Bürgerbrief 95: November 2009

Bestandsaufnahme der vor 100 Jahren einheimischen Pflanzen 

Vor 100 Jahren (1900 – 1911) „schulmeisterte“ – wie er selbst schrieb – in Walsdorf der Lehrer Herrmann Schiffler. Während dieser Zeit beschäftigte er sich auch mit der heimischen Pflanzenwelt. Über seine Beobachtungen hat er in der Schulchronik auf 13 Seiten berichtet und 153 Pflanzenarten aufgeführt. Das ist gewiss nur ein kleiner Bruchteil aller auch heute noch in diesem Gebiet vorkommenden Pflanzen. Unter den in der Schulchronik genannten finden sich aber einige heute (sicher) nicht mehr dort vorkommende sowie selten gewordene Arten, die besondere Beachtung und Schutz verdienen. Er schreibt in der Schulchronik:

„Die Botanik ist die scientia amabilis und solange ich „schulmeisterte“ habe ich auch mit Vorliebe floristische Studien  getrieben. Meine Nachfolger werden es mir deshalb hoffentlich nicht verargen, wenn ich einige Chronikblätter zur Aufzeichnung der von mir hier vorgefundenen Pflanzenarten benutze. Diese Aufzeichnung macht nun absolut keinen Anspruch auf Vollständigkeit, denn dazu gehört jahrelanges liebevolles Aufsuchen der liebreizenden Kinder Floras, aber sie will eine mühelose Orientierung über die in Walsdorfs Umgebung in Feld und Wald wachsenden häufigsten Pflanzen bieten und anreizen zum schönen Studium unserer Pflanzen, eingedenk des Wortes von Rousseau: „Solange ich botanisieren kann, bin ich nicht unglücklich.“ “

Schiffler hat seine Beobachtungen monatsweise für die Vegetationsperiode April bis September aufgeschrieben.  

 Pflanze
Deutsche Bezeichnung
Wissenschaftlicher Name
z.T. nicht mehr gültig
Fundort
April
1MilzkräutchenChrysosplenium alternifoliumKrummau, Grenze zw. Walsdorfer u. Steinfischbacher Wiesen
2LerchenspornCorydalis cavaBorngraben
3SeidelbastDaphne mezereumIn der Nähe des Schnepfengärtchen
4PrimelPrimula officinalis 
5
6
Buschwindröschen
Gelbes Windröschen
Anemone nemorosa
A. ranunculoid
häufig
Schmalbach,
Steinfischbacher Wald
7
8
WolfsmilchgewächseEuphorbia cyparissae
E. helioscopia
häufig
9
10
11
Ehrenpreis, MännertreuVeronica beccabunga
V. anagallis
V. chamaedrys
In allen Flutgräben,
Knallbach,
Waldboden
12GundermannGlechoma hederaceaHecken der Gräben
13SpitzahornAcer platanoidesFriedhof
14BergahornA. pseudoplatanusAuf der Heide
15Falsche AkazieRobinie pseudoacariaBahndamm,
Nähe Wörsdorfer Bahnhof
16RoßkastanieAesculus hippocastanumFriedhof
17
18
WeideSalix viminalis
S. cinrea
 
19
20
21
Holunder Schwarz
Traubenholunder
Attich
Sambucus nigra
S. racemosa
S. ebulus
Okermühle

Emsbachtal bei Esch
22LeimkrautSilene nutans 
23SinngrünVinca minorHellkoben,
in der Nähe des Kohlplatzes
24NelkenwurzGeum urbanumhäufig
25BeifußArtemisia vulgarisGarten- und Wegeunkraut
26GeißfußAegopodium podagrariaGemein in den Wiesen
Mai
27
28
Färber Ginster
Deutscher Ginster
Genista tinctoria
G. germania
Auf den dürren Triften des Borngrabens
29
30
31
Wicke
Saubohne
Vicia cracca
V. faba
V. hirsuta
allgemein,
angebaut,
allgemein
32
33
34
35
36
Brennender Hahnenfuß
Goldhahnenfuß
Knolliger Hahnenfuß
Ackerhahnenfuß
Wasser Hahnenfuß
Ranunculacea flamula
R. auricomus
R. Bulbosus
R. arvensis
R. aquatilis
Bauernwiese
Laubach (Wald)
an allen Rainen
Äcker
Hoffmanns Mühlgraben
37SumpfdotterblumeCaltha palustrisgemein
38WiesenschaumkrautCardamine pratensisgemein
39Kriechender GüselAjuga reptansgemein
40
41
42
BienensaugLamium album
L. maculatum
L. purpureum
gemein
Hecken des Borngrabens
häufiges Ackerunkraut
43GoldnesselGaleobdon luteumHecken des Borngrabens
44Simse / HasenbrotLucula campestris 
45PippauCrepis  paludosaIn den Wiesen
46HuflattichTussilago farfaraVerfallene Okergrube im Bürgerwald
47BisamkräutchenAdoxa muschatellinaIn der Nähe des Kohlplatzes, Hellkoben
48SchwarzdornPrunus spinosaHecken
49WeißdornCrataegus sp.Hecken
50ErdbeereFragaria vescagemein
51FrauenmantelAlchemilla vulgarisFeuchte Wiesen
52SauerkleeOxalis acetosellaIn den Laubwäldern
53KuckucksnelkeCoronaria flos cuculiWiesen
54HungerblümchenDraba verna 
Juni
55SchneeballViburnum opulusLaubach
56
57
GeißblattLonicera periclymenum
Lonicera xylosteum
Laubach
Laubach
58HartriegelCornus sanguineaBorngraben
59PfaffenhütchenEvonymus europaeusBorngraben
60FaulbaumFrangula alnusLaubach
61PfeifenstrauchPhiladelphus coronarius 
62RainweideLigustrum vulgarisBorngraben
Kirchenplatz und
Schmittsgaben
63EinbeereParis quadrifoliaBauernwiese in der oberen rechten Ecke
Im Wörsdorfer Wald
64BocksbartTrgopogon pratensisWiesen
65
66
67
68
69
FingerkrautPotentilla anserina
P. silvestris
P. argentia
P. repens
P. verna
Alle im Borngraben
70GänsedistelSonchus oleraceus 
71VogelknöterichPolygonium aviculareWächst sogar auf festgetretenen Wegen, zwischen Gleisen
72WiesenknöterichPolygonium bistorta 
73AckersteinsamenLythospermum 
74Gänsefuß,
Guter Heinrich
Chenopodium bonus henricusBruderberg
Morchermühle
75MeldeAtriplex patulumGärten
76
77
78
KlappertopfAlectorolophus minor
A. major
A. hirsutus
Wiesen
79RapünzchenValerianella dentata 
80WiesenblatterbseLathyrus pratensis 
81
82
Orchide KnabenkrautOrchis maculata
O. latifolia
Würgeser Wiesen
Waldfläche i.d.N. der alten Pflanzschule
83TeufelskrallePhyteuma nigrom 
84
85
86
WegerichPlantago major
P. media
P. lanceolata
überall
87LöwenzahnLeontodon hispidus 
88
89
90
91
MiereStellaria holostea
S. glauca
S. graminea
S. nemorum
Hecken
Borngraben
92ZweiblattListeria ovataselten, Bauernwiese
Juli
93
94
95
96
GlockenblumeCampanula patula
C. rotundifolia
C. glomerata
C. pericifolia
Gemein in Wiesen


Emstal
97SalbeiSalvia pratensisIn der Lützelbach,
am Acker von Roth
98RitterspornDelphinium ronsolidaIm Riedelfeld und Acker-rändern
99Hederich, RettichRaphanum raphanistrumGetreideunkraut
100HundskamilleAnthemis arvensisgemein
101Echte KamilleMatricaria chamomilla 
102
103
WucherblumeChrysanthemum segetum
Ch. leucanthemum
Unter der Saat
in den Wiesen
104RainfarnTanacetum vulgareAcherrainen
105SichelmöhreFalcaria riviniWürgeser Äcker, Steinweg
106Wilde MöhreDavcus caotaGemein
107MohnPapaver rhoeashäufig
108HirtentäschelkrautCapsella bursa pastorisüberall
109HellerkrautThlaspi avensis 
110ErdrauchFumaria officinalisOft gefunden
111KornblumeCentaurea cyanusKaiser Wilhelm Blume
112AckerwachtelweizenMelampyrum arvense 
113AckerwindeConvulvulus arvensis 
114SteinbrechSaxifraga granulataGrasige Hügel des Borngrabens
115
116
Nachtschatten
bittersüßer u. schwarzer
Solanum dulcamara
S. niger
Krumau
im Hain
117TollkirscheAtropa belladonnaAuf dem Fuchsborn
im Würgeser Wald
In d.N. der Hirtesen Mühle
118ArnicaArnica montanumSteinfischbacher Waldwiesen
obere Krumau
119
120
RuhrkrautGnaphalium dioicum
G. silvaticum
 
121HundswürgerVincetoxicum offizinalisEmsbachtal linke Bergseite
122
123
NelkenDianthus deltoides
D. carthosianorum
Emsbachtal
124
125
KönigskerzeVerbascum nigrum
V. lychnitis
Steinbruch Helkoven
Emsbachtal
126ZaunrübeBryonia albaHecken im Dorf
August
127HexenkräutchenCircaea lutetianaBürgerwald in der
Querschneise
128WolfstrappeLycopus europaeusHofmanns Graben
129WasserdostEupatorium cannabinumWürgeser Wald
oberhalb Hirteser Mühle
130
131
132
133
WeidenröschenEpilobium angustifolium
E. hirsutum
E. parviflorum
E. montanum
häufig
Knallbach
Siebenmeisterbrücke
Wald
134BerleBerula angustifoliaWassergräben Knallbach
135BärenklauHerakleum sphondyliumgemein
136WintergrünPirola minorBürgerwald, am Teich, Hügel
137OdermennigAgrimonia eupatoriaBürgerwald Wegrand
und der Chaussee
138Sedum, MauerpfefferSedum acreFelsen
139
140
BraunwurzScropholaria nodosa
S. umbrosa
Knallbach
141LeinkrautLinaria vulgarisBorngraben
142HartheuHypericum perfloratumhäufig
143SpierstaudeSpirea perfloratumWassergräben
144Kräutchen Rühr mich nicht anImpatiens noli me tangereKrumau
145HauhechelOnonis spinosaTriften
146MalvenMalva neglecta 
147GamanderTeucrium scorodoniaSehr häufig an Wegrändern
148EisenhartVerbena officinalisWegränder  Pfad von der
Bergstr. nach der Lehmkaute
149GoldruteSoliolago aureaWaldrand Krumau
150ReiherschnabelErodium cicutariumÄcker bei Esch
151AckerröteSherardia arvensisBrachäcker
152JasioneJasione montanaStr. von Esch nach Idstein
153SchwarznesselBallota nigraSchutthaufen

Die Überprüfung und Aktualisierung der von Schiffler gemachten Angaben wäre eine reiz- und verdienstvolle Aufgabe für botanisch Interessierte und ein Beitrag zur Erweiterung des Wissens über Walsdorf.

Ob sich dafür jemand findet?

Für diese erste Aufarbeitung danken wir Herrn Karl Heinz Bernhard, Idstein.

Manfred Wetzel

Ein großer Verlust für Walsdorf

 Am 26. September 2009 verstarb nach schwerer Krankheit der Initiator und Mitbegründer des Bürgervereins Walsdorf e.V. Helmuth Leichtfuß. Die Mitglieder des Bürgervereins und bestimmt auch viele Walsdorfer Bürger bedauern den Verlust dieses besonderen Menschen.

Er war ein echter „Walsdorfer Bub“, der die Geschichte unseres Ortes wie kein zweiter kannte und sein Wissen gerne auch in den Bürgerbriefen weiter gegeben hat.

Als langjähriger Ortsvorsteher von Walsdorf hat er die Geschicke des Ortes mit gelenkt und  dafür gesorgt, dass das einzigartige Ortsarchiv in Walsdorf verblieben ist, das die Grundlage für die Entstehung der vielen historischen Beiträge in den Bürgerbriefen und für die von Helmuth Leichtfuß verfassten Bücher bildete.

In seiner Weitsicht hat er auch schon einen Nachfolger für die Archivarbeit gewonnen und eingearbeitet: Werner Janzing.

Helmuth Leichtfuß war eine zentrale Person des Bürgervereins. Er leitete viele Jahre den „Aktuellen Arbeitskreis“ des Vereins, der die Vereinsveranstaltungen vorbereitet, organisiert und durchführt. Dabei setzte der „Mann des Geistes“ auch bis ins letzte Jahr seine körperlichen Kräfte für die Vereinsarbeit ein.
Helmuth Leichtfuß wirkte integrativ in unserem Ort, er führte Walsdorfer und Neubürger durch seine Arbeit und Persönlichkeit zusammen. Dabei zeichneten ihn Aufrichtigkeit, Bescheidenheit und Menschlichkeit aus.

Er lebte vor, wovon er überzeugt war.

Monika Kiesau

Die Bundestagswahl 2009

Der Bürgerverein hatte auch in diesem Jahr zur bevorstehenden Bundestagswahl zu einem Parteiengespräch ins Dorfgemeinschaftshaus eingeladen.

Nachdem aus unterschiedlichen Gründen heraus eine ähnliche Veranstaltung zur Europawahl nicht stattfand konnten nun alle Direktkandidaten sich persönlich und ihre Parteiprogramme vorstellen. Es nahmen teil für die CDU der MdB Klaus Peter Willsch, für die SPD Herr Martin Rabanus, für die FDP Herr Alexander Müller, für die Grünen Herr Simon Lissner und für die Linken Herr Adolf Knapp. Die Moderation der Podiumsdiskussion oblag Manfred Gruber.

Die Referenten konnten schwerpunktmäßig sozialpolitische Ziele ihrer Parteien darstellen und standen den Teilnehmern in einer interessanten Diskussion Rede und Antwort.

Die Beteiligung war mit ca. 100 Besuchern sehr erfreulich und gibt uns vom Bürgerverein Mut weitere derartige Veranstaltungen vor Wahlen zu organisieren.  

Die Walsdorfer Wahlergebnisse im Vergleich zu denen der Gesamtstadt, des Kreises und den Bundesergebnissen

 Walsdorf Idstein Bund
      
Wahlberechtigte1143 16837  
Beteiligung69% 78,4% 70,8 %
      
 1.
Stimme
2.
Stimme
1.
Stimme
2.
Stimme
 
CDU-CSU45,2 %35,6 %44,9 %35,1 %33,8 %
SPD32,8 %25,4 %28,5 %22,0 %23,0 %
Grüne5,1 %9,8 %9,5 %12,2 %10,7 %
FDP8,9 %17,0 %10,6 %19,5 %14,6 %
Linke6,6 %7,4 %5,3 %6,8 %11,9 %
      
Sonstige1,5 %4,8 %1,2 %4,4 %5,9 %

Bemerkenswert sind 20 ungültige Stimmen in Walsdorf und unter den Sonstigen:
8 NPD, 4 REP, 12 Tierschutzpartei, 1 DVU und 12 Piraten auf der 2. Stimme

Betrachtung der Walsdorfer Ergebnisse im Vergleich der letzten 3 Bundestagswahlen 

200220052009
Wahlberechtigte112911451143
Beteiligung70,6 %71,8 %69,0 %
1.
Stimme
2.
Stimme
1.
Stimme
2.
Stimme
1.
Stimme
2.
Stimme
CDU-CSU41,4 %37,5 %43,1 %35,7 %45,2 %35,6 %
SPD46,0 %40,5 %42,4 %35,4 %32,8 %25,4 %
Grüne6,8 %11,3 %4,9 %9,2 %5,1 %9,8 %
FDP5,1 %7,3 %4,8 %13,0 %8,9 %17,0 %
Linke0,8 %0,6 %2,6 %3,4 %6,6 %7,4 %
      
Sonstige0,0 %2,7 %2,3 %3,3 %1,5 %4,8 %

Nach wie vor sind ca. 30% unserer Mitbürger Nichtwähler.

Wie würden Walsdorfer Wahl-Ergebnisse wohl aussehen, wenn alle Bürger tatsächlich von ihrem Wahl-Recht Gebrauch machen würden?

Bemerkenswert ist der relative Anstieg der Wähler, die sich mit ihrer 2. Stimme zu scheinbar aussichtslosen Parteien bekennen und so mit ca. 5% Sonstige diese der Verteilung auf die Großen entziehen.

Eindeutige Gewinner in der Entwicklungstendenz ist die FDP, die mit ca. 7% über 13% auf 17% auf der Überholspur der politischen Autobahn scheint.

Ausgebremst mit einem Ausgangswert von ca. 40% auf 35% und nun auf 25% wird dagegen die SPD.
Beide Entwicklungen finden ihre Entsprechung auf Bundesebene.

Sowohl bei der CDU-CSU wie auch den Grünen scheinen sich keine markanten Veränderungen durchzusetzen. Das Unionslager bleibt mit ca. 37% über 36% auf 36% ebenso weitgehend gleich wie die Grünen mit ca. 11% über 9% auf 10%.

Auch die Linke zeigt ein beachtliches Steigerungspotential (das sich natürlich aus den Verlusten der SPD leicht ableiten lässt). Sie steigert ihr Ergebnis von ca. 1% über 3% auf 7%

Manfred Wetzel

Helkofen und die Helköfer Gemeinschaft – Bericht über die Frühjahrswanderung 2009

Wie im Bürgerbrief Nr. 94 angekündigt worden war, führte die diesjährige Frühjahrswanderung des Bürgervereins in den Helkofen. Es wurde über das ausgegangene Dörfchen Helkofen, vor allem aber über die Helköfer Gemeinschaft zwischen Steinfischbach und Walsdorf informiert.

Die vorhandenen Quellen für die Zeit von 1361 bis 1543 wurden von Gerhard Buck  bereits im Jahre 1980 aufgearbeitet. Die Ergebnisse der Untersuchung können in zwei Aufsätzen in den Bürgerbriefen Nr. 8 und 11 nachgelesen werden.

Die erste Nachricht von Helkofen stammt aus dem Jahre 1361. Das Dörfchen, das in der Nähe des Kohlplatzes stand und sicher nicht sehr viele Häuser hatte, ist wahrscheinlich zwischen 1421 und 1514, also schon vor dem 30jährigen Krieg, erloschen.

Die Helköfer Gemeinschaft war ein Lehen des Walsdorfer Klosters. Fast alle Urkunden aus der Zeit von 1543 bis zu der Teilungsurkunde des Fürsten Carl Wilhelm von Nassau vom 26. Mai 1778 berichten von „Irrungen“ zwischen dem Flecken Walsdorf und der Gemeinde Steinfischbach.

Es ging um Weiderechte, um die so genannte Beholzigung, das Recht Brennholz und Bauholz zu schlagen, den Eintrieb der Schweine zur Mast und die häufigen gegenseitigen Pfändungen von Weide- oder Zugtieren.

Im Walsdorfer Urkundenbuch sind für die Zeit zwischen 1543 und 1778 29 Dokumente zum Thema aufbewahrt, 5 aus dem 16. Jahrhundert, 1 aus dem 17. Jahrhundert und 23 aus dem 18. Jahrhundert. Außerdem informieren noch zwei Karten aus dem HHStAW von 1701 und 1776, die in Kopie im Ortsarchiv vorhanden sind, über die Helköfer Gemeinschaft und die strittigen Bezirke.

Eine der Ursachen, weswegen es zwischen dem Flecken Walsdorf und der Gemeinde Steinfischbach jahrhundertelang häufig „Irrungen“ gab, wie es in den Urkunden heißt, die von den zuständigen Amtleuten mehrfach geschlichtet werden mussten, bestand darin, dass das Dorf Helkofen und seine Gemarkung im Amt Altweilnau lagen und für Walsdorf das Amt Idstein zuständig war. In der Verordnung über die Teilung der Helköfer Gemeinschaft  wird dieser Umstand, dass beide Gemeinden zu zwei verschiedenen Ämtern gehören, auch noch als Grund genannt. Die Walsdorfer leiteten ihr Weiderecht und das Recht des Einschlags von Brenn- und Bauholz aus „Erbe“ ab. Ein Teil der Helköfer Bürger war beim Erlöschen des Dorfes offensichtlich in das inzwischen befestigte Walsdorf gezogen. Für ihr Weiderecht im Helköfer Bezirk lieferten die Walsdorfer jährlich 4 Hämmel an das Amt Altweilnau und stellt 2 Schöffen für das Gericht in Steinfischbach.

Das älteste Dokument im Walsdorfer Urkundenbuch zu diesem Thema stammt vom 19. Juni 1543. Die Amtleute von Diez, Altweilnau, Idstein und der Hessische Amtmann schlichteten einen langwierigen Streit zwischen den beiden Gemeinden wegen des Weidgangs und der Beholzigung.

Nicht nur innere Streitereien trübten den beiden Gemeinden den ungestörten Genuss der Rechte, sie mussten auch ungerechtfertigte Ansprüche der Nachbargemeinde Würges abwehren. In einer Eingabe vom 22. Februar 1558 an den Kurfürsten von Trier erheben die beiden Gemeinden Walsdorf und Steinfischbach Beschwerden gegen angemaßte Rechte der Würgeser im Helköfer Bezirk. Sie tragen vor, sie würden von den Würgesern wegen ihres „Treibens und Weidens an den Orten Helkoben und Erbach unbilliger und mutwilliger Art“ belästigt und geschädigt. Dieses Dokument ist deswegen von besonderer Bedeutung, weil die beiden Gemeinden bei der Darlegung ihres Rechtsstandpunktes eine wesentlich genauere Grenzbeschreibung der Helköfer Gemeinschaft gegeben haben als sie 1543 erfolgt war. Sie schreiben: „So geben Euer Kurfürstlichen Gnaden wir nachfolgenden unseren wahrhaften Bericht, dass wir, die beiden Gemeinden der Flecken Walsdorf und Steinfischbach über denkliche Zeit und noch mehr Jahr einen gemeinsamen Weidgang und Viehtrieb gehabt und noch haben, im Wald Erbach bis an die Helköfer Bach, von dannen in die Embs und die Morcher Mühl und Lützelbach, weiter bis an den hohen Würgeser Wald und wieder in die Erbach zu treiben und zu weiden, in welchem Revier auch
der Wald Helkoben mit begriffen, und haben also in ermeltem Bezirk allein wir, die beiden Gemeinden Walsdorf und Steinfischbach und niemand anders Gerechtigkeit zu weiden und treiben“. Am 13 Januar 1559 (Urk. B. S. 47) wenden sich die beiden Gemeinden zusammen mit der Äbtissin des Klosters Walsdorf in der gleichen Angelegenheit erneut an den Erzbischof von Trier, damit rechtlich geklärt wird, dass die Würgeser keinerlei Recht haben, in den angegebenen Bezirken zu weiden.

Die nächste wichtige Urkunde ist vom 4.12.1666. (Urk. B. S. 165) In ihr erfahren wir, dass die Steinfischbacher 1629 im 30jährigen Krieg ihr Weidrecht in der Schmalbach und im Helköfer Feld an die Gemeinde Esch verkauft hatten, das dann die Walsdorfer von den Eschern erwarben. Ihr Weidrecht auf der Heide haben die Steinfischbacher im gleichen Jahr für 300 Gulden an die Walsdorfer versetzt. Bei der Holznutzung sollte es an beiden Orten bei der alten Regelung bleiben. Wegen des Holzeinschlags kam es aber zwischen Steinfischbach und Walsdorf an beiden Orten oft zu „Irrungen und Missverständnissen, sonderlich aber der von den Steinfischbachern gegen die Walsdorfer verübten Pfändungen halber.“ Im Dezember 1666 wurde nach vorheriger Ortsbesichtigung durch Beamte von Nassau – Idstein und Usingen und nach Anhörung von Vertretern beider Gemeinden in Esch folgende Vereinbarung getroffen:

Das Weidrecht in der Schmalbach und im Helköfer Feld haben die Walsdorfer allein. Der schädliche Unterwuchs, der wegen der verderblichen Kriegszeiten in der Schmalbach gewachsen war und die Weide behindert, kann von den Walsdorfern in den nächsten 3 Jahren beseitigt und verbraucht werden.
Auch die Weide auf der Heide haben die Walsdorfer allein. Das Bauholz und Brennholz in den genannten Bezirken kann wie seither von beiden Gemeinden genutzt werden. Sowohl in der Schmalbach als auch auf der Hardt dürfen die Einwohner der beiden Gemeinden wie seither Mann für Mann Schweine in die Eichelmast treiben.

1735 haben die Steinfischbacher die verpfändete Blumenweide auf der Heide wieder eingelöst. Über diesen Vorgang berichtet ein undatiertes Dokument aus der Zeit zwischen 1735 und 1778 folgendes: „Die Vorfahren der Steinfischbacher hatten den unsrigen auf dem ganzen Bezirk die Blumenweide versetzt und wir auch solche lang über 100 Jahre, ja solang genossen haben, dass niemand mehr von Steinfischbach angetroffen worden, welcher gewusst, dass die Blumenweide auf diesem Bezirk nur versetzt sei, bis solches von einem hiesigen Bürger, der von Steinfischbach gebürtig war und bei Absterben des ehemaligen Schultheißen Weygand (Philipp Wilhelm Weygand, gest. 22.11.1731) dieses in unserem Gerichtsbuch gelesen, denselben bekannt gemacht, worauf denn solche auch die gedachte Blumenweide wirklich wieder eingelöst, von welcher Zeit an denn wegen der richtigen Grenzen wir bisher mit Ihnen beständig im Streit gewesen.“ (Urk. B. S. 102).

Hauptstreitpunkt war der Nonnenwald/Nonnheck. Die Walsdorfer behaupteten, er gehöre nicht zur Gemeinschaft, sondern sei Eigentum des Klosters gewesen, die Steinfischbacher dagegen, „alte Beschreibungen“ sähen ihn als Teil der Gemeinschaft. Die Walsdorfer konnten aber weder durch alte Urkunden noch durch Grenzsteine ihre Position einwandfrei beweisen.

Die Streitigleiten beschäftigten Jahrzehntelang die Behörden und Gerichte, so dass der Fürst von Nassau, nachdem mehrere Vermittlungsbemühungen gescheitert waren, aus „Landesherrlicher Machtvollkommenheit“ die Teilung der Helköfer Gemeinschaft vornahm. Da bei der Teilung die Nonnheck zur Gemeinschaft gerechnet worden war, fühlten sich die Walsdorfer um ihr Eigentum betrogen, was noch Generationen später in Walsdorf unvergessen war.

Helmuth Leichtfuß ( † )

Redaktion:  Monika Kiesau, Werner Janzing, Manfred Wetzel, Helmuth Leichtfuß (  )