Die Walsdorfer Gemeinderechnungen, Teil I 1644 – 1699
Von den 57 Jahresrechnungen der Jahre 1643 bis 1699 sind in unserem Archiv noch 40 erhalten. Die Verwalter der Gemeindekasse trugen damals den Titel Bürgermeister. Die Namen aller Bürgermeister von 1651 bis 1699 sind in dem Artikel „Gemeindeämter in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts“ im Bürgerbrief Nr. 64 aufgeführt. Diese Liste muss für die Jahre 1643 bis 1648 ergänzt werden. 1643 war Johannes Sauer Bürgermeister, 1644 Balthasar Scheurer. 1645 Johannes Ochs, 1647 Wilhelm Weyland und 1648 Philipp Seyberth. Wie aus der Zusammenstellung zu ersehen ist, wurde das Amt jedes Jahr von einem anderen Bürger geführt. Anfang November jeden Jahres wurde der Bürgermeister für das neue Rechnungsjahr, das an Martini (10. November) begann, bestimmt. Dieser musste das Amt annehmen, wenn nicht gewichtige Gründe entgegenstanden. So brauchte z. B. Daniel Gell „wegen seines üblen Hörens“ das Amt nicht zu übernehmen, musste dafür aber 4 Gulden in die Gemeindekasse zahlen.
Außer den Rechnungen sind für die Jahre 1663 bis 66, 1668, 1671 und 1673 auch die so genannten Bete-Register erhalten, in denen aufgeführt ist, wie viel jeder Bürger jährlich zu zahlen hatte. Die Bete war eine direkte Grund- und Gebäudesteuer, die jährlich vom Schultheißen und dem Gericht festgesetzt wurde und an den Landesherren abgeführt werden musste. Da es für die Gemeindeämter keine feste Besoldung gab, wurden die Beteiligten durch eine Mahlzeit entschädigt, wie es überhaupt üblich war, beim Abschluss von Verträgen oder der Vergabe von Arbeiten auf Kosten der Gemeinde „einen auszugeben“. 1672 heißt es z. B.: „Als die Beedt gesetzt worden, ist vom Gericht, Schultheißen, Bürgermeister und Beigängern verzehrt worden (für) 3 fl, 20 Alb.“ 1676 wurde keine Mahlzeit gehalten. Deswegen erhielt jede der 6 Gerichtspersonen 12 Alb an Gebühren, der Bürgermeister und die beiden Beigänger je 6 Alb. Für die ausgefallene Mahlzeit erhielten alle einschließlich des Schultheißen je 14 Alb. Die Auswertung der Bete-Register für die Jahre 1665 und 1668 ergibt, wie die folgende Tabelle zeigt, dass etwas mehr als 2/3 aller Zahlungspflichtigen weniger als 2 Gulden zahlten, d. h. dass sie wenig Besitz hatten. Zwei Gulden entsprachen dem Wert eines Kalbes. Bei denen, die weniger als 1 Gulden zu entrichten hatten, befanden sich die Beisassen, Witwen und erbberechtigte Kinder. Außerdem zählten auch einige niedrig veranlagte Einzelgrundstücke bzw. Gebäude wie Schule, Kloster und Kirche dazu.
Bis 1 fl | Bis 2 fl | Bis 3 fl | Bis 4 fl | Bis 5 fl | Bis 6 fl | Bis 7 fl | |
1665 | 26 | 19 | 7 | 9 | 3 | 2 | 1 |
1668 | 22 | 22 | 9 | 8 | 2 | 2 | 2 |
Die jährlichen Einnahmen und Ausgaben lagen in den Jahren zwischen 1644 und 1699 meistens um 200 Gulden. 3 Mal waren Darlehen, so weit ich sehe, zwischen 50 und 100 Gulden aufgenommen worden. Lediglich in den letzten Jahren des Dreißigjährigen Krieges und 1692 nach dem großen Brand betrug das Budget weniger als 100 Gulden. Außer der Bete gehörten das Bannweingeld, das Geld fürs „Kerbezapfen“, das Bürger- und Beisassengeld, die Nutzungsgebühr für das Backhaus und die Schmiede und seit 1674 das Wächtergeld zu den ständigen Einnahmen der Gemeinde.
Die Einnahmen aus der Bete von 1651 bis 1691 schwankten zwischen 89 und 96 Gulden. In den Jahren davor waren es nur 44 Gulden. Seit 1692 war sie für 6 Jahre wegen des Brandes auf 14 Gulden ermäßigt worden. An Bannweingeld wurden in dem ganzen Zeitraum rd. 26 Gulden und an Kerbeweingeld zwischen 3 und 5 Gulden eingenommen. Später zahlten die Wirte 7 Gulden. Von diesen Geldern wurden von 1651 bis 1691 jährlich 57 fl, 7 ½ Alb an Bete, 26 fl Bannweingeld und 7 fl fürs „Kürbezapfen“ an den Landesherren abgeführt. Von den Steuereinnahmen verblieben für die Bedürfnisse der Gemeinde also nur 30 bis 40 Gulden. Das Bürgergeld, das Ortsansässige und Auswärtige bei der Aufnahme in die Bürgerschaft des Fleckens bezahlen mussten, betrug 20 Gulden. Das galt auch für Frauen, die von auswärts nach Walsdorf einheirateten. Auch das Verlassen der Bürgerschaft wurde mit einer Gebühr belegt. 5 Gulden Auszugsgeld mussten sowohl Frauen als auch Männer bezahlen. Durchschnittlich wurden 32 fl Bürgergeld jährlich verbucht.
Fleckenbewohner, die nicht Vollbürger waren, wurden Beisassen genannt. Das Beisassengeld betrug 3 Gulden jährlich. Aus dem Backhaus gingen 4 bzw. 5 fl und aus der Schmiede vom „gemeinen Amboss“ 3 und später auch 5 Gulden ein. Das seit 1674 erhobene Wächtergeld diente der Besoldung der beiden Hirten, die von da an den Wächterdienst übernahmen. Es berechnete sich nach der Zahl der Schornsteine. Pro Schornstein waren 7 ½ Alb zu bezahlen. 1683 wurden 12 Gulden und 7 ½ Alb eingenommen, d. h. dass 49 Schornsteine veranlagt waren. Vorher mussten die Bürger die Nachtwache selbst übernehmen. Witwen, die vom Wachdienst befreit waren, bezahlten 4 ½ Alb Rauchgeld.
Diese regelmäßigen Einnahmen reichten jedoch keineswegs, um die Kosten für die Beseitigung der im 30jährigen Krieg entstandenen Schäden zu finanzieren. Mehrfach wurden so genannte Hebungen bei den Bürgern durchgeführt und 6 Mal wurde auch das Brennholz verkauft. Insgesamt gingen durch die Hebungen und den Holzverkauf rund 500 fl ein. Für die erforderlichen Reparatur- und Aufbauarbeiten gab die Gemeinde in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts rund 830 Gulden aus. Der Wiederaufbau des Backhauses 1664 kostete 136 fl, des Rathauses 1668 242 fl. Für die Reparatur und die Unterhaltung der Fleckenmauer mussten 158 Gulden aufgebracht werden.
Die Pfarrscheune wurde 1684 für 56 fl und das Hirtenhaus 1694 für 52 fl errichtet. Für die Anschaffung einer neuen Glocke wurden 1674 121 fl und für die Kirchenmauer 1685 66 fl ausgegeben. 1692 waren auch das Rathaus, das Backhaus und die Schule abgebrannt. Durch drei Einträge in der Rechnung von 1692 lässt sich das belegen. Einmal heißt es: „Als wir das Holz zum Rathaus, Backhaus und Schulhaus gehauen haben, ist verzehrt worden 1 fl, 11 Alb. Als den Zimmerleuten das Rathaus verdingt wurde, wurde für 8 Gulden und als das Rat-, Back- und Schulhaus aufgeschlagen wurde für 1 fl und 10 Alb verzehrt. Die Rechnung von 1693 ist leider nicht vorhanden, so dass die Kosten für diese Arbeiten nicht ermittelt werden können.
Helmuth Leichtfuß
Die Walsdorfer Ergebnisse der Ortsbeiratswahl vom 26. März 2006
Für die Ortsbeiratswahl waren 3 Listen eingereicht worden:
Liste 1 CDU, Liste 2 SPD und Liste 5 BWG. Zu verteilen waren 7 Sitze.
Insgesamt wurden 4.299 gültige Stimmen abgegeben.
Davon entfielen 2081 = 48,4 % auf die CDU,
1465 = 34,1 % auf die SPD und
753 = 17,5 % auf die BWG.
Die CDU errang 4 Sitze, die SPD 2 Sitze und die BWG 1 Sitz.
Gewählt wurden in der Reihenfolge der Stimmen:
Ziemer | Gerd | CDU | 610 Stimmen |
Kraus | Dagmar | SPD | 430 Stimmen |
Kellings | Kurt | CDU | 332 Stimmen |
Becker | Michael | CDU | 297 Stimmen |
Rosam | Jens | CDU | 278 Stimmen |
Lehmann | Kurt | SPD | 260 Stimmen |
Gregori | Erika | BWG | 230 Stimmen |
In die Stadtverordnetenversammlung wurden aus Walsdorf
Christa Engel + Jens Rosam, beide CDU,
Dagmar Kraus + Eberhard Munsch, beide SPD gewählt.
Felix Hartmann, CDU, gehört wieder dem Magistrat an.
Helmuth Leichtfuß
Die Flurnamen in der Gemarkung Walsdorf (Fortsetzung)
Im Bürgerbrief Nr. 85 wurde das Flurnamenverzeichnis incl. der Karte aus dem Jahr 1788 vorgestellt und ein kurzer Abriß der hierzu zur Verfügung stehenden Quellen aufgezeigt. In diesem werden die Veränderungen nach der Consolidation/Flurbereinigung von 1875 dargestellt. Nach einigen Auseinandersetzungen wurde die Consolidation in der Gemarkung Walsdorf 1874 angeordnet und durchgeführt. Bezüglich des Sinn und Zwecks der Consolidation verweise ich auf die ausführliche Beschreibung im Bürgerbrief Nr. 69 / November 1997 von Helmuth Leichtfuß
Am augenfälligsten beim Vergleich der Karten ist das erheblich erweiterte Wegenetz, die Begradigung der Bäche sowie Entwässerung/Bewässerung der Wiesen, Wegfall der Weideflächen und Klosterbestände. Der bereits im ersten Teil angesprochene Erbleihvertrag aus dem Jahr 1707 ist Grundlage für die Eigentumsübertragung der Klostergüter an die in diesem Vertrag erwähnten Bürger von Walsdorf. Mit dem Gesetz Nr. 7380 vom 5.April 1869 der Königlich Preußischen Staaten wurde dieser Zustand beseitigt.
(Nr. 7380.) „Gesetz, betreffend die Umwandlung des Erbleih-, Landsiedelleih-, Erbzins-, Erbpacht – Verhältnisses in Eigentum und die Ablösung der daraus herrührenden Leistungen im Gebiete des Regierungsbezirkes Wiesbaden und in den zum Regierungsbezirk Kassel gehörigen, vormals Großherzoglich Hessischen Gebietsteilen, vom 5. April 1869.“
Im § 21 dieses Gesetzes werden alle Rechte und Pflichten an die im Stockbuch eingetragenen Besitzer übertragen. Die Gemeinde scheidet aus dem Erbleihverband aus. § 22 bestimmt, dass nach Ablösung der auf den Grundstücken haftenden ablösbaren Leistungen das Obereigentum des Erbverpächters ohne Entschädigung fortfällt und dass die Grundstücke in das volle Eigentum der Besitzer übergeht.
Der Unterschied zwischen dem Besitzer und Eigentümer eines Grundstückes liegt darin, dass der Eigentümer die rechtliche Herrschaft im Gegensatz zur tatsächlichen Herrschaft eines Besitzes ausübt, d.h. durch die Umwandlung des Erbleihvertrages in Eigentum, die für die übrigen Ländereien durch die Zehntablösungsverträge ebenfalls geschehen ist, wurden die aus dem Mittelalter herrührenden Eigentumsverhältnisse aufgehoben. Immerhin betrug der Anteil der Gärten ca. 9 %, der Wiesen ca. 20 % und des Ackerlandes ca. 22,5 % an den jeweiligen Nutzungsarten. Bei Wegfall dieser Landwirtschaftlich genutzten Flächen, in der Größe von 125 ha, wäre einigen Familien die Existenzgrundlage entzogen worden, denn die in den Erbleihverträgen bedachten Bürger sind zum Großteil Neubürger gewesen, die bis Ende des 17 Jh. zugewandert sind. Von den 18 Bürgern, die ich ermitteln konnte, waren nur 4 vor 1618 hier ansässig.
Des Weiteren ist die Bachregulierung zu nennen, die mit der Umstellung der Viehwirtschaft in Form der Stallhaltung eng verbunden ist. In dem Buch „Anleitung zur Verbesserung des Wiesen- und Futterbaues. Mit besonderer Rücksicht auf das Herzogtum Nassau.“ (Keller 1821) sind die technischen Rahmenbedingungen beschrieben, die die Umstrukturierung der Landwirtschaft betreffen. Für die Walsdorfer Gemarkung bedeutete dies eine längenmäßige Reduzierung der Bachläufe durch Begradigung. So wurde der Knallbach von 3,74 km auf 3,14 km (- 0,6 km), der Emsbach von 4,09 km auf 3,44 km (- 0,65 km)verkürzt. Berechnet man aus der Verkürzung die Ablaufzeit von der Gemarkungsgrenze von Esch bis der zu Würges, vermindert sich diese um ca. 16 %. In welchem Ausmaß in das Gewässersystem durch die Consolidierung in den meisten Gemeinden eingegriffen wurde, ist erst zu erkennen, wenn man sich die Dimensionen des Bachsystems Emsbach mit einer Gesamtlänge von ca. 335 km (Emsbach ca. 216 km, Wörsbach ca.118 km) und einer Einzugsfläche von ca. 380 km2 vor Augen hält, denn der vormals mäanderartige Zustand der Bachläufe wirkte in seiner Gesamtheit wie ein großes, durch die Maßnahmen reduziertes Rückhaltebecken.
Bezüglich der Bebauung ist folgendes anzumerken: War in der Karte von 1788 die Ausweitung der Bebauung als Planung vorhanden, so zeigt sich, dass 1875 in den Bereichen Im Hahn (Hainstraße), Höhlenstück, Bruderberg, Bierhaus, Hopfengarten und Bachgarten neue Höfe entstanden sind. Hierzu gehören auch die beiden Häuser in der Hintergasse (Am Pfarrbogen 24 u. 26)
Als Besonderheiten sind noch zu nennen: Die Pflanzenländer/Pflanzgärten rechts und links der Walkmühle „Im Brühl“, “Am Mühlgraben“ und „In den Borngärten“. (3153 m2 154 Stück a ca. 20 m2), die Baumschule rechter Hand am Weg vom Knallbach zur Bergstraße 522 m2 (Wohnhaus Günter Schwarz) und der Steinbruch hinter dem Friedhof 7232 m2.
Werner Janzing
Der Klostermüller Philipp Daniel Seyberth und seine Ehefrau Maria Dorothea, geb. Liel.
Dass wir von dem Klostermüller Philipp Daniel Seyberth und seiner Ehefrau Maria Dorothea Liel mehr wissen als die persönlichen Daten, verdanken wir zwei glücklichen Zufällen. Pfarrer Tecklenburg überliefert in einer Beilage zur Pfarrchronik aus dem Jahre 1922 die Inschrift des Seyberthschen Grabsteins, den er beim Bau eines Gartenhäuschens im Kirchgarten gefunden hatte. Zum andern betreffen zwei der vier im Ortsarchiv vorhandenen schriftlichen Inventarien die Ehefrau des Philipp Daniel Seyberth Maria Dorothea und ihre Tochter Maria Kunigunde aus ihrer ersten Ehe.
Der Grabstein der Eheleute Seyberth hatte folgende Inschrift (in moderner Rechtschreibung):
Dieses Epitaph hat zu Ehren Gottes setzen und aufrichten lassen der weiland wohl ehrbare Herr Philipp Daniel Seyberth vor sich, sein Weib und Kinder zur Erinnerung der lebendigen christgläubigen Seelen.
Bis zur Stunde der letzten Posaune ruhen hier die Gebeine der christgläubigen Seelen, welche alsdann auferweckt werden. Herr Philipp Daniel Seyberth ist gestorben den 21. April 1758, 63 Jahre seines Alters. O Jesu, dir befehl ich meine Seele. Die ehr- und tugendsame Frau Maria Seyberthin, eine geborene Lielin. Diese erblickte das Tageslicht den 19. August 1695, wurde in ihrer ersten Ehe mit dem weiland ehrsamen Johann Philipp Schmit und in anno 1723 mit dem viel geachteten und vorachtbaren Herrn Philipp Daniel Seyberth eine Mutter von 7 Kindern, 1 Kind aus der ersten, 6 aber aus der zweiten Ehe.
Der Tod sollte ihre Liebesflammen nimmer scheiden,
darum sie ruhen sanft beisammen.
Ohne Leiden, treue Herzen, ohne Schmerzen
ruhet sanft in eurer Gruft bis euch der Herr Jesus ruft,
wachet auf und kommt herein, da euch ewig wohl wird sein.
Wer dieses liest, der merk darauf und führe seinen Lebenslauf
Wie diese Maria, die ruft: Viktoria, der Sieg ist da.
Vieles Kreuz hat mich betroffen, doch ich lernte gründlich hoffen
Auf die Hilfe meines Herrn, ach wie half der mir so gern.
Maria Dorothea Liel war eine Tochter des Handelsmanns und Krämers Johann Matthäus Liel und dessen Ehefrau Anna Katharina Thiel. Sie war 1695 geboren und starb im Alter von 45 ½ Jahren. In ihren beiden Ehen gebar sie 16 Kinder, von denen bei ihrem Tod noch 6 am Leben waren. Im Alter von 17 ½ Jahren hatte sie 1712 den Morcher Müller Johann Philipp Schmit geheiratet.
Dieser starb aber schon Ende Januar 1722 im Alter von 27 Jahren. Knapp 2 Monate später starb auch ihr ältester Sohn 6 Tage nach seinem 8 Geburtstag. Die sechsjährige Tochter Maria Kunigunde war das einzige überlebende Kind dieser Ehe.
„Nach ausgehaltener Trauerzeit“ von einem Jahr ging die Witwe Maria Dorothea Schmit Ende Januar 1723 mit Philipp Daniel Seyberth eine zweite Ehe ein.
Da die Erbansprüche ihrer Tochter Maria Kunigunde aus erster Ehe gesichert werden mussten, wurde am 8. Februar 1723 im Beisein der Vormünder ihrer Tochter, des Pfarrers Johann Daniel Thiel von Esch und ihres Vaters Matthäus Liel ein Inventar des Vermögens des Klostermüllers erstellt. (Pfarrer Johann Daniel Thiel von Esch war ein Schwager von Matthäus Liel, der mit einer Schwester des Pfarrers verheiratet war). Außerdem wirkten bei der Abfassung des Inventars der Walsdorfer Schultheiß Philipp Wilhelm Weygand, die Gerichtspersonen Johann Philipp Schwarz und Philipp Hermann Zeiger und der Müllermeister Heinrich Bendinger von einer Mühle bei Idstein mit.
Ins Inventar wurden die Morcher Mühle einschließlich 9 ½ Morgen Ackerland im Wert von 2800 fl, ein Acker von 2 ¼ Morgen, den Maria Dorotheas Vater für 150 fl gekauft hatte, die Wohnungseinrichtung und der Hausrat aufgenommen sowie die 3 Stück Vieh und das Mobiliar und die Wäsche, die die Mutter mit in die Ehe gebracht hatte und was die Eheleute gemeinsam in den 9 Ehejahren erworben hatten.
Das zweite Inventar wurde an 7. Juni 1731 nach dem Tod der Mutter der Maria Dorothea Seyberth, geb. Liel erstellt. Ihr Vater war schon 1725 gestorben. Von den 7 Kindern der Eheleute Johann Matthäus Liel und Anna Katharina Thiel waren nur noch zwei am Leben, Maria Dorothea Seyberth und ihre jüngste Schwester Friederike Margarethe. Diese war mit Pfarrer Johann Philipp Wiegand verheiratet und wohnte in Udenheim über Rhein.
Das Erbe für die beiden Frauen bestand aus barem Geld in Höhe von 1.280 fl, ausgeliehenen Kapitalien an 36 Personen in Höhe von 3.770 fl, Schulden für verborgte Krämerwaren in Höhe von 1.303 fl und vorrätigen Waren in Höhe von 750 fl. Jede der beiden Erbinnen hatte also einen Anspruch auf 3.550 Gulden. Um eine Vorstellung davon zu gewinnen, um welchen Wert es sich bei diesem Teil des Erbes handelt, seien einige Preise aus den entsprechenden Jahren angeführt. 1 Pferd kostete ca. 50 fl, 1 Gemeindebulle 20 fl, 1 Malter (ca. 2 Zentner) Hafer 3 fl, 1 Paar Schuhe 1 fl, 20 Albus, der fl zu 30 Albus gerechnet, 2 Maß (= 4 Liter) Wein 20 Albus, 1 Brot 3 Albus.
Dazu kamen 2 Häuser mit Scheunen und Ställen und zwei freie Bauplätze, Äcker, Wiesen und Gärten, die schon vor dem Tod der Mutter in den Besitz der Töchter übergegangen waren, und die bewegliche Habe.
An Mobilien sind der ältesten Tochter Maria Dorothea für ihre Hälfte unter anderem durchs Los zugefallen:
2 Oberbetten, Unterbetten, Bettladen und 6 Kissen
250 Ellen gebleichtes oder ungebleichtes Leintuch aus Flachs oder Hanf.
10 Paar Leintücher
2 Tafeltücher
8 Tischtücher
7 Servietten
4 Leinenhemden von der Mutter und 6 vom Vater
2 Tuchröcke und drei Mötzchen (eine Art Bluse)
Etliche Zierhauben mit und teils ohne Spitze
An Haushaltsgeschirr 41 Pfund Englischen Zinn, Schüsseln und Löffel
14 Zinnteller
1 Kessel aus Messing
An eisernem Geschirr
2 Hangel Lichter
1 Dreifuß
1 Küchenpfanne, 3 eiserne Kroppen (Töpfe), 1 Bräter
2 eiserne Kochlöffel, 1 Schaumlöffel, 1 Fleischgabel
4 Grabschippen, 3 Kornsicheln und 3 Grassensen.
15 Weidenkörbe und Manen
An Möbeln
1 Kleiderschrank von Tannenholz, nussfarbig angestrichen
2 Lehnstühle von Nussbaumholz
2 Sessel von Nussbaumholz und überzogen
3 Spinnräder und 1 Haspel
Weiter erhielt sie 2 Kühe, 5 1/2 Malter Frucht und 10 Simmer (ca. 250 Pfund) Leinsamen.
Bei dem Erbe der beiden Töchter des Handelsmanns und Krämers Johann Matthäus Liel, der erst in zweiter Generation in Walsdorf war, handelt es sich zweifellos um ein beträchtliches Vermögen, das über dem Durchschnitt der Bürger lag.
Helmuth Leichtfuß
Frühjahrswanderung 2006: Grenzregulierung Walsdorf – Esch
Vom Mittelalter und der frühen Neuzeit her gab es vielfach Gerechtsame einer Gemeinde in einer oder mehreren Nachbargemeinden. Das war auch in Walsdorf mit Steinfischbach, Esch und Wörsdorf der Fall. Bann- und Gemarkungsgrenzen stimmten nicht überein. 1788 und in den Folgejahren wurde der ganze Walsdorfer Bann im Rahmen der General-Landmessung der Herrschaft Idstein vermessen. Ins Bannbuch wurden nur die Flächen eingetragen, auf die sich die Gewalt des Bannherren und dessen Gerichtsbarkeit erstreckte. Gemarkungsrechte in Form von Weidgerechtigkeit konnte eine Gemeinde in einem benachbarten Bann durchaus haben.
Um die Verschiedenheit der Bann- und Gemarkungsgrenzen aufzuheben, „die durch Weidgerechtsame öfter entstandenen Irrungen und Unzuträglichkeiten zu beseitigen und zur Beförderung der Feldökonomie“ legten die Gemeinden Esch und Walsdorf am 2. Juni 1821 in einem Vertrag die endgültigen Gemarkungsgrenzen ihrer Gemeinden fest. Bis dahin hatten die Walsdorfer Weiderechte im Escher Bann und die Escher im Walsdorfer Bann. Da ein Kulturedikt bereits 1812 den Landbesitzern erlaubt hatte, ihr Brachland und ihre Wiesen ohne Rücksicht auf bestehende Weiderechte uneingeschränkt zu nutzen, mussten die überkommenen Rechte abgelöst werden. Das geschah in dem oben erwähnten Vertrag. Folgendes wurde vertraglich vereinbart: 1) Die Escher treten ihr Weiderecht in den Wiesen zu Eschermühl und der Stockwiese, ca. 11 Morgen, an Walsdorf ab. 2) Die Walsdorfer treten ihr Weiderecht im Helkhöfer Feld, ca. 75 bis 80 Morgen, und ihr Recht der Blumenweide auf dem Addenbacher Feld an Esch ab. 3) Die Gemeinde Esch zahlt als Entschädigung an Walsdorf 585 Gulden an barem Geld und tritt an die Gemeinde Walsdorf 5 1/8 Morgen Land an der Straße von Esch nach Idstein sowie zwei Trieschäcker in der Größe von 1 1/2 Morgen am Walsdorfer Loh ab, die die Gemeinde Walsdorf zu Wald anlegen darf.
Nach der Vermessung und Aussteinung der neuen Gemarkungsgrenze wurde eine Niederschrift ausgefertigt, die unter dem Datum vom 8. August 1821 Rechtskraft erlangte. (Dokument ad. No. 19221 et 18923). Der exakte Grenzverlauf vor und nach der Grenzregulierung ist im Walsdorfer Bannbuch Band 1 von 1788 sowie in dem oben genannten Dokument beschrieben. In den Tractuskarten von Walsdorf sind nur die Gebietszuwächse dargestellt, die Abgänge hingegen auf den Escher Karten.
Werner Janzing
Redaktion
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