilhelmina | 23 | ledig | 1864 | 4 |
Koch, Augustine | 19 | ledig | 1864 | 4 |
Koch, Karl | 17 | Landmann | 1864 | 4 |
Koch, Johanette | 27 | ledig | 1864 | 4 |
* Bei den Erfassungen der Familiennamen müssen die Massenabfertigung, die Hörfehler und die mundartlichen Verschiedenheiten berücksichtigt werden. Bei L. Feise könnte es sich um L. Feix und bei L. Ruth um L,. Roth handeln.
Manfred Kunz (Bad Camberg)
Hausschlachtung
Im Herbst, wenn die Temperaturen kühler wurden, kam die Zeit der großen Schlachtfeste. Meistens wurde das erste Schwein schon zur Kerb geschlachtet, weil man ja etwas Gutes zu essen haben wollte. Da die meisten Familien Selbstversorger waren, wurde für den Winter vorgesorgt.
Zuerst wurde ein Termin mit dem Hausmetzger ausgemacht. Am Schlachttag wurde das Schwein nicht mehr gefüttert, damit der Magen leer war. War der Metzger auf dem Hof, wurde dem Schwein ein Strick um ein Hinterbein geschlungen und an einem Haken hochgezogen, damit es bewegungsunfähig war. Nun konnte der tödliche Schlag oder Schuß erfolgen. Die Halsschlagader wurde geöffnet, damit das Blut austreten konnte. Damit es nicht gerann, mußte es mit einem Holzlöffel tüchtig gerührt werden, weil es ja für die Blutwurst gebraucht wurde. Dann wurde das Schwein in einer Bütte oder „Moul“ gebrüht. Die Borsten wurden abgeschabt und die Schwarte schön sauber gemacht. Anschließend wurde es an den Hinterbeinen aufgehängt und in zwei Hälften geteilt. Damit das Fleisch kalt werden konnte, wurde erst am nächsten Tag weiter gearbeitet.
Das Schwein wurde nun „ausgebeint“, d.h., das Fleisch wurde so gut es ging von den Knochen gelöst und in gebrauchsfertige Stücke zerlegt. Die Hinterschinken und die Seitenstücke wurden zum Räuchern und die beiden Kotelettstücke und Lenden zum Braten vorbereitet. Die restlichen Stücke wurden für Wurst oder „Solperfleisch“ verarbeitet, d.h., die Schinken, Seitenstücke und das Kochfleisch wurden in einer Salzlauge haltbar gemacht. An Wurst gab es Blut- und Leberwurst, Bratwurst, Preßkopf und manchmal auch Hirnwurst.
Wenn zur Mittagszeit alles fertig war, gab es „Metzelsuppe“. In der Regel gab es zuerst eine gute Reissuppe, dann Wellfleisch mit Kartoffelbrei und Sauerkraut und anschließend gebratene Blut-, Leber- und Bratwurst mit Kartoffeln und Apfelbrei. In manchen Haushalten wurde auch Saupfeffer gekocht. Zum Abschluß gab es zur Verdauung auch noch ein gutes Schnäpschen.
Well alle Wurst im Kessel gekocht war, wurde noch die Wurstsuppe zu Verwandten und Nachbarn ausgetragen. Ein „Versuch“ der frischen Wurst wurde in Einzelfällen beigefügt.
Schinken und Seitenstücke wurden nach etwa 4 Wochen aus der Salzlauge genommen, entsalzt, getrocknet und in der Räucherkammer schön goldbraujm geräuchert.
Erich Roth
Die Walsdorfer Bürgerschaft in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts
Die Situation im Jahre 1648
Am Ende des Dreißigjährigen Krieges lebten in Walsdorf nur noch 22 Bürger, wie in dem Bericht über das Dorf in den Katastrophenjahren 1634 und 1644 im letzten Bürgerbrief ausgeführt wurde. Aber auch mit dem Nachwuchs der übrig gebliebenen Familien stand es nicht gut. Besonders den 7 Bürgern, die schon vor 1630 das Bürgerrecht bekommen und mit ihren Familien die Plünderung von 1634 erlebt hatten und anschließend das Dorf verlassen mußten, waren in den Notzeiten offensichtlich fast alle Kinder gestorben; denn ein so hoher Anteil von Familien mit nur einem Kind ist für diese Zeit ganz untypisch. Überlebt haben eine Tochter des Schultheißen Philipp Mey, jeweils ein Sohn des Caspar Müller, des Johann Ochs, des Johannes Sauer und des Philipp Seyberth, ein Sohn und eine Tochter des Schullehrers Balthasar Scheurer und vier Töchter des Heinrich vom Stein. Drei Familiennamen, nämlich Ochs, Scheurer und Seyberth, die sich bis heute in Walsdorf gehalten haben, standen am Ende des Krieges auf zwei Augen, wie man so sagt.
Aber auch bei den übrigen Bürgern sind in zwei Fällen keine Kinder (Jacob Kolb und Michael Herzog) und in vier Fällen jeweils nur ein Sohn oder eine Tochter bekannt (Johann Kolb, Johann Adam Stamm, Adam Riebenstein und Wellem Weyland). Die Hälfte aller 22 Familien hatte also entweder nur noch eins oder gar kein Kind. So sind mit dem Tod der Bürger Heinrich vom STEIN, Enders HELD, Philipp HOFMANN, Michael HERZOG (weggezogen), Johannes und Jacob KOLB, Philipp MEY, Caspar MÜLLER, Adam RIEBENSTEIN und Wellem WEYLAND diese Familiennamen in Walsdorf für immer bzw. wie im Falle Hofmann, Kolb und Müller bis zum späteren Zuzug neuer Träger dieses Namens erloschen.
Die Entwicklung der Bürgerschaft von 1649 bis 1699
Grundlage für die folgenden Zahlenangaben sind Gebäude- und Landschätzungslisten, die in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wiederholt aufgestellt wurden. Im einzelnen handelt es sich um
- das Verzeichnis der ausgeschätzten Güter wegen der Friedensgelder 1649
- die Aufzeichnung der im Flecken befindlichen Bürger vom Aschermittwoch 1658
- die Schatzung vom 8. März 1660
- die Schatzung vom 15. Dezember 1676
- das Verzeichnis der in Walsdorf gelegenen Häuser, Höfe und Scheuern vom 25. Oktober 1679
- die Landschatzung zu Idstein von 1691 und
- die Gebäudeschätzung vom 21. Juni 1698.
Danach gab es in Walsdorf 1649 22 Bürger, 1658 27, 1660 31, 1676 31, 1679 30, 1691 46 und 1698 49 Bürger.
Wenn wir uns erinnern, daß im Flecken zu Beginn des dreißigjährigen Krieges rund 70 Bürger wohnten, muß man feststellen, daß die Bürgerschaft trotz kräftigen Zuzugs von außen, wie noch gezeigt wird, am Ende des Jahrhunderts erst wieder etwa 2/3 der Vorkriegsstärke erreicht hatte.
Die neuen Bürger von 1648 bis 1699
<In dem genannten Zeitraum wurden im Flecken Walsdorf insgesamt 74 neue Bürger aufgenommen. Die folgende Übersicht zeigt, wieviel ortsansässigen bzw. auswärtigen Bewerbern jeweils in einem Jahrzehnt das Bürgerrecht zuerkannt wurde.
Ortsans. Bewerber | Auswärt. Bewerber | |
1648 / 1649 | 1 | 1 |
1650 – 1659 | 5 | 5 |
1660 – 1669 | 5 | 7 |
1670 – 1679 | 4 | 3 |
1680 – 1689 | 10 | 10 |
1690 – 1699 | 18 | 5 |
Gesamt | 43 = 58 % | 31 = 42 % |
Wenn man sich die Übersicht genauer ansieht, kommt man zu interessanten Ergebnissen. In den ersten zwei Jahrzehnten nach Kriegsende bis 1669 wurden etwas mehr Auswärtige als Ortsansässige zu Bürgern angenommen. Das erklärt sich daraus, daß im Flecken, wie oben gezeigt wurde, nur relativ wenige Kinder und Jugendliche die Strapazen des Krieges überlebt hatten. Andererseits war für Auswärtige der Erwerb der Bürgerschaft aus mehreren Gründen attraktiv. Als Bürger genoß man beträchtliche Freiheitsrechte, lebte hinter schützenden Mauern, fand damals in der Gemarkung ausreichend guten Ackerboden vor und konnte gegebenenfalls neben der Landwirtschaft mit einem Handwerksberuf sein Auskommen verbessern.
Alle Neubürger von auswärts waren bis auf zwei Ausnahmen, den Klosterkeller und späteren Schultheißen Johann Andreas Hirtes und Hans Jacob Ochs, der von Gießen zuzog, ledig und heirateten Walsdorfer Bürgerstöchter. Soweit sich die Herkunft feststellen läßt, kamen sie von Kettenbach, Idstein, Wingsbach, Eufingen, Erpell im Kurfürstentum Köln und Schlesien. Sicher waren auch einige ihrer Berufe wegen willkommen. Unter ihnen waren ein Bäcker, ein Schuster, ein Zimmermann, ein Schmied und der Klosterkeller und Wirt.
In den nächsten beiden Jahrzehnten war das Verhältnis fast gleich. 14 Einheimische und 13 Auswärtige erhielten das Bürgerrecht. Die Auswärtigen kamen, soweit es im Kirchenbuch verzeichnet ist, von Steinfischbach, Camberg, Born, Beuerbach, Königshofen, Weilburg und Derenthal im Amt Wolfenbüttel. Bei einem wird angegeben: der Welsche. Unter ihnen waren ein Schuster, ein Barbier und ein Wagner.
In der letzten Dekade von 1690 bis 1699 änderte sich das Verhältnis grundlegend zugunsten der ortsansässigen Bewerber. Jetzt sind es fast viermal soviel Einheimische, die das Bürgerrecht erhalten. Dieser Umschwung wie die Zunahme seit 1680 überhaupt ist leicht zu erklären; denn in den achziger und neunziger Jahren waren die Söhne der in den fünfziger und sechziger Jahren aufgenommenen Bürger ins heiratsfähige Alter gekommen und erhielten, wie das üblich war, nach der ihrer Heirat das Bürgerrecht.
Daß die Einwohnerschaft des Fleckens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein ganz neues Gesicht bekam, wurde noch dadurch verstärkt, daß auch jeder dritte Walsdorfer Bürgersohn eine Frau von auswärts heiratete. Die Herkunftsorte der eingeheirateten Frauen waren zweimal Esch, zweimal Steinfischbach, Camberg, Niederselters, Beuerbach, Dauborn, Heringen, Reichenbach, Treisberg, Wiesbaden, Ebersbach bei Stuttgart und ein Ort im Greifensteinischen.
Das Heiratsalter
Interessant ist auch ein Blick auf das Heiratsalter. Dieses läßt sich jedoch nur für die nach 1647 in Walsdorf geborenen feststellen, weil das älteste Kirchenbuch nicht weiter zurückreicht und bei denen, die von auswärts kamen, das Geburtsdatum nicht bekannt ist. Immerhin sind Daten für 30 Männer und 28 Frauen für die Zeit zwischen 1668 und 1699 bekannt. Das durchschnittliche Heiratsalter bei Männern betrug in diesem Zeitraum rund 29 und bei Frauen rund 24 Jahre. Im einzelnen sieht es wie folgt aus:
Alter | 17 – 19 | 20 – 24 | 25 – 29 | 30 – 34 | 35 – 39 | 40 -44 |
Männer | – | 7 | 10 | 8 | 3 | 2 |
Frauen | 4 | 12 | 8 | 3 | 1 | – |
Es fällt auf, daß das durchschnittliche Heiratsalter bei den Männern in den letzten zwanzig Jahren des Jahrhunderts deutlich höher liegt als zwischen 1668 und 1679. In diesen 11 Jahren liegt es auch bei den Männern bei 23 Jahren. 4 der 7 Eheschließungen von Männern zwischen 20 und 24 Jahren fallen in diese Zeit. Daß danach die Männer im allgemeinen erst später die Ehe eingingen, hängt wohl damit zusammen, daß die nach dem Krieg gegründeten Familien wieder mehr Kinder hatten und wegen der Versorgung der jüngeren Geschwister die Erbteilung nicht so früh vorgenommen werden konnten. Eine Familiengründung war in der Regel ja erst möglich, wenn die wirtschaftliche Existenz gesichert war.
Es gab jedoch auch Zwischenlösungen. Wenn ein junges Paar längere Zeit vor der Erbteilung heiratet, bekamen die jungen Leute im Vorgriff auf das zu erwartende Erbteil sog. „Hinlichäcker“, damit sie in wirtschaftlicher Hinsicht nicht vollständig von der Elterngeneration abhängig waren.
Neue Familiennamen in Walsdorf
Im folgenden werden die zwischen 1648 und 1699 neu in Walsdorf auftauchenden Familiennamen in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. In den Klammern hinter dem Namen wird das Jahr, in dem die Heirat erfolgte bzw. das Bürgerrecht erworben wurde, angegeben und, soweit bekannt, die Herkunft.
BECKER (1689/Weilburg), BIND (1684/Derenthal,Wolfenbüttel), DERN (1696/Steinfischbach), FABER (1685/Königshofen), GELL (1654), GROß (1688/Beuerbach), HEILER (1657/Wingsbach), HIRTES (1655/Idstein, Vater von Immenhausen), HÖLTZER (1690/Fackenhofen), JECKEL (1690/Wüstems), KILIAN (1669), KREPPEL (1651/Eufingen), KRÜGER (1680/Steinfischbach), KRUG (1661), LEHMANN (1661/Schlesien), LEICHTFUß (1649/Idstein), LIEL (1682, der Welsche), LÖDER (1692/Vater von Mannheim), MARX (1672/Camberg), MERTEN (1663/Erpell, Kft. Köln), MÜLLER (1696/Lohndorf b. Gießen), PREUßER (1676), RÜGER (1650/Hohenweisel, Vater von Coburg),SCHWARTZ (1669), SEYPEL (1662), TREBUS (1685), ULLIUS (1649/Kettenbach), VIETOR (1680/Born), WALLMER (1683), WASSUM (1671/Steinfischbach).
Die alten Walsdorfer Familien aus der Zeit vor 1648 und auch die neuen haben sich unterschiedlich lange gehalten. Ursache des Auslaufens einzelner Familien war in der Hauptsache fehlender oder nur weiblicher Nachwuchs bzw. später im 19. Jahrhundert Auszug aus dem Dorf.
Bis in unsere Tage wurden aus der Zeit vor 1648 die Familiennamen OCHS, SCHEURER, SEYBERTH, WEYGAND und ZEIGER und aus der Zeit von 1648 bis 1699 BIND, JECKEL, LEHMANN, LEICHTFUß und SCHWARTZ in 10 bzw. 12 Generationen vererbt.
Wieviel Generationen die anderen hier ansässig waren, zeigt die folgende Übersicht.
1 Generation | FABER, GELL, KREPPEL, KRÜGER, MARX, SPYPEL, ULLIUS, VIETOR |
2 Generationen | BECKER, GEIß, GROß, HEILER, HÖLTZER, LIEL, MERTEN, PLETZ, PREUßER, SCHÄFER, STAMM, WALLMER |
3 Generationen | DERN, KILIAN, SAUER, WEIßWECK |
4 Generationen | KRUG, KÜSTER, WASSUM |
5 Generationen | LÖDER, TREBUS |
6 Generationen | MÜLLER |
7 Generationen | RÜGER |
9 Generationen | HIRTES |
Bei der starken Mobilität heutzutage und der relativ geringen Kinderzahl ist damit zu rechnen, daß in nicht allzuferner Zukunft noch der eine oder andere traditionsreiche Walsdorfer Familienname erlischt.
Quellen: | Walsdorfer Gerichtsbuch I, Gemeidearchiv |
Walsdorfer Urkundenbuch, Gemeindearchiv | |
HStAW 133 Walsdorf 42 | |
HStAW 133 VIII c, 82 a | |
Walsdorfer Kirchenbuch I |
Helmuth Leichtfuß