20 Jahre Bürgerverein Walsdorf
Am 8. November 1997 haben etwas mehr als fünfzig Personen in einer kleinen, stilvollen Feier im Dorfgemeinschaftshaus das zwanzigjährige Jubiläum ihres Vereins begangen und sich u.a. an Hand von Dias, einem Videofilm und einem Kurzbericht auf wichtige Vereinsaktivitäten zurückbesonnen. Die Vereinsgründung fiel in eine Zeit, in der niemand mehr übersehen konnte, daß das dörfliche Leben im Vergleich zur Vorkriegszeit einem gewaltigen Wandel unterworfen war. Es gab nicht nur starke Veränderungen innerhalb der Dorfbevölkerung, sondern Walsdorf hatte auch im Zuge der Gebietsreform seine kommunale Selbständigkeit verloren, auf die es jahrhundertelang Grund hatte, stolz zu sein, weil es seit der Verleihung der Stadtrechte im Jahre 1358 bis ins 19. Jahrhundert hinein besondere Privilegien genoß. Am augenfälligsten werden die Veränderungen, wenn man sich die heutige Bevölkerungsstruktur und das Weichbild des Dorfes ansieht. Landwirtschaft und Handwerk sind nicht mehr, wie es für die vorindustrielle Zeit und auch noch in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts typisch war, die bestimmenden Berufsgruppen, und seit 1945 wurden mehr Neubauflächen ausgewiesen als in den 215 Jahren zwischen dem ersten Hausbau außerhalb der Mauer und 1945. Walsdorfs Einwohnerzahl hat sich in den zurückliegenden fünfzig Jahren wesentlich durch Zuzug von außerhalb fast verdoppelt. Da waren von den Vereinen, Kirchen, gemeindlichen Einrichtungen und privaten Gruppen wichtige Integrationsleistungen zu erbringen. Nachdem also die Klammer der lediglich auf das eigene Dorf gerichteten Selbstverwaltung mit Bürgermeister und Gemeindevertretung weggefallen und auch die Schule als Integrationsfaktor aus dem Ort ausgelagert worden war, sollte durch die Gründung des Bürgervereins dem Streben nach Identifikation mit unserem Ort ein starker, neuer Impuls gegeben und Zugewanderten wie alteingesessenen Bürgern, die sich für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unseres Dorfes interessierten, ein lohnendes Betätigungsfeld geboten werden. Begonnen hat unsere Arbeit mit einem Kinderfest am Grillplatz, das im Laufe der Zeit als Gassenfest zu einer festen Einrichtung wurde. Auch Grenzbegehungen, Frühjahrswanderungen, Lesungen in der Bücherei oder Abendveranstaltungen kultureller, geselliger oder politischer Art führten und führen immer wieder Alt- und Neubürger zusammen und fördern Bekanntschaften und auch Freundschaften. Ein weiterer Schwerpunkt in der Arbeit des Bürgervereins besteht in der Herausgabe des Bürgerbriefes. 70 Nummern mit ca 880 Seiten und 270 Beiträgen von 29 Verfassern sind seit 1977 erschienen. Der Bürgerbrief informiert über aktuelle Probleme, dokumentiert das gegenwärtige politische und gesellschaftliche Geschehen im Dorf und bringt Berichte aus der historischen Vergangenheit Walsdorfs. Dank großzügiger Unterstützung verschiedener Druckereien konnten wir bisher allen Walsdorfer Haushalten den Bürgerbrief kostenlos abgeben, und jeder, der sie sammelte, hat inzwischen ein beachtliches Kompendium. Welche Verdienste sich der Fotoarbeitskreis erworben hat, werden auch spätere Zeiten noch zu würdigen wissen. In drei Fotoausstellungen konnten sich die Walsdorfer und Interessierte aus der Umgebung davon überzeugen, wie breit gestreut die Sammeltätigkeit war. Fotografien aus der Arbeitswelt, vom Dorfgeschehen, von Feiern und Festen und Gruppenfotos von Schulklassen, einzelnen Jahrgängen und Vereinen werden auch späteren Generationen noch ein lebendiges Bild vom Leben in Walsdorf im ausgehenden 19. und im 20. Jahrhundert vermitteln. Mit einem weiteren Engagement wird die Tätigkeit des Bürgervereins ebenfalls noch in die Zukunft wirken. Es handelt sich um die finanzielle Unterstützung mehrerer Veröffentlichungen über Walsdorfer Themen: Die überarbeitete Neuauflage der Geschichte des Benediktinerklosters und des Freifleckens Walsdorf, die Schriften: Walsdorfs Freiheitsrechte und Walsdorf im Zweiten Weltkrieg und das Ortssippenbuch Walsdorf. Die Mitglieder des aktuellen Arbeitskreises und des Fotoarbeitskreises, die den Hauptteil der Vereinsarbeit tragen, bedanken sich für das Interesse und die Anerkennung, die ihrer Arbeit bisher entgegengebracht wurden, und würden sich über die Unterstützung durch neue Mitarbeiter freuen.
Helmuth Leichtfuß
Taufvorschriften aus dem Jahre 1816
Im Ortssippenbuch habe ich im Kapitel: Aus dem religiösen und kirchlichen Leben davon berichtet, daß 1808 eine neue Taufordnung eingeführt worden war, nach der kein Kind vor dem 8. Tag zur Taufe in die Kirche gebracht werden durfte. Gründe für diese Anordnung hatte der Pfarrer nicht gegeben. Jetzt habe ich in der „Sammlung der Landesherrlichen Edicte und anderer Verordnungen“ aus dem Jahre 1816 eine Verordnung vom 4. März 1816 gefunden, die auf die Anordnung vom 25. März 1808 Bezug nimmt und eine ausführliche Begründung für diese Neuregelung gibt. Die Verordnung hat folgenden Wortlaut: „Da vielfältige Beobachtungen der Ärzte es bestätigen, daß die Taufe in der Kirche, sowohl im Sommer als im Winter, großen Nachtheil für die zarten, allen Eindrücken der Lufttemperatur bloß stehenden Kindern bringt, indem sowohl im Winter der Unterschied zwischen der erwärmten Kindbetterstube und der kalten Kirche, als auch die Verschiedenheit der Schwüle eines heißen Sommertages und der Kühle zwischen den dicken Kirchenmauern so bedeutend ist, daß dadurch der Keim zu mancherlei unheilbaren Krankheiten gelegt, ja der Tod oft plötzlich herbeigeführt wird; so haben Ihre Herzogliche und Hochfürstliche Durchlauchten breits unterm 25. März 1808 allgemein verordnet: `daß es den Eltern frei stehen soll, ohne vorher eingeholte Erlaubnis, ihre Kinder im Haus taufen zu lassen, und daß, wenn die Taufe dennoch in der Kirche vollzogen wird, aus den angeführten Gründen nicht eher dahin gebracht werden dürfen, bis sie wenigstens den 8. Tag des Lebens zurückgelegt haben, auch daß, wenn gleich die Eltern ihre Kinder, bei Vermeidung unausbleiblicher Strafe, länger nicht als vier Wochen nach der Geburt ungetauft liegen lassen dürfen, sie doch jedesmal am ersten Tag nach der Geburt den vorgesetzten Geistlichen davon die Anzeige machen sollen, damit die Kirchenbücher in Ordnung gehalten werden können. „Demohngeachtet haben Wir zu bemerken gehabt, daß dieser bloß die Erhaltung der Gesundheit der neugeborenen Kinder bezweckenden Verordnung nicht überall nachgelebt wird. Wir bringen daher dieselbe hierdurch nochmals zur allgemeinen und besonders auch zur Kenntnis der Herren Geistlichen und sämmtlicher Einwohner…Ganz besonders machen Wir es den Pfarrherren des Herzogthums, zu deren Pfarrsprengel von der Pfarrkirche entfernt liegende Filialortschaften gehören, zur Pflicht, den Transport neugeborener Kinder zur Taufhandlung in die Kirche nicht anders als bei vollkommen guter Witterung in den Monaten der milden Jahreszeit gestatten, vielmehr zu Verrichtung derselben sich in der Regel, und wenn die Witterung im mindesten ungünstig erscheint, an den Wohnort der Eltern in Person zu begeben…“ Bis zum Erlaß dieser Vorschriften wurden die Neugeborenen in der Regel nach 2 oder 3 Tagen in der Kirche getauft. Nur bei Schwäche erfolgte die Taufe kurz nach der Geburt im Hause. Im Laufe des 18. Jahrhunderts lagen in seltenen Fällen auch einmal 4 Tage zwischen Geburt und Taufe. Mit der frühen Taufe wollte man sich-erstellen, daß die Neugeborenen im Falle eines plötzlichen Todes der Erlösungstat Christi teilhaftig werden. Mit der oben zitierten Verordnung tritt ein anderer Gesichtspunkt in den Vordergrund. Den absolutistischen Herrschern ging es in erster Linie um eine wachsende Bevölkerung und gesunden Nachwuchs fürs Militär. In der Zeit nach 1816 wurde die Spanne zwischen Geburt und Taufe allmählich immer größer. Bis in die Mitte unseres Jahrhunderts betrug sie in der Regel 3 bis 4 Wochen und die Taufe erfolgte im Hause. Erst Ende der fünfziger Jahre wurde die Taufe in der Kirche wieder eingeführt.
Helmuth Leichtfuß
Nationalsozialistische Ehevorschriften
Wie allgemein bekannt ist, war die Rassenlehre ein zentrales Element der nationalsozialistischen Weltanschauung. Nach dieser Theorie bestimmt sich der Wert des Menschen wesentlich nach seiner rassischen Zugehörigkeit. Den höchsten Rang nimmt nach dieser Lehre der arische Mensch ein, weil in ihm die „Bereitwilligkeit, alle Fähigkeiten in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen,“ am größten ist. „Es ist notwendig, daß der einzelne sich langsam zur Erkenntnis durchringt, daß sein eigenes Ich unbedeutend ist, gemessen am Sein des ganzen Volkes“, sagte Hitler in einer Rede zum Erntedankfest am 1. Oktober 1933 in Bückeburg. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, daß in den folgenden Dokumenten im Zusammenhang mit der Eheschließung vom Interesse der Volksgemeinschaft die Rede ist. Zwei der zahlreichen Dokumente, auf die ich beim Ordnen der Archivbestände gestoßen bin, werden im folgenden ohne Namensnennung abgedruckt, weil ich annehme, daß selbst Zeitgenossen, die nicht betroffen waren, von diesen Praktiken nichts wußten. Mir war bis zu diesen Funden jedenfalls nicht bekannt, welche Prozeduren die Heiratswilligen bei der Eheschließung über sich ergehen lassen mußten. Außerdem glaube ich, daß sie für junge Menschen heute ein Grund zum Nachdenken sind.
1. Eine Aufgebotsverhandlung aus dem Jahre 1936
Ich, der Verlobte …. und ich, die Verlobte …. versichern ausdrücklich, daß wir
a) an keiner, mit Ansteckungsgefahr verbundenen Krankheit leiden, die eine erhebliche Schädigung der Gesundheit des anderen Teils oder der Nachkommen befürchten läßt.
b) nicht entmündigt sind oder unter vorläufiger Vormundschaft stehen.
c) ohne entmündigt zu sein, an keiner geistigen Störung leiden, die die Ehe für die Volksgemeinschaft unerwünscht erscheinen läßt.
d) an keiner Erbkrankheit im Sinne des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses leiden.
Wir sind darauf aufmerksam gemacht worden, daß wir strafbar sind, wenn wir wissentlich falsch angegeben haben, daß derartige Hindernisse nicht vorliegen.
vorgelesen und unterschrieben
gez. ………….. ………….. …………..
2. Amtsärtzliche Bescheinigung des staatlichen Gesundheitsamtes des Untertaunuskreises über die Untersuchung auf Eignung zur Ehe.
„Ich bescheinige hiermit, daß ……… von mir auf Eignung zur Ehe untersucht worden ist. Nach Angaben der Untersuchten und den angestellten Ermittlungen besteht kein Verdacht für das Vorhandensein von vererblichen geistigen oder körperlichen Gebrechen, Infektionskrankheiten oder sonstigen das Leben bedrohenden Krankheiten. Es bestehen ärztlicherseits keine Bedenken, die ihre Verheiratung nicht als im Interesse der Volksgemeinschaft liegend erscheinen lassen.
Ich versichere, die vorstehenden Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht zu haben. Datum und Unterschrift.“
Helmuth Leichtfuß
Die Lamekaut
1.
Die Straß, die mir am meist vertraut |
die gute alte Lamekaut, |
die heißt zwar jetzt, wie jeder waaß |
ganz offiziell die Taunusstraß. |
Die Lahmekaut, ihr wißt noch all, |
fing vorne aa mim Sollerkarl. |
Dann kam em Junkerhohl sein Garte, |
dort wuchse Krautköpp un Tomate. |
Doch diese Zeit ist lang vorbei |
heut wohne Leut aus der Türkei |
im ersten Haus der Taunusstraß, |
Wie jeder hier in Walsdorf waaß. |
Dann hat der Scheel, nicht der aus Bonn, |
dem Emil Hohl sein Schwiegersohn, |
wo früher Krautkoppgarte war |
für sich, sei Kinner un sei Fraa |
als nächstes Haus der Taunusstrasse |
ein Fertighaus sich baue lasse. |
Dann kam dem ganze Ort zur Ehr |
das Gerätehaus der Feuerwehr. |
Auch dort hat man, euch all vertraut, |
ein Wohnhaus vorne hiegebaut |
und ließ verschwinde auf die Schnell |
den Schulbus samt der Haltestell |
und hat an dieser Stelle jetzt |
paar Büsch und Bäume hingesetzt |
als optisch grünes Hinweisschild, |
daß dreisig kmh hier gilt. |
Das nächste Haus, dereinst in blau, |
der Brefbott’s Rudolf und sei Frau, |
die habbe da gewohnt, geschafft |
als Landwirt in der Landwirtschaft. |
Des Minche, waaß ich noch genau, |
die konnt im Ort als einzig Frau |
fast jede Last ganz ohne Frage |
mit em Kitzel off em Kopp heimtrage. |
Das nächste Haus, wer waaß das nitt, |
das war em Scheurer Karl sei Schmidt. |
Hier wurde früher ohne Frage |
der Plugg geschärbt, die Gäul beschlache |
und manchmal, ich sag es ganz offe, |
nur zum Schwätze sich getroffe. |
Auch diese Zeit ist lang vorbei, |
heut ist die Schmidt en Schlosserei, |
und entlang der Strassefront |
das umgebaute Wohnhaus thront. |
2.
Das nächste Haus, mich hats beglückt, |
mit einem Birnbaum wars geschmückt. |
Die Straßeseit war ohne Faxe |
mit Flaschenbirnen zugewachse. |
Der Christian Lieber wohnte dort |
als angesehener Mann im Ort. |
Doch lang vorbei ist diese Zeit, |
heut strahlt das Haus im gelben Kleid, |
machts dem Besitzer Freud und Spass |
ein Schmuckstück in der Taunusstraß. |
Auch gegenüber erwähnt noch sei |
em Hohle Korl sei Dreherei. |
Hier gedenkt mir noch aus Kindheitstagen |
wie er mim Hund gespannt vorm Wagen |
die Hämmer,die aus Halz gedreht, |
nach Camberg an den Bahnhof fährt. |
Das nächste Haus hat in Besitz |
die Rebentisch’s Berta un de Fritz. |
Die habbe, wenn man im Ort geschlacht, |
die Büchse auf- und zugemacht. |
Auch hat der Fritz mit Schell und Wort, |
was wichtig war im ganze Ort, |
bekannt gemacht für wenig Geld |
in alle Gasse ausgeschellt, |
Auch hat er nach altem Brauch und Sitte |
die Krautköpp bei de Leut geschnitte, |
wenn sie zur Ernte eingebracht |
und Sauerkraut daraus gemacht. |
Die Lahmekaut ein Stückche hinner, |
hier wohnte dann mit Fraa und Kinner |
der Gustav Schmidt im nächsten Haus. |
Im Ort fuhr er Getränke aus. |
Mit einem Dreirad erster Klasse |
fuhr er damit durch Walsdorfs Strasse. |
So wurd er überall bekannt |
und Biergustav seitdem genannt. |
Dann tat er noch nach Höherem strewe |
und gründete das Kaufhaus Rewe |
und alle Leute groß und klein |
die kauften fortan bei ihm ein. |
Für die Lahmekaut wars ein Gewinn |
man ging halt gern zum Gustav hin. |
Doch dies ist alles lang schon her, |
das Kaufhaus Rewe gibts nicht mehr, |
und vieles, was ich tat berichte, |
ist mittlerweile schon Geschichte. |
3.
Hab Jahre ich zurück geschaut |
in die gute alte Lahmekaut. |
Was sonst noch in der Straß geschah |
erzähl ich euch im nächsten Jahr |
Ich hör jetzt auf und komm zum Schluß, |
doch eines ich noch sage muß |
die Taunusstraß, ihr könnt es sehn |
ist unsre Straße, wunderschön |
doch sollten wir die Lahmekaut, die alte, |
stets in Erinnerung behalte – – |
Rolf Preuser
Was tut sich so im alten Ort?
Die Untergasse
Das Auffälligste im alten Ort ist wohl die Instandsetzung der Untergasse. Dabei ist besonders erwähnendswert, daß diese Maßnahme nun schon seit Herbst letzten Jahres andauert und die Anlieger ziemlich nervt. Im Oktober/November 1997 wurde bereits die Straßendecke abgetragen und ist bis Mitte April noch nicht instandgesetzt. Diese frühe Maßnahme war erforderlich, um mit dem Beginn in 1997 einen entsprechenden Zuschuß sicherzustellen. Für uns Anwohner sehr unbefriedigend, da seit dieser Zeit ein regelmäßiges Stolpern durch die Untergasse gewährleistet ist, ganz abgesehen von der Staubbelästigung.
Seit Februar 1998 wird nun wieder gebaut, die Erstellung der Gehwege wird wohl bald vollendet sein. Aber jetzt wird bald geteert, die Kreuzung Untergasse / Am Obertor soll gepflastert werden. Auffällig ist weiterhin, daß sich die Straßenbreite doch sehr verringert, was dazu führen wird, daß die Autos immer wieder die Gehwege mitbenutzen müssen, um überhaupt aneinander vorbeizukommen. Wenn in Zukunft alle Anwohner ordnungsgemäß auf der Straße parken sollten, wird wohl ein Durchkommen nicht mehr möglich sein. Bemerkenswert sind die neuen Buchten, die für Pflanzen und Bäume vorgesehen sind und ebenfalls zu Parkplatzverlusten vor einigen Häusern und zusätzlichen Verengungen der Fahrbahn führen werden. An der Ecke Untergasse/Am Obertor erschwert sich die Ausfahrt somit erheblich. Hier wurde direkt an der Ausfahrt eine Baumbucht errichtet, die die Einsicht sehr behindert. Wir Anlieger gehen aufgrund dessen davon aus, daß es hier wohl einige Beulen geben wird. Die Instandsetzung war dringend notwendig, ich bin mir sicher, es wird anschließend gut aussehen. Leider hat die Baumaßnahme, wenn sie vielleicht im Mai abgeschlossen sein wird, mehr als ein halbes Jahr gedauert.
Das alte Pfarrhaus
Hier ist ebenfalls eine lange Bauphase zu beobachten, die aus den verschiedensten Gründen entstanden ist. Nicht vergessen darf man hier, daß die Sanierung des Pfarrhauses sehr komplex war und ist. Alleine der Putz mit Lehm bedurfte einer langen Trockenzeit. Auch hier ist mit der Fertigstellung im Mai zu rechnen. Wenn man mit offenen Augen durch den alten Ort geht, fallen einem noch weitere Baumaßnahmen auf. In der Klostergasse wurde der Umbau einer ehemaligen Scheune abgebrochen, weil seitens der Denkmalfachbehörden (Untere Denkmalbehörde bei der Bauaufsichtsbehörde Bad Schwalbach und Herrn Dr. Reiter vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen) Bedenken gegen eine bestimmte Verglasung geäußert wurde. Der Bauherr wollte nichts anderes, als sein Wohnzimmer ausreichend mit Licht zu versorgen. Beabsichtigt war, die Fachwerkfelder alle zu erhalten, z.T. mit Fenstern in den Feldern zu versehen und bis auf die Größe einer Balkontür auszumauern. Dieser Teil sollte hinter den Balken verglast werden, um ausreichend Lichteinfall zu erreichen. Zugegebenermaßen ist diese Art von Lichteinfall bisher in Walsdorf noch nicht ausgeführt worden, ist aber aufgrund der Zimmertiefe und -größe erforderlich. Was also fehlte, war die Genehmigung einer Fensterfläche, die wahrscheinlich nur sehr wenig aufgefallen wäre, aber nicht erteilt wurde. Der Bauherr zog die Konsequenz und brach den Umbau ab. Ein solches Vorgehen der Denkmalfachbehörden verhindert nach meiner Meinung, daß unsere Kinder in Walsdorf bleiben, und läßt die alten Gebäude verfallen. Somit steht seit dem März 1995 in der Klostergasse ein weiteres altes Gebäude leer, was inzwischen längst mit ein wenig gutem Willen der Denkmalpflege ein weiteres Schmuckstück in Walsdorf wäre. Gegenüber dieser alten Scheune steht das Haus der ehemaligen Bäckerei Eul. Dieses wurde im April 1997 von Vertretern der Bauaufsichtsbehörde besichtigt und dabei für den Dachraum und das Obergeschoß ein Nutzungsverbot ausgesprochen. Da der Grundstückseigentümer nicht in der Lage ist, die Fachwerkkonstruktion des Gebäudes instandzusetzen, kann dieses „schiefe Haus von Walsdorf“ gekauft werden. Nach Stellungnahme der Stadt Idstein hat die daneben liegende Bauruine zu der vorliegenden extremen Wandneigung geführt. Genaugenommen liegt für diesen Hausrest eine Abbruchverfügung der Bauaufsichtsbehörde vor, die aber ausgesetzt wurde, bis das Nachbarhaus Eul saniert ist, um weitere Schäden daran zu vermeiden. Jetzt beißt sich die Katze in den Schwanz, ich denke, uns bleiben somit beide Häuser im jetzigen Zustand noch weiter erhalten. Ich bin von Arbeitskollegen angesprochen worden, was denn in Walsdorf in der alten Scheunenfront gebaut würde. Im Augenblick werden zwei Scheunen zu Wohnhäusern umgebaut, wovon besonders ein Baustil besonders auffällt. Auch hier ist die offizielle Stellungnahme sehr interessant: Auf dem o.a. Grundstück befand sich eine Scheune, die in den 50er Jahren dieses Jahrhunderts in Massivbauweise errichtet worden war. Bei einem Ortstermin am 16. Oktober 1996 mit Herrn Dr. Reiter, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Wiesbaden, wurde vereinbart, daß gegen den Abbruch und Wiederaufbau mit der gleichen Gebäudekubatur keine Bedenken bestehen. Herr Dr. Reiter erklärte, die Scheune sei kein Kulturdenkmal und könne somit durch einen Neubau ersetzt werden. Da es sich bei dem alten Gebäude nicht um eine Fachwerkkonstruktion gehandelt hat, sollte auch bei dem Neubau kein Fachwerk „vorgetäuscht“ werden. Daher wurde seitens der Stadtverwaltung eine Holzverschalung des Obergeschosses vorgeschlagen, die auch von der Bauaufsichtsbehörde Bad Schwalbach genehmigt wurde. Hier ist doch wohl zu fragen: wo bleibt bei einer solchen Argumentation die schöne Gesamtansicht der Scheunenfront? Beim Umbau der anderen Scheune wird aber Fachwerk „vorgetäuscht“ (wie Herr Dr. Reiter beim anderen Gebäude meinte), was natürlich sehr gut in die gesamte Front paßt. Aufgrund meiner 20-jährigen Erfahrung als Besitzer eines denkmalgeschützten Anwesens kann ich nur feststellen:
Ich verstehe die Welt nicht mehr!
Früher war keinerlei Veränderung an der Scheunenfront zugelassen, heute sieht sie langsam aus wie Kraut und Rüben. Zum Glück haben wir in unserer Fotosammlung noch Bilder, die belegen, wie die Front aussah, bevor der Denkmalschutz zugeschlagen hat.
Dieter Thielmann
Die Walsdorfer Bürgerschaft zum Gericht nach Steinfischbach
Jahrhundertelang zogen alle Walsdorfer Bürger bis 1784 jährlich einmal nach Steinfischbach, weil sie den dortigen Gerichtstermin zu besuchen hatten. Nachdem sie den Emsbach überquert hatten, befanden sie sich nicht mehr in ihrer Grafschaft Nassau-Idstein, sondern im Amt Altweilnau, dessen Herrschaft öfters wechselte. Richtiges Ausland war dieses Gebiet für sie trotzdem nicht, da ihr Weg nun durch ein Gebiet führte, das sie schon seit Jahrhunderten wirtschaftlich nutzten. Nachdem sie hinter der Morcher Mühle die Höhe erklommen hatten, marschierten sie entweder links an der Würgeser Grenze entlang auf dem Eselspfad, den der Müller mit seinen Tieren benutzte, oder etwas weiter rechts auf dem Steinfischbacher Pfädchen. Wälder, Felder und Heide prägten früher die Landschaft. Auf beiden Wegen kamen sie schließlich zur Nonnenheck, einem Wald, der ihrem Kloster schon seit 1156 gehörte. Von dort ging es durch die Felder zum Steinfischbacher Friedhof, auf dem damals noch die Kirche stand. Beim Pfarrhof erreichten sie das Dorf, wo sich auch gleich das Rathaus befand. Seine Glocke begann zu läuten, um auch die Steinfischbacher zur Versammlung zu rufen. Warum die Bürger des Freifleckens Walsdorf den über einstündigen Weg zu dem aus Leibeigenen zusammengesetzten Dorfgericht Steinfischbach auf sich nahmen, war jedem bekannt. Und sollte ein Neubürger Informationen benötigen, dann konnten ihn seine Nachbarn im „Helcköber Bezirk“, dem Gebiet zwischen dem Emsbach und den Steinfischbacher Feldern, sehr anschaulich aufklären. War es doch wegen der Nutzung dieser Ländereien, daß die Walsdorfer den Gang unternahmen. Hätten wir ein Protokoll dieser Gespräche, dann wäre für uns heute die Geschichte dieser Gegend nicht so rätselhaft. Aber nachdem 1784 die Gerichtsordnung geändert und der letzte Gang gemacht worden war, trat das ein, wovor ein Usinger Beamter damals gewarnt hatte: die Erinnerung an Helckoben verschwand fast vollständig. Acht Jahrzehnte später konnte Adolf Deissmann für seine Geschichte von Walsdorf auf keine mündliche Tradition mehr zurückgreifen, und er besaß an Dokumenten nur einen Brief von 1620. So entstand die Sage vom Untergang Helckobens im 30jährigen Krieg.
Helcköber Schultheiß und Schöffen
Das Ende ist 200 Jahre früher zu suchen. Um 1530 erfahren wir von althergebrachten Rechtsverhältnissen zwischen Walsdorf und Steinfischbach wegen der Gemarkung der „zwei Dörfer Kodenfischbach und Elckhofen“. (Der Name dieses Dorfes ist in vielen Formen überliefert.) Die Walsdorfer behaupteten, daß „in jenen gewohnt haben unsere Vorfahren … und derselbigen zweier Dörfer Gebrauch auf uns erstorben und ererbt ist.“ Wenn sie allerdings meinten, das sei schon vor ungefähr 200 – 300 Jahren erfolgt, dann übertrieben sie aus taktischen Gründen gewaltig. Hätten sie von über 100 Jahren geschrieben, dann wäre die Aussage zutreffender gewesen, da das Dörfchen um 1400 noch existierte. In dem Brief, der alle diese Informationen liefert, erfahren wir (z. Zt. erstmals) Genaueres über das Verhältnis der Walsdorfer zum Steinfischbacher Gericht. Da sie wegen des Gebrauchs der Helcköber Ländereien auch Untertanen der dortigen Landesherren waren, hatten diese das Recht, „in unserem Flecken Walsdorf unter der Gemeinde zu wählen drei Mann. Zwei Schöffen, die das Gericht zu Fischbach helfen besitzen. Dazu wählen sie auch einen Schultheißen aus unserer Gemeinde.“ (Zum besseren Verständnis sei darauf hingewiesen, daß es auch noch Schöffen und einen Schultheißen für Walsdorf gab.) (1) Der Aufgabenbereich dieser drei Personen beschränkte sich auf das Gebiet der untergegangenen Dörfer Helckoben und Koden- oder Quadenfischbach. Von dem letzteren Dorf war später im 16. Jahrhundert nicht mehr die Rede. Beide Dörfchen lagen in dem Tal zwischen dem Emsbach und Steinfischbach. Der Schultheiß mußte die dort fälligen Abgaben an Geld, Getreide und Weidehämmeln einsammeln und an die zuständige Kellerei Altweilnau abliefern. Er notierte die im Laufe eines Jahres sich ereignenden Frevel, achtete darauf, daß sich nicht das Walsdorfer Gericht damit beschäftigte, und brachte alles beim Gerichtstermin in Steinfischbach vor. Dazu lud er alle Walsdorfer ein und sorgte für die Bestrafung der nicht Erschienenen. An einem der Pfingsttage verteilte er „ein gewisses gestiftetes Brotquantum an die Walsdorfer Kinder auf dem Helckhofer Feld.“ Die beiden Schöffen mußten „die Helckhöfer Felder und Wiesen“ beobachten, Frevler aufschreiben und vor das „Steinfischbacher Rügengericht“ bringen. Als Besoldung gab es für den Schultheißen und die Schöffen – nichts. Die Schöffen durften allerdings an der jährlichen „Gerichtsmahlzeit“ teilnehmen. Um aber das Amt antreten zu können, mußten sie ihren künftigen Kollegen einen Einstand von 10 Talern bezahlen. Davon erhielten sie zur Bestreitung der Kosten bei Amtsantritt 1 Taler zurück. (Dieser „Einstand“ war im 18. Jahrhundert in vielen Gemeinden ein großes Problem.) (2) Klein war das Steinfischbacher Gericht nicht, da es vielleicht aus einem Gericht für das ganze Kirchspiel entstanden war. 6 – 7 Schöffen und ein Schultheiß stammten aus Steinfischbach. Mauloffs Gerichtsfälle wurden hier auch entschieden, weshalb von dort (vielleicht 2) Schöffen kamen. Auch Riedelbach schickte Schöffen. Wie Walsdorf nutzte es die Gemarkung untergegangener Dörfer, die einmal zur Pfarrei und zum Gerichtsbezirk Steinfischbach gehörte hatten. Es handelte sich um Roßbach und Dottenbach im oberen Dombachtal. (3) Wie wichtig das Erscheinen aller Dörfer für das Gericht war, konnte man 1671 erleben. Wegen der bei ihnen „grassierenden Seuche“ konnten die Walsdorfer nicht ins Nachbardorf gehen, woraufhin in diesem Jahr das Gericht ausfallen mußte. (4) Die gerichtliche Bindung der Walsdorfer beschränkte sich nicht auf Steinfischbach. Sie mußten auch vor dem höchsten Gericht des Amtes Altweilnau zur Urteilsfindung und -vollstreckung, „zu Wasser, Rad und Galgen jeder Zeit“ erscheinen. Sollte zufällig einmal ihr eigener Landesherr, der Graf in Idstein, gleichzeitig ein Todesurteil vollstrecken lassen, dann ging der Termin auf dem Breitenberg im Amt Altweilnau vor. Nach 1600 finden sich hierzu keine Belege mehr. (5)
2. Teil folgt nach
Quellen: (1) Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (zitiert W) 133 Walsdorf 55.; (2) W 133 Walsdorf 55 (1530), 8 (1775); 135 Steinfischbach 7 (1567); 171 W 1031b (1567).; (3) W 171 W 402 (1606); 135 R 6954, 6958, 6979, 6980, 5646; 133 Walsdorf 8.; (4) W 135 R 6947.; (5) W 133 Walsdorf 55; 135 Steinfischbach 7; 171 W 1031b.
Gerhard Buck
Redaktion:
Monika Kiesau, Helmuth Leichtfuß, Manfred Wetzel