Bürgerbrief 69: November 1997

20 Jahre Bürgerverein Walsdorf e.V.

Ja, Sie haben richtig gelesen: Der Bürgerverein ist in diesem Jahr 20 Jahre alt geworden.
Aus diesem Grund wollen wir uns gerne am 8. November 1997 ab 19.00 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus treffen und ein wenig feiern.
Wir haben ein kleines Programm vorbereitet, das durch ein gutes Essen vom Buffet um ca. 20.00 Uhr unterbrochen werden soll.
Der Vorstand des Bürgervereins würde sich sehr freuen, alle Mitglieder (natürlich mit Partner bzw. Partnerin) an diesem Abend begrüßen zu dürfen, um ein wenig über die Vergangenheit zu plaudern und sich unter anderem Dias und Filme aus dem Vereinsleben anzusehen.
Da sich unser Wirt mit dem Buffet (Kosten je Person DM 20.00) vorbereiten muß, bitten wir um telefonische Anmeldung entweder bei
Monika Kiesau                Tel. 6723 oder
Dieter Thielmann                Tel. 6109 oder
Günter Volkmar                Tel. 6193
Wir hoffen auf einen regen Besuch.

Dieter Thielmann

Streit um eine Schleuse im Mühlgraben

Bei der diesjährigen Frühjahrswanderung des Bürgervereins galt das Interesse der Teilnehmer u. a. auch der Walk- und der Morchermühle, der Wasserversorgung der Mühlen, dem Wasserrecht und dem Verlauf des Mühlgrabens. Im Hauptstaatsarchiv Wiesbaden habe ich inzwischen einen Vorgang entdeckt, der über einen Streit im Jahre 1882 zwischen den Pächtern der Walkmühle und der Gemeinde Walsdorf bzw. dem Konsolidationsvorstand über den Einbau einer Schleuse in den Mühlgraben durch die Mühlenpächter berichtet.

Die Ursache des Streites

Die Firma Merkel und Co aus Idstein, die zu dieser Zeit die Walkmühle gepachtet hatte und auch diese Mühle, wie es schon die Morchermüller taten, als Farbmühle benutzte, hatte ohne Genehmigung eine Schleuse zur Wasserregulierung in den Mühlgraben zwischen Morcher- und Walkmühle eingebaut. Der Bürgermeister verlangte jedoch von den Mühlenpächtern, die Schleuse umgehend wieder zu beseitigen. Gegen die Forderung des Bürgermeisters legte die Fa. Merkel Beschwerde beim Landrat ein. Da das Wasserrecht und der Wasserlauf ihnen gehöre, hätten sie auch das Recht, eine Schleuse aufzustellen, brachten sie vor. Außerdem behaupteten sie, daß „es stets einen Abschlaggraben zwischen der Morchermühle und der Walkmühle gegeben“ habe, in den „das Wasser durch Einlegen von Steinen und Rasen abgeleitet“ worden sei. Bei der Konsolidation sei der Abschlaggraben mit ihrer Zustimmung an die jetzige Stelle verlegt worden. Die Walsdorfer Wiesenbesitzer würden ihn als Wässergraben benutzen und oft Wasser entnehmen ohne Rücksicht darauf, ob die Mühle dadurch in ihrer Arbeit beeinträchtigt würde. Eine Schleuse sei auch praktischer als eine Stauung des Wassers durch Steine und Rasen. Da sie im Recht seien, müßte die Anordnung des Bürgermeisters aufgehoben werden.

Die Auffassung der Gegenseite

Der Bürgermeister und das Feldgericht als Vertreter der Gemeinde und der Landvermesser Künkler als Vertreter des Konsolidationsvorstandes sahen die Sache jedoch ganz anders. Sie bestreiten, daß es jemals einen Abschlaggraben zwischen den beiden Mühlen gegeben habe, vielmehr sei überschüssiges Wasser durch den vorherigen Mühlenbesitzer Zerbe durch einen Wässergraben mit Zustimmung der Besitzer in den Emsbach abgeleitet worden. Außerdem besitze die Mühle ja eine Vorrichtung, überschüssiges Wasser am Mühlrad vorbeizuleiten. Der Graben, den die Fa. Merkel als Abschlaggraben bezeichne und benutze, sei aber nur als Zuleitungsgraben zum Bewässern der Wiesen angelegt worden. Die Umfunktionierung dieses Grabens habe zur Folge, daß er sehr stark ausgeschwemmt würde und die „angrenzenden Wiesen und Pflanzenländer großen Nachteil“ hätten und total versauerten. Wenn der Wässergraben als Abschlaggraben hergerichtet werden sollte, entstünden für die Konsolidationsgemeinschaft große Kosten, da das ganze Bett zwischen Mühlgraben und Emsbach gestückt werden müßte. Die Entfernung der Schleuse sei in jedem Falle geboten, da ihre „eigenmächtige Aufstellung strafbar“ sei.

Die Entscheidung

Das königliche Landratsamt bestätigte die Auffassung der Gemeinde, indem es nicht nur betonte, „Werke zum Aufstauen sowie Veränderungen an der Leitung des Wassers“ bedürften der Genehmigung der königlichen Regierung, sondern auch anerkannte, daß durch die Aufstellung der Schleuse und die Stauung des Wassers „die angrenzenden Wiesen fortgesetzter Beschädigung ausgesetzt“ seien. Die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Umstände rechtfertigten nicht das eigenmächtige Anbringen einer Schleuse. Sie müsse folglich abgebrochen werden. Wann und von wem später eine Betonschleuse eingebaut wurde, ist mir nicht bekannt. Etwa auf der Höhe des jetzigen Tiefbrunnens im Emsbachtal gab es aber bis zur Umlegung eine Schleuse, über die wir den Mühlgraben überquerten, wenn wir im Frühjahr oder nach der Heuernte und im Herbst die Abkürzung durch die Wiesen zum Waldsportplatz nahmen.

Quelle: HStAW. 229/1245

Helmuth Leichtfuß

Die erste Güterkonsolidation in Walsdorf 1874 – 1892

Wer heute im Frühsommer durch die Walsdorfer Gemarkung geht und, soweit das Auge reicht, zwischen ausgedehnten Getreidefeldern große, gelbblühende Rapsfelder sieht, hat eine Feldflur vor sich, die grundlegend anders ist als die vor 125 Jahren. Die markantesten Unterschiede bestehen darin, daß von der Aufteilung der gesamten Ackerflur in je ein Drittel für Hackfrucht (Kartoffeln, Futterrüben, Klee), Wintergetreide (Roggen und Weizen) und Sommergetreide (Gerste und Hafer) nichts mehr zu sehen ist. Auch ist der reiche Obstbaumbestand, besonders im Graßfeld, fast vollständig verschwunden. Schließlich waren die Grundstücke unvergleichlich viel kleiner und lagen, wie der folgende Auszug von der Weide aus dem Lagerbuch von 1788 zeigt, verkeilt und unerschlossen ineinander. Die Zersplitterung in kleine und kleinste Parzellen und die kleinen Betriebsgrößen waren eine Folge der Realteilung und des Bestrebens, das Land und die Wiesen in Bezug auf Lage und Bodenqualität möglichst gerecht unter alle Kinder zu verteilen. Nach dem Bannbuch von 1788 hatten 2 Bürger einen Gundbesitz über 50 Morgen (Durchschnitt 53,5), 9 zwischen 20 und 30 Morgen (Durchschnitt 23), 36 zwischen 10 und 20 Morgen (Durchschnitt 14.8) und 66 bis zu 10 Morgen (Durchschnitt 4,5). Ein Großteil der Bürger konnte sich nur über Wasser halten, weil er neben der Landwirtschaft noch ein Handwerk betrieb.

Vor der Konsolidation war die Feldflur nur sehr mangelhaft erschlossen. Außer einigen wenigen sog. Mistwegen, bei denen die Grundstückseigentümer die Überfahrt dulden mußten, gab es kein ausgebautes Wegenetz. Demzufolge konnte auch kein Bauer zu jeder Zeit und direkt zu seinen Grundstücken kommen. Er mußte nahezu immer über anderer Leute Grundstücke fahren. Deshalb gab es sowohl für die Aussaat als auch für die Ernte strenge Reglementierungen.  So bestimmte beispielsweise das Feldgericht am 7. Mai 1859 bezüglich der Frühjahrsbestellung der Felder mit Gerste und Hafer: „Es soll im kleinen und großen Graß hinauf gesät werden, die Laubach und Eselsweide herunter, dann im Escherwegfeld vorn angefangen werden und so fort bis in die hinterste Beun.“ Kein Bauer konnte also mit der Aussaat da beginnen, wo er wollte, weil er dann später schon bestellte Felder beschädigt hätte. Auch für die Ernte gab es Vorschriften. Am 19. August 1862 z.B. legte das Feldgericht fest: „Die Gewannen sollen an der Hafer und Gerste bis zum Donnerstagabend aufgeschnitten werden. Keiner darf vor dieser Zeit durch die Gewannen fahren wo Frucht steht bei 30 Kreuzern Strafe.“ Auch das Bearbeiten und Bestellen der Grundstücke bereitete manchmal wegen der fehlenden Gewannenwege erhebliche Schwierigkeiten, weil auf der Gewann gewendet werden mußte. Dabei waren Flurschäden oft nicht zu vermeiden. Zur Illustration der auftretenden Probleme auch hier ein Beispiel: „Da wegen dem langen Anstehen des Klees die Kleeäcker noch nicht gerissen (= gepflügt) werden konnten und also hiermit die Kornsaat soweit aufgegangen ist, daß man nicht mehr hierauf wenden kann, soll ein jeder, welcher auf offener Saat wendet, mit einem Gulden Strafe belegt und zum Schadenersatz gezogen werden.“

Die Einleitung der Konsolidation

Die letzte Vermessung der Walsdorfer Gemarkung war „auf hochfürstlichen gnädigsten Befehl“ im Rahmen der „General-Landmessung der Herrschaft Idstein“ in den Jahren 1788 folgende erfolgt. Die Lager- oder Bannbücher, die damals angelegt wurden, sind im Ortsarchiv noch vollständig erhalten. Vor der Messung wurde nach dem Eintrag des Feldmessers Franz Reinhard Deimling im ersten Band der Lagerbücher „der ganze Walsdorfer Bann nach der Possession (Besitz) von dem dasigen Feldgericht ausgesteint, so daß nicht nur alle Gewannen, sondern auch jedes einzelne Grundstück durch diese Absteinung von den anderen separiert, wie dann auch jedes solcher Stücke nach seiner Länge und Breite und die irregulären Figuren jede in ihrer Gestalt in diesem Bannbuch enthalten sind.“ Eingriffe in die Struktur der Feldflur waren damals offensichtlich nicht erfolgt. Schon im 18. Jahrhundert hatte die Obrigkeit Versuche unternommen, allerdings mit geringem Erfolg, die fortschreitende Grundstückszersplitterung einzudämmen. Im Herzogtum Nassau wurden diese Bemühungen fortgesetzt. Am 12. September 1829 erschien die „Verordnung, die Güterkonsolidation sowie die Anlegung von Lagerbüchern und das Ab- und Zuschreiben betreffend“. Diese Verordnung wurde abgelöst durch die preußische „Verordnung betreffend die Güterkonsolidation im Regierungsbezirk Wiesbaden“ vom 2. September 1867, die die Grundlage für die Konsolidation in unserem Dorf war. Danach war die Hälfte der nach den Lagerbüchern berechneten Fläche maßgebend für die Beantragung der Konsolidation. Der von der Konsolidationsgesellschaft vorgeschlagene Geometer mußte vom Landrat ebenso bestätigt werden wie auch der Gebührenantrag. Laut Genehmigungsvermerk des Landrats vom 26. Jahnuar 1874 hatten die Walsdorfer Gutsbesitzer den Geometer Julius Künkler aus Walsdorf bestimmt. Künkler war seit 1861 mit der Tochter des verstorbenen Bürgermeisters Friedrich Ochs verheiratet und wohnte in Walsdorf. Mit dem Bau der Wiesen war der Wiesenbau-Techniker Hemmelmann von Camberg betraut worden.

 Die Durchführung der Konsolidation

 Durch die vorgesehenen Maßnahmen sollten die Hauptmängel der bestehenden Agrarstruktur beseitigt werden. Diese bestanden, wie oben schon angedeutet und auch in dem Auszug aus dem Lagerbuch demonstriert, in der starken Zersplitterung der Grundstücke, die außerdem vielfach eine für die Bearbeitung unzweckmäßige Form hatten, und vor allem in der fehlenden Erschließung der Grundstücke durch ein Netz von Feldwegen. Jede Parzelle sollte wenigstens von einer Seite von einem Feldweg her zu erreichen sein. Für die Normalparzelle Ackerland sollte die Größe von einem halben Morgen, das sind 12,5 a, erreicht werden. Nach der Konsolidation hatten die beiden Gewannen auf der Weide das folgende Aussehen. Jedes Grundstück ist erschlossen. Allerdings gibt es auch jetzt noch sog. blide Gewannen, die beim Wenden weiterhin Probleme bereiten und Anlaß für viele Streigkeiten waren. Die in den siebziger und achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts vorgenommene Neugestaltung der Flur hielt bis zur erneuten Flurbereinigung Ende der fünfziger Jahre unseres Jahrhunderts, als wegen der zunehmenden Technisierung der Landwirtschaft die Ausweisung wesentlich größerer Flächen erforderlich wurde. Wie es bis zu diesem Zeitpunkt aussah, soll an einem konkreten Beispiel verdeutlicht werden, das als durchaus repräsentativ gelten kann. So bestand das Ackerland eines 6 ha Betriebes – knapp die Hälfte aller Walsdorfer Betriebe waren damals zwischen 5 und 10 ha groß, die übrigen kleiner – aus 46 Parzellen, die über die ganze Gemarkung verstreut lagen. Die größte maß 27,89 a, die kleinste 4,79 a; die Durchschnittsgröße betrug bei den Äckern 11,6 a. Lediglich drei Grundstücke hielten einen Morgen oder etwas darüber. Die 17 Wiesengrundstücke waren wesentlich kleiner. Die größte Parzelle maß hier 8,58 a, die kleinste 0,19 a und die Durchschnittsgröße betrug 4 a. Die bei der Konsolidation anfallenden Arbeiten wurden durchweg von Walsdorfern ausgeführt. Sie reichten von Hilfsdiensten bei der Vermessung über das Ausgraben und Neuversetzen der Grenzsteine bis zum Anlegen von Wegen und Be- und Entwässerungsgräben. Die Zimmerleute, Schlosser und Schmiede wurden mit der Herstellung von Überfahrten und neuer Schleusen in den Bächen betraut. Viel wurde dabei allerdings nicht verdient. So kosteten beispielsweise 3235 Pfähle, die für die Vermessung gebraucht wurden, 16,17 M. 100 Steine zu setzen war für 3,33 M vergeben worden. Das Ausgraben von Steinen wurde im Tagelohn mit 1,70 M. vergütet.  Der Geometer Künkler hatte laut Rechnungsstellung vom 18. Sept. 1889 „für die Ausfertigung der Konsolidationsarbeiten in der Gemarkung Walsdorf“ 17.022,18 M erhalten. Diese ergaben sich

aus der Konsolidation des Ortsberings und der zugehörigenGärten und Wege25 ha, 90 ar, 51 qm554,31 M
des Ackerlandes, der Wiesen, Wege und Bäche            592 ha, 54 ar, 40 qm14.218,90 M
Anfertigung des Lagerbuches 7906 Parzellen461,18 M
Anfertigung der Güterzettel 7906 Parzellen461,18 M
Anfertigung der Nachweise zum vorläufigen Ab- und Zuschreiben im Stockbuch 5599 Parzellen326,61 M

Da Künkler vor Abschluß des Verfahrens gestorben war, wurde seine Vergütung von der königlichen Generalkommission in Kassel mit Verfügung vom 28 Oktober 1890 „für die vor dem 1. April 1887 geleisteten Arbeiten auf 82,70 % der auf 17.022,18 M festgestellten Gesamt-Gebührenrechnung, mithin auf den Betrag von 14.077,34 M festgesetzt.“ Die Umlegungskosten waren von den Grundstückseigentümern anteilmäßig zu tragen. Nach den mir vorliegenden Rechnungen betrugen die Beiträge der Gutsbesitzer von 1875 bis 1890 ca 34.000 M, die Verkaufserlöse aus Massenland rund 12.000 M und die aufgenommenen Darlehen 20.000 M. Die Ausgaben von rund 66.000 M schlüsseln sich auf in Verwaltungsausgaben von rd. 9.000 M, Tagegebühren für die Schätzer rd. 4.500 M, die Anlage von Wegen, Gräben, Schleusen usw. rd. 30.000 M, die Vergütung des Geometers rd. 17.000 M und Zinsen rd. 5.500 M. Von der Regierung erhielt die Konsolidationsgsellschaft in Raten einen Gesamtzuschuß von 5.450 M. In diesem Zusammenhang verdient der Beleg 41 der Konsolidationsrechnung von 1890 Erwähnung, weil er in charakteristischer Form das Verhältnis der Bürger zum Staat und der Verwaltung zum Ausdruck bringt. Dort heißt es: „Auf Wunsch des königlichen Kommissarius, Herrn Reg. Rat Delius,“ reisten der Bürgermeister mit den Konsolidationsvorstandsmitgliedern Wilhelm Steiger und Ludwig David Ochs nach Wiesbaden, „um dem Herrn Oberpräsidenten für die erteilte Bewilligung eines Staatszuschusses von 2.400 M an die hiesige Konsolidationsgesellschaft eine Danksagung darzubringen.“

Die Bachregulierung

Wie wichtig eine ausreichende Bewässerung von Grünflächen für gutes Wachstum ist, weiß jeder Gartenbesitzer mit einer Rasenfläche. Deshalb hat man mit vier Stauwehren im Emsbach und kleineren Holzschleusen im Färberbach die Möglichkeit geschaffen, das Wasser zur Bewässerung der Wiesen zu stauen. In großem Umfang wurden Be- und Entwässerungsgräben angelegt. Auch an den Bächen selbst wurde gearbeitet. Der Kostenanschlag für die Regulierung des Emsbachs betrug 2.345 M, die Regulierung des Färberbachs kostete rund 1600 M. Die Summen wurden gebraucht für die stellenweise Verlegung des Bachbetts, das Stücken der Bachufer mit Bruchsteinen und zum Ausgleich von Vertiefungen im Bachbett ebenfalls mit Bruchsteinen. 4.500 Weidensetzlinge wurden zur Bepflanzung der Bachufer für den Preis von 17,50 M beschafft.

Abschluß der Konsolidation

Am 31. Dezember 1892 stellt die Gemeindevertretung fest, daß die Konsolidation soweit beendet sei. Die Konsolidationsgesellschaft wurde im Februar 1893 aufgelöst. Die restlichen, von der Konsolidation herrührenden Einnahmen und Ausgaben sollen von der Gemeindekasse getätigt werden.

Quellen: Walsdorfer Bannbücher Bd. 1 bis 9  1788  Ortsarchiv Wa.; Walsdorfer Flurkarten 1890  Ortsarchiv Wa.

Helmuth Leichtfuß

Wir organisieren ein Gassenfest – oder – Wo kommt denn bloß der Toilettenwagen hin?

Ein Märchen oder was?

Es war einmal ein Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, in einem schönen Ort im Taunus jährlich ein Fest zu gestalten, das mitten im alten Dorf gefeiert werden sollte.Auch in diesem Jahr stand der Termin schon lange fest und die Organisation war besprochen, Helfer kannten ihren Einsatzort und -termin. Aber dann kam der schreckliche Tag, an dem der böse Geist des „Toilettenwagens“ über den Vorstand des Vereins kam. Als erstes kam ein Brief der Anwohner, die in vergangenen Jahren für 3 Tage Nachbarn des Toilettenwagens gewesen waren, an den ersten Vorsitzenden. Zur Information: Der Toilettenwagen sollte an einem Sonntag von 12.00 Uhr bis ca. 23.00 Uhr benutzt werden. Ein kleiner Auszug: „Wir denken, daß jeder mal den unangenehmen Part des Lärms, Geruches sowie des Ausblickes auf urinierende Personen auf sich nehmen sollte. Dann werden wir in ca. 40 Jahren auch bereit sein, den Toilettenwagen – wie in den letzten Jahren – wieder direkt vor unserem Küchenfenster zu plazieren“. Aufgrund dieses Briefes wurde dann ein neuer Standort mit einem lieben uneigennützigen Nachbarn des Festes ausgemacht, so daß eigentlich nichts mehr schief gehen konnte.

Dann ging es aber knüppeldick los:

 Nach Anrufen eines Nachbarn des geplanten neuen Standplatzes und erregten Diskussionen (weil nur schwer einsehbare Argumente dagegen vorhanden waren) wurde verzweifelt vom Vorstand ein neuer Platz gesucht (man will sich ja keine Feinde machen). Überall kann der Wagen ja nicht stehen (sh. Nachbarn, Wasseranschluß, Abfluß). Der Rat eines Einwohners führte dazu, sogar als Standplatz den Bürgersteig vor der Kirche zu erwägen. Dieser war aber doch etwas weit vom Geschehen weg (und nicht mit dem Kirchenvorstand bzw. Pfarrer abgestimmt), so daß davon ausgegangen werden mußte, daß Toilettenbedürftige wahrscheinlich genau in das Sträßchen neben den geplanten Standort gegangen wären, was sehr wahrscheinlich auch nicht gewollt war. Die weitere neue Platzwahl wurde um so dringlicher, da dem Vorstand inzwischen von einem Rechtsanwalt telef. eine einstweilige Verfügung angedroht worden war. Erste Ideen zum Absagen des Festes wurden laut, außerdem Rücktrittsgedanken der beiden Vorstände. Beide verstanden die Welt nicht mehr. Inzwischen war es Samstag 14.00 Uhr vor dem Fest und noch immer kein Platz gefunden. Was nun? Der Vorstand verzweifelte langsam, denn eigentlich wollten sie ja etwas für die Bevölkerung tun und nicht unbedingt schlaflose Tage und ekelhafte Gerüche im Ort verbreiten.Die Rettung nahte in Form des Denkmals und netter direkter Nachbarn, die noch nicht einmal alte Einsässige waren sondern aus einem fernen Land zugezogen waren. Für diese war es keine Frage, ihr Auto zu entfernen und Wasser zur Verfügung zu stellen, damit der heimatlose Toilettenwagen endlich unterkommen konnte.Aber was geschah dann: Ein anderer Nachbar beschwerte sich massiv bei einem der Vorstände, er wolle keinen Toilettenwagen vor dem Haus, selbst wenn die ganze Straße dazwischen wäre. Na ja, langsam dachte der Vorstand daran, wie schön doch die Zeiten im Wilden Westen waren. Bisher hatte er, obwohl er doch nur seine Pflicht erfüllen wollte, nur Schimpf und Schande geerntet, ganz abgesehen vom Verlust der guten Laune.Rettung kam in Form einer Idee, den Wagen doch hinter das Denkmal zu stellen, also etwas außer Sicht und 4 Meter von der Straße entfernt. Ein guter Platz, wenn auch der Abfluß reichlich weit entfernt war, was zu einem überhasteten Einkauf von Abflußrohren führte. Jetzt bekam der nette zugezogene Nachbar aber langsam Angst, weil er ja nett sein wollte. Der Vorstand konnte aber mit Engelszungen überzeugen und hatte somit nach

  • Erhalt eines Briefes
  • Suche eines neuen Platzes
  • Telefonanrufe eines Nachbarn
  • Androhung einer einstweiligen Verfügung
  • Suchen eines neuen Platzes
  • Finden und wiederum Ablehnung eines Nachbarn
  • Suchen eines neuen Platzes
  • endlich Finden und Installation des Toilettenwagens
  • am Samstag Nachmittag 17.00 Uhr seine wohlverdiente Ruhe.
  • Was lernen wir daraus, denn jedes Märchen sollte etwas bewirken:
  • Mache niemals ein Fest, wenn es einem Nachbarn nicht gefällt
  • oder
  • lege deinen Posten als Vorstand nieder, denn du kannst machen was du willst, alles ist falsch, außerdem bist du auch noch Vorstand in einem „Zugezogenen- Verein“
  • oder
  • lasse dich nicht entmutigen, denn ein reger Besuch des Festes und strahlende Kinderaugen werden es dir danken?

Der Autor des „Märchens“ würde sich freuen, wenn Sie, liebe Leser, ihm einmal sagen würden, was er denn jetzt machen soll.

Dieter Thielmann

Redaktion:

Monika Kiesau, Helmuth Leichtfuß, Manfred Wetzel