Aus Walsdorfs Chroniken:
Waren die Winter früher anders?
Nachdem der Winter 2000/2001 sich fast ein halbes Jahr lang als ,,endloser Herbst“ mit nur wenigen und kurzen Schnee- und Frosttagen gestaltete, habe ich einmal die Walsdorfer Schulchronik durchgesehen, um zu erfahren, wie die Winter früher waren.
Lehrer hatten damals auch die Pflicht, Aufzeichnungen über das Wetter allgemein und besondere Witterungserscheinungen sowie über die Ernteerträge zu machen. Diese Aufzeichnungen entsprechen keineswegs den wissenschaftlichen Ansprüchen einer präzisen Wetteraufzeichnung. Sie geben nur wieder, wie die Menschen das Wettergeschehen innerhalb eines Jahres beobachtet und wahrgenommen haben.
Die Chronik beginnt mit dem Jahr 1818. So erfahren wir, dass 1823 ein strenger Winter herrschte, ebenso 1827. Im Herbst 1830 wurde in Walsdorf das Nordlicht gesehen. Das war ein ganz besonderes Ereignis, das die Menschen sehr beeindruckte.
Der Winter 1835 war auch hart. Schon ab November gab es strengen Frost. Das Frühjahr 1837 war so kalt, dass am 10. April noch viel Schnee lag und die Bäche zugefroren waren. ,,An den Fenstern wuchsen Eisblumen.“ 1838 froren alle Flüsse zu. Im Jahre 1841 fiel am 8. Januar ungeheuer viel Schnee, der jedoch schnell wieder schmolz, was zu Überschwemmungen führte. Insgesamt war auch dieser Winter streng und schneereich. Der Winter 1845 zeichnete sich durch besondere Kälte aus, die bis zum 23. März dauerte. Am 8. März fuhren noch schwere ,,Lastwagen“ bei Walluf über den Rhein!
Dagegen war der Winter 1846 so ,,gelind“, dass schon im Februar z. T. die Obstbäume blühten. Es folgte eine Missernte!
Darauf folgten weitere ,,gelinde“ Winter mit wenig Frost und Schnee. Erst 1861 gab es so viel Schnee ,,wie seit Menschengedenken nicht zuvor. Die Kälte war groß, und das Wild litt besondere Not.“ 1864 und 1865 gab es wieder kalte und schneereiche Winter, ebenso 1870 und 1871. Sie dauerten fast ein halbes Jahr mit Frost und Kälte.
1880 war ein äußerst langer und kalter Winter. Obstbäume erfroren – im Wiesbaderner Verwaltungsbereich waren fast eine halbe Million Bäume durch Frostschaden vernichtet worden.
Darauf folgten wieder milde und ,,gelinde“ Winter. Erst 1891 wurde es so kalt, dass der Boden bis zu einem Meter tief gefroren war. Schnee gab es fast keinen. In den folgenden Jahren waren die Winter mild, oft nur mit wenig oder kurzzeitigem Schnee.
1921 war es so mild, dass die Leute schon im Februar mit dem Aussäen im Garten begannen. Doch kam danach leider noch ein Wettersturz.
Erst 1928 setzte der Winter wieder ,,im November mit starkem Frost ein, so daß die Flüsse mit einer dicken Eisdecke bedeckt waren. Über den Wiesen der Morgermühle lag noch Mitte April viel Eis. Auch an Schnee fehlte es nicht, so daß viel Wild den Hungertod starb. Besonders groß war die Zahl verhungerter Raubvögel, die von den Schulbuben gefunden wurden.“
Ein extrem kalter Winter mit Schnee war auch der von 1929/30. Er dauerte bis nahe Ostern. Die Kälte erreichte -26°C. Unter dem Wild waren große Verluste zu verzeichnen. Überall fand man erfrorene Vögel, auch Greifvögel.
1931 brachte der Winter einigen Schnee. ,,Doch dauerte die Freude nur drei Wochen.“
Über die folgenden Jahre gibt es keine Aufzeichnungen. Erst 1939/40 heißt es wieder, dass der Winter streng und schneereich war. Es gab vom 21. Januar bis 5. Februar ,,Kälteferien“.
Äußerst kalt war der Winter 1941/42. Die Temperatur sank auf -28°C. Die Weihnachtsferien wurden bis zum 15.Januar verlängert. 1946/47 gab es wieder einen kalten Winter mit Schnee. 1951 dauerte die feuchte Kälte bis zu den Osterferien.
Hiermit enden die Eintragungen zu den „Walsdorfer Wintern“ in der Chronik. Anhand dieser Aufzeichnungen kann man feststellen, dass in den 133 Jahren nur relativ wenige extreme Winter in dieser Gegend herrschten. Zu erklären ist das mit den vorherrschenden Westwinden, die Westdeutschland unter den Einfluss des milden Atlantischen Klimas bringen. Unser diesjähriger „gelinder“ Winter ist also keine besondere Ausnahme.
Monika Kiesau
Landwirtschaft, Handwerk und Gewerbe in Walsdorf im 20. Jahrhundert
Walsdorf hat sich in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts im Aussehen und in seiner Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur stärker verändert als in Jahrhunderten zuvor. Nicht nur, dass es seine Siedlungsfläche beträchtlich ausweitete, auch die Siedlungsform änderte sich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts grundlegend. Statt der bis dahin vorherrschenden geschlossenen Bauweise bestimmen Ein- und Zweifamilienhäuser im Grünen, meist mit Garage, aber ohne Wirtschaftsgebäude, den Charakter der Neubaugebiete.
Augenfällig sind auch die Veränderungen im Straßenbild. Die wassergebundenen Schotterdecken und grobes Kopfsteinpflaster wurden durch Asphaltdecken ersetzt, und wo vorher die Bauern am Straßenrand Pflugkarren, Walzen, Mähmaschinen oder Leiterwagen abgestellt hatten, stehen heute Autos.
Die Veränderungen in der Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur sind nicht weniger gravierend. Im Gegensatz zum Anfang des Jahrhunderts sind heute nur noch wenige Walsdorfer in der Landwirtschaft beschäftigt. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Wiesbaden waren es im Jahre 1999 noch 15 Personen, von denen lediglich zwei vollbeschäftigt waren. Auch der größte Teil der Handwerksbetriebe, die Jahrhunderte lang den Bedarf der Dorfbevölkerung deckten, sind ganz verschwunden.
Es vollzog sich eine Entwicklung, die Ende der 50er Jahre wohl niemand vorausgesehen hat, wohl auch nicht sehen konnte. Denn wie wäre es sonst zu erklären, dass man im Rahmen der Flurbereinigung mit Betriebsaufstockungs- und Aussiedlerprogrammen die Zukunft der bäuerlichen Familienbetriebe sichern zu können glaubte. Wenn jemand 1960, als noch 747 Stück Rindvieh bei 77 Bauern in den Ställen standen, 1970 noch 837 bei 50 Haltern, prognostiziert hätte, am Ende des Jahrhunderts gäbe es nur noch 43 Stück und keine einzige Milchkuh mehr im Dorf, der wäre für verrückt erklärt worden. (Das letzte Stück Rindvieh aus Walsdorf wird übrigens noch in diesem Frühjahr verkauft werden.)
Die Ursachen für diese dramatischen Veränderungen sind vielfältig. So ermöglichte die zunehmende Rationalisierung und Mechanisierung der landwirtschaftlichen Tätigkeit im Familienbetrieb die Bewirtschaftung wesentlich größerer Flächen, was aber auch einen erhöhten Kapitalbedarf bedeutete. Die 1960 abgeschlossene Flurbereinigung hatte die Voraussetzungen für den Einsatz von Traktoren und großen Landmaschinen wesentlich verbessert. Die in den 50er und 60er Jahren erfolgte Steigerung der Realeinkommen in den nichtlandwirtschaftlichen Bereichen wirkte sich andererseits dahingehend aus, dass landwirtschaftliche Kleinbetriebe, gemessen am allgemeinen Lebensstandard, nicht mehr attraktiv waren. Die Folge war, dass viele kleine und auch mittlere Bauern aus der Landwirtschaft abwanderten oder eine Haupttätigkeit in anderen Wirtschaftsbereichen übernahmen und ihren Betrieb im Nebenerwerb weiterführten.
Generell lässt sich sagen, dass sich das Gefälle von Lohn- und Arbeitsbedingungen in diesem Zeitraum verstärkt zu ungunsten der Landwirtschaft entwickelte. Schließlich beeinflussten der europäische Agrarmarkt und die Brüsseler Behörden mit ihren vielfältigen Vorschriften und Eingriffen auch die deutsche Agrarwirtschaft ganz wesentlich, was nicht ohne Auswirkung auch auf die Bauern unseres Dorfes blieb.
Die Ausgangssituation
Wie es bezüglich der Berufsstruktur, des Landbesitzes und des Viehbestandes im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts in Walsdorf aussah, ist einem Verzeichnis der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe aus dem Jahre 1907 für die Hessen – Nassauische Berufsgenossenschaft zu entnehmen.
Im Jahre 1907gab es hier 102 landwirtschaftliche Betriebe mit eigenem Spannvieh. 63 Bauern fuhren mit Pferden und 39 mit Kühen. 36 von den 102 Betriebsinhabern übten neben der Landwirtschaft noch ein Handwerk aus.
Außer den 102 Betriebsinhabern mit eigenem Fuhrwerk sind noch 63 Personen mit geringem Landbesitz verzeichnet, die als selbständige Handwerker oder im Dienst anderer Unternehmer ihren Lebensunterhalt verdienten. Diese waren bei der Bestellung des Landes auf die Mitwirkung eines Bauern angewiesen. Als Gegenleistung arbeiteten in der Regel ihre Ehefrauen und oft auch ihre Kinder als Taglöhner im Betrieb ihres sog. „Fuhrmanns.“
Die folgende Übersicht zeigt den Landbesitz im Jahre 1907:
Hektar (bis zu) | 1/2 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 16 |
Besitzer 1907 | 30 | 16 | 25 | 7 | 13 | 21 | 17 | 12 | 12 | 5 | 4 | 2 | 1 |
Der Tabelle ist zu entnehmen, dass knapp die Hälfte aller Personen mit geringem Landbesitz weniger als 1/2 Hektar ihr Eigen nannten. (1 Hektar = 10.000 qm). Das reichte gerade aus, etwas Brotgetreide und Kartoffeln für den Eigenbedarf und das nötige Futter für eine oder zwei Ziegen und ein Schwein zu ziehen. 4/5 aller Eigentümer, die mehr als 2 ha besaßen, hatten zwischen 4 und 8 ha Land. Wenn man davon ausgeht, dass in dieser Zeit im Durchschnitt mindestens 2 bis 3 Kinder erbberechtigt waren, bedeutete das, dass die nachfolgende Generation wieder relativ klein anfangen musste und größerer Reichtum unter diesen Bedingungen nur schwer zu erlangen war. Wo er vorhanden war, kam er fast immer durch günstige Erbverhältnisse zustande.
Die Entwicklung im Laufe des Jahrhunderts
An den zu Anfang des Jahrhunderts bestehenden Größenverhältnisse änderte sich in den ersten sechs Jahrzehnten nichts Grundlegendes.
Hektar (bis zu) | 1/2 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 16 | 17 | 18 |
Besitzer 1933 | 28 | 20 | 21 | 12 | 15 | 19 | 17 | 17 | 7 | 2 | 2 | 1 | – | 1 | – | 1 | 1 |
Besitzer 1959 | 37 | 12 | 16 | 5 | 6 | 6 | 5 | 8 | 9 | 13 | 6 | 10 | 3 | – | 1 | 1 | – |
1959 waren die neu vermessenen und zusammengelegten Grundstücke ausgegeben worden. Ein Trend zu größeren Einheiten bei gleichzeitigem Rückgang der Personen, die ihr Land selbst bewirtschafteten, ist zu diesem Zeitpunkt schon deutlich zu erkennen. Ihre Zahl verminderte sich von 164 im Jahre 1933 auf 138 im Jahre 1959. Die meisten Kleinbesitzer verpachteten ihr Land, und auch eine Reihe kleiner und mittlerer Bauern gaben ihre Wirtschaft auf oder wandelten sie in Nebenerwerbsbetriebe um. Ein großes Angebot an Arbeitsplätzen in der Industrie begünstigte diese Entwicklung ebenso wie die rasche Mechanisierung der Landwirtschaft, die den verbliebenen Bauern die Bewirtschaftung größerer Flächen mit relativ wenigen Arbeitskräften erlaubte.
Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe mit einer selbstbewirtschafteten Fläche von mehr als ½ ha änderte sich in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts wie folgt:
Jahrgang | Zahl der Betriebe | davon Nebenerwerbsbetriebe |
1955 | 117 | |
1960 | 82 | |
1965 | 73 | |
1970 | 50 | |
1980 | 32 | 24 |
1990 | 25 | 17 |
1995 | 16 | 12 |
1999 | 10 | 8 |
Je stärker die Zahl der Betriebe zurückging, umso größer wurde die bewirtschaftete Fläche, wie die folgende Zusammenstellung verdeutlicht:
Größe in Hektar | 1 – 5 | 6 – 10 | 11 – 15 | 16 – 20 | 21 – 25 | 26 – 30 | über 30 |
1968 | 12 | 24 | 22 | 4 | 1 | 1 | – |
1980 | 4 | 10 | 5 | 3 | 3 | 1 | 6 |
In den 90er Jahren wurden die Flächen nach einem anderen System erhoben.
1991 bewirtschafteten 21 Betriebe insgesamt 410 ha. Davon entfielen auf Betriebe
Größe | unter 10 ha | 10 – 20 ha | 20 – 30 ha | 30 und mehr ha |
Anteil | 42 ha | 84 ha | 72 ha | 212 ha |
1995 waren es 16 Betriebe, die 289 ha bebauten. Davon entfielen auf Betriebe
Größe | unter 10 ha | 10 – 20 ha | 20 – 30 ha | 30 und mehr ha |
Anteil | 35 ha | 44 ha | 23 ha | 187 ha |
1999 bewirtschafteten 2 Vollerwerbsbetriebe zusammen 136 ha und 8 Nebenerwerbsbetriebe 125 ha, insgesamt also 261 ha. Das waren rund 43 % der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche der Gemarkung. Der Rest ist seit Jahren an Bauern aus den Nachbardörfern und die Betreiber des Golfplatzes verpachtet.
(wird fortgesetzt)
Helmuth Leichtfuß
Was vor 100 Jahren im Ort geschah: Straffälle aus der Walsdorfer Jahresrechnung von 1901
Aus unserem Gemeindearchiv wollen wir in regelmäßigen Abständen über bemerkenswerte Vorgänge berichten. Dabei kommen erstaunliche Dinge zu Tage, über die man heute sehr oft kein Wort verlieren würde, wie z.B. bei den verhängten Strafen.
Hier ein Fall, der sich wiederholt: Die Übertretung wird bewiesen durch Nachtwächter Aug. Göbel und dem Unterzeichneten selbst. Emil Becker zu Walsdorf hat am 7.4.1901 ruhestörenden Lärm auf den Ortsstraßen verübt. Diese Übertretung wiederholte sich am 14.4.1901, festgestellt durch Polizeidiener Heinrich Geyer. Es wird deshalb „hiermit gegen denselben auf Grund des § 7 der Polizei Verordnung der Gemeinde Walsdorf vom 12.1.1876 eine bei hiesiger Gemeindekasse zu erlegende Geldstrafe von 3 Mark an deren Stelle, wenn sie nicht beizutreiben ist, eine Haft von einem Tag, festgesetzt.“
Eine Übertretung, bewiesen durch Fußgendarm Voigt zu Idstein: Der Schuhmacher Theodor Lehmann zu Walsdorf hat am 9.4.1901 auf seinem Fuhrwerk gesessen ohne ein Leitseil an den Kühen gehabt zu haben. Das kostete eine Strafe von 2 Mark und 10 Pfennigen.
Am 10.5.1901 hat der Feldhüter Christian Baum folgende Anzeigen vorgenommen: Der Ludwig Gros zu Walsdorf ist am 28.3.1901 drei Gewanne lang über die Kleeäcker im Distrikt Klingenschlag und Haustert gefahren. Vergehen wie Fahren oder Gehen über fremde Grundstücke sind oft im Buch zu finden.
Der Karl Scheid 3 zu Walsdorf ist am 2.4.1901 durch die Wiese im Brühl gegangen und hat unberufener Weise die Schleuße gezogen.
Der Knecht August Neeb zu Walsdorf ist am 3.4.1901 mit zwei Pferden im Distrikt Michelsbaum dem August Steiger über den Weizen gefahren.
Der Knecht Peter Altenhofen zu Walsdorf hat am 3.4.1901 unberufener Weise im Distrikt Brühl die Schleuße gezogen und ist dabei durch die Wiese gegangen.
Der Heinrich Seyberth zu Walsdorf hat am 24.4.1901 dem Karl Rühl II hintern Stein (Grenzstein) geackert. Etwas, was schon damals nicht selten geschah.
Der Schäfer Jakob Breitenbach zu Walsdorf hat am 30.4.1901 auf dem Karl Seyberth seinem Klee auf der Warth geweidet. Dieser Schäfer hat gerne auf fremden Grundstücken geweidet.
Alle vorgenannten Fälle haben eine Strafe von einer Mark nach sich gezogen.
Schwerwiegender und mit 2 Mark betraft wurde folgender netter Fall:
Dem Adolf Hofmann zu Walsdorf seine Hühner sind am 24. und 28.4. ds. Js. auf den Pflanzenländern im Brühl gewesen und haben Pflanzen ausgekratzt am 24. 10 Stück und am 28. 7 Stück. Fußgendarm Rohland aus Idstein brachte 1 Mark und 30 Pfennige in die Gemeindekasse:
Der Fuhrmann Adam Herber aus Camberg hat am 17. ds. Mts. (Mai) etwa um 6 ¼ Uhr nachmittags mit seinem, mit einem Pferd bespannten Fuhrwerk auf dem Weg Walsdorf – Wörsdorf ein unvorschriftsmäßiges Namensschild an seinem Wagen, in dem der Rufname nicht ausgeschrieben war.
Am 29.5.1901 kostete es Wilhelm Müller zu Camberg wiederum 1 Mark und 30 Pfennige, kein Namensschild am Wagen gehabt zu haben.
Pferdemisshandlung kostete sogar 3 Mark und 20 Pfennige
Das sogenannte Feldgericht bestimmte, ab wann und wo Gras gemäht werden durfte. Zuwiderhandlungen wurden regelmäßig angezeigt, auch durfte nicht gemäht werden, wenn nicht die erste gemähte Wiese an einen Weg grenzte. 1 Mark waren für Verstöße zu zahlen.
Tauben, Hühner und Gänse mussten zur Zeit der Aussaat eingesperrt werden; immer wieder wurde dagegen verstoßen. Auch war jeweils 1 Mark fällig.
Sauerampfer war scheinbar ein beliebter Salat. Dreimal musste für das Laufen über Wiesen und Rupfen des Sauerampfers bezahlt werden. Ein teurer Salat für 1 Mark und 20 Pfennige.
Die Sonn- und Feiertagsruhe wurde hoch angesehen. Der schon weiter vorne genannte Schäfer musste sogar 5 Mark bezahlen, weil seine Schafe an einem Sonntag Nachmittag unterwegs waren.
3 Mark kostete es, am 2. Weihnachtsfeiertag ein Schwein vor dem Haus aufzuladen, zur Waage und dann nach Wörsdorf zu fahren. Ruhestörender Lärm in der Nacht um 12.00 Uhr am 1. Weihnachtsfeiertag und sich auch noch der Ortspolizeibehörde widersetzen wurde mit 3 Mark geahndet.
Die Fußgendarmen aus Idstein waren auch noch spät Abends unterwegs. So mussten drei Walsdorfer Gastwirte wegen fehlender Beleuchtung jeweils 1 Mark bezahlen. Ebenso bestraft wurde fehlende Beleuchtung an einer auf der Straße stehenden Dreschmaschine.
Der Arbeiter Philipp Feix aus Wiesbaden musste die erhebliche Strafe von 5 Mark und 20 Pfennigen bezahlen, weil er dabei erwischt wurde, wie er einen Eimer Ameiseneier zum Zwecke des Verkauf im Wald sammelte. Wofür diese Eier benötigt wurden, ist uns leider nicht klar. Für Hinweise sind wir sehr dankbar.
1 Mark kostete es, zu schnell durch die Ortsstraße zu fahren und nicht stehen zu bleiben, wenn der Ortsdiener mit der Schelle die Bekanntmachung vornahm.
Der Gemeindesäckel hatte sogar etwas davon, wenn der Revisor Werner aus Idstein kam und bei den Bierdruckvorrichtungen der Gaststätten etwas zu beanstanden hatte.
In der damaligen Zeit war das Rauchen in den Scheunen strikt verboten. Daher musste Karl Weller 1 Mark bezahlen, weil er in der Scheune von Karl Seyberth eine Pfeife rauchte.
Wehe, man wurde dabei erwischt, wenn man bei nasser Witterung Jauche ausfuhr. Bei einigen Landwirten waren daher jeweils 1 Mark fällig.
Im Winter drückte man sich scheinbar gerne davor, die Wassergräben im Feld zu reinigen. Mehr als 10 Strafen von jeweils 1 Mark wurden ausgesprochen.
Auch der Hauptlehrer wusste sich nicht anders als mit einer Anzeige zu helfen, als der Schüler der Fortbildungsschule Ernst Hirtes, Sohn des Adolf Hirtes, im Flur des Schulgebäudes mit Springen und hartem Auftreten für Ruhestörung sorgte. 1 Mark war dafür fällig.
Der Förster unterstützte ebenfalls die Gemeindekasse, wenn jemand seinen „Holzverabfolgungszettel“ nicht abgab, zu früh oder zu spät sein Holz abfuhr. Wenn dann auch noch die Genehmigung der „Königlichen Oberförsterei“ fehlte!
Schon eine Strafe von 1 Mark, die nicht bezahlt wurde, führte ersatzweise zu einem Tag Haft.
Das Bedürfnis der Gemeinde, sich selbst finanzieren zu müssen, führte dazu, dass aus Allem Einnahmen gemacht werden mussten. So wurde sogar das Gras in den Wegen versteigert, was zu einer Gesamteinnahme von 108,40 Mark in 1901 führte. Ebenso musste das Holen von Gras im Gemeindewald bezahlt werden; das Sammeln von Grassamen kostete sogar insgesamt 10 Mark.
Die aus heutiger Sicht kleinen Beträge waren zur damaligen Zeit eine Menge Geld. Zwei Raummeter Eichen Nutzholz kosteten auch nur 10 Mark.
Dieter Thielmann
Die Ergebnisse der Kommunalwahl vom 18. März 2001
Bei der diesjährigen Kommunalwahl galt ein neues Wahlgesetz. Zum erstenmal konnten die Wähler panaschieren und kumulieren, d. h. soviel Stimmen wie die entsprechenden Parlamente Sitze haben an verschiedene Bewerberinnen und Bewerber in verschiedenen Wahlvorschlägen vergeben und dabei jede Person auf den Stimmzetteln bis zu dreimal ankreuzen. Das neue Wahlgesetz bot also dem Wähler die Möglichkeit, stärkeren Einfluss auf die Zusammensetzung der Kommunalparlamente zu nehmen als bei der Listenwahl. Je besser die zu wählenden Personen persönlich bekannt waren, umso stärker wurde von den genannten Möglichkeiten Gebrauch gemacht. Bei der Wahl zum Ortsbeirat waren es 198 von den 528 Wählern, die im Wahllokal wählten, bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung 62 und bei der Wahl zum Kreistag 42.
Da auf den Stimmzetteln diesmal die Namen aller Bewerberinnen und Bewerber aller Parteien abgedruckt waren, waren diese nicht nur viel größer, sondern die Stimmabgabe war auch wesentlich komplizierter und zeitaufwändiger als bei früheren Wahlen. 170 Bürgerinnen und Bürger machten deshalb von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch, das waren 1/3 aller Walsdorfer Wähler.
Die von den Parteien bzw. Gruppierungen aufgestellten Listen wurden durch das Panaschieren und Kumulieren z. T. erheblich verändert. So rutschte der Spitzenkandidat auf dem CDU-Vorschlag für die Wahl zum Ortsbeirat auf Platz 3, die Kandidatin von Platz 3 auf Platz 6 und der Kandidat von Platz 6 auf Platz 1. Auch bei der SPD-Liste gab es Veränderungen. Da tauschten die Kandidaten 3 und 4 und 5 und 6 jeweils die Plätze. Bei der Bürgerlichen Wählergruppe rutschte der Kandidat von Platz 5 auf Platz 4 vor.
Ergebnis zur Wahl des Ortsbeirates (Ohne Briefwähler)
Wahlberechtigte | Wähler | CDU | SPD | BWG | FWG | |
KW 2001 | 1163 | 45,4% | 44,4% | 42,5% | 13,1% | – |
KW 1997 | 1176 | 65,7% | 33,5% | 36,0% | 15,1% | 16,4% |
Die neugewählten Ortsbeiratsmitglieder konnten folgende Stimmenzahlen auf sich vereinigen:
Rolf Preußer | SPD | 489 Stimmen |
Felix Hartmann | CDU | 452 Stimmen |
Gerd Ziemer | CDU | 404 Stimmen |
Eberhard Munsch | SPD | 368 Stimmen |
Dieter Grund | CDU | 354 Stimmen |
Dagmar Kraus | SPD | 320 Stimmen |
Erika Gregori | BWG | 243 Stimmen |
Die Walsdorfer Ergebnisse für die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung
Wahlberechtigte | Wähler | CDU | SPD | Grüne | FDP | FWG | |
KW 2001 | 1163 | 45,4% | 41,7% | 40,0% | 7,5% | 3,2% | 7,5% |
KW 1997 | 1176 | 65,7% | 39,5% | 30,6% | 9,9% | 3,2% | 16,4% |
Gesamt-Idsteiner-Endergebnis zur Wahl der Stadtverordnetenversammlung
Wahlberechtigte | Wähler | CDU | SPD | Grüne | FDP | FWG | |
KW 2001 | 16903 | 52,6% | 39,7% | 31,4% | 8,8% | 5,1% | 15,0% |
KW 1997 | 16340 | 64,1% | 34,8% | 27,2% | 9,8% | 4,7% | 23,5% |
Gesamt-Idsteiner-Endergebnis zur Wahl des Kreistages
Wahlberechtigte | Wähler | CDU | SPD | Grüne | FDP | REP | FWG | |
KW 2001 | 16939 | 52,4% | 38,6% | 34,0% | 9,9% | 5,9% | 2,0% | 9,6% |
KW 1997 | 16376 | 64,1% | 33,7% | 31,5% | 10,6% | 4,3% | 5,0% | 14,0% |
Betrachtung der Ergebnisse:
Im Ortsbeirat konnte die CDU einen Sitz mehr erringen als 1997. Sie erreichte die meisten Stimmen. SPD und BWG konnten ihre Sitze behaupten.
Die FWG war nicht mehr zur Wahl angetreten.
In Walsdorf erreichten CDU und SPD prozentual mehr Stimmen als in der Gesamtstadt.
CDU, SPD und FDP konnten bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung Stimmengewinne verbuchen. Die Grünen verloren leicht, die FWG 8,5 %.
Bei den Kreistagswahlen erhielten die CDU und die FWG weniger Stimmenanteile, die SPD, die Grünen und die FDP mehr als bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung.
Die Wahlbeteiligung lag mit 52,6 % 11,5 Punkte unter 1997.
Auch bei den Kreistagswahlen konnten die CDU, SPD und die FDP zulegen.
Die Grünen, die REP und die FWG mussten dagegen Einbußen hinnehmen.
Auch hier war die Wahlbeteiligung erheblich niedriger als 1997.
Helmuth Leichtfuß
Redaktion: Monika Kiesau, Helmuth Leichtfuß, Manfred Wetzel